Allensbachumfrage: Neusprech, Gender, political Correctness

Hallo,


55 Prozent der Befragten gaben an, sich an bestimmte Sprachregeln bewusst nicht zu halten. Offenbar hielten sich diese Menschen bewusst nicht an diese vermeintlichen beziehungsweise ungeschriebenen Regeln, um zu provozieren
„Wer sich beispielsweise gegen die Umbenennung der Mohrenstraße in Berlin äußert, der ist dann sofort ein Rassist und damit auch ein schlechterer Mensch.“ Soziale Medien würden außerdem eine Tendenz zum bewussten Missverstehen befördern.

So auch bereits von Sarah Wagenknecht ganz ähnlich festgestellt:
Das wird nicht respektiert, das wird nicht geachtet, sondern es wird ja sogar die Sprache niedergemacht, und das ist natürlich etwas, wo sich Menschen dann auch abwenden, wo sich Menschen auch nicht mehr vertreten fühlen. Diese extreme Intoleranz, die haben wir doch bei vielen Debatten, ob das über Flüchtlinge ist, ob das über Klima oder jetzt auch bei der Corona-Politik ist.
Wolfgang Thierse ebenfalls:
Ich werde als reaktionär beschimpft, als Mann mit neurechtem Sprech, gewissermaßen AfD-Positionen. Vom Schwulen- und Lesbenverband wird das getrieben. Mir wird vorgehalten, das sind ja die Ansichten eines alten weißen Mannes mit heterosexueller Orientierung, heteronormativer Orientierung. Da erleben Sie genau das. Eine Ansicht, die einem nicht passt, die wird identitär zurückgewiesen. Mein Alter, meine „Rasse“, mein Geschlecht, meine sexuelle Orientierung – also ist die Sache erledigt.

Ein paar verrückte Beispiele:

Ist „Umerziehung“ von Oben wirklich notwendig oder sollte man auf die Bedenken einer Mehrheit eingehen? Kann das zu einer Art Kulturkampf zwischen „OBEN und UNTEN“ werden?

Beste Grüße
rakete

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Woher kommen diese Regeln?

Ich finde es problematisch, wie uns unsere Sprache unter den Füßen weggezogen wird. Ja, Sprache wandelt sich im Lauf der Zeit, aber doch nicht ins Gegenteil.

So wurde vor einigen Jahren die Bundesschuldenverwaltung umbenannt in Bundeswertpapierverwaltung. Es bleiben aber die Schulden des Bundes gegenüber den Anlegern.

Für „Neger“ = negro = schwarz kenne ich nur Kommentare von Menschen, die nicht schwarz sind. Man redet über sie, nicht mit ihnen.

Und „Mohr“ ist aus meiner Sicht positiv besetzt. Ein junger Mann, der Schokolade bringt, ein Symbol von Genussmitteln.

Ich erinnere mich an einen Modellflugtag und beim Gespräch, wer der Leiter der weiter wegstehenden Gruppe ist, wurde mit der Farbe des Hemdes (das waren mehrere), kurze Hose (auch mehrere) versucht, die Person zu bezeichnen. Es war dann der einzige mit deutlich dunkler Hautfarbe, das aber wurde nicht erwähnt.

Wenn ein Dünner in der Gruppe ist, sage ich doch auch: „der Dünne da rechts”.

Dann so unsinnige Sachen wie „Insektenschutz“, der Insekten nicht schützt, sondern tötet.

Beim bewussten Lesen von Anzeigen fallen mir laufend solche verschwurbelten, falschen Bezeichnungen auf. Ausgerechnet die billigsten Nahrungsmittel enthalten „wertvolle“ oder „auserlesene“ Bestandteile. Das billigste Vanilleeis enthält „echte“ Vanilleschoten. Das ist der gemahlene Abfall nach Aussaugen des Aromas. So grob gemahlen, dass man die braunen Stücke sieht.

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Ich würde gar nicht von oben und unten sprechen, sondern Roß und Reiter nennen: es ist die (zT steueralimentierte) akademische Welt und das (zT gebührenalimentierte) Mediensystem, das diese Sprechregeln vorrangig durchdrücken möchte.
Das an sich wäre noch gar nicht so schlimm.
Schlimm ist, dass die oberen bürgerlichen Schichten dem zu wenig entgegen setzen, so dass sich derzeit alle möglichen Firmen ganz grün und woke geben, wohlwissend, dass die Mehrzahl ihrer Kunden das gar nicht selbst so wünscht, sich lediglich zu wenig dagegen wehrt.

