Aktualität von Datumsangaben

Hallo,

meine Frage ist, ob die aktuellen kirchlichen Kalendertage dem entsprechen, wie es zurückblickend auch war? Etwa der Kreuzigungstag, die Geburt Jesu, oder die Wiederauferstehung. Liegen diesbezüglich überhaupt verlässliche Urtexte vor, nach denen man sich orientieren konnte, um die heutigen christlichen Feiertage auch authentisch zu würdigen?
Danke für die Antwort!

Grüße fuerte

Hall fuerte,

es gibt zu den allerwenigsten biblischen Ereignissen genaue Daten.
Die Geburt Jesus ist ebenso wenig datierbar wie sein Tod. Und selbst wenn üblicherweise das Jahr 30 für seine Kreuzigung angenommen wird, so sind darum die benachbarten Jahre nicht unmöglich.
Da kann man zwar den 14. Nisan berechnen, an dem das jeweilige Pessach-Fest begann, und Jesus wurde ja am Vortag eines Pessach gekreuzigt.
Mit der Auferstehung ist es da schon schwieriger, denn die drei Tage oder das „am dritten Tag“ sind nicht historisch, sondern aus einer Hosea-Stelle (6, 2: Nach zwei Tagen wird er uns beleben, am dritten Tag wird er uns aufrichten und wir werden leben vor ihm. - Zürcher Übersetzung) entnommen als Ergebnis eines Schriftbeweises.
Wann also Jesus den Jüngern erschienen ist - wahrscheinlich spät, als sie schon wieder in Galiläa waren -, ist unmöglich zu datieren. Danach erst sind sie wieder nach Jerusalem zurückgekehrt. (Ja, ich weiß, Lukas stellt das anders dar, über seine Motive müssen wir jetzt nicht räsonnieren.)

Das einzige Ereignis, das, soweit ich sehe, genau datiert werden kann, ist die Zerstörung des Tempels in Jerusalem: 10. August 70.
Aber davon ist in der Bibel explizit nie die Rede.

Gruß - Rolf

Feiertage
Hallo fuerte,

nein, die Kalendertage - ich rede jetzt von den kirchlichen Feiertagen und auch vom Sonntag - haben sich erst im Laufe der Zeit entwickelt.

Da das Christentum ursprünglich eine Naherwartung des Weltendes hatte, bildeten sich die Feiertage erst später heraus, da zuerst jedoch der wichtigste: Ostern, der anfangs ganz unterschiedlich durch einzelne Kirchenväter festgelegt wurde.

Das Osterdatum war lange diskutiert und erst auf dem Konzil von Nicäa vereinheitlicht worden, eine Einigkeit, die aber bei der Einführung des Gregorianischen Kalenders teilweise wieder brach. (Ostkirche vs. Westkirche).

Weihnachten wurde auf dasselbe Datum gelegt, an dem der „durch das Christentum in Ablöse befindliche“ heidnische Mithraskult den Geburtstag seines (Sonnen-)Gottes Mithras feierte.

Der Sonntag entstand aus dem Dies Solis, dem „Tag der Sonne“, von Konstantin zu Ehren des Sol Invictus (des „unbesiegten/unbesiegbaren Sonnengottes“) im Jahr 321 eingeführt, auch für Christen und Mithrasanhänger verpflichtend.

Gruß
maria

Hallo maria,

die aber bei der Einführung des Gregorianischen Kalenders
teilweise wieder brach. (Ostkirche vs. Westkirche).

Ich denke, dass betraf auch die Feste um Weihnachten.

Weihnachten wurde auf dasselbe Datum gelegt, an dem der „durch
das Christentum in Ablöse befindliche“ heidnische Mithraskult
den Geburtstag seines (Sonnen-)Gottes Mithras feierte.

und mit „Jesus bringt Licht in die Welt“ passend argumentiert. Die Feste für Johannes, Empfängnis, Verkündigung etc. wurden dann dementsprechend dazu arrangiert. Zudem wurden die Weihnachtsfeste (Dreikönigstag, unschuldige Kinder) themengemäß um die Geburt drappiert, obwohl ja (nicht unbedingt ganze) Jahre dazwischen lagen.

