...abgestiegen in das Reich des Todes

Hallo,

das spricht nicht dagegen, es legt aber den Schluß nahe, dass
Jesus die „große Kluft“ (Luk.16,26) überwinden konnte.

Hier ist aber die Rede von „Heute noch wirst du mit mir im
Paradies sein“, das widerspricht einer dreitägigen
Höllenfahrt.

das ist vermutlich Auslegungssache.

die ich nicht selbst mache, ich habe in Dogmatik im Grundriss nachgelesen, wo dieser Passus erklärt wird.

Metapher hat das schon schön erklärt:
„Gefängnis“ (griech. phylake) und „Paradies“ (griech.
paradeisos) sind nämlich die zwei Bereiche in der
zeitgenössischen Architektur des antiken (jüdischen)
Totenreiches.

http://www.wer-weiss-was.de/religionswissenschaft/ab…

Der widerspricht aus meiner bescheidenen Sicht Barth’s Dogmatik.

Aber ich habe nirgends von Jesu „Höllenfahrt“ gelesen.
Er war drei Tage im Totenreich. Und wie er selbst in Luk 16
ausführt, besteht dieses Reich aus zwei Teilen. Dazwischen ist
eine Kluft. Und wenn Jesus diese Kluft überwinden konnte,
konnte er hüben wie drüben „den Geistern im Gefängnis“
predigen. (1.Petr.3,19)

Es war der Moment des Sterbens, wenn man die Hölle als Ort
interpretiert, der von Gott verlassen ist,

wenn man interpretiert,…

Wie gesagt ich interpretierte hier nicht selbst.

Aber: "bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch
da.
" (Ps.139,8)
Also ist Gott auch da!

Außerdem war es mit dem Sterben noch nicht so weit.
Nachher sagt er ja noch: "Vater, ich befehle meinen Geist in
deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.
"
(Luk.23,46)

Ja, die üblichen Widersprüche und Ungereimtheiten.

Gruss Harald

Gruß
tastatürchen

Hallo,

Metapher hat das schon schön erklärt:
„Gefängnis“ (griech. phylake) und „Paradies“ (griech.
paradeisos) sind nämlich die zwei Bereiche in der
zeitgenössischen Architektur des antiken (jüdischen)
Totenreiches.

http://www.wer-weiss-was.de/religionswissenschaft/ab…

Der widerspricht aus meiner bescheidenen Sicht Barths Dogmatik.

Ich weiß nun nicht genau, was Barth da geschrieben hat. Aber: Mit der Interdisziplinarität ist es in der Theologie oft nicht weit her. Ein Systematischer Theologe lässt sich nicht unbedingt von einem Exegeten erklären, wie eine Bibelstelle zu verstehen ist.

Ich weiß auch nicht, ob sich Barth näher mit den antiken Vorstellungen des Totenreichs beschäftigt hat und ob das, was Metapher beschrieben hat, zu seiner Zeit bekannt war.

Sprich: Um die Stelle zu verstehen, würde ich nicht unbedingt auf Barth bauen.

Aber: "bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch
da.
" (Ps.139,8)
Also ist Gott auch da!

Das Alte Testament ist über eine lange Zeit hinweg entstanden, deswegen sind Vorstellungen über das Totenreich aus verschiedenen Zeiten darin enthalten.
In den älteren Vorstellungen ist das Totenreich eine Sphäre, mit der Gott nichts zu tun hat, für die Gott nicht „zuständig“ ist.

Die Vorstellungen wandeln sich später, wie in dem von Dir zitierten Psalm zu sehen ist.

Wenn es Dich näher interessiert, verweise ich wieder mal auf wibilex: http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellex…
(Ich weiß, das tue ich dauernd - es ist nun mal eine leicht zugängliche und wissenschaftlich gute Informationsquelle.)

Außerdem war es mit dem Sterben noch nicht so weit.
Nachher sagt er ja noch: "Vater, ich befehle meinen Geist in
deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.
"
(Luk.23,46)

Ja, die üblichen Widersprüche und Ungereimtheiten.

Nenn es doch „verschiedene Sichtweisen“. Ich denke nicht, dass die Verfasser und Leser damals zu blöd waren, um Widersprüche zu bemerken. Aber offenbar konnten sie gut mit verschiedenen Perspektiven oder Erzählweisen oder Deutungen nebeneinander umgehen.

Und ich denke fast, das ist die angemessenste Art, mit so einer großen Wahrheit umzugehen: Sie von verschiedenen Seiten anzusehen und zu versuchen, das ein oder andere daran zu erfassen.

(Im Augenblick kapiere ich auch gar nicht, um welchen Widerspruch es geht.)

Viele Grüße - und bald: frohe Ostern!

Jule

1 Like

Hallo Jule,

Danke für die ausführliche Antwort,

[…]
Ich weiß auch nicht, ob sich Barth näher mit den antiken
Vorstellungen des Totenreichs beschäftigt hat und ob das, was
Metapher beschrieben hat, zu seiner Zeit bekannt war.

Barth bringt das Totenreich Israels ein, und, dass es sich dabei um andere Vorstellungen als jenen, die gemeinhin unter Hölle subsumiert werden, handelt. Also er ist sich dessen bewusst.

Sprich: Um die Stelle zu verstehen, würde ich nicht unbedingt
auf Barth bauen.

Aus historischer Sicht wohl weniger, aber wenn man die Heilsbotschaft - so wie sie heute verstanden werden soll - sucht, dann gilt wohl Barth.

Aber: "bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch
da.
" (Ps.139,8)
Also ist Gott auch da!

Ja, durch („als“) Christus. Was ja eigentlich das Sensationelle ist.

Das Alte Testament ist über eine lange Zeit hinweg entstanden,
deswegen sind Vorstellungen über das Totenreich aus
verschiedenen Zeiten darin enthalten.
In den älteren Vorstellungen ist das Totenreich eine Sphäre,
mit der Gott nichts zu tun hat, für die Gott nicht „zuständig“
ist.

Ja, genau - und deshalb wird es für Barth zur Hölle, ein Ort an dem (ein Israelit) abgetrennt von seinem Gott ist, etwas Schlimmeres gibt es nicht. Und genau da widerspricht sich Barth mit dem was Metapher geschrieben hat. Wann diese Interpretation aufkam? Vllt. hat Wikipedia doch einmal recht: Hans Urs von Balthasar. Mit Christus ändert sich dies, mit Christus haben auch die Ausgestoßenen wieder Hoffnung (auf Vergebung ihrer Sünden).

