nochmal ich - etwas weniger echauffiert jetzt 
Hallo Sonja,
meine erste Reaktion war krass und emotional, sorry…
Ich hatte heute eine längere Autofahrt - dabei hab ich immer die besten Gedankengänge - und möchte deshalb jetzt nochmal Stellung nehmen.
Soviel vorweg: in der Sache hat sich an meiner Einschätzung zum Thema nichts geändert…
Danke für dein Posting. Ich versteh deine Wut und deinen Zorn
sehr gut.
Was du benennst ist auch mein Problem.
Es gibt viele viele Menschen die mit 50, 60, 70, 80 absolut
agil sind …und haben den Wunsch zu reisen, zu leben, zu
lernen, einzukaufen…und und und…und sie wollen dazu
die Angebote finden die sie sich wünschen.
Da haken wir doch gleich mal ein:
was hat ein 50jähriger (um mal irgend ein Alter rauszugreifen) denn mit allen anderen 50jährigen gemein? Das kalendarische Alter. Punkt. Sonst nichts, meiner Meinung nach.
Ein Beispiel:
Meine Mutter wird jetzt bald 82. Sie lebt zusammen mit meinem Vater, der etwas jünger ist, im eigenen Haus mit riesigem Obst- und Gemüsegarten in einer ländlichen Gegend. Nicht nur, dass meine Eltern jegliche Arbeit, die anfällt, alleine und ohne fremde Hilfe verrichten. Nein, das obere Stockwerk im Haus wird auch noch seit etwa 35 Jahren an Feriengäste vermietet. Meine Mutter steht jeden Tag um 6 Uhr auf, arbeitet sich den ganzen Tag durchs Haus und den Garten, gönnt sich gerade mal ein halbstündiges Ruhepäuschen nach dem Mittagessen und wurschtelt dann weiter bis ca. 20.00 Uhr abends. Manchmal beklagt sie sich über kleinere Wehwehchen, und wenn ich ihr dann empfehle, doch etwas kürzer zu treten und z.B. Zimmer nicht mehr nur für 1 oder 2 Nächte zu vermieten, bekomme ich zur Antwort: Wenn ich meine Arbeit nicht mehr machen kann, dann will ich nicht mehr leben…
Meine Schwiegermutter (78 Jahre) ist genau das Gegenteil: ein Stadtmensch ohne eigenes Haus oder Garten, die ihren Kindern vorjammert, wie einsam und allein sie ist und dann natürlich reihum ihre Besuche machen möchte, zu denen sie selbstverständlich mit dem Auto abgeholt werden will. Sie sitzt dann auf dem Sofa und jammert vergangenen Zeiten nach…
Meine Hundesitterin, ebenfalls 82 Jahre, vertrieben aus Ostpreußen, hier wieder neu angefangen. Was man ihr nicht nehmen konnte, war und ist ihre Tierliebe. Sie meldet sich regelmäßig auf Anzeigen, in denen Leute eine Tagesbetreuung für ihre Hunde suchen. Du glaubst gar nicht, wie interessant Gespräche mit dieser geistig hellwachen Frau sind. Und wenn sie das Reisefieber packt, dann ruft sie alle ihre Hunde-Besitzer an, um ihnen mitzuteilen, dass sie eine Busreise nach Prag z.B. unternimmt…
So, was haben diese drei Frauen - außer dem Alter - denn nun gemein?? Ich kann nichts finden, das sich „vermarkten“ ließe…
Wovon hängt es denn ab, welche gemeinsamen Merkmale eine umworbene oder zu umwerbende Zielgruppe hat?
Ich halte den Ansatz „Altersgruppe“ daher für falsch und absolut nicht aussagekräftig. Das mag vielleicht für Jugendliche von ca 14 - 18 Jahre gelten…hier gibt es tatsächlich so etwas wie „Gruppendruck“ oder „peer pressure“, aber das funktioniert doch allerspätestens mit 25 Jahren nicht mehr.
Es gibt 50jährige, die spießig, langweilig, altmodisch oder eben genau das Gegenteil sind. Es gibt 50jährige, die auf dem Land oder in der Stadt leben. Es gibt 50jährige, die gern ins Theater oder in die Oper gehen, oder eben lieber in ein Rockkonzert und in die Eck-Kneipe. Es gibt 50jährige, die verheiratet, geschieden, verwitwet sind. 50jährige fahren gerne und auschließlich nach Österreich in Urlaub, andere 50jährige lieber in die Karibik. 50jährige sind Akademiker und erfolgreich im Beruf - womöglich sogar ganz oben; andere haben keine Ausbildung und sind vielleicht schon seit 4 Jahren arbeitslos…usw usf
Das sind doch die Dinge, durch die sich Menschen unterscheiden. Wie willst du denn da eine Zielgruppe festmachen? Wie willst du da einen gemeinsamen Begriff finden?
Ich könnte jetzt hier noch seitenlang weiterschreiben, aber das sollte als Denk- und Diskussionsanstoß doch erst mal reichen…
Gruß
Uschi