Der Sonntag entstand aus dem Dies Solis, dem „Tag der Sonne“,
von Konstantin zu Ehren des Sol Invictus (des
„unbesiegten/unbesiegbaren Sonnengottes“) im Jahr 321
eingeführt, auch für Christen und Mithrasanhänger
verpflichtend.

Mmh, hier könnte man doch meinen, dass als „Tag nach dem Sabbat“ kein anderer in Frage kam, oder?

M.E. ist die einzig glaubwürde Angabe zum Leben Jesu vor der Kreuzigung, bei Markus, dass er zu Beginn seines Wirkens etwa 30 Jahre alt war. Nur daraus ergibt sich z.B. sein Alter von 33 Jahren.

Gruß
achim

M.E. ist die einzig glaubwürde Angabe zum Leben Jesu vor der
Kreuzigung, bei Markus, dass er zu Beginn seines Wirkens etwa
30 Jahre
alt war. Nur daraus ergibt sich z.B. sein Alter von
33 Jahren.

Ja, aber blöderweise steht das bei Lukas, und zwar in 3, 23.

Gruß - Rolf

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Hallo achim,

Ich habe mich mit der historischen Entwicklung der Feiertage nur in dem Ausmaß auseinander gesetzt das ich hier beschrieben habe.

die aber bei der Einführung des Gregorianischen Kalenders
teilweise wieder brach. (Ostkirche vs. Westkirche).

Ich denke, dass betraf auch die Feste um Weihnachten.

Also, das weiß ich nicht. Viele Feiertage sind ja auch zu Ehren von Heiligen und können demzufolge erst spät eingeführt worden sein.

Weihnachten wurde auf dasselbe Datum gelegt, an dem der „durch
das Christentum in Ablöse befindliche“ heidnische Mithraskult
den Geburtstag seines (Sonnen-)Gottes Mithras feierte.

und mit „Jesus bringt Licht in die Welt“ passend argumentiert.
Die Feste für Johannes, Empfängnis, Verkündigung etc. wurden
dann dementsprechend dazu arrangiert. Zudem wurden die
Weihnachtsfeste (Dreikönigstag, unschuldige Kinder)
themengemäß um die Geburt drappiert, obwohl ja (nicht
unbedingt ganze) Jahre dazwischen lagen.

Das hatte damit zu tun, den Mithras Kult zu verdrängen. Es war durchaus üblich (und das gilt nicht nur für das Christentum), Feiertage so zu legen, dass der zu verdrängende Kult ein „Ersatzdatum“ hatte. So stehen auch viele Kirchen auf ehemaligen Kultstätten anderer Kulte, z. B. auch des Mithraskult. Dieser war zur Zeit Konstantins in den vom Christentum „anvisierten“ Bevölkerungsschichten weit verbreitet.

Der Sonntag entstand aus dem Dies Solis, dem „Tag der Sonne“,
von Konstantin zu Ehren des Sol Invictus (des
„unbesiegten/unbesiegbaren Sonnengottes“) im Jahr 321
eingeführt, auch für Christen und Mithrasanhänger
verpflichtend.

Mmh, hier könnte man doch meinen, dass als „Tag nach dem
Sabbat“ kein anderer in Frage kam, oder?

Eine spätere Interpretation. Der Sonntag entstand aus sicher aus dem Dies Solis, dem von Konstantin eingeführten Ruhetag zu Ehren des Sonnengottes. Deiner Interpretation nach wäre ja der Sabbat viel logischer gewesen und das gleich von Anfang an, denn aus welchen Grund sollte man den Tag danach nehmen? Und warum nicht von Beginn an, sondern erst rund 300 Jahre nach Chr. Tod einen eigenen Feiertag einführen?

