Abknickende Vorfahrt - Radfahrer

Liebe/-r Experte/-in,
ich habe eine Frage zu einem Verkehrsunfall, den ich heute gehabt habe. Zum Glück gab es nur Sachschaden (ca. 2.000 Euro am Auto und 300 Euro am Fahrrad). Zur Vermeidung von Missverständnissen: Ich bin der Fahrradfahrer.

Ich fahre auf einer nach links abknickenden Vorfahrtstraße, in die von rechts eine Straße einmündet (dort gibt ist ein Stopp-Schild zur abknickenden Vorfahrtstraße). Auf der abknickenden Vorfahrtstraße ist rechts auf der Fahrbahn ein Radweg, der rot asphaltiert ist, und der abknickenden Vorfahrt folgt.

Beim Abbiegen nach links (auf der abknickenden Vorfahrtstraße) nutze ich nicht den Radweg am rechten Rand, sondern fuhr in der Fahrbahnmitte. Mein linker Arm war am Lenker (also kein Handzeichen nach links).

Ein Autofahrer, der von rechts kommt, stand am Stopp-Schild. Er sieht mich nach eigener Aussage, fährt aber los. Als der Autofahrer die Vorfahrtstraße kreuzt, fährt er in meine Fahrspur und es kommt zum Unfall.

Der Autofahrer fährt mit seiner Front in meine Seite und ich stürze über Motorhaube. Beim Sturz erleide ich eine starke Prellung im Beinbereich, es folgte eine Krankschreibung durch das Bundeswehrkrankenhaus (also eine neutrale Institution).

Die Polizei war der Auffassung, dass der Autofahrer schuld ist. Der Autofahrer, der bei einer Versicherung arbeitet, sah dies ganz anders. Ausschlaggebend hierfür war, dass ich nicht ‚geblinkt‘ habe (kein Handzeichen).

Ist ein solcher Fall schon mal von den Gerichten entschieden worden bzw. wie schätzen sie die Schuldfrage ein ?

Steht mir Schmerzensgeld zu ?

Ich würde mich über jeden Hinweis freuen. DANKE im Voraus.

Beste Grüße aus Berlin

Hallo Lars,
wenn es sich so zugetragen hat, liegt die Schuld allein bei dem Autofahrer.
Er war Wartepflichtiger. Das Sie Ihre Fahrtrichtung nicht angezeigt haben ist zwar eine Ordnungswidigkeit aber nicht relevant zum Unfall.
Lassen Sie sich auf keinen Disput mit der gegnerischen Versicherung ein, Sie haben kein Mitverschulden.
Auch das Sie den vorhandenen Radfahrweg nicht benutzt haben ist kein verursachendes Ereignis zu Unfall.
Der Radfahrweg muss auch nur benutzt werden, wenn er durch das Verkehrszeichen 237 (Fahrradsymbol) gekennzeichnet ist.
Da es in Ihrem Falle wahrscheinlich nicht zu einer öffentlichen Verhandlung kommen wird, muss die Frage des Schmerzengeldes intern mit der Versicherung geregelt oder zivil eingeklagt werden.

Hallo Lars,

so wie der Unfall geschildert ist, hat der Autofahrer die Schuld, weil er in jedem Fall dem auf der Vorfahrtstraße Fahrenden die Vorfahrt gewähren muss. Selbst wenn Sie hätten nach rechts abbiegen wollen und dazu die Hand rausgehalten hätten, hätte er nicht darauf vertrauen können, dass Sie die Vorfahrtstraße tatsächlich verlassen. (Das nur als Beispiel um die Sache zu verdeutlichen.)
Bei Ihrer Schilderung, dass Sie die Fahrbahnmitte nutzten ,hätte er auf keinen Fall losfahren dürfen. Wie die Versicherung den Fall sieht, weiß ich natürlich nicht. Da der Gegner in der Branche arbeitet ist zu vermuten, dass er versucht, die Schadensregulierung für sich positiv zu lenken. Es wird sicher nach dem (wahrscheinlich eingestellten) Verfahren wegen Körperverletzung (so Sie oder die Polizei eines eingeleitet haben) ein Verfahren wegen Ordnungswidrigkeit geben, dort können Sie sich auch noch einmal äußern, erkundigen Sie sich bei der zuständigen Behörde. Im Zweifel sollten Sie einen Anwalt hinzuziehen…
Urteile zu einem vergleichbaren Sachverhalt sind mir nicht bekannt… nur Entscheidungen bei Unfällen zwischen Pkw… da wird in der Regel so entschieden, dass der Wartepflichtige auf nichts vertrauen darf, sondern warten muss, bis die Situation eindeutig ist.

