Hallo
eine Freundin hatte letztes Jahr ziemlich das selbe Problem mit ihrem Sohn (damals auch 6.Klasse, G8-Gymnasium).
ADS,gesundheitl.Gründe, Probleme in der Klasse oder mit Lehrern etc. konnte man auch bei ihm als mögl.Faktoren ausschließen. Er war u.ist ein kluger Junge, von der Grundeinstellung her nicht „faul“ , hat selber auch immer Wert auf gute Heftführung u. gute Arbeitsergebnisse gelegt usw. - bis einschl. 5.Klasse gab es da nie Probleme.
Ab der 6.Kl. haben sich „von aussen“ aber doch einige Sachen geändert:
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Zum ersten Mal wurden sie nicht mehr ausschließlich im vertrauten, reinen Klassenverband unterrichtet, sondern wurden in einigen Fächern aufgeteilt und kamen mit Schülern aus Parallelklassen zusammen (z.B. wegen der ab der 6.Kl.eingeführten 2.Fremdsprache Aufteilung in Lateiner- u.Franzosen-Gruppen). Dadurch kam es teilweise zu „organisatorischem“ Durcheinander (erst im letzten Moment erfahren, in welchem Raum welche Gruppe heute Unterricht hat; von Klassenraum zu Klassenraum hetzen, um noch pünktlich zu kommen usw.).
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Es gab auch im Unterricht selbst Neuerungen: In manchen „Misch“-Kursen wurde keine feste Sitzordnung mehr verlangt, d.h. die Schüler konnten sich jede Stunde anders umsetzen; wer zuletzt reinkam, musste halt sehen, wo er noch einen Platz fand. (Sprich: viel Unruhe…für Kinder, die ihren „festen Rahmen“ u. Tischnachbarn brauchen, keine besonders konzentrationsfördernde Regelung).
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Zudem kamen neben der 2.Fremdsprache auch andere,arbeitsintensive neue Fächer dazu sowie auch ein deutlich höherer Stunden-und Arbeitsumfang (mehrmals 8 Stunden Unterricht pro Woche).
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In der 5.Klasse hatten sie noch eine wöchentliche „Klassenlehrer-Stunde“ , d.h.eine Std.pro Woche,wo Klassenprobleme, Fragen, Streits usw. angesprochen u.Lösungen gesucht werden konnten usw. Diese Stunde fiel ab der 6.Kl.komplett weg, d.h. viele „Klassenproblemchen“ mussten ungeklärt mit in die Unterrichtsstunden genommen werden u.haben sicherlich teils auch gedanklich abgelenkt u.beschäftigt.
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Ab der 6.Klasse kam bei etlichen Schülern auch deutlich der erste Schub Richtung Pubertät durch: verstärkte „Territorialkämpfchen“; neue Rangordnungs-Abläufe; „alte“ Freundschaften veränderten sich; der beste Kumpel war plötzlich in den Pausen abweisend und mehr an Mädels als an Fußball interessiert,usw.
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In der 5.Klasse waren die Hausaufgaben konsequent von ALLEN Lehrern immer erst am Stundenende genannt und dann an eine extra dafür vorgesehene Hausi-Tafel geschrieben worden (als „langsames“ Umgewöhnen von der Grundschule gedacht); ab der 6.Kl. fiel das von heute auf morgen weg , die Aufgaben wurden teilweise mitten im Stundenablauf mündlich aufgegeben u.am Stundenende auch nicht mehr wiederholt (womit besseres Zuhören geschult werden sollte).
