Zypern bittet um Unterstützung

Hallo,

es ist schon schwer genug, als Laie den derzeitigen Diskussionen um Rettungsschirm usw. zu folgen und das zu beurteilen.
Jetzt höre ich, dass Zypern um Unterstützung gebeten hat. Zypern ist wie Irland ein Steuerparadies und weigert sich, Unternehmenssteuern zu erhöhen - „Irland hat sich damals auch erfolgreich gewehrt, das zu tun“ und Unterstützung bekommen" (DLF, 25.6.).
Ich erinnere mich: In den Dublindocks waren/sind viele europäische Unternehmen als „Briefkastenfirma“, zahlen da wenig Steuern. Irland nimmt also wenig Steuern ein, anderen Staaten werden Steuern entzogen. Und jetzt sollen genau diese Staaten Irland und Zypern helfen.

Irgendwas verstehe ich da nicht. Oder ist mein Ansatz schon völlig falsch?

Wer weiss was?
Laika

Hallo,

Irgendwas verstehe ich da nicht. Oder ist mein Ansatz schon
völlig falsch?

daß sich um Ursache und Wirkung niemand kümmert, ist doch nichts neues. In Deutschland gibt es den Länderfinanzausgleich, der im Prinzip auch nix anderes macht als Geld von denen, die es haben, weil sie gut (oder zumindest weniger schlecht) gewirtschaftet haben, zu denen umzuleiten, die es nicht haben, weil sie schlechter gewirtschaftet haben.

Im europäischen Kontext interessiert es noch viel weniger, woher die Probleme eigentlich kommen, denn wenn man sich damit beschäftigte, müßte man sich auch der Frage stellen, wieso Deutschland anderen Ländern Vorschriften hinsichtlich des Sparens machen will, obwohl es selber seit Jahrzehnten fette Schulden macht - und zwar aus den gleichen Gründen wie alle anderen.

Stattdessen läßt man sich von Griechenland, Italien, Spanien usw. erzählen, wo man sparen und wo man Mehreinnahmen herbekommen will und wenn die Ankündigungen nicht umgesetzt werden, läßt man sich den nächsten Bericht nebst Zeitplan schicken.

Bei Zypern wird es ähnlich laufen. In einem ersten Schritt wird man nur Hilfe zur Bankenhilfe beantragen und damit ohne Auflagen auskommen. Wenn dann irgendwann der gesamte Staatshaushalt zusammengebrochen ist, wird man mehr Hilfen benötigen, Auflagen zustimmen und diese dann langsam und teilweise umsetzen. Das Defizit wird nicht kleiner, sondern größer werden und am Ende braucht man mehr Hilfen.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuld…

Darüber kann man sich noch aufregen oder man nimmt dieses Verhalten als gegeben hin und zieht daraus seine Konsequenzen.

Gruß
C.

Hallo Christian,

was wären denn in der Hauptsache für „Otto Normalverbraucher“ die „zu ziehenden Konsequenzen“?

Danke und

herzliche Grüße

Helmut

Darüber kann man sich noch aufregen oder man nimmt dieses
Verhalten als gegeben hin und zieht daraus seine Konsequenzen.

Gruß
C.

Hallo!

was wären denn in der Hauptsache für „Otto Normalverbraucher“
die „zu ziehenden Konsequenzen“?

Welche Konsequenzen der angesprochene Christian meint, weiß ich natürlich nicht (kann es mir aber ungefähr denken). Ich könnte mir Vertrauensverlust als Konsequenz vorstellen. Konkludent handelnd würde man z. B. kein Geld mehr anlegen, an das man erst nach langer Zeit wieder heran kommt und würde auch keine großen Bargeldbeträge horten, sei es unter dem Kopfkissen oder auf einem Konto.

