Zweifel an Anwaltstätigkeiten

XX hat ein Verfahren laufen wegen schwerer Körperverletzung . ‚Wegen einem Tritt in den Hintern eines Dealers, der hauptsächlicher Drogen an Jugendliche verkauft wurde er zu 2 ½ Jahren verurteilt.
2 Monate später lernt XX eine 14jährige im Internet kennen und trifft sich mit ihr 3 x. Außer Küssen fiel dabei nichts vor. Als er mitbekam dass diese Bekanntschaft er 12 ist hat er diese Beziehung sofort beendet
Weil das Mädchen 8 Wochen später von zu Hause ausbrach, rief ihr Bruder bei ihm an und drohte ihm, falls seine Schwester bei ihm sei. Desweiteren wurde die Polizei auf XX aufmerksam und es wurde eine Hausdurchsuchung bei xx gemacht, wegen Drogen usw.
Bei der Durchsuchung wurde 1 Laptop, und 1 CD mitgenommen.
6 Wochen später stellte die Polizei fest, dass auf dem Laptop, dem Computer und der DC Kinderpornografie sei – obwohl XX nichts davon wusste.
Die Informationen, die XXX entlastet hätten, hat der Pflichtverteidiger bei der Verhandlung nicht erwähnt. Auch fand vor der Verhandlung kein Gespräch zwischen dem Angeklagten und dem Anwalt statt, da dieser keine Zeit hatte. Vor Gericht forderte der Pflichtanwalt, für diese Tat 1 ½ Jahre.
Vom Gericht wurde schließlich eine Haftstrafe von 20 Monaten ausgesprochen wegen sexuellen Handlung an Kindern.
Da XX mittellos ist, konnte er sich keinen Einspruch leisten – vor allem wegen der Drohung, dass dann sein Strafmaß noch höht wird, machte ihm Angst.
6 Monate später hatte er immer noch keine Unterlagen aus dieser Verhandlung erhalten. Außerdem wurde festgestellt, dass der Laptop nicht bei der Staatsanwaltschaft, sondern noch immer - für jeden zugänglich - bei der Polizei war.
Nun kommen Zweifel, ob der Anwalt hier richtig und verantwortlich gehandelt hat und hätte
gerne Akteneinsicht.
Als er dem Anwalt wegen Akteneinsicht ansprach, sagte dieser, er solle nichts tun, da sonst seine 2/3 Haft gefährdet ist. Stimmt das wirklich???
XXX kommt der Anwalt und dessen Handlungen nicht ganz koscher vor. Was muss / kann er tun, um Akteneinsicht zu bekommen. Was muss er tun um seine 2/3 Haft nicht zu gefährden und evtl. Hafterleicherung zu bekommen

Sehr geehrter Fragensteller,

ich werde Ihre Fragen im Folgenden unter verschiedenen Überschriften beantworten:

Beweisführung vor Gericht

Die von Ihnen aufgeworfenen Fragen, ob X wissen konnte, dass seine Bekanntschaft erst 12 ist und ob die kinderpornographischen Inhalte tatsächlich von ihn sind, wurden bestimmt in der Gerichtsverhandlung besprochen.

Es ist in Deutschland auch so, dass die Polizei verpflichtet ist, allen Hinweisen nachzugehen, die den Beschuldigten entlasten würden. Selbst wenn die Polizei nicht genügend in diese Richtung ermittelt hätte, hätte der Staatsanwalt dies bemerken müssen und nachbessern müssen. Auch bevor der Richter ein Urteil fällt, muss er sich sicher sein, dass ausreichende Beweise gegen den Angeklagten vorliegen und keine entlastenden Hinweise übersehen wurden.

Das heißt, selbst wenn der Pflichtverteidiger etwas nicht zur Sprache gebracht hat, hätte spätestens der Richter Mängel in der Beweisführung bemerken müssen.

Pflichtverteidigerwechsel

Sollte der Angeklagte der Meinung sein, dass sein Anwalt ihn schlecht vertritt, kann er jederzeit seinen Anwalt wechseln.
Etwas komplizierter ist dies, wenn es sich um einen Pflichtverteidiger handelt, also einen Verteidiger der dem Angeklagten vom Staat kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Hier muss der Angeklagte vor dem Richter begründen, wieso er einen Pflichtverteidigerwechsel für notwendig hält. Grundsätzlich ist dies aber auch kein Problem.
Wieso das hier nicht geschehen ist weiß ich nicht.

Berufung und Revision

Auch Richter machen Fehler. Um ein Urteil überprüfen zu lassen, können Staatsanwaltschaft und Verteidigung Revision oder Berufung einlegen. Diese ist jedoch nur zulässig, wenn man dem Richter tatsächlich Fehler im Verfahren oder im Urteil aufzeigen kann.
Selbstverständlich kann ein neues Urteil auch ein höheres Strafmaß ergeben. Als Angeklagter sollte man also sorgfältig mit seinem Verteidiger abstimmen ob eine Berufung oder eine Revision Sinn macht.
Grundsätzlich ist die Berufung oder Revision auch möglich wenn der Angeklagte keine finanziellen Möglichkeiten hat.