Zum Kulturkampf: Natürlich zeichnet der sich ab. Menschen wie ich schauen schon lang kein TV mehr, kündigen ihre Zeitungs-Abos und kehren selbst den Zensurbetrieben Facebook, Twitter und Youtube allmählich den Rücken.
Es werden sich, wie in den USA schon weiter fortgeschritten, andere Medien etablieren, die diese Leerstellen einnehmen.
Die Bruchstelle ist übrigens nicht rein links/rechts. Auch in den USA nicht.

Ich weiß nicht, wo genau Dein Problem liegt. Arbeitest Du im öffentlichen Dienst oder als Beamter? Bist Du Student? Arbeitest Du für eine Zeitung, eine TV- oder Radioanstalt? Nicht? Dann kannst Du weiterhin schreiben und sprechen wie Du willst. Wenn Du zufälligerweise jemanden triffst, der sich von Deiner Art zu sprechen oder zu schreiben angegriffen oder beleidigt fühlt, wird er es Dich wissen lassen oder nicht.

Wenn Du Dich daran störst, gegenderte Worte zu lesen oder zu schreiben: Pech. Suche Dir ein anderes Medium. Mich stören Rechtschreib-, Grammatik- und andere Fehler wesentlich mehr - wie auch diese ständige Empörung über jeden Fliegenschiß und diesen ungebremsten Zwang, sich darüber auch noch öffentlich auslassen zu müssen.

Und dann auch noch so etwas:

Das, was Du da als Problem wahrnimmst, betrifft Dich höchstwahrscheinlich (s.o.) nicht. Worüber regst Du Dich auf? Daß Du weiter so sprechen darfst wie Du willst? Daß es andere stört, wenn sie sich durch bestimmte Formulierungen oder Bezeichnungen ausgeschlossen oder beleidigt fühlen? Daß diese Menschen bzw. Gruppen das nach und nach zum Thema gemacht haben? Daß es Leute gibt, die dem nachgeben?

Wo ist das Problem? Ganz konkret.

Guten Tag.

Es heißt*, dass vor allem politisch rechts angeordnete Personen an der alten, vorreformatorischen Rechtschreibung festhalten.

Es ist anlässlich deiner Antwort lediglich meine Frage, ob du deshalb schon einmal „Schwierigkeiten“ bekamst oder der Sinn und Zweck des Anwendens der Rechtschreibung, die natürlich nicht „verboten“ ist und neben der refomierten verwendet werden „darf“, hinterfragt wurde.

Gruß

(* Quellen müsste ich recherchieren; ich habe diese Behauptung einmal irgendwo gelesen oder gehört.)

Ich erlebe es eher als eine Veränderung, die von der Seite ausgeht.

Wer ist die Mehrheit und wie ermittelt man sie? Wie ermittelt man ihren Willen?

Es gibt derzeit aus meiner Sicht einen Krieg zwischen Arm und Reich. Reich wird ihn ganz sicher nicht verlieren, besitzt aber genügend Ressourcen, um lustige Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen, um vom eigentlichen Geschehen abzulenken.

Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.
Warren Buffett

Was die Zukunft bezüglich gendergerechter Sprache bringt, wird eben diese zeigen.

Schönes Wochenende noch

Hallöchen,

so einfach läßt sich die Frage nicht beantworten. Um etwas auszuholen: ich lehne die Reform ab und das bis heute, weil sie völlig unsinnig ist, den Kindern nicht beim Erlernen der korrekten Rechtschreibung hilft (wie es vorhersehbar war) und teilweise durch die neue Rechtschreibung der Zusammenhang mit der Etymologie verloren geht. Nun ist es aber natürlich so, daß sie irgendwann zum Standard geworden ist (auch wenn neue Rechtschreibung von genauso vielen genauso wenig beherrscht wird wie die alte Rechtschreibung). Daher benutze ich natürlich die neue Rechtschreibung, wo es opportun ist. Das ist inzwischen überall, außer bei wer-weiss-was, weil sich hier ein bestimmter Benutzer darüber gelegentlich aufregt. Das macht mir Freude.

Aber, um Deine Frage zu beantworten, als ich die alte Rechtschreibung auch noch außerhalb von www benutzte, bekam ich nie Schwierigkeiten deswegen.

Gruß
C.

