'zwar...'

hallo experten.

da les’ ich’s schon wieder:

„Schröder selbst und Rot-Grün gelten zwar weitgehend als abgeschrieben in Washington.“

(Süddeutsche Zeitung. 22.06.05)

ich stolper immer wieder über solche sätze (auch mit „zwar“ am anfang). und immer wieder denke ich es müsse noch irgendwie weiter gehen. das ist doch kein vollständer satz… oder doch? ohne „zwar“ wär’s ja auch vollständig.
klingt trotzdem grottenfalsch. ist das nun also ein korrekter deutscher satz… (den ich auch in 'ner hausarbeit schreiben könnte?) oder ist es eben doch falsch?

danke schon mal
gruß von kati

„Schröder selbst und Rot-Grün gelten zwar weitgehend als
abgeschrieben in Washington.“

Der Satz so in sich abgeschlossen ist quark. Wenn statt einem Punkt am Ende eine Gegenüberstellung (,aber trotzdem… / , jedoch…) käme wäre es passend. Mit „zwar“ bildet man ja Sätze alá „einseits - andererseits“.

mfg
Simon

Hallo Katharina,

das sehe ich wie du. Es handelt sich meiner Meinung nach um eine jener Adverbialkonstruktionen, die aus zwei Teilen bestehen: „sowohl…als auch“, „je…desto“ [und nicht etwa das neumodische „je…je“] und hier eben „zwar…aber“. Die Funktion dürfte die eines Abtönungspartikels sein (Modifizierung der Redeabsicht).

Mir ist die Häufung dieses Fehlers in der letzten Zeit auch aufgefallen. Man müsste allerdings noch den nachfolgenden Satz betrachten: Das antagonistische „aber“ (evtl. auch „jedoch“) könnte möglicherweise in einem eigenen Hauptsatz folgen. Ich führe die „alleinstehenden Zwars“ der letzten Zeit eher auf Schreibfehler zurück: Da wurde offenbar an Formulierungen herumgefeilt, hier ergänzt, da gelöscht, und das eine oder andere „zwar“ wurde dabei übersehen. Ich habe nicht den Eindruck, dass hier ein neuer Sprachgebrauch erkennbar wird.

Hallo.

„Schröder selbst und Rot-Grün gelten zwar weitgehend als
abgeschrieben in Washington.“

Du hast natürlich recht. Der Satz ist genauso sinnvoll wie die Version „Obwohl Dings und Bums dick und doof sind.“. Wobei ich mich frage, ob der Redakteur tatsächlich diesen Unfug verzupf oder ob nicht vielleicht wegen Platzmangels. Siehst Du? :wink:

Gruß kw

Hallo, Kati,

„zwar“ kann auch alleine stehen und zwar dann, wenn man eine Präzisierung an eine Aussage anfügt!

Fritz

Viel schöner find ich ja den

vollständer

Gruß von Dine, die heut wohl was pubertär ist :wink:

…wie nun
Hi Fritz,

„zwar“ kann auch alleine stehen und zwar dann, wenn man eine Präzisierung an eine Aussage anfügt!

zum Verständnis: „zwar“ erzwingt zwar kein aber, aber irgend etwas, zB ein „wenn“. Sehe ich das richtig? Dann darf der Satz „Schröder selbst und Rot-Grün gelten zwar weitgehend als abgeschrieben in Washington.“ wohl weiterhin als unvollständig gelten bzw das „zwar“ als sinn- und zwecklos, oder?

Gruß Ralf

da les’ ich’s schon wieder:

„Schröder selbst und Rot-Grün gelten zwar weitgehend als
abgeschrieben in Washington.“

(Süddeutsche Zeitung. 22.06.05)

klingt trotzdem grottenfalsch. ist das nun also ein korrekter
deutscher satz… (den ich auch in 'ner hausarbeit schreiben
könnte?) oder ist es eben doch falsch?

Hallo Kati,

du hättest vielleicht den nächsten Satz auch noch lesen sollen:

Schröder selbst und Rot-Grün gelten zwar weitgehend als abgeschrieben in Washington. Berlin als Partner und Stabilitätsfaktor in diesem plötzlich volatilen Europa ist es aber nicht.
(Süddeutsche Zeitung, 22.06.05, Seite 4),

bevor du Kritik übst. So sieht das nämlich gleich ganz anders aus, nicht wahr?

Grüße
Anna

Dann darf der Satz
„Schröder selbst und Rot-Grün gelten zwar weitgehend als
abgeschrieben in Washington.“ wohl weiterhin als unvollständig
gelten bzw das „zwar“ als sinn- und zwecklos, oder?

Ja!