Die Vorstellungen wandeln sich später, wie in dem von Dir
zitierten Psalm zu sehen ist.

Auch hier, wenn Wikipedia recht hat, ab dem 6. Jh. die Pilatusakten (Evangelium Nicodemi), die wie viele andere nicht kanonisierte Schriften sicher doch Einfluss auf die Entwicklung der Glaubenslehre hatten.

Wenn es Dich näher interessiert, verweise ich wieder mal auf
wibilex:
http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellex…
(Ich weiß, das tue ich dauernd - es ist nun mal eine leicht
zugängliche und wissenschaftlich gute Informationsquelle.)

Danke, gute Quellen kann man nicht oft genug zitieren.

Außerdem war es mit dem Sterben noch nicht so weit.
Nachher sagt er ja noch: "Vater, ich befehle meinen Geist in
deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.
"
(Luk.23,46)

Ja, die üblichen Widersprüche und Ungereimtheiten.

Nenn es doch „verschiedene Sichtweisen“. Ich denke nicht, dass
die Verfasser und Leser damals zu blöd waren,
um Widersprüche
zu bemerken.

Ja, genau so hätte ich das ausdrücken sollen. Sry für den hingeschluderten Satz. Mich stört auch nicht, dass es unterschiedliche Sichtweisen gibt. Es ist wie du sagst:

Aber offenbar konnten sie gut mit verschiedenen
Perspektiven oder Erzählweisen oder Deutungen nebeneinander
umgehen.

Naja, ganz friedlich soll das alles ja nicht abgelaufen sein. Arianischer Streit, Häretiker Verfolgungen… (aber ich schweife ab)

Und ich denke fast, das ist die angemessenste Art, mit so
einer großen Wahrheit umzugehen:

Ok. Das ist sie dann ehrlichgesagt nicht für mich. Aber die Finger davon lassen kann ich auch nicht, es ist einfach zu interessant, und ich hätte gerne viel mehr Zeit dafür…

Sie von verschiedenen Seiten
anzusehen und zu versuchen, das ein oder andere daran zu
erfassen.

(Im Augenblick kapiere ich auch gar nicht, um welchen
Widerspruch es geht.)

Ich meinte zu den anderen Bibelstellen bzw. zur Sicht der dreitägigen Fahrt in die (nennen wir es besser) Unterwelt. Das widerspricht dem Lukas Evangelium. Nur: wenn man alleine nach der Botschaft geht, dann landet man heute zwangsläufig wieder bei Barth. Zumindest als Katholik.

Viele Grüße - und bald: frohe Ostern!

Danke, auch dir Frohe Ostern!

Jule

tastatürchen

Hallo,

Barth bringt das Totenreich Israels ein

ja, aber welche Vorstellungen davon? Die Teilung in „Gefängnis“ und „Paradies“ innerhalb des Totenreichs, die Metapher beschrieb, ist, wenn ich’s richtig verstanden habe, zur Zeit Jesu geläufig und nicht unbedingt in den alttestamentlichen Texten zu finden. Es gibt nicht die eine Vorstellung vom Totenreich im alten Israel.

Sprich: Um die Stelle zu verstehen, würde ich nicht unbedingt
auf Barth bauen.

Aus historischer Sicht wohl weniger, aber wenn man die
Heilsbotschaft - so wie sie heute verstanden werden soll -
sucht, dann gilt wohl Barth.

Das verstehe ich jetzt nicht…

Aber: "bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch
da.
" (Ps.139,8)
Also ist Gott auch da!

Ja, durch („als“) Christus. Was ja eigentlich das Sensationelle ist.

Naja, da liest Du quer gegen die Entstehungszeit. Dazu muss man voraussetzen, dass der Psalmist (und seine Zeitgenossen) den christlichen Auferstehungsglauben im voraus hineingeschrieben haben, ohne selbst davon zu wissen.

Das Alte Testament ist über eine lange Zeit hinweg entstanden,
deswegen sind Vorstellungen über das Totenreich aus
verschiedenen Zeiten darin enthalten.
In den älteren Vorstellungen ist das Totenreich eine Sphäre,
mit der Gott nichts zu tun hat, für die Gott nicht „zuständig“
ist.

Ja, genau - und deshalb wird es für Barth zur Hölle, ein Ort
an dem (ein Israelit) abgetrennt von seinem Gott ist, etwas
Schlimmeres gibt es nicht.

Das stimmt für einen Teil der Texte des AT, nicht für alle! Das ist eine Ideengeschichte über Jahrhunderte. Erst recht, wenn man die Entwicklung der jüdischen Vorstellungen bis in Jesu Zeit mit einbezieht.

Und genau da widerspricht sich Barth mit dem was Metapher geschrieben hat.

Was nicht bedeuten muss, dass Metapher unrecht hat.
Was schreibt denn Barth nun überhaupt? Mir ist überhaupt nicht klar, inwiefern er widerspricht. Ob Jesus im Totenreich war? Oder was das Totenreich bedeutet?

Falls Barth das „Paradies“ nicht als Begriff für einen Bereich innerhalb des jüdischen Totenreichs kannte, konnte er die Lukas-Stelle vermutlich nicht so lesen, dass „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein“ sich auf das Totenreich bezieht.

Wann diese Interpretation aufkam? Vllt. hat Wikipedia doch einmal recht:
Hans Urs von Balthasar. Mit Christus ändert sich dies, mit
Christus haben auch die Ausgestoßenen wieder Hoffnung (auf
Vergebung ihrer Sünden).

Welche Interpretation? Auf welchen Wikipedia-Artikel beziehst Du Dich?

Die Vorstellungen wandeln sich später, wie in dem von Dir
zitierten Psalm zu sehen ist.

Auch hier, wenn Wikipedia recht hat, ab dem 6. Jh.

Nein, eben nicht. Die Ausweitung der „Zuständigkeit“ Gottes für die Toten entwickelt sich innerhalb des Alten Testaments. Deswegen steht das ja in Deinem Psalmzitat, das wäre sonst ja gar nicht möglich.

Zur Zeit Jesu gibt es im Judentum schon den Glauben an die Auferstehung, auch wenn nicht alle jüdischen Gruppierungen daran glaubten (vgl. das Streitgespräch mit den Sadduzäern darüber). Das allein ist keine christliche Erfindung! Du kannst das im Wikipedia-Artikel „Auferstehung“ nachlesen.