M.E. ist die einzig glaubwürde Angabe zum Leben Jesu vor der
Kreuzigung, bei Markus, dass er zu Beginn seines Wirkens etwa
30 Jahre
alt war. Nur daraus ergibt sich z.B. sein Alter von
33 Jahren.

Mag sein, obwohl ich an die Geschichtlichkeit der Schrift nicht glaube. Wenn schon, dann kann man aus Lukas (da hat dich ja Rolf schon aufgeklärt), das 15. Regierungsjahr von Kaiser Tiberius ablesen. Nur aus ungefähr 30 Jahren plus Wirkenszeit dann genau 33 zu machen? Aber bitte. Das hat aber mit der Festsetzung von jährlichen Feiertagen auch nicht wirklich was zu tun.

Gruß
maria

Hallo Rolf,

Mit der Auferstehung ist es da schon schwieriger, denn die
drei Tage oder das „am dritten Tag“ sind nicht historisch,
sondern aus einer Hosea-Stelle (6, 2: Nach zwei Tagen wird er
uns beleben, am dritten Tag wird er uns aufrichten und wir
werden leben vor ihm. - Zürcher Übersetzung) entnommen als
Ergebnis eines Schriftbeweises.

darf ich ergänzen?

"Ein böses und abtrünniges Geschlecht fordert ein Zeichen, aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden, es sei denn das Zeichen des Propheten Jona.
Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein.
" (Matt.12,39-40)

Gruss Harald

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Hallo,

Der Sonntag entstand sicher aus dem Dies Solis, dem von Konstantin eingeführten Ruhetag zu Ehren des Sonnengottes.

Deiner Interpretation nach wäre ja der Sabbat viel logischer gewesen und das gleich von Anfang an, denn aus welchen Grund sollte man den Tag danach nehmen?

Weil das der Tag der Auferstehung war?

Und warum nicht von Beginn an, sondern erst rund 300 Jahre nach Chr. Tod einen eigenen Feiertag einführen?

Früher waren Christen ja gar nicht in der Situation, Feiertage einzuführen.

Das Calwer Bibelexikon schreibt zum Sonntag:
„Die Christen bevorzugten schon zu ntl. Zeit den ersten Tag der Woche für ihre Versammlungen… Solche Treffen konnten frühmorgens vor Arbeitsbeginn oder - entsprechend dem Sabbatbeginn - am Abend zuvor stattfinden… Die Sonntagsruhe und die damit einhergehende Übertragung des Sabbatgebots auf den S[onntag] wurde erst 321 durch Kaiser Konstantin eingeführt…
Neben der ältesten Bezeichnung des S[onntag] als ‚erster Tag‘ wird er auch ‚Herrentag‘ genannt (Off 1,10)…
Der Name S[onntag] selbst begegnet erstmals Mitte des 2. Jh bei Justin (Apol 67,3)…“

Kein Wunder, wenn Christen den kaiserlich eingeführten Feiertag am Sonntag gern aufgriffen und umdeuteten.

Aber wenn das Calwer Bibellexikon recht hat (es ist hier leider sehr sparsam mit Quellenangaben), dann haben Christen den Sonntag schon von Anfang als Auferstehungstag begangen.

Die RGG 3 nennt als Belege für die besondere Stellung des Sonntag u.a. als Tag, an dem das Herrenmahl gefeiert wurde: Pliniusbrief X, 96; Apg 20,7; Did 14,1; 1 Kor 16,2

Österliche Grüße am zweiten Tag der Woche,

Jule

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Hallo Jule,

Meines Wissens sollte das Herrenmahl den Neuen Bund (in Christus) bekräftigen, stand Anfangs auch ohne Taufe offen und in engem inhaltlichen Zusammenhang mit dieser. Wurde anfangs als Gemeindemahl mit den Armen und Bedürftigen gefeiert, u. U. täglich (in Qumran z. B. bezeichnete dies die tägliche Hauptmahlzeit), später dann einmal pro Woche und wandelte sich allmählich zur Eucharistiefeier.