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Auch dazu ein Fall zum (mehr oder eniger) schmunzeln:

Das Bedürfnis gesellschaftspolitische Fragen zu stellen, erfordert kein persönliches Problem lediglich Empathie.
Auch Diogenes in seiner Tonne wird vermutlich in seiner Selbstgenügsamkeit über die Verrücktheiten der Menschheit nachgedacht haben.
Aber natürlich ist da ein ganz konkretes Problem. Es kann nicht angehen, dass plötzlich an allen Ecken und Enden verbessert, kritisiert und gebullshittet wird. Das Problem haben also also vielmehr diese „Weltverbesserer“ und nicht ich.
Natürlich finde ich zum kotzen, wenn im Büro plötzlich in Schreiben „Gendereien“ erforderlich sind, aber in internen Schriftsätzen ausdrücklich mit dem Hinweis „der besseren Lesbarkeit wegen“ darauf verzichtet wird.
Die Folge wird doch sein, dass Gesetze und wissenschaftliche Texte etc. immer noch schwerer lesbar werden. Allein das Verfassen macht unendlich Mühe.
Unsere Sprache wird verhunzt.
Was wird aus unserer Literatur? Wird die demnächst umgeschrieben?
Was ist mit den Kindern? Benutzt man vor ihnen diesen Genderkram? Wie wirkt sich das in deren Sprache aus? Rennen die dann nur noch rum wie Roboter und reden in dieser neuen Kunstsprache?
Ein großes Problem sind „Multiplikatoren“, d.h. Leute die die Möglichkeit haben, so einen kram breit zu streuen und in möglichst viele Köpfe einzupflanzen. Parteien, Fernsehsender, Promis.
Sprache kann sich gern entwickeln; jedoch nicht per „Order di mufti“ oder shitstorm-druck.
Gruß
rakete

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Der Mohr aus dem verlinkten Artikel:

„Ich möchte als Schwarzer nicht erklärt bekommen, wann meine Gefühle verletzt werden. Das ist auch eine Form von Rassismus.”

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Mich würde da interessieren, was unsere Sprachexperten (z.B. @Metapher), Schulexperten (z.B. @Christa), aber auch Wissenschafts- und Juraexperten dazu zu sagen haben. Jede Kinderfibel, jeder Klassiker der Literatur, jeder Fachartikel, jedes Gesetz, Urteil und juristischer Kommentar wird schließlich einmal umgekrempelt werden. Ist die Literatur erst einmal digitalisiert und ver"kindle"t, lässt sich mit Tastendruck und Autokorrektur unsere gesamte Lieteraturgeschichte umkrempeln. Über diskriminierende Wörter kann man vielleicht noch diskutieren; Gendereien, die zunächst nur Männlein und Weiblein gleichstellen, arbeiten ja darauf hin, immer „skurilere Minderheiten“(s.Wagenknecht) mit zu erfassen.
Das Verkleistert doch die Texte und Gepräche mit Erwachsenen und Kindern bis zur Unverträglichkeit .
Gruß
Rakete

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Hat doch bei der neuen Rechtschreibung auch recht gut geklappt. Die Frage ist halt, was das größere Übel ist: die Umstellung der Sprache oder daß sich Personengruppen sprachlich ausgegrenzt oder beleidigt fühlen. Darüber kann jeder denken, was er möchte und sich anschließend entsprechend verhalten oder nicht.

Melde Dich wieder, wenn Du Gesetze oder wissenschaftliche Texte verfassen mußt, bei denen das Gendern zum Problem wird. Ich kann das übrigens bei wissenschaftlichen Texten jenseits der Gesellschaftswissenschaften kaum erkennen.

Was ich hingegen erkenne, ist eine gesellschaftliche Entwicklung hin zur Dauerempörung. Begünstigt durch die Möglichkeit, dieser Empörung immer und überall Ausdruck verleihen zu können. Was übrigens für alle Fraktionen gilt.

Ja, wo ist das Problem? Die Sprache in Wort und Schrift ist nicht festgeschrieben. Sie ist stetigen Veränderungen unterworfen. Das ist doch völlig normal und gab es schon immer. Ich las neulich die Jahresausgabe der Berliner Illustrierten von 1918. Das liest sich völlig anders als die Morgenpost von heute. Meine Oma hat mir aus Märchenbüchern aus ihrer Kindheit vorgelesen. So manche Formulierung war schon in meiner Kindheit überholt und ich musste Oma fragen, was gemeint ist. Ich gebe ehrlich zu, dass ich Shakespeare in seiner deutschen Übersetzung nicht lesen kann, weil ich davon Knoten im Hirn bekommen. Aber wenn wir mal bei deutschen Dichtern bleiben wollen: wer versteht denn noch Walter von der Vogelweide gleich beim ersten Lesen? Link

Nichts spricht dagegen, dass Du Dir Bücher aus Papier kaufst oder in Bibliotheken gehst, die noch Papierbücher aufbewahren. Da kannst Du dann zum Teil sogar Erstausgaben einsehen.