Grüße
C. Winter

Hallo Herr Gebauer,

ganz herzlichen Dank für Ihre Antwort.

Gibt es eigentlich irgendwelche Richtwerte für die Geltendmachung von Schmerzensgeld. Ich musste ja schließlich nicht operiert werden, sondern werde nur 3 - 5 Tage außer Gefecht sein.

Beste Grüße,
Lars

Hallo Conny,

ganz herzlichen Dank für Ihre Antwort.

Dann warte ich mal die Reaktion der Versicherung ab. Hoffentlich lenkt diese gleich ein.

Beste Grüße, Lars aus Berlin

Sie haben sich in zweierlei Hinsicht pflichtwidrig verhalten. Zunächst hätten sie rechtzeitig und deutlich ankündigen müssen, dass sie der Vorfahrtsstraße weiter folgen möchten. Außerdem waren sie verpflichtet, den Radweg zu nutzen. Letzteres gilt allerdings nur, wenn der Radweg durch das blaue Verkehrszeichen mit dem weißen Fahrrad ausgewiesen war. Die bloße rote Asphaltierung genügt hierfür nicht. Der Verschuldensbeitrag Ihres Unfallgegners überwiegt jedoch deutlich, weshalb Ihnen Schadensersatz für Ihr Fahrrad und Schmerzensgeld für erlittene Gesundheitsbeeinträchtigungen zusteht. Mit welcher Quotelung der Schadensausgleich vorzunehmen ist, lässt sich letztlich erst durch ein Gericht mit vollständiger Verlässlichkeit beantworten. Da der Unfall wahrscheinlich auch passiert wäre, wenn sie die Fahrtrichtung angezeigt hätten, würde ich an Ihrer Stelle mit der vollen Ersatzforderung (100 Prozent) in die Verhandlungen gehen. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit würde auch ein Rechtsanwalt die volle Summe fordern, zumal sie als Fahrradfahrer der schwächere Verkehrsteilnehmer waren. Sollte Ihr Unfallgegner ohne Klage nicht einwilligen, kann man sich noch immer auf eine Quotelung einigen. Mussten Sie den Radweg nicht benutzen, würde ich mich auf weniger als 90 Prozent aber nicht einlassen.

Über eine Rückmeldung, ob Ihnen meine Antwort weiter geholfen hat, würde ich mich sehr freuen. Viele Grüße nach Berlin!

Hallo Herr Winkler,

vielen Dank für Ihre Antwort. Sie hat sehr weiter geholfen.

Ich sehe dem Verfahren jetzt relativ gelassen entgegen.

Da es sich um ein Wegeunfall zur Arbeit handelt, gehe ich davon aus, dass die Berufsgenossenschaft die volle Summe an Krankheitskosten einfordern wird und ich mich dann an das Verfahren irgendwie ranhängen kann.

Danke nochmals und viele Grüße aus Berlin,

Lars

Hallo,

Die Polizei war der Auffassung, dass der Autofahrer :schuld ist.

Die Polizei kann zwar erfahrungsgemäß darauf hinweisen, wo die Schuldfrage hinläuft, ist aber nur berechtigt Beweise zu sichern, ansonsten ist es Amtsanmaßung. Nur ein Richter stellt die Schuld und das zuletzt auch das Strafmaß fest. Aber ich sehe das genauso, daß der Pkw-Fahrer Schuld ist.

Der Autofahrer, der bei einer Versicherung arbeitet, :sah dies ganz anders. Ausschlaggebend hierfür war, :dass ich nicht ‚geblinkt‘ habe (kein Handzeichen).
Ist ein solcher Fall schon mal von den Gerichten :entschieden worden bzw. wie schätzen sie die :Schuldfrage ein ?

Die Gerichte haben schon oft und auch in Grundsatzurteilen entschieden, daß Blinker eines Verkehrsteilnehmers auf der Vorfahrtstraße alleine nicht maßgeblich ist, die Seitenstraße zu verlassen, wenn der Blinker auf der Seite blinkt, wo die Seitenstraße heraus/reinführt. Alleine das starke abbremsen, und einlenken darf einen Verkehrsteilnehmer dazu veranlassen früher herauszufahren, als wie wenn keiner käme.

Ich würde es auf ein Gerichtsverfahren ankommen lassen. Da Du ja in der Mitte der Straße fuhrest, mußte zusätzlich davon ausgegangen werden, daß Du abbiegst, denn Linksabbieger ordnen sich ja in der Mitte ein.

