Wie die Axt im Walde…
Hi Friedrich,
offensichtlich verzichtest du selbst auf Fleisch, vielleicht sogar so gut es geht auf tierische Produkte und bezeichnest dich als Veganer. Das ist gut, wenn es dich glücklich macht und dein Gewissen befriedigt. Ich habe respekt vor dieser Entscheidung, für mich wäre sie aber keine Option. Jeder sollte sein Leben so ausgestalten können, dass er sich darin wohl fühlen kann und ich kann deine Bewegründe verstehen.
…mich überzeugen sie aber in der Regel nicht. Aus meiner Sicht der Dinge heraus ist Vegetarismus keine befriedigende Option. Für mich persönlich macht es keinen Sinn auf Fleisch zu verzichten, und dafür zum Beispiel verstärkt zB auf Käse umzusteigen. In meinen Augen geht es einer konventionellen Milchkuh erheblich schlechter als einem Fleischrind… würde ich also unreflektiert Prioritäten setzen, müsste ich nach meinem moralischen Verständnis zu allererst auf Käse und Milch verzichten, statt auf Fleisch.
Für mich ist der Tod nicht das schlimmste, was man einem Tier antun kann, sondern viel häufiger das Leben davor. Um genau zu sein sehe ich im Tod generell nichts schlimmes. Das Sterben kann unangenehm sein, ist doch aber in der Regel relativ schnell vorbei verglichen mit dem Zustand davor und erst recht mit dem danach. Der Tod selber ist doch im Prinzip völlig egal für das Individuum selber… schlimme Züge nimmt er doch erst dann an, wenn das Individuum einem Lebenden etwas bedeutete. Wenn dir der Tod einer Kuh als Leid verursacht ist es nur folgerichtig, dass du darauf aus bist, ihn zu vermeiden.
Ich bin da etwas pragmatischer. Ich esse selten Fleisch. Im Jahresschnitt gesehen ca 1 mal im Monat. Ich achte darauf, wo mein Fleisch herkommt, wie es lebte und nach Möglichkeit auch, wie es starb. Diese Kriterien machen Fleisch für mich zu einem Luxusgut, welches ich mir eben nur gönnen kann, wenn meine finanziellen Mittel es zulassen. Bevorzugt kaufe ich Wildfleisch direkt beim Händler, denn meiner Ansicht nach, ist das ein guter Hinweis darauf, dass das Tier zuvor ein würdiges Leben führen konnte (nichts ist 100%ig, damit muss man in allen Bereichen des Lebens klar kommen… aber die Chancen stehen gut). Soll es doch gängigeres Fleisch oder Wurst sein, kaufe ich bei bestimmten Labeln, die recht hohe Standarts haben.
Meiner Ansicht nach setzt man hier deutlichere Zeichen als durch den strikten Verzicht.
wer möchte sie nur aufklären bzw. umstimmen
Ich halte deine Herangehensweise von vorneherein für wenig zielführend. Schon diese wenigen Zeilen hier sind mehr dazu geeignet Fronten zu verhärten, denn Brücken zu bauen. Dieses „umstimmen“ impliziert schon sehr deutlich, dass für dich alles andere indiskutabel ist, und da liegt in meinen Augen der Fehler, den auch viele militante Gruppierungen begehen.
In meinem Freundeskreis sind mehr Vegetarier (und der ein oder andere Veganer) als Mischköstler wie ich es bin. Keiner von ihnen hat das bestreben mich „umzustimmen“ (genausowenig wie andersrum), sonst würden die Bekanntschaften und Freundschaften sicherlich auch nicht lange halten. Beide Lebensstile haben ihre Berechtigung, es kommt einfach auf den Standpunkt an. Den eigenen zwangsläufig als heiligen Gral anzusehen ist zu vermessen, dafür gibt es keine eindeutige Grundlage.
„Fleischesser“ (wie manch einer das gerne nennt… als würde man nur noch mit blutverschmiertem Mund rohe Leber in sich reinschaufeln) sind auch nicht gleich „Fleischesser“. Ich kenne keine rationalen Gründe dafür, auf gemäßigten Fleischkonsum zu verzichten.
Das dieser massive Fleischkonsum, wie er heutzutage in westlichen Ländern modern ist auf Dauer nicht haltbar ist, muss man sicherlich nicht diskutieren. Hier gibt es gute Gründe, und hier kann man ansetzen, wenn man nicht mit der Holzhammermethode zuschlägt.
Im übrigen kann es aber auch nicht schaden sich mal mit den gründen für die Ansichten anderer Leute zu beschäftigen, sich in sie hineinzuversetzen und zu verstehen (das ist NICHT zwingend gleichbedeutend mit gutheißen - wird leider gern falsch verstanden). Für meiner Eltern war täglich Fleisch und Wurst in ihrer Jugend z.B. noch alles andere als normal. Es bedeutete einen gewisser Status, dass sie uns Kindern später täglich Fleisch und Wurst servieren konnten. Ich bin nun wieder in einer Generation, wo man das Thema von vorneherein differenzierter angehen kann. Man sollte sich auf sein gegenüber individuell einstellen, wenn man was erreichen will, und man sollte nicht davon ausgehen dass es effektiv ist zu verlangen, dass einer direkt von 0 auf 100 geht.
-warum nur gibt es nur so wenig Vegetarier oder Veganer im
klugen Deutschland?
Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Ich kenne genug Vegetarier, die nicht gerade die Hellsten sind (ebenso wie Mischköstler oder was es sonst noch so gibt)
Gruß
Aj