Fritz

Hallo Anna,

du hättest vielleicht den nächsten Satz auch noch lesen
sollen:

Du sagst es: den nächsten Satz.

Schröder selbst und Rot-Grün gelten zwar weitgehend
als abgeschrieben in Washington. Berlin als Partner und
Stabilitätsfaktor in diesem plötzlich volatilen Europa ist es
aber nicht.

(Süddeutsche Zeitung, 22.06.05, Seite 4),

bevor du Kritik übst. So sieht das nämlich gleich ganz anders
aus, nicht wahr?

Das sieht überhaupt nicht anders aus, denn es handelt sich um einen neuen Satz.
Ein Punkt ist nunmal ein Punkt und ein Punkt am Ende eines Satzes kennzeichnet das Satzende.

Es ließe sich höchstens noch darüber streiten, ob es sich bei dem Punkt um einen Tippfehler handelt und eigentlich ein Komma vorgesehen war.

Katis Kritik ist berechtigt.

Gruß Gudrun

Das sieht überhaupt nicht anders aus, denn es handelt sich um einen neuen Satz.

Wo steht denn, dass eine „zwar … aber/(je)doch“-Konstruktion in einem Satz untergebracht sein muss? Sollte es falsch sein, was ich nicht so sehe, ist es immerhin ausgesprochen gebräuchlich (ca. 30-50% aller derartigen Konstruktionen in der gestrigen SZ/FAZ).

Gruß
Christopher

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Das sieht überhaupt nicht anders aus, denn es handelt sich um einen neuen Satz.

Wo steht denn, dass eine „zwar … aber/(je)doch“-Konstruktion
in einem Satz untergebracht sein muss? Sollte es falsch
sein, was ich nicht so sehe, ist es immerhin ausgesprochen
gebräuchlich (ca. 30-50% aller derartigen Konstruktionen in
der gestrigen SZ/FAZ).

Ich weiß es zwar nicht.

Wo steht denn, dass eine „zwar … aber/(je)doch“-Konstruktion
in einem Satz untergebracht sein muss?

Vermute aber, daß sowas in z.B. „DUDEN – Richtiges und gutes Deutsch“ steht.

Den DUDEN besitze ich nicht, deswegen kann ich nicht nachschlagen.
Ich besitze aber etwas, was man nicht kaufen und auch nicht in die Hand nehmen kann, es ist jedoch an dieser Stelle verpönt, sich darauf zu berufen (pssst: Sprachgefühl).

Sollte es falsch
sein, was ich nicht so sehe, ist es immerhin ausgesprochen
gebräuchlich (ca. 30-50% aller derartigen Konstruktionen in
der gestrigen SZ/FAZ).

Daß das kein Beweis für Richtigkeit ist, weißt Du wahrscheinlich selbst. :wink:

Gruß Gudrun

Den DUDEN besitze ich nicht, deswegen kann ich nicht nachschlagen.

Ich auch nicht; den jedenfalls nicht, den wir bräuchten. Allerdings sagt mein unmaßgebliches Sprachgefühl, dass es im Falle zweier kurzer Argumente erste Wahl ist, „zwar … aber/(je)doch“ in einen Satz zu packen. Wenn die Umgebungen von „zwar“ oder „aber/(je)doch“ hingegen sehr lang sind, halte ich es für okay, mit zwei Sätzen zu arbeiten – anstatt ein Monstrum zu produzieren.

30-50% … FAZ/SZ

Daß das kein Beweis für Richtigkeit ist, weißt Du
wahrscheinlich selbst. :wink:

Ich sag ja: Gebräuchlich, und zwar etwa so wie ich es oben beschrieben habe. Für die Sache mit der Korrektheit warten wir jetzt auf den nächsten vorbeikommenden DUDEN-Besitzer.

Gruß
Christopher

Hallo Christopher und Gudrun,

Den DUDEN besitze ich nicht, deswegen kann ich nicht nachschlagen.

Ich auch nicht; den jedenfalls nicht, den wir bräuchten.

Hab mal für euch nachgeschlagen und danach kann tatsächlich das „zwar“ auch alleine im Satz stehen, Zitat aus Duden Band 9:

Die mit aber eingeleitete Aufhebung kann gelegentlich unausgesprochen bleiben, dann steht zwar bekräftigend im Sinne von „allerdings, freilich“:
Ein solcher war nun zwar der Pfarrer meines Heimatdorfes nicht (G.Keller).

Dann kann man den Ausgangssatz wie folgt interpretieren:

Schröder selbst und Rot-Grün gelten allerdings/freilich weitgehend als abgeschrieben in Washington.

Gruß
Roland

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Hallo Roland,

Den DUDEN besitze ich nicht, deswegen kann ich nicht nachschlagen.