Ad Plinius: „An einem festgesetzten Tag vor Sonnenaufgang“, wie leitet sich daraus der Sonntag ab? Oder habe ich die falsche Stelle erwischt?

Ad Apg: Ja, das war ein Tag an dem sie zusammensaßen um das Brot zu brechen, zufällig der erste Tag (der Woche). Aber keine Vorschrift, dass dies nur oder immer am ersten Tag zu erfolgen hatte.

Ad Didache: Eine Schrift für mehrere syrische Gemeinden. Möglicherweise ist der Sonntag gemeint. Aber sicher wäre ich da nicht. Es gibt auch den Tag Jahwes im AT.

Und Kor: Da geht es aber nicht um das Herrenmahl.

Und ja, die Christen konnten natürlich keine reichsweiten Feiertage festlegen, aber für den „Eigenbedarf“ wohl doch. Ostern war ja auch lange kein reichsweiter Feiertag und trotzdem das wichtigste Fest der Christen.

lg
maria

aus Laiensicht
Hallo Maria,

vermutlich kann ich Ursache und Wirkung nicht zuordnen. Uns Katholiken wurde gelehrt, dass

  • Wir Sonntags dem Tag der Auferstehung (=Ostern) gedenken (Leeres Grab, der Tag nach dem Sabbat)
  • bis vor ein paar Jahren Eucharistie/Abendmahl jeden Wochentag üblich war, jeweils ohne zuvor Nahrung aufgenommen zu haben, daher vorwiegend morgens.

Natürlich weiss ich nicht, wer wann warum den Sonntag zum freien Tag machte. Wenn der Sabbath jedoch durch die Jahrtausende an seinem Platz geblieben ist, so wäre unser Sonntag als Tag danach einleuchtend.

Selbst die damit einhergehende Auffassung, dass ein Tag „am Abend davor“ beginnt, ist unter Katholiken (bzw. Christen) ja immer noch verbreitet.

Gruß
achim

Hallöchen,
also eins kann man definitiv sagen, dass „die Geburt Jesu“ nicht am 24./25. Dezember stattgefunden haben kann, denn Volkszählungen mit „ein jeder in seiner Heimat“ macht man nicht zur schlechtestmöglichsten Reisezeit.

Anhand der Aussage, dass Jesus am Passafest gekreuzigt wurde, müsste Ostern als Todes- und Auferstehungsfest irgendwo zwischen März und Mai liegen, denn das Passafest gab es schon vor dem Christentum und das wurde auch nicht für die Christen angepaßt.

Da Jesus angeblich - keine Ahnung, ich habe das oft gelesen, habe aber jetzt keine Quelle parat - Jesus 33 1/2 Jahre auf Erden weilte, würde das Weihnachten in den September bringen :wink:

Es gibt noch diesen Artikel hier, der geht ein wenig auf die „Fakten“ aus der Bibel ein, leider englisch:
http://wiki.answers.com/Q/How_old_is_Jesus

Kernaussagen:
„Stern von Bethlehem“/ 1. Weihnachten = 17. Juni 02 AD
Kreuzigung Jesu/ 1. Ostern = 03. April 33 AD

Gruß,
Michael

Lehre vs. Historie
Hallo Achim,

Uns Katholiken wurde gelehrt

Ja, mir ebenfalls. Ebenso, dass am Anfang die „reine Lehre“ stand die Gefahr lief durch Häretiker verfälscht zu werden. Historisch war die Entwicklung aber eine andere. Darum interessiere ich mich für Kirchengeschichte.

Es ist durchaus möglich, dass die Interpretation „Gedenken an die Auferstehung“ sich mit der Zeit herausgebildet hat. Obwohl ich auch schon gelesen habe, dass dieser Zusammenhang von Cullmann überbewertet wurde, was mich wiederum vermuten lässt, dass dies mehr Einfluss auf die heutige Interpretation hat als historische Zusammenhänge.