Außerdem war es mit dem Sterben noch nicht so weit.
Nachher sagt er ja noch: "Vater, ich befehle meinen Geist in
deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.
"
(Luk.23,46)

Ja, die üblichen Widersprüche und Ungereimtheiten.

Nenn es doch „verschiedene Sichtweisen“. Ich denke nicht, dass
die Verfasser und Leser damals zu blöd waren,
um Widersprüche
zu bemerken.

Ja, genau so hätte ich das ausdrücken sollen. Sry für den
hingeschluderten Satz. Mich stört auch nicht, dass es
unterschiedliche Sichtweisen gibt. Es ist wie du sagst:

Aber offenbar konnten sie gut mit verschiedenen
Perspektiven oder Erzählweisen oder Deutungen nebeneinander
umgehen.

Ich meine einfach: Dass die vier Evangelien unterschiedlich vom Tod Jesu erzählen, macht nichts, im Gegenteil. Es sind vier leicht unterschiedliche Deutungen. Als würdest Du einen Berg (= das Geschehen) ansehen und Deinen Standort immer wieder um ein paar Meter verschieben. Dabei entstehen leicht unterschiedliche Bilder.

Und ich denke fast, das ist die angemessenste Art, mit so
einer großen Wahrheit umzugehen:

Ok. Das ist sie dann ehrlich gesagt nicht für mich.

Du hättest die Wahrheit lieber eindeutig und klar? Ich denke, dazu ist sie zu vielschichtig. Und geht zu sehr über unseren Verstand. Ich glaube, für das „Eigentliche“ gibt es keine Worte und Begriffe, die wirklich passen würden. Deswegen: Bilder, verschiedene Erklärungs- und Denkversuche.

Ich meinte zu den anderen Bibelstellen bzw. zur Sicht der
dreitägigen Fahrt in die (nennen wir es besser) Unterwelt. Das
widerspricht dem Lukas Evangelium.

Dass das kein Widerspruch sein muss, hat doch Metapher erklärt?

Nur: wenn man alleine nach
der Botschaft geht, dann landet man heute zwangsläufig wieder
bei Barth. Zumindest als Katholik.

Das wird den zutiefst protestantischen Barth sehr freuen.

Was ist denn „alleine nach der Botschaft gehen“? Und warum muss man dazu Barth lesen und nicht die Bibel? Aber das führt jetzt vielleicht zu weit.

Viele Grüße,

Jule

2 Like

Hallo Jule,

vorweg, genau sowenig wie Barth Katholik war (Asche auf mein Haupt), genau sowenig hat er den „Grundriss“ selbst geschrieben. Es handelt sich dabei um einen Vortrag aus 1946 in dem er die (Zitat Klappentext) „die Kernaussagen des christlichen Glaubens in freier Rede“ zusammenfasst und sich dabei am „Leitfaden des Glaubensbekenntnisses“ orientiert.

Daher meine Aussagen, die du nicht verstanden hast. Wenn man die Heilsbotschaft des Christentums verstehen will, führt an Barth kein Weg vorbei.

Unter §17 „Gekreuzigt, gestorben, begraben, niedergefahren zur Hölle“ beschreibt er (und das habe ich bereits zitiert!, insofern verstehe ich die wiederholte Frage nach dem „was Barth schreibt“ von dir nicht), also hier beschreibt er die Hölle als „Ort der Qual“, weil die Toten dort „von Gott abgeschnitten“ sind. Und das auch für Israeliten.

Und das widerspricht auf ersten Blick dem was Metapher schreibt, der das Totenreich nicht mit einer wie auch immer gearteten Hölle in Verbindung bringt.

Wann diese Vorstellung sich entwickelt hat und welcher Zeitraum da in die Vorstellung Barths Eingang gefunden hat, kann ich nicht sagen. Deshalb meine Erwähnung der Pilatusakten aus dem 6. Jh., die du einfach weggelassen hast, und auch meine Erwähnung von Urs von Balthasar. -> Wikipedia

Aber: "bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch
da.
" (Ps.139,8)
Also ist Gott auch da!

Ja, durch („als“) Christus. Was ja eigentlich das Sensationelle ist.

Naja, da liest Du quer gegen die Entstehungszeit.

Das liegt daran, dass ich mich im Hinblick auf die Fragestellung an der heutigen Dogmatik orientiert habe, etwas das wohl legitim ist.

Was nicht bedeuten muss, dass Metapher unrecht hat.

Davon habe ich auch nie geschrieben. Worum geht es dir jetzt eigentlich?

Ich meine einfach: Dass die vier Evangelien unterschiedlich
vom Tod Jesu erzählen, macht nichts, im Gegenteil. Es sind
vier leicht unterschiedliche Deutungen. Als würdest Du einen
Berg (= das Geschehen) ansehen und Deinen Standort immer
wieder um ein paar Meter verschieben. Dabei entstehen leicht
unterschiedliche Bilder.

Sorry, aber für mich sind es im besten Fall Ungereimtheiten.

Und ich denke fast, das ist die angemessenste Art, mit so
einer großen Wahrheit umzugehen:

Ok. Das ist sie dann ehrlich gesagt nicht für mich.

Du hättest die Wahrheit lieber eindeutig und klar?

Ich bin überhaupt nicht auf der Suche nach einer höheren Wahrheit. Warum sollte ich das sein?

Ich bin leicht verwundert, in welche OT-Diskussionen ich hier verwickelt werde, weil ich auf eine Frage geantwortet habe. Ich muss mich ja fast rechtfertigen hier, das finde ich offen gesagt nicht in Ordnung.

tastatürchen

christliche Traditionen von Totenreich und ‚Hölle‘
da ich nicht sehe, wo ich mich in die Diskussion weiter unten einmischen könnte, hier nochmal ein kleiner Überblick.

Wie im FAQ:1527 („Kurze Geschichte der Hölle“) bereits erwähnt, ist bezüglich christlicher Traditionen zum Begriff „Hölle“ zu unterscheiden, ob von einem Totenreich die Rede ist, oder von einem Ort „ewiger“ Qualen als Bestrafung von Sündern. Die Vorstellungen, die sich - leider lediglich in jeweiligen Andeutungen - im Kanon des NT finden, sind keineswegs einheitlich. Das kommt daher, daß diesbezügliche Vorstellungen im zeitgenössischen Judentum keineswegs einheitlich waren, und im mediterranen Raum sowieso nicht. Und somit daher, daß die Autoren offenbar unterschiedlichen Traditionen angehörten bzw aus unterschiedlichen Quellen schöpften.

