Zwei Fragen zu Operngesang

Hallo,

ich habe vor einiger Zeit klassischen Gesangsunterricht genommen und habe aber irgendwann entnervt aufgegeben, da es nicht so gut vorwärts ging wie erhofft. Trotzdem übe ich zuhause weiter. Ich scheitere aber nach wie vor an zwei entscheidenden Dingen:
Obwohl der Stimmumfang vorhanden ist (Mezzosopran), verkrampft sich mein Hals immer ab einer gewissen Tonhöhe (etwa ab dem zweigestrichenenen e), weil ich Angst habe, dass es schief klingt oder ich daneben haue mit dem Ton. Und dann klappt es natürlich erst recht nicht. Was kann man dagegen tun? Ich hörte mal irgendwo, wenn man einen hohen Ton singen will, soll man ihn „tief denken“, damit er aus dem Bauch kommt und nicht weiter oben angesetzt wird. Aber so wirklich funktioniert das nicht.
Und meine zweite Frage dreht sich um die Körperspannung. Mein Lehrer hat immer davon gesprochen, dass sie wichtig ist für den voluminösen Klang. Aber wie genau das geht, weiß ich bis heute nicht. Bei tiefen Tönen kommt es förmlich von allein, aber ich weiß eigentlich nicht wirklich, wie ich das mache und kann es nicht mit in die höheren Lagen rübernehmen.
Neulich, als ich vornübergebeugt bei der Hausarbeit ein Liedchen mitträllerte, fiel mir ein gewisses Spannungsgefühl im Oberkörper zwischen Hals und Brust auf, das sich irgendwie tragend auf die Stimme auswirkte, so dass die hohen Tonlagen, die eigentlich schon zu meinem „Angstbereich“ gehören, wie von selbst und ohne Verkrampfungen im Hals heraus kamen. Ist es das, was damit gemeint ist? Wie kann man das herstellen ohne sich nach vorn zu beugen?

Vielen Dank und viele Grüße.

Hallo,

habe aber irgendwann entnervt aufgegeben

vermutlich zu früh, denn es handelt sich ja um Muskeln, die trainiert werden wollen - und das heißt, über einen längeren Zeitraum …

Es gibt Übungen zur Öffnung der Kehle, die man auch ohne Lehrer machen kann, aber trotzdem ist ein Lehrer unverzichtbar, weil man sich im Eigenstudium viel verbauen kann, indem man schlicht falsch übt.

Grundsätzlich wichtig ist, VERTIKAL zu denken (NICHT horizontal). Dazu hilft es manchmal, beim Ansatz der höheren Töne mit den Händen von oben nach unten über die Wangen zu streichen und so den Gedanken an die Senkrechte herzustellen. Dabei sollte man den Mund so weit wie möglich öffnen, denn dadurch entsteht die Resonanz.

Ich kann deine Probleme verstehen, aber sie sind nicht nur bei dir vorhanden. Wenn dein Lehrer dir das nicht vermitteln konnte, hilft vielleicht auch ein Lehrerwechsel. OHNE Zuhörer gibt es immer das Problem des möglichen Falschübens.

Gruß

Bona

Hallo,

habe aber irgendwann entnervt aufgegeben

vermutlich zu früh, denn es handelt sich ja um Muskeln, die
trainiert werden wollen - und das heißt, über einen längeren
Zeitraum …

Na ja, ich war 1,5 Jahre dort, meist einmal die Woche. Aber stimmt schon. Ich hatte auch immer das Gefühl, mir fehlt die „Kraft im Hals“.

Es gibt Übungen zur Öffnung der Kehle, die man auch ohne
Lehrer machen kann, aber trotzdem ist ein Lehrer
unverzichtbar, weil man sich im Eigenstudium viel verbauen
kann, indem man schlicht falsch übt.

Kann man die irgendwo nachlesen?

Ich kann deine Probleme verstehen, aber sie sind nicht nur bei
dir vorhanden. Wenn dein Lehrer dir das nicht vermitteln
konnte, hilft vielleicht auch ein Lehrerwechsel. OHNE Zuhörer
gibt es immer das Problem des möglichen Falschübens.