Sicher weiß ich, dass im Urchristentum das Herrenmahl, aus dem sich in vielen Schritten die Eucharistie entwickelt hat, eben nicht in diesem Sinn praktiziert wurde. Ebenso kam die Transsubtantiation der heutigen Eucharistie erst viel später hinzu und war anfangs ebenfalls nicht unumstritten.

Gruß
Maria

Hallo Maria,

ich danke Dir und den anderen Personen für die ausführlichen Antworten! Die logische Folgerung für mich ist dann aber, daß wir Christen Feiertage feiern, welche mit den damaligen Gegebenheiten von Jesus nicht zu tun haben. Weshalb feiern, oder fasten wir aber dann an diesen fiktiven Tagen, wenn kein authentischer Bezug zur Wirklichkeit in Bezug zum Leben und Wirken Jesu vorliegt?? Ich verstehe das nicht.

Gruß fuerte

Hallo fuerte,

die Queen hat am 21April Geburtstag, gefeiert wird aber am 2 Sammstag im Juni.

Macht es Gedenktage im Jahreskreis wertvoller, wenn sie genau an der richtigen Stelle sind? Zumal selbst die „richtige“ Stelle im Zuge von Kalenderreformen nicht unbedingt eindeutig wäre.

Weihnachten ist ja an dieser Stelle durchaus sinnvoll, Ostern auch, und alles andere (z.B. auch überspitzt „SanktMartin“, Karneval, Empfängnis) ist auf die beiden „fiktiven“ Daten normiert.

Gruß
achim

Hallo fuerte,

Es sind eher die Symbole die zählen. Die kirchlichen Feiertage stehen ja sehr wohl für die Glaubensinhalte der christlichen Religion und damit in Bezug zum Leben Jesu. Ostern, Weihnachten z. B., ganz unabhängig vom Datum.

Man kann sich jetzt zwar fragen, ob man sich mit den Inhalten heute identifizieren kann, oder es eben bleiben lassen. Man ist ja auch nicht Christ in der Zeit der mündlichen Überlieferungen oder ersten schriftlichen Zeugnisse geworden, wo so ziemlich alles strittig war, sondern heute, wo sich ein konsistent durchdachter Glaube gebildet hat. Naja, kleine Einschränkung: Pro Gemeinschaft halt.

Vielleicht hilft hier auch Barth mit seiner Dogmatik im Grundriß weiter (natürlich nur für r.k.), da könnte auch ich fast (aber eben nur fast) wieder zur Christin werden.

Wer die katholische Kirche zu fern vom Ursprünglichen sieht, wird vielleicht auch in einer anderen christlichen Gemeinschaft glücklich, aber am Datum allein soll es nicht scheitern.

Grüße
Maria

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Hallo,

ich hab die RGG nicht mehr zitiert (weil ich zu faul war), sondern nur die Belege rausgefischt, die sie anführt, um zu zeigen, dass der erste Tag der Woche für die Christen eine besondere Stellung hatte.

Hier mal das Zitat:
„Weil Auferstehungstag Christi, wird er sehr bald als „status dies“ [hier der Pliniusbrief als Quelle] der Versammlungstag der Gemeinde, der Freudentag, an dem das Herrenmahl gefeiert [Apg, Did], stehend gebetet, nicht gefastet wird. Am Sonntag werden die Liebesgaben eingesammelt [1 Kor].“

Der Pliniusbrief dient als Quelle, dass es einen festen Tag gab, und die anderen Belege sammeln sich an - ich finde, es deutet schon darauf hin, dass der Sonntag in den christlichen Gemeinden wichtiger genommen wurde als die anderen Tage.

Auf die RGG 4 hab ich leider keinen Zugriff, vielleicht fänden sich da noch neuere Erkenntnisse, evtl. j auch widersprechende.