Dem Vernehmen nach wird bereits in Mittelmeeranrainerstaaten beobachtet, dass auffällig viele Leute ihr Geld von den Banken holen. Das tut den Banken gar nicht gut. Solche Stimmung - berechtigt oder nicht spielt nur eine untergeordnete Rolle - kann eine Dynamik entwickelt, die den ganzen Euroraum erfasst. Den Run auf hierzulande irgend werthaltig erscheinende Immobilien einschließlich beträchtlicher Flächen der Land- und Forstwirtschaft kann man als Indiz für schwindendes Vertrauen in andere Geldanlagen werten.

Hektische politische Aktivitäten sollen dem Vertrauensverlust eine So-lasst-uns-denn-ein-Apfelbäumchen-pflanzen-Stimmung entgegen setzen. Aber wie lange funktioniert das noch?

Gruß
Wolfgang

Hallo Helmut,

was wären denn in der Hauptsache für „Otto Normalverbraucher“
die „zu ziehenden Konsequenzen“?

zunächst sollte man sich eines vergegenwärtigen: so wie bisher geht das süße Leben nicht weiter. Die Zeit, in der der Bund jedes Jahr 15-50 Mrd. Euro neue Schulden machte, geht dem Ende entgegen.

  1. Szenario
    Die Politik stellt das selber fest und führt die Neuverschuldung zurück. Dies geht zu Lasten des Bruttoinlandsproduktes und/oder bedeutet höhere Steuern und/oder weniger (Sozial)Ausgaben. Ob ein daraus entstehender Abwärtskreislauf mit den herkömmlichen wirtschaftspolitischen Instrumenten in einem überschaubaren Zeitrahmen aufzulösen ist, bezeifle ich. Problemverschärfend wirkt nämlich, daß derartige Vorgänge in anderen Staaten auch stattfinden, was natürlich Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hat.

Die Konsequenz: wirtschaftlicher Niedergang, Arbeitslosigkeit, Verteilungskämpfe, Unruhen.

  1. Szenario
    Die Politik macht weiter wie bisher und die Märkte verlangen höhere Zinsen. Der Effekt ist letztlich der gleiche wie in Szenario 1: mehr Zinsen bedeuten mehr Ausgaben, die durch mehr Einnahmen abgedeckt oder weniger Ausgaben kompensiert werden müssen. Es sei denn, man entschließt sich in Szenario 2 nicht zu einem allmählichen Übergang zu Szenario 1, sondern riskiert das Spiel mit dem

  2. Szenario
    Der Markt zieht irgendwann den Stecker, d.h. Deutschland erhält zu bezahlbaren Konditionen keine Mittel mehr an den Kapitalmärkten. Im Gegensatz zu Szenario 1 und 2 findet dann kein langsamer Übergang stand, sondern ein schneller. Die deutschen Gebietskörperschaften sind zahlungsunfähig in dem Sinne, daß sie nicht alle ihre Verpflichtungen rechtzeitig erfüllen können. Natürlich wird es in der Situation niemanden geben, der für Deutschland den Hilfsfonds spielt, weil der ja schon (allerspätestens) in die Knie gegangen ist, als Frankreich zu stützen war. Ausgegeben kann also nur, was hereinkommt und das sind eben pro Jahr 15-50 Mrd. Euro weniger als die bisherigen Ausgaben. Gespart wird natürlich in allen Ressorts aber als erstes sind - neben den Bezügen für Beamte und öff. Bedienstete - die betroffen, die monatlich auszahlen: Arbeit & Soziales und Gesundheit.

Die Konsequenzen kann sich jeder ausmalen.

Im übrigen wird auch den Märkten immer klarer, daß Deutschland zwar vielleicht der beste aller großen Schuldner ist aber eine deutsche Staatsanleihe eben auch nicht risikolos ist. Frisch von gestern:
http://www.welt.de/finanzen/article106640828/Pimco-w… Die Sache ist also im Fluß und daß sich etwas ändern wird - sanft oder weniger sanft - ist unausweichlich.