Steht mir Schmerzensgeld zu ?

Bestimmt.

Ich würde mich über jeden Hinweis freuen. DANKE im Voraus.

Bitte

Beste Grüße aus Berlin

Dito aus der schönsten Domstadt am Rhein

Hallo Dennis,

ganz herzlichen Dank. Die Art ihrer Antwort hat mir sehr gut gefallen und natürlich auch der Inhalt.

Beste Grüße, Lars

Hallo,

zur Sicherheit würde ich mich aber mit einem willigen Rechtsanwalt kurzschließen.

Leider gibt es RAe die mehr auf das Honorar des Mandanten als sein Wohl schielen.

MfG

Hallo,

zunächst eine kleine Begriffskorrektur:
Die Polizei stellt nie die Schuld fest sondern immer nur den Verursacher. Schuld ist ein Begriff aus dem Zivilrecht und befasst sich mit der Schadensregulierung. Der Polizei kommt es aber darauf an, den Verursacher im verkehrsrechtlichen Sinne zu bestimmen.
Zum Unfall:
Sie befanden sich auf der Vorfahrtsstraße und haben natürlich egal wie Sie fahren Vorfahrt. Also ist der PKW - Fahrer auch der Verursacher. Er wird ordnungsrechtlich (Verstoß gegen die Vorfahrt) und strafrechtlich (Fahrlässige Körperverletzung) belangt.
Schadensregulierung:
Sie haben Anspruch auf Schadensregulierung und auch auf Schmerzensgeld. Allerdings nicht zu 100%, denn Ihnen wird man das Fehlverhalten (Falsche Benutzung der Verkehrsfläche) an Lasten. Auch nach Abwägung der höheren Betriebsgefahr (PKW gegen Fahrrad) wird ein Gericht vermutlich zu einer Mitschuld von ca. 20 - 30 % kommen. Den Arm hätten Sie übrigens nicht ausstrecken müssen, da Sie die Richtung nicht geändert haben. Ist schwer zu verstehen, aber verkehrsrechtlich sind Sie auf der abknickenden Vorfahrtsstraße geradeaus gefahren.
Alles klar?
Gute Besserung,
strucki

Hallo Strucki,

ganz herzlichen Dank. Mal schauen, was sich nun vor Gericht ergibt.

Beste Grüße aus Berlin, Lars

Leider kann ich mit abgeknickter Strasse nichts anfangen, so dass ich den Verlauf des Unfalls nicht nach vollziehen kann. Wenn die Polizei sagt, dass der Autofahrer schuld ist, kann es so sein, muss es aber nicht. Wenn eine Verkehrsrechtsschutz besteht, diese in Anspruch nehmen. Das nicht gegebene Handzeichen sagt aus meiner Sicht nichts aus. Wäre eine Ordnungswidrigkeit. Welcher Radfahrer gibt heut zu Tage noch Handzeichen. Das sind die in meinem Alter (64). Von der Polizei wird so etwas nie geahndet. Selbst Kraftfahrer gehen in D dazu über, nicht mehr zu blinken und keinen interessiert es. Wenn Sie Vorfahrt hatten, haben Sie keine Schuld. Dann ab zu einen Anwalt, um Schmerzensgeld u.a. ein zu klagen.
mfg
Wolfgang

Hallo,

solche Fälle sind sicher entschieden worden, das nutzt aber wenig wenn sie zu Gericht müssen. Da kannes so oder so ausgehen. Insgesamt hat der Fahrradfahrer meist bessere Karten, melden sie alle Ansprüche der gegnerischen versicherung und nehmen Sie einen Anwalt.

MfG
A. Trenn

Hallo !

Es ist unerheblich ob Handzeichen gegeben worden sind oder nicht! Das Vorfahrtrecht bleibt erhalten. Der Autofahrer hat Schuld. Aber, da Du nicht Handzeichen gegeben hast, mußt Du mit einer Teilschuld rechnen! Die Versicherung wird es auf einen Prozess ankommen lassen.
Trotz allem hat der PKW Fahrer die Hauptschuld…

Gruß

Hallo Wolfgang,

gleichwohl ganz herzlichen Dank.

Beste Grüße, Lars

Ganz herzlichen Dank.

Danke. Mal sehen, wie der Richter entscheidet.