Ich meine nur: Vorausgesetzt, es stimmt, was RGG und Calwer Bibellexikon sagen, dann haben die Christen den „Sonntag“ nach ihren Möglichkeiten zu so etwas wie einem Feiertag gemacht, zu einem herausgehobenen, wichtigen Gottesdiensttag.
Ihn als Feiertag mit einer Feiertagsruhe entsprechend der Sabbatruhe zu verbinden, stelle ich mir schwierig vor, so wie auch heute (ja, ich weiß, völlig anderer Kontext) die meisten Muslime freitags ganz normal zur Schule gehen oder arbeiten.

Meinst Du denn, dass der „Sonntag“ gar keine besondere Rolle spielte? Warum?

Interessierte Grüße,

Jule

Sonntag
Hallo Jule,

ich bin jetzt auch an der Frage interessiert, denn die Bücher die ich bislang gelesen habe, sehen keine einheitliche Präferenz für den Ersten Tag der Woche.

Der zweite Band von Neues Testament und Antike Kultur beschreibt in einem leider nur sehr kurzen Artikel dass das frühe Christentum in der Frage des jüdischen Festkalenders gespalten war (Judenchristen vs. Hellenisten). Also gerade der Rhythmus des jüdischen Festkalenders war den Hellenisten suspekt, aber vordringlich ging es anfangs um die Frage des Jerusalemer Tempels (zumindest bis zu dessen Zerstörung), die Hellenisten brachen sehr früh mit dem jüdischen Kult.

Was ich als Beleg gegen meine Auffassung gefunden habe ist: JBTh Das Fest: Jenseits des Alltags, eine Sammlung von Arbeiten. Eine davon, von Jochen Rexer gibt die Sicht, der Tag nach dem Sabbat als Auferstehungsgedenken sowie Herrentag wider. Es folgt dann „der vielleicht schon in neutestamentlicher Zeit regelmäßig begangen wurde“. Ein deutlich sichtbares „vielleicht“ lässt mich zögern das zu akzeptieren. Als Quelle gibt er just hierfür an: Das Kirchenjahr, Feste, Gedenk- und Feiertage in Ges…. Diese Referenz fällt für mich in die übliche Schulweisheiten Kategorie (Ich habe das Buch selbst, mehr als in der Unterstufe erfährst du dort nicht).

Interessanter ist dann der Folgetext: „Die ersten Spuren kirchlicher Gesetzgebung für die Sonntagsfeier finden sich kurz nach 300 auf der Synode von Elvira.“ (Mal abgesehen von der Zeitangabe, die um 300 lauten müsste), Das kann noch keine christliche Gesetzgebung in Bezug auf das Reich gewesen sein, sondern rein innerkirchlich. Also eine lange diskutierte Frage wird hier verbindlich geregelt? Sieht für mich so aus. Nur ist das noch vor Konstantins Dies Solis gewesen, tja.

Für mich ist jedenfalls keine Einheitlichkeit im Urchristentum bezüglich Sabbat oder Ersten Tag (der Woche) erkennbar, den wenigen Schriftbelegen wird m. E. zu viel Gewicht in Richtung der heute gelehrten Theologie gegeben. Auch zum status dies im Plinius Brief gibt es unterschiedliche Auffassungen, Fourrier schließt überhaupt eine Wochentagsangabe aus, stato bezeichnet üblicherweise einen Jahrestag.

Warum das Christentum ausgerechnet den dies solis für die Feier erwählt hat, bleibt für mich historisch noch im Dunkeln und gilt bis auf weiteres als suspekt bzw. nachträglich theologisch begründet (für mich).

Liebe Grüße
Maria

Sonntag = Tag der Auferstehung
Hallo Maria,

Warum das Christentum ausgerechnet den dies solis für die Feier erwählt hat, bleibt für mich historisch noch im Dunkeln

Weil er in jüdischer Tradition 1. der Tag nach dem Sabbat war, d.h. christl. der Tag der Auferstehung und zugleich 2. der erste Tag der Woche, chrisl. gedeutet als Tag der Schöpfung.