Ich auch nicht; den jedenfalls nicht, den wir bräuchten.

Hab mal für euch nachgeschlagen

dankeschön, das war sehr lieb von Dir.

und danach kann tatsächlich
das „zwar“ auch alleine im Satz stehen, Zitat aus Duden Band
9:

Die mit aber eingeleitete Aufhebung kann gelegentlich
unausgesprochen bleiben, dann steht zwar bekräftigend
im Sinne von „allerdings, freilich“:
Ein solcher war nun zwar der Pfarrer meines Heimatdorfes
nicht
(G.Keller).

Das von Dir zitierte Beispiel leuchtet mir zwar (!) ein, dennoch muß ich nochmal
nachhaken - auch auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen.

Ich glaube nämlich nicht, daß der „Keller“-Satz so ganz die zur Debatte stehende Frage berührt, denn die DUDEN-Erklärung besagt: „kann … unausgesprochen bleiben“.
In dem Zeitungsartikel trifft das „unausgesprochen“ aber nicht zu, denn die „eingeleitete Aufhebung“ wird ausgesprochen, wenn auch erst im nächsten Satz.

Dann kann man den Ausgangssatz wie folgt interpretieren:

Schröder selbst und Rot-Grün gelten allerdings/freilich weitgehend als abgeschrieben in Washington.

Wenn Du/wir/man den obigen Satz so interpretier(st/en/t) - als vollständigen Satz -,
dann ist der Folgesatz nicht richtig formuliert bzw. unvollständig,

Berlin als Partner und Stabilitätsfaktor in diesem plötzlich volatilen Europa ist es aber nicht.

weil der Leser sich unwillkürlich „was ist Berlin nicht?“ fragt.

Ist mein Eindruck total falsch?

Gruß Gudrun

Allerdings sagt mein unmaßgebliches Sprachgefühl, dass es im
Falle zweier kurzer Argumente erste Wahl ist, „zwar …
aber/(je)doch“ in einen Satz zu packen. Wenn die
Umgebungen von „zwar“ oder „aber/(je)doch“ hingegen sehr lang
sind, halte ich es für okay, mit zwei Sätzen zu
arbeiten – anstatt ein Monstrum zu produzieren.

Hallo Christopher,

wenn ich in einem Satz „zwar“ lese, dann erwartet mein Sprachgefühl automatisch am Ende dieses Satzteils ein Komma und im anschließenden Satzteil ein passendes Wort wie „aber“, „doch“ oder „dennoch“ (o.s.ä.). Noch deutlicher würde es beim Vorlesen, denn da bliebe auch noch meine Stimme oben. Und dann müßte ich irritiert feststellen, daß da huch (!) ein Punkt steht und ich meine Stimme hätte senken müssen. Oder daß nach dem Komma kein „aber“ kommt.
An einer solchen Stelle fange ich meistens nochmal von vorne an zu lesen - egal ob leise oder laut!

http://wortschatz.uni-leipzig.de/
liefert mehr als 160.000 Ergebnisse für „zwar“.

Als Beispiele zwei Sätze, die sich trotz Länge gut lesen lassen - wie ich finde:

_Und der verständnisvolle Lehrer Nida-Rümelin hat ein solches Verhalten zwar mild getadelt, aber gleichzeitig großmütig mit der Zusage belohnt, die Finanzierung der Museumsinsel ganz in Bundeshand zu übernehmen. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)

Das Bruttosozialprodukt hat zwar im ersten Quartal aufs Jahr bezogen um 5,8 Prozent zugenommen, doch der Antrieb kam überwiegend von Sonderfaktoren wie vom Hausbau auf Grund des warmen Winters. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)_

Und als Gegenbeispiele Sätze, zwar mit „zwar“, aber ohne „aber“:

_Der stellte zwar zahlreiche Ungereimtheiten fest wie Anschlusswerte, die von Jahr zu Jahr extrem schwankten. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)

Sie machten zwar ein Restaurant ausfindig, das damit wirbt, alle WM-Spiele auf seiner Dachterrasse zu übertragen. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)

In Hamburg wiederum herrscht zwar seit 1949 totale Lernmittelfreiheit, das heißt, alle Schulbücher sind umsonst. (Quelle: Der Spiegel ONLINE)_

Für die Sache mit der Korrektheit warten wir
jetzt auf den nächsten vorbeikommenden DUDEN-Besitzer.

Roland ist zwar schon vorbeigekommen, dennoch bin ich mit dem Ergebnis noch nicht ganz zufrieden. :wink:

Gruß Gudrun

Hallo, Roland und ihr!