Wie Wolfgang schon schreibt, sollte die erste Konsequenz sein, daß man sich gut überlegt, wem man sein Vermögen überläßt bzw. wie man es anlegt.

Wie ich schon öfter schrieb, können aber auch Tage kommen, an denen man vielleicht mal nicht draußen herumlaufen und einkaufen möchte (aus London und Paris kennt man das ja auch aus der jüngeren Vergangenheit). Insofern muß es nicht schaden, Vorräte für das wichtigste zu Hause anzulegen. Unabhängig von der aktuellen Situation wird das ja ohnehin empfohlen:
http://www.ernaehrungsvorsorge.de/de/startseite/

Gruß
Christian

Hallo Christian (+ Wolfgang),

danke für die ausführliche und durch frische Marktinformationen gestützte Stellungnahme zu den möglichen Szenarien - wobei ich immer noch - ob aus Mut oder Altersstarrsinn, weiß ich noch nicht - die Hoffnung hege, daß der Wermutbecher zumindest zum Teil an mir vorübergehen möge…

Du hast schon recht - die von den gewählt und wiedergewählt werden wollenden Berufspolitikern in den letzten 4 Jahrzehnten herangefütterte und weiter zwecks Kreuzchen am richtigen Ort alimentierte Sozialmittel-Empfängerschaft ohne gehabte oder zu erwartende wirtschaftliche Eigenleistung wird nicht ämüsiert sein, wenn die „Sozialunterstützung, auf die man lebenslang Anspruch hat“, sich in die berühmte Luft auflöst und man gehalten ist, den sprichwörtlichen Hintern doch wieder pünktlich, rechtzeitig und nüchtern zum - auch notdürftigen - Erwerb des eigenen Unterhaltes aus der Bettstatt zu hieven (polemisch ausgedrückt!)!

Ich wünsche uns allen eine gute Nacht!

Herzliche Grüße

Helmut

Eine gemeinsame Währung für zich Staaten mit unterschiedlichen Voraussetzungen (Wirtschaftskraft, Steuersystemen. Wettbewerbsfähigkeit etc.) kann nicht funktionieren.
Da haben die Schwächeren über kurz oder lang das Nachsehen.
Sehr bedenklich ist, das zwar diesen Staaten geholfen wird, aber für welchen Preis? Den Banken wirds gegeben, dem Bürger wirds genommen.
In Wirklichkeit findet ein Ausverkauf und Ausbeutung dieser kleinen Länder/Leute statt und alles für einen Spottpreis. Profiteure arbeiten gezielt hin. Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und jetzt Zypern.
Der Nächste kommt bestimmt…

Eine gemeinsame Währung für zich Staaten mit unterschiedlichen
Voraussetzungen (Wirtschaftskraft, Steuersystemen.
Wettbewerbsfähigkeit etc.) kann nicht funktionieren.

Das ist auch für einen Laien klar. Warum nicht auch für (Finanz-) Politiker? Dass da gewisse politische Faktoren eine Rolle spielen, mag ich einsehen - aber so … ?
Warum haben die Staaten nicht schon lange Steuersystemen, Gesetzgebung usw. zumindest in Grundzügen vereinheitlicht?
Warum gibt es immer noch Steuueroasen?
Als „Mr. Europa“, Juncker, auf das luxemburger System der Besteuerung von Zinsen angesprochen wurde, hat der sonst so hoch gepriesene Mann ziemlich unwirsch reagiert.

Sehr bedenklich ist, das zwar diesen Staaten geholfen wird,
aber für welchen Preis? Den Banken wirds gegeben, dem Bürger
wirds genommen.

In D haben wir lange ein „Notopfer Berlin“ und einen „Soli“ gezahlt. Warum geht das dort nicht? Jemand, der zig Milliarden im Ausland hat, teure Grundstücke in London kaufen kann, der kann doch sicher auch 5 oder 10% verkraften! Oder ist das nur Stammtischgerede?