Auch Alfons Fürst in: Die Liturgie der alten Kirche (2008)
verweist auf Justin als ältesten Zeugen dafür, daß der Sonntag (als 2. Tag im paganen Wochenkalender - zunächst nicht einem Sonnenkult zugeordnet) von den Christen als Tag der Zusammenkunft und Eucharistie gefeiert wurde. Und zugleich gibt Justin auch die Begründung:

In dessen „Apologia prima pro Christianis“, griech. „Απολογια πρωτη υπερ Χριστιανων“, Cap. 67 findet sich:
" Die autem Solis omnes simul convenimus, tum quia prima haec dies est, qua deus, cum tenebras et materiam vertisset, mundum creavit, tum Jesus Christus salvator noster eadem die ex mortuis resurrexit. Pridie enim Saturni [griech: tê pro tês Kronikês] eum crucifixerunt, et postridie eiusdem diei, id est Solis die [griech.: hêtis estin Hêliou hêmera], apostolis suis et discipulis visus ea docuit, quae vobis quoque consideranda tradidimus."

In der Migne Patrologia Graeca hier: [http://www.documentacatholicaomnia.eu/04z/z_0100-016…](http://www.documentacatholicaomnia.eu/04z/z_0100-0160 Iustinus Apologia_Prima_%2528MPG_006_0327_0440%2529__GM.pdf.html)
Deutsch hier: http://www.unifr.ch/bkv/kapitel77-66.htm
„Am Sonntage aber halten wir alle gemeinsam die Zusammenkunft, weil er der erste Tag ist, an welchem Gott durch Umwandlung der Finsternis und des Urstoffes die Welt schuf und weil Jesus Christus, unser Erlöser, an diesem Tage von den Toten auferstanden ist , denn am Tage vor dem Saturnustage kreuzigte man ihn und am Tage nach dem Saturnustage, d. h. am Sonntag, erschien er seinen Aposteln und Jüngern und lehrte sie das, was wir zur Erwägung auch euch vorgelegt haben.“

Die Bezeichnung „dominica“, griech.: kyriakê, „Tag des Herrn“, wurde lt. Fürst erst im 4. Jhdt gebräuchlich, und der „dies solis“ (der schon seit dem 2. Jhdt dem Synkretismus „Mithras = Sol Invictus“ zugeordnet war und dann durch Konstantin 321 zum Ruhetag erklärt wurde) wurde christlich umgedeutet aus Christus als " sol salutis".

Gruß
Metapher

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Hi fuerte.

Etwa der Kreuzigungstag, die Geburt Jesu, oder die Wiederauferstehung.
Liegen diesbezüglich überhaupt verlässliche Urtexte vor, nach
denen man sich orientieren konnte, um die heutigen
christlichen Feiertage auch authentisch zu würdigen?

Soweit ich die bisherigen Antworten durchgesehen habe, wird von niemanden die Möglichkeit berücksichtigt, dass die Jesusfigur eine rein mythische ist. JC figuriert hier munter als historische Person. Unter der von mir vertretenen Prämisse, dass JC eine mutmaßlich mythische Figur mit erdichteter Biografie darstellt, nehmen die genannten Feiertage natürlich a priori eine symbolische Bedeutung an. Über das Artifizielle des Geburtsdatums scheint hier immerhin - unabhängig von der Historizitätsfrage - eine gewisse Einigkeit zu bestehen. Der Geburtstag von Mithras am 25. Dezember wurde bewusst zu dem Zweck annektiert, JC gegen den Konkurrenzgott durchzusetzen und dem Mithraskult das Wasser abzugraben.

Was aber ist mit der angeblichen Kreuzigung und der noch angeblicheren Auferstehung?