Die älteste Ausmalung in der jüdischen Tradition ist das „Buch Henoch“ aus dem 3. Jhdt. v. u. Z, das in einer äthiopischen Version erhalten ist (Signatur: „äth. Hen.“). Dort wird (Kap. 10. und 21-24 und ff) die Landschaft beschrieben, in der sich die Toten aufhalten, die auf das Endgericht warten. Die Struktur dieser Landschaft ist nicht präzise nachzuvollziehen, aber jedenfalls sind dort mehrere Teile abgetrennt, Durch Mauern oder tiefe Täler. Es ist (um es hier nur anzudeuten), ein Teilbereich als „Eden“ bezeichnet, ein Ort der Glückseligkeit, der charakterisiert ist durch Wohlgerüche „wie es sie auf der Erde nicht gibt“, die von Früchten bestimmter Bäume ausgehen. In einem anderen Bereich befinden sich Gefesselte, „bis die unendliche Anzahl von Tagen ihrer Strafe vollendet ist“.

Ein anderer „furchtbarer Ort“ wiederum besteht aus Feuer, in dem die Bestraften „gehalten werden für immer“.

Die, die sich dort aufhalten, sind jedoch keine Menschen, sondern „Sterne“, bzw „Engel“. Warum das so ist, tut hier erstmal nichts zur Sache, es geht ja um die Struktur dieser Landschaft, deren genauer Ort übrigens aus dem Text nicht zu erschließen ist. Deutlich ist nur, daß es eine genauere Ausmalung dessen ist, was die jüdische Tradition dieser Epoche als „scheol“ bezeichnet, bzw. als "ge hinnom"oder „ge bene hinnom“ („Tal des Hinnom“ bzw. „Tal der Kinder des Hinnom“).

Weitere Hinweise auf zeitgenössische Unterweltsvorstellungen finden sich z.B. im sog. „4. Buch Esra“ vom Ende des 1. Jhdt, ferner in der griechischen Petrus-Apokalypse und der äthiopischen Petrus-Apokalypse, beide aus dem 2. Jhdt.

Diese Bücher beschreiben jedoch Orte, in denen sich die Toten befinden, und zwar nach dem Endzeitgericht. Und während äth. Hen. und 4. Esra die Grundstruktur von Dantes „Divina Comedia“ vorzeichnen (Besichtigung der diversen Nachtod-Räume unter Begleitung eines kundigen Reiseführers), malt Dante sein „Inferno“, den Ort der „endgültig“ Verfluchten, mit den Bildern aus den letztgenannten Literaturen aus.

Die zeitgenössischen griechischen Literaturen verwenden für die jeweiligen Totenreiche (also die vor dem Endgericht!) die Bezeichnung „hades“, aber ebenso auch die Andeutungen über den „endgültigen“ Ort der Qualen. Deshalb wird das in späteren Interpretationen oft vermischt.

In den germanischen Sprachen wird „hades“ dann weiterhin mit Namen aus ihren eigenen Mythologien übersetzt. So schreibt Wulfila (der erste aus diesem Sprachraum) in für 1. Kor. 16.55, wo es eindeutig nur um das Totenreich geht, und nicht um den Ort ewiger Qualen:
pou sou, hade , to nikos?“ („wo, Hades, ist dein Sieg?“)
in seiner gotischen Übersetzung:
„_ƕar ist sigis þein, halja _?“

Im althochdeutschen Heliand wird „hades“ wiedergegeben mit „_ hella ".Altnordisch heißt es " hel _“…Alle diese Ausdrücke bezeichnen den Aufenthaltsort der Toten. Eine ewige Qälerei von Sündern gibt es in der germanischen Mythologie auch gar nicht!

So kommt es, daß mit dem deutschen Ausdruck „Hölle“ (ebenso wie mi der engl. „hell“) nicht unterschieden wird, ob der (in der christlichen Eschatologie gemeinte) vorläufige Aufenthaltsort der Toten gemeint ist, die auf das Endgericht warten, oder der Ort der Qualen, der erst nach dem Endgericht relevant wird. Erst nach Dante, der mit dem italienischen „inferno“ (im Unterschid zu dem lateinsichen „infernus“) eben den Ort der Qualen meinte, unterstützt durch das Gemälde von Hieronymus Bosch, wurde „Hölle“ und „hell“ dann im Sprachgebrauch endgültig zur Bezeichnung des Ortes der Qualen.

Daß es in der christlichen Eschatologie ein Ort vor dem Endgericht gibt, wissen ja die meisten Christen eh nicht. (Die zusätzliche Zwischenstation „Fegefeuer“ macht das Ganze nochmal zusätzlich kompliziert.)

So ist z.B. auch der Bericht „descensus ad inferos“, der an das sog. „Nikodemus-Evangelium“ angehängt wurde, als „Höllenfahrt Jesu“ in den Sprachgebrauch übergegangen, obgleich auch dort nur vom Totenreich die Rede ist.

Und um diese ewigen Mißverständnisse auszuräumen, wurde die entsprechende Passage aus dem apostolischen Glaubensbekenntnis, ebenso wie aus dem athanasischen, die frühere deutsche Version „abgestiegen in die Hölle“ umformuliert in „abgestiegen in das Reich der Toten“.

Gruß
Metapher

4 Like

Ägyptische Jenseitsvorstellung
Hi Metapher.

Denn die zahlreichen, wenn auch alle ähnlichen, jüdischen,
hellenistischen, sassanidischen, ägyptischen,
Totenreichsvorstellungen waren bis zu dieser Zeit nicht
Gegenstand christlicher theologischer Dispute (…) Denn jeder Gestorbene steigt (nach diesen Vorstellungen) in das Totenreich hinab, das sich in allen
erwähnten Kulturräumen „unter der Erde“ befindet.

In Ägypten gestaltete sich das etwas komplexer.

Der unterirdische Duat gilt als erstes Ziel der (nicht-königlichen) Toten, ein gefährlicher Ort, an dem sich der Tote durch eine Reihe von Prüfungen bis zum Totengericht des Osiris vorarbeiten muss, wo sein Herz gegen die Feder der Göttin Maat abgewogen wird. Ist es nicht schwerer als die Feder, kann der Tote in das überirdische Sechet-Iaru eingehen, wo ein seliges Leben ihn oder sie erwartet. Wohl einmalig in der Religionsgeschichte ist dabei der Umstand, dass der Tote in diesem Stadium als drei verschiedene Entitäten (Ach, Ba, Ka) zugleich existiert. Er bleibt im Sechet Iaru aber immer mit seinem mumifizierten Leib verbunden, denn diese Verbindung galt den Ägyptern als lebensnotwendig.