Man war und ist da allerdings seitens der Lehrer von Anfang an sehr strikt u. allgemein konsequent: Wer Hausaufgaben/Material teils oder ganz nicht dabei hat, bekommt einen Strich im Klassenbuch und beim betreffenden Fachlehrer die Note 6 eingetragen; wenn in der nächsten Stunde unaufgefordert die nachgemachte Aufgabe vorgezeigt wird , wird die 6 gestrichen, der Strich bleibt aber im Klassenbuch. Wird die Aufgabe nicht nachgemacht u.vorgezeigt, gab es eine 2.Sechs und einen 2.Strich. Wird die Aufgabe danach vorgezeigt, bleibt eine Sechs stehen sowie auch der 2. Strich. Beim 3.Strich gibt es einen Mitteilungsbrief an die Eltern plus eine zweite 6.
Das gab anfangs massenhaft Probleme mit fehlenden Hausaufgaben in der Klasse u.genau solche Noteneinbrüche wie du beschreibst. Die meisten Kinder haben sich da aber sehr schnell drauf eingestellt - die anderen hatten dann halt entsprechende Notenprobleme, teils versetzungsgefährdend.
…am Ende jeder Stunde beim jeweiligen Fachlehrer die zu machenden Hausaufgaben abzeichnen läßt.
Würde hier kein Lehrer machen - nicht mehr in dem Alter und an einer weiterführenden Schule.
Was wir nicht verstehen: Unser Sohn fühlt sich offensichtlich sowohl an der Schule als auch in der Klasse als auch mit den Lehrern sehr wohl und bittet sogar flehentlich, :dass er dort bleiben kann .
Aber wirklich akut „bedrohlich“ war es für ihn bisher ja noch nicht. Die Sechs ist heute - bis zum nächsten Zeugnis dauert es noch lang, und bis dahin wird alles bestimmt irgendwie von alleine wieder "gut… Die möglichen Endkonsequenzen sind für ihn z.Zt.wohl eher noch ein rein „theoretisches“ Problem als ein wirklich „gefühltes“. Wenn er kein Problem mit den Augen,dem Gehör oder sonstwas „Spezielleres“ hat, wird es ja vermutlich entweder an den äußeren Lernumfeld-Umständen oder aber an seiner persönlichen Konzentration oder Aufmerksamkeit/Interesse liegen.
Die „äußeren Umstände“ werdet Ihr selten beeinflussen oder ändern können.Damit muss er letztlich wohl einfach klarkommen. Das fällt dem einen leichter als dem anderen. (Die Elternschaft meiner Freundin hat aber zumindest erwirkt, dass in allen Fächern wieder feste, rotierende Sitzordnungen eingeführt wurden. Dieses „jede Stunde woanders sitzen dürfen“ hatte auch nach Ansicht der Lehrer zuviel Unruhe und Zeitverlust durch Sitzplatz-Diskussionen gekostet u.wurde deshalb wieder geändert.)
Wir wissen uns nun so langsam keinen Rat mehr (das Ganze geht jetzt schon seit den Sommerferien so).
Siehe oben. Hat sich seit den Sommerferien um ihn herum im Schulalltag irgendetwas stark verändert,was diese Unkonzentriertheit bei ihm auslösen oder begünstigen könnte? Hat er diese „Merk-Probleme“ nur in bestimmten Fächern /Stunden…lässt sich da irgendein Muster erkennen usw…? Was sagt ER denn ,woran es an „Vergess-Tagen“ gelegen haben könnte? - Das soll keine „Entschuldigung“ für ihn sein oder so…aber falls man da was Konkretes findet, könnte es zumindest ein Ansatz sein, für ihn persönlich vielleicht bessere Lösungen und andere Arbeits- techniken o.s. zu finden, die ihm bei der Konzentration helfen. Wenn dieses Problem doch erst seit den Ferien aufgetaucht ist, sind es vielleicht wirklich „nur“ äußere Faktoren, an die er sich leider einfach noch nicht gewöhnt hat.
Und natürlich muss man auch die beginnende Pubertät bedenken. Das Herz und das Hirn beschäftigen sich da in dem Alter doch oft völlig unkontrolliert und willkürlich mit allem möglichen Kram (Freundschaften, Schulhof-Streits, Lehrerkommentar, Mädchen usw.) und die Kinder sind mit ihren Gedanken überall…nur nicht beim Unterricht oder beim Hausaufgabenheft. Das hat doch dann nichts mit Lehrer-Verar… zu tun.
