Späte, aber mir wichtige Antwort !
Hallo,
durch einen Irrtum habe ich tagelang nicht in dieses Brett hinein geguckt, deshalb auch bisher nicht auf die Kritik an mir und die Unterstellungen nicht reagiert. Ich bin zutiefst erstaunt und völlig überrascht, dass man da Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus heraus lesen will.
Zunächst zu meiner Person:
Ausländerfeindlichkeit:
Meine Frau, mit der ich seit 34 Jahren verheiratet bin, ist Asiatin. Ich habe sie nicht in einem Billiglohnland, wo die Frauen gezielt nach Ausländern als Heiratspartner suchen, „eingekauft“, sondern ganz „normal“ bei einem Auslandsaufenthalt kennen gelernt. Sie ist auch in meinem Alter. Trotzdem haben wir schon erlebt, selbst wenn ich neben ihr stand, dass ihr „Sie gehen besser dahin zurück, wo Sie her gekommen sind!“ ins Gesicht gesagt wurde. Meine beiden Kinder sehen zwar nicht asiatisch, durch die Mischung aber „ausländisch“ aus und werden ebenfalls gelegentlich angefeindet.
Darüber hinaus bin ich aktiv in der Ausländerhilfe tätig, begleite neu angekommene Ausländer bei Behördengängen, Arztbesuchen und Ähnlichem, z. Z. gebe ich zudem einem russisch-jüdischem Mädchen Nachhilfeunterricht in Deutsch und Englisch. Dass ich sie bzw. ihren Eltern diese Frage nicht stellen wollte, wird hier hoffentlich wohl richtig verstanden.
Antisemitismus:
Im Alter von 23 Jahren habe ich an der Uni, wo ich studierte, eine „Deutsch Israelische Studiengemeinschaft“ gegründet und eine Gruppenfahrt nach Israel organisiert, bei der wir sechs Wochen im Kibuz gearbeitet und anschließend drei Wochen durchs Land gereist sind. Um öffentliche Zuschüsse aus einem Topf zur „Förderung deutsch-israelischer Jugendbegegnungen“ zu bekommen, habe ich ein Seminar organisiert, in dem wir ein Semester lang jede Woche eine zweistündige Vorbereitungsveranstaltung hatten, an der deutsche und israelische Politiker, jüdische, katholische und evangelische Theologen, Geographen, Geologen und Historiker Referate zu ihrem jeweiligen Fachgebiet hielten.
Auf der Reise habe ich mich mit einem vierzig Jahre älteren deutschstämmigen Israeli angefreundet und war dies bis zu seinem Tod. Wir pflegten die Freundschaft durch weitere Besuche in Israel, vorwiegend aber durch brieflichen Gedankenaustausch. Ich habe damals längere Zeit überlegt, selbst Israeli zu werden, weil mich die Begeisterung, mit der die Israelis am Aufbau ihres Landes arbeiteten, ebenso faszinierte wie der freiwillige Sozialismus im Kibuz. Dass ich es nicht getan habe, lag daran, dass man damals, um die israelische Staatsangehörigkeit erhalten zu können, zunächst Jude werden musste. Da ich aus der evangelischen Kirche, in der ich in meiner Jugend sehr aktiv war, erst kurz zuvor ausgetreten war, wollte ich nicht, um als Jude angenommen zu werden, einen neuen Gottesglauben heucheln müssen.
Heutzutage bin ich froh, das damals nicht getan zu haben. Meine erste Israelreise war vor dem Sechstagekrieg, nach diesem hat sich die Stimmung im Land radikal geändert. Die heutige und schon viele Jahre andauernde und z. T. sehr brutale Besatzungspolitik könnte ich nicht vertreten. Auf von mir vorsichtig als Freund vorgetragene Kritik daran, antwortete man mir mit Sätzen wie: „Gott schütze uns vor unseren Freunden, mit unseren Feinden werden wir selber fertig.“
Zu meiner Frage:
Sie war ganz sachlich gemeint, und ich denke, auch sachlich gestellt. Für die „deutschstämmigen“ aus Polen und Russland kenne ich die Regeln, ich wollte wissen, wie das bei Juden ist. Die Formulierung „deutsches Blut“ habe ich noch aus einem Artikel einer englischen Soziologin im Hinterkopf, den ich vor Jahren im Vorfeld der Änderungen des Ausländerrechts in Deutschland las. Für die Deutschen seinen „Blutbande“ immer noch wichtig, weil (bis zur Änderung des Ausländerrechts im Jahr 2005) Menschen, die einen deutschen Vorfahren haben, denen die deutsche Sprache und Kultur aber fremd ist, problemlos die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen, während Ausländern, die hier geboren und aufgewachsen sind, die deutsche Staatsangehörigkeit verweigert wird. Das ist aber, wie gesagt, seit 2005 anders.
Offenbar weiß aber hier niemand eine sachliche und zutreffende Antwort auf meine Frage, sonst hätte man die ja geben können. Ich werde wohl nach den Feiertagen beim Ausländeramt anrufen oder einen Sachbearbeiter bei der AWO-Ausländerhilfe fragen, für die ich arbeite.
Trotzdem würde ich mich, nachdem ich derart krass missinterpretiert würde, über ein paar freundliche Antworten aus dem Kreis meiner Kritiker freuen. Und wenn jemand sinngemäß meinte, ich hätte mich ungeschickt oder missverständlich ausgedrückt, würde mich interessieren: Wie hätte ich meine absolut sachlich und ohne Vorwurf gegen irgendwen gemeinte Frage (ich hoffe, dass wird mir jetzt nicht mehr bestritten), denn formulieren müssen, um nicht missverstanden zu werden?
Grüße
Carsten