Hi fuerte.
Etwa der Kreuzigungstag, die Geburt Jesu, oder die Wiederauferstehung.
Liegen diesbezüglich überhaupt verlässliche Urtexte vor, nach
denen man sich orientieren konnte, um die heutigen
christlichen Feiertage auch authentisch zu würdigen?
Soweit ich die bisherigen Antworten durchgesehen habe, wird von niemanden die Möglichkeit berücksichtigt, dass die Jesusfigur eine rein mythische ist. JC figuriert hier munter als historische Person. Unter der von mir vertretenen Prämisse, dass JC eine mutmaßlich mythische Figur mit erdichteter Biografie darstellt, nehmen die genannten Feiertage natürlich a priori eine symbolische Bedeutung an. Über das Artifizielle des Geburtsdatums scheint hier immerhin - unabhängig von der Historizitätsfrage - eine gewisse Einigkeit zu bestehen. Der Geburtstag von Mithras am 25. Dezember wurde bewusst zu dem Zweck annektiert, JC gegen den Konkurrenzgott durchzusetzen und dem Mithraskult das Wasser abzugraben.
Was aber ist mit der angeblichen Kreuzigung und der noch angeblicheren Auferstehung?
Die angebliche Kreuzigung fällt genau auf oder knapp vor das jüdische Passahfest (die Datierung, gleich ob historisch oder fiktional, scheint nicht ganz geklärt). Offiziell gilt dieses Fest dem Gedenken an den „Auszug aus Ägypten“, bei dem von „Moses“ in der Wüste wiederholt die Opferung von Tieren als Dank an Jahwe verlangt wurden, was durch das Lammopfer an Passah symbolisch wiederholt wird.
Diese nachträgliche Deutung spiegelt aber nicht den eigentlichen Ursprung des Festes wieder. Das Passahopfer lässt sich nämlich auf eine nomadische Blutrechtssitte zurückführen, nämlich auf ein Tieropfer (Lamm oder Rind), welches den Zusammenschluss von Stämmen gegen eine äußere Gefahr besiegelt. König Josia ließ das stammesrechtliche Passahopfer im Rahmen seiner Kultreform verbieten, um eine Aushöhlung des von ihm forcierten Staatsrechts durch das veraltete Stammesrecht zu unterbinden, und band das Fest exklusiv an den Jerusalemer Tempel. Entsprechend sagt der Staatsgott Jahwe im Deuteronomium, das „zufällig“ in Josias Amtszeit „gefunden“ wurde:
Die Rache ist mein. Ich will vergelten.
Aber nicht nur das jüdische Passahfest, auch das Motiv des „stellvertretenden Leidens“ der Jesusgestalt für die „Sünden“ der Menschen geht vermutlich auf das nomadische Blutrecht zurück.
Zwischen einzelnen Stammen bestand eine (ungeschriebene) Blutrechtsordnung: Wurde einem Mitglied eines Stammes durch ein Mitglied eines anderen Stammes Schaden zugefügt, dann war der Stamm des Geschädigten verpflichtet, dafür Rache zu nehmen. Bei relativer Geringfügigkeit genügte eine materielle Wiedergutmachung durch den Stamm des Schädigers. Reichte das nicht, mussten die beiden Stammesfürsten „in den Ring steigen“: Sie trugen die Rechtsfehde bis zum Tod oder der schweren Verwundung eines der Duellanten aus. In dieser alten Sitte dürfte der Ursprung jener Aussage im Johannesevangelium zu suchen sein, wo es heißt (10,11):
Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für seine Schafe.
Damit sind zwei Motive greifbar, die den evangelikalen Schreibern die (symbolische) Datierung der Kreuzigung auf das Passahfest nahegelegt haben könnten.
Warum aber die „Auferstehung nach drei Tagen“?
Hier haben diverse antike Kulte Pate gestanden, allen voran der Kybelekult, der den Liebling der Göttin Kybele, Attis, am dritten Tag nach seinem Tod wiederbelebt wird, aber auch der Osiris-Kult, der seinen Gott am vierten Tag wiederauferstehen lässt. Beide Kulte hatten im 1. Jh. im Römischen Reich Hochkonjunktur, für einen aufstrebenden Mysterienkult wie das Christentum lag es also nahe, wesentliche Aspekte der Konkurrenzunternehmen zu adaptieren.
Chan