Ist das Herz zu schwer, wird es von dem Monster Ammit gefressen, woraufhin der Tote zu einem qualvollen Ort gelangt, der für die christliche Höllenvorstellung vermutlich paradigmatisch war. Sinn der Totenrituale und -sprüche war natürlich, den Toten davor zu bewahren.

Ansonsten ein Sternchen für deinen Artikel.

Chan

1 Like

Holzwege
Hallo,

die Einwendungen von Jule sind absolut berechtigt.

Daher meine Aussagen, die du nicht verstanden hast. Wenn man die Heilsbotschaft des Christentums verstehen will, führt an Barth kein Weg vorbei.

Da bist du aber gewaltig auf einem Holzweg. Auch wenn Karl Barth einen großen Einfluß hatte - nicht nur in der evangelischen Theologie, auch in der katholischen! - so ist er dennoch nur einer von Vielen, die maßgeblichen Einfluß hatten. Rudolf Bultmann, Paul Tillich, Romano Guardini, Hans Urs v. Balthasar, Karl Rahner, nicht zuletzt auch Joseph Ratzinge seien nur einige wenige von Vielen, die gleichermaßen schulbildend waren. Und alle würden sicher sagen, daß Wege sehr wohl an Barth vorbeikommen. Es gibt erhebliche Differenzen, je nachdem, um welche Fragen es geht.

Im Übrigen war Barth Theologe, und weder Theologiehistoriker, noch Religionshistoriker. Seine Interpretationen sind ggf. für Pastoraltheologie relevant. Aber nicht für die Begriffs geschichte und die Geschichte christlicher Eschatologien.

Unter §17 „Gekreuzigt, gestorben, begraben, niedergefahren zur Hölle“ beschreibt er die Hölle als „Ort der Qual“, weil die Toten dort „von Gott abgeschnitten“ sind. Und das auch für Israeliten.

Eben. So meint Barth an dieser Stelle (den Vortrag, aus dem du zitierst, kenne ich nicht). Aber diese Meinung ist begriffshistorisch nicht relevant. Historiker wissen über diese Verständnistraditionen Genaueres. Daher habe ich Betreffendes hier oben nochmal zusammengfaßt.

Wann diese Vorstellung sich entwickelt hat und welcher Zeitraum da in die Vorstellung Barths Eingang gefunden hat, kann ich nicht sagen.

Siehe oben.

Deshalb meine Erwähnung der Pilatusakten aus dem 6. Jh., die du einfach weggelassen hast

Du kennst den Text möglicherweise nicht? Die „Acta Pilati“ sind nur ein Teil des sog.„Nikodemus-Evangeliums“. Über „Hölle“ steht darin nichts. Was du meinst, ist vielmehr der Text „Descensus ad Inferos“ („Abstieg in die Unterwelt“), der dt. meist als „Höllenfahrt Christi“ bezeichnet wird. Das ist ein anderer Teil des Nikodemus-Ev. Ich erwähnte ihn oben bereits.

Schönen Gruß
Metapher

Hallo,

es war nicht meine Absicht, Dich anzugreifen; wenn das so rüberkam, tut es mir leid! Ich freute mich an der intensiven Diskussion.

Unter §17 „Gekreuzigt, gestorben, begraben, niedergefahren zur
Hölle“ beschreibt er (und das habe ich bereits zitiert!,
insofern verstehe ich die wiederholte Frage nach dem „was
Barth schreibt“ von dir nicht), also hier beschreibt er die
Hölle als „Ort der Qual“, weil die Toten dort „von Gott
abgeschnitten“ sind. Und das auch für Israeliten.

Und das widerspricht auf ersten Blick dem was Metapher
schreibt, der das Totenreich nicht mit einer wie auch immer
gearteten Hölle in Verbindung bringt.

Wann diese Vorstellung sich entwickelt hat und welcher
Zeitraum da in die Vorstellung Barths Eingang gefunden hat,
kann ich nicht sagen. Deshalb meine Erwähnung der Pilatusakten
aus dem 6. Jh., die du einfach weggelassen hast, und auch
meine Erwähnung von Urs von Balthasar. -> Wikipedia

Ich bin eingestiegen auf die Diskussion um die Lukas-Stelle (Lk 23), die sich zwischen Dir und Harald entsponnen hatte.
Ich glaube, unser Missverständnis kommt daher, dass ich von den Bibeltexten her denke, weil ich meine, dass sich dogmatische Aussagen letztlich nur aus ihnen her entwickeln lassen. Und meinem Verständnis nach so, dass ich versuche zu verstehen, was zur Entstehungszeit die Verfasser darunter verstanden haben, und von da aus dann selbst - systematisch-theologisch - weiterdenken kann.
Wie gesagt, ein exegetischer Ansatzpunkt.

Von daher helfen die Pilatusakten zum Verständnis von Lk 23,43 meiner Meinung nach nicht weiter.

Ich begreife jetzt, glaube ich, besser, worum es Dir geht.

Aber: "bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch
da.
" (Ps.139,8)
Also ist Gott auch da!

Ja, durch („als“) Christus. Was ja eigentlich das Sensationelle ist.

Naja, da liest Du quer gegen die Entstehungszeit.

Das liegt daran, dass ich mich im Hinblick auf die
Fragestellung an der heutigen Dogmatik orientiert habe, etwas
das wohl legitim ist.

Das hängt am Bibelverständnis, und da unterscheiden wir uns eben.

Was nicht bedeuten muss, dass Metapher unrecht hat.

Davon habe ich auch nie geschrieben. Worum geht es dir jetzt
eigentlich?

Um die Auslegung von Lk 23,43 im Hinblick auf die Frage nach Jesu „Hinabsteigen in das Reich des Todes“.

Ich bin überhaupt nicht auf der Suche nach einer höheren
Wahrheit. Warum sollte ich das sein?

Deine Beschäftigung mit den dogmatischen Fragen klang für mich danach.
Aber wenn das nicht Dein Anliegen ist, können wir’s ja gut dabei bewenden lassen.

Österliche Grüße!

Jule

Interessant wie hier kommuniziert wird. Tut mir ja leid, dass du fast als persönlichen Angriff genommen hast, was ich geschrieben habe.