Er hat immer viel mit Bildern gearbeitet. Also ich solle mir die Stimme wie eine Blase vorstellen, die am Schweben gehalten werden muss oder auch, ich müsse den Unterrichtsraum mit meiner Stimme füllen etc. An richtig guten Tagen (aber die kann man an einer Hand abzählen) hat es gut funktioniert, aber mein Kopf hat mir immer einen Strich durch die Rechnung gemacht. Meist lief es dann besser, wenn ich gedanklich woanders war und vergaß, ängstlich zu sein. :wink:

Grüße

1 Like

Hallo,

1,5 Jahre

das ist nicht viel. Wenn man ins Fitnessstudio geht, kann man nach anderthalb Jahren auch keinen Bodybuilderkörper erwarten (ob man das will bzw. wollen soll, ist ja eine andere Frage).

Ich hatte auch immer das Gefühl, mir fehlt die „Kraft im Hals“.

Das genau ist das Muskelproblem, man muss sich erst das Gefühl erarbeiten, dass diese Muskeln überhaupt da sind. Erst dann kann man sie versuchen zu steuern.

Kann man die irgendwo nachlesen?

Hilfreich, aber nicht unproblematisch sind die Bücher
Voicecoaching von Karin Ploog und Powervoice von Andrés Balhorn.

Er hat immer viel mit Bildern gearbeitet.

Das klingt erstmal nach einem guten Lehrer. Die Vorstellung von Bildern hilft beim Erspüren. Ob die von dir genannten Bilder richtig sind, kann ich nicht sagen, weil ich weder dich noch deine Stimme kenne. DAS eben ist die Aufgabe eines Lehrers. Die Vorstellungen müssen zur Person und der Stimme passen. Das eben kann man nicht pauschal sagen.

mein Kopf hat mir immer einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Genau, MANCHMAL ist der Kopf hilfreich. Das geht wirklich allen so, mach dir diesbezüglich keine Sorgen.

Gruß

Bona

Hallo nochmal!

Das genau ist das Muskelproblem, man muss sich erst das Gefühl
erarbeiten, dass diese Muskeln überhaupt da sind. Erst dann
kann man sie versuchen zu steuern.

Und wie erarbeitet man sich das Gefühl? Eigentlich hat mein Lehrer immer gemeint, bewusst steuern kann man die eher nicht. Er hat versucht, mich durch die „Bilder“ dahin zu bringen, dass der richtige Muskeltonus von allein kommt, aber dieses Zusammenkrampfen des Halses sitzt so tief drin … Da wäre wohl eine Festplattenformatierung die einzige Lösung. :wink:

Kann man die irgendwo nachlesen?

Hilfreich, aber nicht unproblematisch sind die Bücher
Voicecoaching von Karin Ploog und Powervoice von Andrés
Balhorn.

Okay, ich werde mal schauen, ob ich die besorgen kann.

Das klingt erstmal nach einem guten Lehrer. Die Vorstellung
von Bildern hilft beim Erspüren. Ob die von dir genannten
Bilder richtig sind, kann ich nicht sagen, weil ich weder dich
noch deine Stimme kenne. DAS eben ist die Aufgabe eines
Lehrers. Die Vorstellungen müssen zur Person und der Stimme
passen. Das eben kann man nicht pauschal sagen.

Tja, vielleicht war das genau das Problem. Ich kann mich zumindest an einmal erinnern, wo er völlig daneben gehauen hat damit. Ich sollte mir vorstellen, ich wäre in einem riesigen Saal voller Leute und müsse ohne Mikrofon so singen, dass auch die letzte Reihe noch alles problemlos hört. Von da an war mein Hals komplett zu, denn mir vorzustellen, ich müsse vor vielen Leuten singen, war quasi ein Nackenschuss für mich.
Ansonsten war es, glaube ich, hauptsächlich von meiner Verfassung abhängig.