Verwahrungsort der beschlagnahmten Gegenstände

Wo der PC und die CD gelagert werden, darauf hat die Verteidigung keinen Einfluss. Es spricht auch nichts dagegen wenn die Gegenstände weiter bei der Polizei gelagert werden.
Die Polizei hat die Gegenstände während den Ermittlungen sowieso ausgiebig gesichtet.
Mit einem Missbrauch der Daten ist nicht zu rechnen.

Zweifel am Verfahren

Hat der Verurteilte Zweifel am richtigen Vorgehen des Anwaltes kann er seinen Anwalt, wie oben beschrieben, wechseln.
Akteneinsicht steht dem Verurteilten nicht zu, weil in den Akten auch sensible Informationen zu finden sind. Akteneinsicht steht grundsätzlich nur der Staatsanwaltschaft, dem Richter und dem Rechtsanwalt zu.

Aussetzung der Reststrafe (2/3 Haft)

Das Gericht kann nach §57 StGB den Vollzug der Reststrafe nach 2/3 der Haftzeit aussetzen. Voraussetzung dafür ist eine positive Prognose für den Verurteilten.
Ein verurteilter Straftäter der seinen Fehler erkannt hat und an sich arbeiten möchte hat dafür bessere Chancen als ein verurteilter Straftäter der den Fehler bei Anderen sucht.
Dennoch sollten Fehler in Gerichtsurteilen nicht unbeachtet bleiben.
X sollte sich gut überlegen ob er gegen ein vermeintlich falsches Urteil vorgehen möchte, oder ob er vielleicht zu Recht in Haft sitzt.

Hafterleichterung

Hafterleichterungen wie Ausgang und Ausführung kann die Anstaltsleitung nach §11 StVollzG bei guter Führung genehmigen.

Sie haben vollkommen Recht.
Natürlich muss und soll man bestraft werden, wenn man gegen das Gesetzt verstossen und andere darunter leiden mussten.
Dass er geistig einem normalen 21jährigen weit unterlegen ist, wurde im Gericht zwar erwähnt, aber bei der Verurteilung nicht berücksichtigt.
Wichtig ist es auch, dass man erkennt, dass man absoluten Mist gemacht hat, und sich bessern möchte.
XX hat auch erkannt, dass er im Alter zwischen 19 und 21 Jahren Mist gemacht hat und möchte sich auch ändern. In der Haft hat er deshalb auf eigenen Wunsch eine Sozialtherapie begonnen.
Allerdings ist die Höhe der Strafe – 50 Monate - im Vergleich zu dem Vergehen schwer zu verstehen.
Zudem wurde die 2/3 Hafterlass wurde abgelehnt, weil XX – wie bereits erwähnt , 2 x gegen die Bewährung verstoßen hat.
Dass sich XX während des langen Aufenthalts im Gefängnis bessert, kann ausgeschlossen werden. Hier ist wohl mehr anzunehmen, dass dann am Schluss ein ausgebildeter Krimineller herauskommt. Denn eine Ausführung in seinem Beruf , den er kurz vor Strafbeginn noch erfolgreich abschloss ist angeblich nicht möglich. Hier wäre wohl mehr psychologische Hilfe angebracht, die ihm endlich auf den Boden der Tatsache hinweist.
Momentanhat er noch eine feste Freundin. Ein nettes, anständiges Mädel, die ihm eine große Stützte ist. Aber hinsichtlich der langen Haftzeit, kann man davon ausgehen, dass diese große Liebe hier nicht stand hält
Ist für einen naiven jungen Mann dieser Art, der trotz Bemühungen sein Leben nicht in den Griff bekommt und immer wieder abgleitet, ein Aufenthalt in einer forensischen Klinik empfehlenswert , um wieder in den Alltag zurück zu finden.
Oder gibt es vielleicht für ihn eine andere Möglichkeit, aus dieser Negativspirale zu entkommen.

Dass das Gefängnis die Leute oft nicht besser sondern schlechter macht, ist ein bekanntes Problem. Aus diesem Grund werden Strafen auch großzügig zur Bewährung ausgesetzt.
Aber wenn die Bewährung nicht erfolgreich verläuft muss man die Strafen die gesetzlich vorgeschrieben sind auch mal durchziehen.

Gefährliche Körperverletzung wird mit 0,5-10 Jahren bestraft.
Sexueller Missbrauch von Kindern (dazu gehört auch Küssen), wird ebenfalls mit 0,5-10 Jahren bestraft.
Der Besitz von Kinderpornographie wird mit bis zu 2 Jahren bestraft.

Sie schrieben in der Antwort etwas von 50 Monaten? In der ersten Nachricht standen 20 Monate.
Ich finde 20 Monate eine sehr niedrige Strafe wenn da die Strafe für die Körperverletzung schon enthalten ist.
50 Monate wären allerdings ein bisschen viel.

Um den straffälligen Personen bei der Resozialisierung zu helfen gibt es verschiedene Angebote in den Gefängnissen wie z.B. die Sozialtherapie.

Grundsätzlich wird die Strafe im Gefängnis verbüßt und nicht in einer forensischen Psychiatrie. Inwieweit eine zwangsweise Unterbringung statt Gefängnis möglich ist kann ich Ihnen nicht sagen.

Grüße