Da bist du aber gewaltig auf einem Holzweg. Auch wenn Karl
Barth einen großen Einfluß hatte - nicht nur in der
evangelischen Theologie, auch in der katholischen! - so ist er
dennoch nur einer von Vielen, die maßgeblichen Einfluß hatten.
Rudolf Bultmann, Paul Tillich, Romano Guardini, Hans Urs v.
Balthasar, Karl Rahner, nicht zuletzt auch Joseph Ratzinge
seien nur einige wenige von Vielen, die gleichermaßen
schulbildend waren. Und alle würden sicher sagen, daß Wege
sehr wohl an Barth vorbeikommen. Es gibt erhebliche
Differenzen, je nachdem, um welche Fragen es geht.

Differenzen? Interpretationen, die sich ja im Sinne einer höheren Wahrheit nicht wirklich widersprechen meinst du wohl. Und hier zitiere ich wiederum Jule.

So ein Theater,…

Gruß
t.

Hallo Jule,

ich finde es durchaus legitim, sich dem Fragesteller anzupassen. Dieser hat nach Belegen gefragt und ich denke, die meisten wissen nicht um die vielen Feinheiten, über die mich M. so „freundlich“ aufgeklärt hat.

Danke auch dir für die rege Diskussion, aber ich wollte dem Fragesteller helfen und mich nicht hier aufs Schafott zerren lassen.

Ich bin überhaupt nicht auf der Suche nach einer höheren
Wahrheit. Warum sollte ich das sein?

Deine Beschäftigung mit den dogmatischen Fragen klang für mich
danach.
Aber wenn das nicht Dein Anliegen ist, können wir’s ja gut
dabei bewenden lassen.

Ich bin christlich (besser: naiv-christlich erzogen), dabei ist mir das Christentum abhanden gekommen, und ich möchte auf einer aufgeklärteren Weise wissen, worum es geht. Orientiert an den Glaubensgrundsätzen (die ich erst mal ergründen musste) und soweit zum besseren Verständnis relevant, geschichtliche Hintergründe.

Österliche Grüße!

Auch dir noch ein schönes Osterwochenende!

Jule

tastatürchen

Hallo Metapher,

ich habe in diesem Thread mal wieder viel von Dir gelernt; vielen Dank dafür! Die Aufteilung des jüdischen Totenreichs (unsauber formuliert, aber Du weißt schon…) in Paradies und Gefängnis kannte ich noch nicht, das ist sehr erhellend.

Danke - und: Frohe Ostern!

Jule

1 Like

Tut mir ja leid, dass du fast als persönlichen Angriff genommen hast, was ich geschrieben habe.

Nanu!? Wie kommst du denn auf diese Idee? Warum sollte ich das denn persönlich nehmen? Und wieso hast du überhaupt den Eindruck?

Mein Ausdruck Holzweg bezog sich (wie du ja selbst zitierst) ausschließlich darauf, daß du zweimal ausdrücklich behauptetest, an Barth käme „kein Weg vorbei“.

Barth ist aber nicht der einzige bedeutende Theologe des XX. Jhdts. Und auch die anderen waren schulbildend. In vielen Fragen stimm(t)en andere nicht mit ihm überein.
Darauf wollte ich lediglich hinweisen.

Mich persönlich betrifft das eh nicht. Ich bin weder Barthianer, noch Theologe. Die hier diskutierten Fragen sind solche der Theologiegeschichte und Ideengeschichte, Das ist nicht dasselbe. Und solche Fragen war Barth nicht ausschlaggebend.

Differenzen? Interpretationen, die sich ja im Sinne einer höheren Wahrheit nicht wirklich widersprechen meinst du wohl.

Theologie ist immer (und immer schon gewesen) Sache der Auseinandersetzung über theologische Inhalte. Sie ist nicht zu verwechseln mit der sog. „Verkündigung“ auf der Kanzel durch den Klerus. Theologie und Klerus sind oft kontrovers. Sogar bei den Katholiken. (Siehe z.B. Küng, Hasenhüttl, Drewermann usw.)

Schönen Gruß
Metapher

Hallo tastürchen,

vorweg möchte ich mich entschuldigen, wenn der Eindruck entstanden ist, dass

Ich muss mich ja fast rechtfertigen hier, das finde ich offen
gesagt nicht in Ordnung.

Es war nur die Bemerkung „Widerspruch“, die mich animiert hat, meinen Senf dazu zu geben.

Daher meine Aussagen, die du nicht verstanden hast. Wenn man
die Heilsbotschaft des Christentums verstehen will, führt an
Barth kein Weg vorbei.

genau das ist es, was ich nicht verstehe.
Ich habe Barth nicht gelesen, ich verlasse mich auf die Aussagen der Bibel.

Unter §17 „Gekreuzigt, gestorben, begraben, niedergefahren zur
Hölle“ beschreibt er die
Hölle als „Ort der Qual“, weil die Toten dort „von Gott
abgeschnitten“ sind. Und das auch für Israeliten.

Diese Beschreibung widerspricht aber der Aussage von Jesus.
Und wenn ich die Wahl habe zwischen Barth und Jesus, vertraue ich eher auf Jesus.

Und das widerspricht auf ersten Blick dem was Metapher
schreibt, der das Totenreich nicht mit einer wie auch immer
gearteten Hölle in Verbindung bringt.

Hier gehe ich mit Metapher konform, dass es ein Totenreich vor dem Endgericht und der Hölle nach dem Endgericht gibt.
Das lässt sich aus Luk.16 bzw. Offb.20 belegen.

Ich meine einfach: Dass die vier Evangelien unterschiedlich
vom Tod Jesu erzählen, macht nichts, im Gegenteil. Es sind
vier leicht unterschiedliche Deutungen. Als würdest Du einen
Berg (= das Geschehen) ansehen und Deinen Standort immer
wieder um ein paar Meter verschieben. Dabei entstehen leicht
unterschiedliche Bilder.

Sorry, aber für mich sind es im besten Fall Ungereimtheiten.

Eben, diese „Ungereimtheiten“ wollte ich ausräumen, sorry.

Ich bin überhaupt nicht auf der Suche nach einer höheren
Wahrheit. Warum sollte ich das sein?

Vielleicht weil es interessant sein könnte, den Blickwinkel zu verändern?

Gruss Harald

Hallo Metapher,

Die hier diskutierten Fragen sind solche der Theologiegeschichte und Ideengeschichte, Das ist nicht dasselbe. Und solche Fragen war Barth nicht ausschlaggebend.