Beste Grüße aus Berlin, Lars

Hallo,
derjenige, der die Vorfahrtstraße benutzt, hat in jedem
Falle Vorfahrt. Der von der Nebenstraße Einbiegende
muss auf jeden Fall warten, bis eindeutig zu erkennen
ist, was der auf der Vorfahrtstraße Befindliche macht,
auch wenn er kein Richtungszeichen setzt.
Somit hat der aufgrund des Stop-Gebots zwei Fehler
gemacht: Er hat nicht angehalten, um die Situation zu
erfassen und er hat Dir die Vorfahrt genommen.
Die Schuldfrage geht meines Erachtens eindeutig zu
Lasten Deines Unfallgegners und Dir stehen alle
Leistungen aus diesen Folgen zu:
Rechtsanwalts- und Verfahrenskosten,
Nutzungsausfallentschädigung oder Ersatzfahrrad,
Reparaturkosten
Schmerzensgeld,
ärztliche Behandlungskosten.
Nimm Dir auf jeden Fall einen Rechtsanwalt, der holt
sich seine Kosten beim Gegner und kann alle Deine
Rechtsansprüche vertreten, ohne dass Dir Kosten
entstehen (alles muss ja im Einzelfall geprüft werden).
Der RA hat Zugang zu vergleichbaren
Gerichtsentscheidungen, die ich nicht habe. Verweise
auf die aktuelle Schmerzensgeld-Tabelle des ADAC. Diese
gibt einen umfassenden Überblick zu einschlägigen
Schmerzensgeldansprüchen.
Viel Erfolg!
webcruiser

Liebe/-r Experte/-in,
ich habe eine Frage zu einem Verkehrsunfall, den ich

heute

gehabt habe. Zum Glück gab es nur Sachschaden (ca.

2.000 Euro

am Auto und 300 Euro am Fahrrad). Zur Vermeidung von
Missverständnissen: Ich bin der Fahrradfahrer.

Ich fahre auf einer nach links abknickenden

Vorfahrtstraße, in

die von rechts eine Straße einmündet (dort gibt ist

ein

Stopp-Schild zur abknickenden Vorfahrtstraße). Auf der
abknickenden Vorfahrtstraße ist rechts auf der

Fahrbahn ein

Radweg, der rot asphaltiert ist, und der abknickenden

Vorfahrt

folgt.

Beim Abbiegen nach links (auf der abknickenden

Vorfahrtstraße)

nutze ich nicht den Radweg am rechten Rand, sondern

fuhr in

der Fahrbahnmitte. Mein linker Arm war am Lenker (also

kein

Handzeichen nach links).

Ein Autofahrer, der von rechts kommt, stand am Stopp-

Schild.

Er sieht mich nach eigener Aussage, fährt aber los.

Als der

Autofahrer die Vorfahrtstraße kreuzt, fährt er in

meine

Fahrspur und es kommt zum Unfall.

Der Autofahrer fährt mit seiner Front in meine Seite

und ich

stürze über Motorhaube. Beim Sturz erleide ich eine

starke

Prellung im Beinbereich, es folgte eine

Krankschreibung durch

das Bundeswehrkrankenhaus (also eine neutrale

Institution).

Die Polizei war der Auffassung, dass der Autofahrer

schuld

ist. Der Autofahrer, der bei einer Versicherung

arbeitet, sah

dies ganz anders. Ausschlaggebend hierfür war, dass

ich nicht

‚geblinkt‘ habe (kein Handzeichen).

Ist ein solcher Fall schon mal von den Gerichten

entschieden

worden bzw. wie schätzen sie die Schuldfrage ein ?

Steht mir Schmerzensgeld zu ?

Ich würde mich über jeden Hinweis freuen. DANKE im

Voraus.

Beste Grüße aus Berlin

Hallo Lars,
Die rechtliche Frage ist relativ einfach. Wenn du auf der abknickenden Vorfahrtstraße nach links fährst, hast du vor allen Anderen Vorfahrt. Und dabei ist es egal wohin du fährst. Was allerdings richtig ist, wenn du auf der Vorfahrtstraße bleibst hättest du ein Handzeichen geben müssen. Was allerdings nicht dazu berechtigt einfach los zu fahren, wenn die Verkehrssituation unklar ist. Es gibt reichlich Urteile über abknickende Vorfahrtregelungen. Es ist natürlich das Recht des Anderen die Situation anders zu sehen, außerdem braucht er sich ja auch nicht selber zu belasten. Wenn man Schmerzensgeld einklagen möchte, solltest du zu einem Anwalt gehen. Wenn du unschuldig bist, wovon ich ausgehe, bezahlt der Unfallgegner den Anwalt von dir auch noch.
Viel Erfolg
Georg