Damit es nachvollziehbarer wird, hier der ganze Artikel aus „Richtiges und gutes Deutsch“:

Zitat:

zwar :

  1. zwar …aber …: Das Adverb zwar korrespondiert meistens mit aber, doch oder jedoch: Zuerst ging ich zwar neugierig, aber nicht eigentlich interessiert durch die Räume (Jens).
    Die durch zwar eingeleitete Einräumung und die meistens durch aber eingeleitete Aufhebung müssen dem Sinne nach aufeinander bezogen sein. Man kann also nicht sagen: Sie ist zwar intelligent, aber groß. Denn intelligent und groß sind keine Gegensätze.
    Die mit aber eingeleitete Aufhebung kann gelegentlich unausgesprochen bleiben, dann steht zwar bekräftigend im Sinne von „allerdings. freilich“: Ein solcher war nun zwar der Pfarrer meines Heimatdorfes nicht (G. Keller).
    Innerhalb eines Gesprächs- oder Textzusammenhangs kann die mit zwar eingeleitete Ausnahme unausgesprochen bleiben, wenn der Bezug aus dem Ganzen deutlich wird: Aber er ist doch ein Lump ( = Er hat zwar eine gute Tat vollbracht. aber er ist trotzdem ein Lump).
  2. und zwar: In der Verbindung und zwar wirkt zwar erläuternd und steht ohne korrespondierendes Glied: _Knopf trinkt nur Schnaps, und zwar Korn, nichts anderes (Remarque). Vor dem erlüternden und zwar muss immer ein Komma stehen: Sie war verletzt, und zwar scher. Ich werde kommen, und zwar am Dienstag.

Zitat Ende!

Daraus ergibt sich, dass nach einem „zwar“ nicht unbedingt und schon gar nicht unbedingt im gleichen Satz ein „aber“ kommen muss, wenn die Aufhebung implizite klar ist.
Dennoch erwartet und hofft ein Leser, die implizite zwar vorhandene, ihm aber nicht bekannte Aufhebung zu erfahren.

Ich bin nicht sicher, ob in dem monierten Satz der folgende die erwartete Aufhebung bietet, aber man könnte interpretieren:

Zwar sind Schröder und die Grünen schlecht angeschrieben, aber nicht Deutschland als Staat, da man ja mit einem Regierungswechsel rechnet. Merkel und Westerweller werden wieder Gnade finden bei Bush und Gott!

Vielleicht noch ein kleiner Hinweis zur Bedeutung von „zwar“. Es ist entstanden aus „ze wâre“, was: „in Wahrheit“ bedeutet.

Und noch eine Anmerkung. Es scheint so, dass „Sprachfühler“ zwar viel fühlen, aber dann doch nach der Regel fragen und fragen müssen, wenn es um Klarheit geht.

Gruß Fritz

Punkt zu Komma (Scannfehler) geändert im Zitatsatz von Jens_

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Ist mein Eindruck total falsch?

Nein, aber auch nicht richtig. Siehe oben.

Fritz

Hallo Fritz,

Damit es nachvollziehbarer wird, hier der ganze Artikel aus
„Richtiges und gutes Deutsch“:

auch Dir dankeschön.
Leider ist der Fall, um den es hier geht, nicht explizit erwähnt
(vielleicht erkenne ich es bloß nicht?).

Ich bin nicht sicher, ob in dem monierten Satz der folgende
die erwartete Aufhebung bietet,

Das trifft auf den Folgesatz m.E. genau zu.

aber man könnte
interpretieren:

Zwar sind Schröder und die Grünen abgeschrieben, aber nicht
Deutschland als Staat, da man ja mit einem Regierungswechsel
rechnet. Merkel und Westerweller werden wieder Gnade finden
bei Bush und Gott!

So sehe ich das auch.

Vielleicht noch ein kleiner Hinweis zur Bedeutung von „zwar“.
Es ist entstanden aus „ze wâre“, was: „in Wahrheit“ bedeutet.

Interessant!

Und noch eine Anmerkung. Es scheint so, dass „Sprachfühler“
zwar viel fühlen, aber dann doch nach der Regel fragen und
fragen müssen, wenn es um Klarheit geht.

Einspruch!
Ich als „Sprachfühlerin“ brauche ja nur dann Regeln, wenn mein „Sprachgefühl“ angezweifelt wird und ich unter Beweisnot stehe.
Jetzt liegen zwar Regeln vor, aber Klarheit herrscht immer noch nicht, weil die vorliegenden Regeln das strittige Beispiel nicht abdecken.
Sagt mein „Sprachgefühl“.

Muß „zwar … aber“ in ein und demselben Satz stehen, wenn eingeleitete Einräumung und eingeleitete Aufhebung explizit genannt und aufeinander bezogen sind?

Das ist die Frage!
Ja oder nein?

Gruß Gudrun

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