Es sind schon auch Fragen der Dogmatik, oder zumindest vermischen sie sich in diesem Teilthread damit („Wie ist das denn nun wirklich mit dem, was nach dem Tod kommt?“), und da ist Barth natürlich nicht belanglos. Aber eben auch nicht unangreifbar.

Theologie ist immer (und immer schon gewesen) Sache der
Auseinandersetzung über theologische Inhalte. Sie ist nicht zu
verwechseln mit der sog. „Verkündigung“ auf der Kanzel durch
den Klerus.

Ich hoffe doch sehr, dass sich auch in der Verkündigung immer wieder Auseinandersetzungen erkennen lassen und erlebe das auch so. Auch in der katholischen Kirche. Nicht als wissenschaftliche Dispute, natürlich, aber schon so, dass da nicht die eine absolute Wahrheit auf der Kanzel ausgesprochen wird.

Viele Grüße,

Jule

Hallo,

Differenzen? Interpretationen, die sich ja im Sinne einer
höheren Wahrheit nicht wirklich widersprechen meinst du wohl.
Und hier zitiere ich wiederum Jule.

das wäre jetzt wieder mal die Stelle für meinen Exkurs über Textgattungen. Der ist mir jetzt zu viel, und ich vermute, Du möchtest ihn jetzt auch nicht lesen.
Deswegen nur in aller Kürze: Die Evangelien sind theologische Erzählungen und weder historische Tatsachenberichte noch wissenschaftliche dogmatische Abhandlungen. Sie haben eine andere Art, von der Wahrheit zu sprechen.

Aber abgesehen davon: Stimmt, ich glaube tatsächlich nicht, dass irgendeiner der jemals gelebt habenden Dogmatiker oder sonstigen Theologen oder überhaupt ein Mensch „die“ Wahrheit unvermittelt erkennen und sagen kann. Deswegen finde ich Differenzen in der Tat bereichernd.

Viele Grüße,

Jule

OT
Hi Metapher,

das Scrollenmüssen kann man verhindern, indem der Linkteil ab dem Hash-Zeichen gelöscht wird.

Schöne Grüße,

Mohamed.

Hallo Wolfang,

ich hab den Thread hier nicht ganz gelesen, aber gesehen, dass Metapher bereits versucht hat, zu erklären, dass das „…hinabgestiegen in das Reich des Todes“ eigentlich nichts anderes aussagt, als dass er eben gestorben ist und tot war.

Nun könnte man sich allerdings fragen, warum man das überhaupt braucht, wenn doch vorher schon gesagt wurde, dass er gestorben ist. Wie du ja selber zitierst:

"…gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das
Reich des Todes…"

Vielleicht hab ich es überlesen, aber ich glaube nicht, dass Metapher oder jemand anders, dazu was gesagt hat.

Es gibt ein Buch, das versucht, darauf Antworten zu geben. Credo von David Steindl-Rast.

Da es wohl nicht erlaubt ist, ganze Kapitel daraus zu zitieren, versuche ich, das mit eigenen Worten und kurzen Zitaten widerzugeben.

Vielleicht vorher ganz kurz als Einleitung. David Steindl-Rast beleuchtet in diesem Buch alle Aussagen des Glaubensbekenntnisses, indem er zuerst immer fragt: „Was heißt das eigentlich?“, dann „Woher wissen wir das?“ und anschließend „Warum ist das so wichtig?“ Daraufhin folgen dann noch „Persönliche Erwägungen“.

Zu „Hinabgestiegen in das Reich das Todes“ antwortet er auf die Frage „Was heißt das eigentlich?“, dass dieser Satz im Gegensatz zu „gekreuzigt, gestorben und begraben“ (jedes davon hat ein eigenes Kapitel!) nun wieder in den Bereich des Mythos zurückkehrt. Er erklärt erstmal, dass damit betont werden soll, dass Jesus Christus wirklich tot war, nicht nur scheintot. Und, dass es auch darum geht, deutlich zu machen, dass Jesus einer von unzähligen anderen ist, die vor oder nach ihm starben.

Des Weiteren erklärt er, dass das „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ im Grunde die Auferstehung schon ein wenig vorwegnimmt. Für die Christen damals war wohl klar, dass wenn jemand wie Jesus, jemand, der „das Leben in Fülle“ hat, dorthin geht, wo alle Verstorbenen hingehen, dass das „den Tod des Todes“ bedeutet. Diesen Glauben wollten sie mit diesem Satz ausdrücken und das schlägt sich auch in vielen Ikonen u. ä. wieder, wo Jesus Christus dargestellt wird, als der, der die Verstorbenen aus der Unterwelt ins Licht führt.

Aber wer nun fragt, wie diese Verstorbenen, die Begegnung mit Jesus Christus im Reich des Todes erlebten, ist auf dem Holzweg, weil damit wieder eine mythische Aussage wörtlich genommen wird. Das „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ will eine Antwort geben, auf die Frage, was es (für ein rechtes Verständnis des Todes) bedeutet, dass Jesus Christus und ungezählte andere unschuldige Opfer vor und nach ihm sterben mussten. Und die Antwort, die das Glaubensbekenntnis mit diesem Satz geben will, lautet: „Der Tod ist nicht das Ende; Tod ist kein Kerker; Tod ist Durchgang, Transitus, Übergang.“

Jetzt erst macht Steindl-Rast weiter mit der Frage, woher wir das wissen. Er erklärt dafür zunächst nochmal, dass dieser Satz eigentlich keine Tat Christi beschreibt. „Er [der Satz] steht nicht auf einer Ebene mit Sätzen wie, ‚er stieg in das Boot‘ oder ‚er stieg vom Berg herab‘. Im Bezug auf solche Sätze hat es Sinn, zu fragen, ‚woher weißt du das?‘ Aus Beobachtung natürlich.“ Er meint, dass die frühen Christen, auf die Frage, woher sie wüssten, dass Jesus Christus in das Reich des Todes hinabgestiegen ist, wohl ein wenig erstaunt antworten würden, dass sie doch bereits gesagt hätten, dass er gestorben ist.