Die angebliche Kreuzigung fällt genau auf oder knapp vor das jüdische Passahfest (die Datierung, gleich ob historisch oder fiktional, scheint nicht ganz geklärt). Offiziell gilt dieses Fest dem Gedenken an den „Auszug aus Ägypten“, bei dem von „Moses“ in der Wüste wiederholt die Opferung von Tieren als Dank an Jahwe verlangt wurden, was durch das Lammopfer an Passah symbolisch wiederholt wird.

Diese nachträgliche Deutung spiegelt aber nicht den eigentlichen Ursprung des Festes wieder. Das Passahopfer lässt sich nämlich auf eine nomadische Blutrechtssitte zurückführen, nämlich auf ein Tieropfer (Lamm oder Rind), welches den Zusammenschluss von Stämmen gegen eine äußere Gefahr besiegelt. König Josia ließ das stammesrechtliche Passahopfer im Rahmen seiner Kultreform verbieten, um eine Aushöhlung des von ihm forcierten Staatsrechts durch das veraltete Stammesrecht zu unterbinden, und band das Fest exklusiv an den Jerusalemer Tempel. Entsprechend sagt der Staatsgott Jahwe im Deuteronomium, das „zufällig“ in Josias Amtszeit „gefunden“ wurde:

Die Rache ist mein. Ich will vergelten.

Aber nicht nur das jüdische Passahfest, auch das Motiv des „stellvertretenden Leidens“ der Jesusgestalt für die „Sünden“ der Menschen geht vermutlich auf das nomadische Blutrecht zurück.

Zwischen einzelnen Stammen bestand eine (ungeschriebene) Blutrechtsordnung: Wurde einem Mitglied eines Stammes durch ein Mitglied eines anderen Stammes Schaden zugefügt, dann war der Stamm des Geschädigten verpflichtet, dafür Rache zu nehmen. Bei relativer Geringfügigkeit genügte eine materielle Wiedergutmachung durch den Stamm des Schädigers. Reichte das nicht, mussten die beiden Stammesfürsten „in den Ring steigen“: Sie trugen die Rechtsfehde bis zum Tod oder der schweren Verwundung eines der Duellanten aus. In dieser alten Sitte dürfte der Ursprung jener Aussage im Johannesevangelium zu suchen sein, wo es heißt (10,11):

Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für seine Schafe.

Damit sind zwei Motive greifbar, die den evangelikalen Schreibern die (symbolische) Datierung der Kreuzigung auf das Passahfest nahegelegt haben könnten.

Warum aber die „Auferstehung nach drei Tagen“?

Hier haben diverse antike Kulte Pate gestanden, allen voran der Kybelekult, der den Liebling der Göttin Kybele, Attis, am dritten Tag nach seinem Tod wiederbelebt wird, aber auch der Osiris-Kult, der seinen Gott am vierten Tag wiederauferstehen lässt. Beide Kulte hatten im 1. Jh. im Römischen Reich Hochkonjunktur, für einen aufstrebenden Mysterienkult wie das Christentum lag es also nahe, wesentliche Aspekte der Konkurrenzunternehmen zu adaptieren.

Chan

Es ist in der Tat richtig, dass ich mich in meiner Antwort mit der Frage der Historizität Jesu nicht beschäftigt habe; dies schien - und scheint! - mir aber auch nicht nötig, denn soweit ich sehe, gibt es keinen ernsthaften Historiker, der die Existenz eines Wanderpredigers namens Jesus mit dem Heimatort Nazareth bestreitet. Über die Inhalte seiner Verkündigung wäre gesondert zu sprechen, aber die stehen hier ja nicht zur Debatte.

Auch über die Tatsache, dass manche Feste von der christlichen Kiche auf Daten gelegt worden sind, die schon anderweitig besetzt waren, müssen wir nicht streiten. Das war einfach so.

Es ist aber anachronistisch, aus einer Begebenheit, die sich Jahrhunderte später zugetragen hat, ein Argument gegen die Historizität Jesu zu basteln.

Gruß - Rolf

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