Das Ziel ist es nicht, möglichst viele Minderheiten zu benennen, sondern Wörter zu finden, die alle Menschen mit einmal einschließen.

Gerade die Kinder haben es besonders einfach. Sie sind geistig deutlich flexibler als die Alten. Sie nehmen die Wandlungen der Sprache nicht als solche wahr. Statt dessen ist das für sie eine ganz normale Sprachbenutzung. Sie besitzen keine alten, überholten Erfahrungen, die sie unbedingt konservieren wollen, um bloß keine Änderung in ihrem Leben vornehmen zu müssen.

Schon vor 2.500 Jahren wusste man:

Nichts ist so beständig wie der Wandel.
(Heraklit von Ephesus, 535-475 v. Chr.)

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Das ist der Punkt.
Es hat mit normalem Sprachwandel nichts zu tun, wenn bestimmte Sprech- und Schreibweisen gezielt ausgelöscht werden sollen. Nicht nur aus der aktuellen Verwendung, sondern sogar aus der kollektiven Erinnerung.

Neu ist das allerdings auch nicht. Man denke etwa an die erfolgreichen Bemühungen der Preußen bestimmte niederländische, dänische und polnische Dialekte an den Grenzen des Landes auszulöschen. An den Schulen damals buchstäblich herauszuprügeln.

Hi, das wusste ich nicht. Somit bist du gewiss auch keinen „dummen Fragen“ ausgesetzt. Gruß.

Jetzt, glaube ich, habe ich eine Ahnung von dem, vor dem ihr Euch fürchtet: Ihr seht die ersten Anzeichen für ein Miniwahr aufziehen…

Winston war bei Orwell damit beauftragt, die Klassiker zu verändern. War das o.k. für dich?

Für mich macht es einen großen Unterschied, ob ich die Visionen eines Autors in Form eines Romanes lese oder ob ich die aktuelle Diskussion in der Gesellschaft in einer Zeitung oder dem Internet lese. Und derzeit sind wir von einer systematischen Manipulation durch die Partei ähnlich weit entfernt, wie der Pluto davon, ein Planet zu sein.

Also nein, ich habe keine Angst davor, dass in absehbarer Zeit mit einem Tastendruck sämtliche jemals geschriebenen Werke verändert werden.

P.S.: im Film Eqiulibrium (der in einigen Teilen stark an 1984 erinnert) hat man Kulturgüter wie Bilder und Bücher systematisch vernichtet und die Besitzer als „Sinnestäter“ hingerichtet. Auch davor habe ich keine Angst, obwohl die Vorstellung erschreckend ist.

Die Regeln zu „ß“ / „ss“, die logisch und nachvollziehbar sind, begrüße ich sehr.

Wie man Portemonnaie nun schreiben kann ist mir dagegen zu wider.

Die Argumentation für die geänderte Schreibweise von daß war seinerzeit, daß die geänderte Schreibweise beim Erlernen der richtigen Schreibweise hilft. Das Problem ist, daß nie das Problem war, wie daß geschrieben wird, sondern daß der grammatische Hintergrund verstanden werden muß, wann man daß/dass verwendet und wann das richtig ist, und das ändert sich nicht dadurch, daß man statt daß nun dass schreibt. Mit anderen Worten, die Kinder, die früher das statt daß schrieben, schreiben heute das statt dass und das macht die Sache nicht besser. Mein unmaßgeblicher Eindruck nach 15 Monaten intensiver Hausaufgabenbetreuung/-beratung einer 9- respektive 10-jährigen Einserschülerin ist, daß es tatsächlich leichter war, daß von das zu unterscheiden als dass von das.

Es mag in anderen Bundesländern anders gehandhabt werden, aber echter Grammatikunterricht findet hier in NRW erst in der 5. Klasse statt und bis der Unterschied zwischen Konjunktion und Relativ- bzw. Demonstrativpronomen durchgenommen wird, wird wahrscheinlich noch ein Jahr ins Land gehen. Bis dahin wird das bzw. dass in etwa 1/3 der Fälle falsch geschrieben - und damit meine ich nicht die falsche Verwendung von ß, sondern eben dass statt das bzw. das statt dass, aber das war ja wahrscheinlich klar.

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