“Es handelt sich hier einfach um die Wiederholung einer geschichtlichen Aussage, jetzt in ein mythisches Bild gekleidet. Wenn wir wissen, dass Jesus Christus starb, dann wissen wir auch, dass er hinabstieg in das Reich des Todes. Diese allegorische Weiterentwicklung vermehrt nicht unser Wissen, vertieft es aber durch all das Unaussprechliche, das in einem mythischen Bild – und in dichterischer Sprache überhaupt – mitschwingt.“ (David Steindl-Rast „Credo“ S. 144)

Ich weiß nicht, ob das „Warum ist das so wichtig?“ von Steindl-Rast für dich noch interessant ist. Deshalb vielleicht nur ganz kurz. Dieser Satz soll uns daran erinnern, dass Gott sogar in den tiefsten Tiefen unserer Seele, in den dunkelsten Stunden nahe ist. So wie es Paulus im Römerbrief schreibt: „Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Dämonen, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch irgendwelche Gewalten, weder Höhe noch Tiefe oder sonst irgendetwas können uns trennen von der Liebe Gottes.“ (Röm 8,38f)

Ich hoffe, du kannst damit ein bisschen was anfangen.

Gruß
M.

Aufgefahren in den Himmel…
Erstmal: Großen Dank an euch drei (Jule, Metapher, Harald Zauner)!

Es hat sich nur dadurch bei mir eine neue Frage ergeben: Wie ist in dem Zusammenhang nun „aufgefahren in den Himmel“ zu verstehen? (Ich hoffe ich habe in der Informationsfülle nichts überlesen.) Was ist der Himmel? Doch kein Teil des Totenreiches?

Gruß
tastatürchen

Hallo,

Es hat sich nur dadurch bei mir eine neue Frage ergeben: Wie ist in dem Zusammenhang nun „aufgefahren in den Himmel“ zu verstehen?

Auch dies wiederum nur aus der theologiegeschichtlichen Perspektive betrachtet, und zunächst nur auf die biblischen Berichte bezogen: Von den Evangelien berichten nur zwei, Markus und Lukas, in ihrer letzten Episode, daß Jesus vor ihren Augen „in den Himmel gehoben“ wurde. Bei Lukas könnte es sogar derselbe Tag sein, der mit der Entdeckung des leeren Grabes begann. Bei Markus trifft man sich dagegen auf einem „Berg in Galiläa“. Ein anderer Berichte findet sich in der Apostelgeschichte: Dort sind es 40 Tage nach dem Osterereignis. Es sind verschiedene griechische Vokabeln, die dafür benutzt werden, aber alle haben die Bedeutung „wurde hochgehoben“.

Mit „in den Himmel“ wird hier und an einigen anderen Passagen aus der Briefliteratur der Ausdruck „sitzt zur Rechten Gottes“ verbunden. Das entspricht mit zahlreichen Belegen Vorstellungen, die sich im Tanach und in den alttestamentlichen und neutestamentlichen Apokryphen finden. Mit der israelitischen Königszeit wird der Gottesbegriff deutlich an eine Königs-Metaphorik assoziiert. Der Gott als König sitzt auf einem Thron und hat entweder ein Heer von Sternen oder von Engeln, mit denen er seine Macht auszeichnet und, von denen einige als spezielle göttliche Boten bzw. Berater (z.B. im Buch Ijob) ausgezeichnet sind.

Dieses Verständnis von Göttern ist im mediterranen und mesopotamischen Kulturraum, besonders auch im semitischen, durchweg bestimmend gewesen. Der Ort. wo sich der Thron befindet, ist der Himmel (hebr. schamajim). In der griechischen Mythologie ist der Ort, wo die Götter leben, zwar der Gipfel des Berges Olymp. Aber auch hier werden die meisten Götter als „die Ouranischen“ (= die Himmlische) bezeichnet - neben den „Chthonischen“ (= den Unterirdischen, z.B. Hades).

Mit der christlichen Auffassung von Jesus als Sohn Gottes ist sein Platz auf diesem Thron an der rechten Seite Gottes. Dabei wird dieses Bild erst erwähnt nach seiner Auferstehung, d.h. nachdem er seine Aufgabe, wegen der er in die Welt gesandt wurde, erfüllt hatte.

Was ist der Himmel? Doch kein Teil des Totenreiches?

Nein. Sozusagen das Gegenteil. Das Totenreich (nicht nur das jüdische) ist grundsätzlich in der „Tiefe der Erde“. Der Himmel (im Hebr. immer Plural, schamajim, der auch in griech. Übersetzungen übernommen wird: ouranoi), ist zugleich ein astronomischer Begriff (dort, wor die Sterne angeheftet sind), und ein theologischer. Es ist das, wo sich das „Reich Gottes“ befindet und somit auch sein Thron. In der christlichen Eschatologie leben dort - nach dem Endgericht - auch die Seelen der auferstandenen Toten mit ihren verwandelten („verklärten“) Körpern.

Auch hier ist wieder zu erwähnen, daß diese Vorstellungen weder ausschließlich christlich, noch jüdisch sind. Besonders der Begriff „Reich Gottes“ (auch mit seiner Bedeutung) findet sich bereits lange vor der israelitisch-jüdischen Konzeption in der awestischen Theologie: khshathra ist der Ausdruck, der zugleich das „Reich“ als auch die „Macht“ des höchsten Gottes bezeichnet, ebenso wie die griech. basileia. Spätestens in der Zeit der Abfassung der älteren Teile des bereits öfter erwähnten äthiopischen Henoch-Buches (ab ca. 4. Jhdt v. Chr.) - und dann im Buch Daniel ca 150 v. Chr. - kommt dieser Begriff dann deutlicher in die jüdische Konzeption hinein.

Jesus ist btw. auch nicht der Erste, der eine leibliche Aufnahme in den Himmel erfährt. Bereits der Prophet Elija und auch Henoch machen diese Himmelreise. Auch Henoch sitzt beizeiten zur Rechten des „Herrn der Geister“ (so die Bezeichnung des jüdischen Gottes) auf dem göttlichen Thron. In späteren talmudischen und kabbalistischen Literaturen wird dies zusätzlich von einem „Metratron“ erwähnt, wobei nicht ganz aufzuklären ist, um was für eine Gestalt es sich dabei handelt.

Im 5. Jhdt. taucht aus dem Bereich der christlichen Ostkirchen aus ansonsten unbekannten Quellen auch ein Bericht über die leibliche Aufnahme Mariens (genauer: ihrer Leiche), der Mutter Jesu, in den Himmel auf (was dann im XX. Jhdt sogar als Dogma formuliert wurde). Im 12. Jhdt findet sich in Südfrankreich die Vorstellung, daß auch sie mit Jesus gemeinsam „zur Rechten Gottes“ auf dem göttlichen Thron ihren Platz hat.

Schönen Gruß wiederum
Metapher

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