Wir haben lange Gespräche geführt, wir haben gebettelt, gedroht, geschimpft,Hilfe angeboten, kontrolliert, belohnt - eigentlich die ganze Palette einmal rauf und runter.
Damit habt Ihr ihm (und auch den Lehrern) ja klar gezeigt, dass Ihr Anteil nehmt, Euch interessiert und auch Hilfestellung anbietet usw. Mehr kann man nicht tun. Das Schwierigste ist aber vielleicht für Euch: jetzt SEINE Angelegenheit und SEIN Problem wieder an ihn zurückzugeben…denn es ist SEIN Problem, nicht Eures. Es ihm zu seiner eigenen Verantwortung und Handhabung zurückzugeben ist bestimmt nicht leicht - weil Ihr als Erwachsene ja seht, worauf er da eventl.zusteuert und welche Folgen es haben kann für ihn. Und natürlich will man sein Kind vor so „völlig unnötigen“ Fehlern und Konsequenzen wie Sitzenbleiben usw. am liebsten bewahren…ist ja klar. Aber wenn er wirklich „selbstständig und verantwortungsvoll“ werden soll, muss er doch letztlich auch die Gelegenheit haben, Fehler überhaupt MACHEN zu können und DANN daraus „am eigenen Leib“ zu lernen…und Verantwortung für sein eigenes Handeln zu erkennen…oder? IHR könnt Euch den Mund fusselig reden - er wird vermutlich nicht „lernen“, was es heisst, wegen fehlender Hausaufgaben in eine neue Klasse „runterzuwandern“ , bis ER sich tatsächlich mit dieser neuen Klassensituation fühlbar und real auseinandersetzen muss.
Meine Freundin hatte damals dieselbe schwierige Situation und viel Drama zuhause deswegen. Sie haben sich als Eltern aber letztlich gefragt, was ihnen unterm Strich wichtiger ist:
Dass der Junge wirklich nachhaltig kapiert: "Alles, was ich tue oder unterlasse, hat für MICH Folgen. ICH habe die volle Verantwortung- aber auch die Wahl und Möglichkeit, Dinge zu handhaben und zu lenken, wie ich sie mir vorstelle " ?
Oder ist es am wichtigsten, dass der Junge das Schuljahr noch schafft und mit seiner Klasse zusammen bleiben kann und kein Sitzenbleiber wird usw.
Seine Eltern haben ein Schuljahr „Verlust“ in Kauf genommen und den ersten Weg gewählt. Sie haben die „veränderbaren“ äußeren Umstände geändert (wieder feste Sitzordnung erbeten und bekommen)- aber ansonsten IHM die volle Verantwortung zurückübergeben, ohne Theater und Schimpfen. („DU entscheidest, wie du deine Schule durchlaufen willst - wir hoffen, dass du GUTE Entscheidungen für dich triffst… oder ansonsten daraus lernst“). Und das haben sie auch den Lehrern gegenüber so erklärt, damit diese Bescheid wussten.
Der Junge IST letztlich wegen der Hausaufgaben-und Arbeitsverhalten-Zensuren sitzengeblieben, war todunglücklich deswegen, hat sich aber schnell in die neue Klasse eingewöhnt. Und seither hat er immer sehr ordentliche Hausaufgaben gehabt und sicherlich auch sonst so einiges gelernt.
In IHREM Fall war das langfristig gesehen vermutlich „richtige“ Entscheidung und das Beste für ihn. Leicht gefallen ist ihnen das aber auch nicht! Und jedes Kind ist anders…
Ich wünsche euch viel Geduld u. Verständnis - u.auch Mut und Konsequenz, egal was Ihr da jetzt „unternehmt“. Viel Erfolg euch allen !
LG