Da fällt mir aber noch etwas anderes ein. Ich brauche immer ziemlich lange, bin ich wirklich warm bin. 30 bis 40 Minuten kann man da schon veranschlagen. Dann verspüre ich keine Anstrengung mehr im Hals und die Stimme gleitet ohne zu haken oder zu stolpern durch die Tonlagen. Ist das normal oder ungewöhnlich lange? Von anderen höre ich immer, dass sie nur 10 oder höchstens 15 Minuten brauchen.

Schöne Pfingsten noch.

Hallo,

Und wie erarbeitet man sich das Gefühl?

gähnen ist eine sehr gute Übung. Dabei bekommt man einen vorzüglichen Eindruck, wie es später beim Singen funktionieren soll.

Eigentlich hat mein
Lehrer immer gemeint, bewusst steuern kann man die eher nicht.

Ganz unrecht hat er nicht, es ist nicht so, als wenn man absichtlich den Arm beugt oder einen Schritt macht, aber wenn man läuft, denkt man ja schließlich auch nicht daran, WIE man läuft, sondern man läuft einfach.

wohl eine Festplattenformatierung die einzige Lösung. :wink:

Hihi, da wäre ich gespannt auf die Einzelheiten …

zumindest an einmal erinnern, wo er völlig daneben gehauen hat

Das kann natürlich passieren. Bei mir gibt es z. B. beim Einsingen eine Übung, die ÜBERHAUPT NICHT funktioniert und geradezu das Gegenteil erreicht, nämlich Verkrampfung. Das muss man bei sich selbst (und auch in Verbindung mit dem Lehrer) austesten. Alternativen kennen die Lehrer genug.

Ansonsten war es, glaube ich, hauptsächlich von meiner
Verfassung abhängig.

Das ist es IMMER. Auf der anderen Seite kenne ich eine Sängerin, die monatelang heiser war, der man das aber beim Singen nur sehr mäßig anmerkte. Sie selbst war darüber sehr überrascht.

ziemlich lange, bin ich wirklich warm bin. 30 bis 40 Minuten

Ja, das ist auch normal, nicht die Regel, aber auch nicht ungewöhnlich.

Schöne Pfingsten noch.

Ebenfalls, auch wenn nicht mehr viel davon übrig ist.

Gruß

Bona

als studierter Opernsänger habe ich soeben den Trick mit dem Wangenstreicheln versucht - verrückt, als basso profondo ins es’’!
Man lernt eben nie aus - auch nicht mit 59!
Danke - Kalaf

Du hast viele gute Antworten bekommen, ich möchte nur in einer Hinsicht korrigieren: Beim Singen sollte nie von „Hals“ und „Muskeln“ die Rede sein; dort kannst du nämlich nichts beeinflussen.
Als studierter Opernsänger, der mit 59 immer noch - obwohl tiefer Baß - auch spielend ins hohe c und darüber kommt, kann ich dir das wichtigste Geheimnis verraten: Komm ganz in deinen Körper - und sing einfach!
Vergiß alle technischen Kniffe, sie verkrampfen dich nur. Spüre dich vom Scheitel bis zur Sohle, sing einen Ton, spüre nach, wo überall in deinem Körper er klingt. Wenn er nicht überall klingt, führe ihn an den Ort, wo er nicht klingt.
Vertraue auf deine Stimme, sie ist schön, sie ist der Ausdruck deines Körpers und deiner Seele. „Hals“, „Muskeln“ - du bist mehr als das.
Du hast viele Fachbegriffe hier gelesen, ich ja auch: Resonanz, Öffnung, Stütze. Das ist alles irgendwie richtig und irgendwie falsch. Ausprobieren solltest du das alles, vielleicht findest du auch die selber die richtigen Übungen dazu.
Falls du spirituell interessiert oder begabt bist, kannst du versuchen, die Elemente zu singen. Wenn du das zu esoterisch findest, lass es.
Ich hatte meine letzte Gesangsstunde übrigens vor einer Woche. Wieder viel gelernt. Nochmals: ich bin 59!
Lieber Gruß von Kalaf

Hallo,

das freut mich sehr, vielen Dank für die Resonanz

  • im doppelten Sinn :smile: .

Gruß

Bona