Anna Netrebko und Valery Gergiev

Die beiden sind mittlerweile rund um die Welt gefeuert worden, von Rotterdam bis New York, auch in der neutralen Schweiz will man nichts mit ihnen zu tun haben. Netrebko ist mit Terroristenführern fahnenschwingend aufgetreten und hat ihnen eine Million Rubel gespendet. Und Gergiev hat seinerzeit schon die Annexion der Krim befürwortet, gab Siegeskonzerte in Ossetien und Palmyra und befürwortet die gegen Homosexuelle gerichtete Gesetzgebung Russlands. Man hätte ihn in München allerdings schon aus künstlerischen Gründen vor die Tür setzen sollen, da er die Philharmoniker komplett heruntergewirtschaftet hat…

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Das sind gute Gründe, die muss man dann auch kommunizieren. Mir z.B. war das nicht bekannt. Aber auf der anderen Seite frage ich mich: das war alles vorher bekannt, warum hat man sie überhaupt eingestellt? Warum bringt man uns in die Situation, so ein schäbiges Verhalten von unserer Seite aus erleben zu müssen?

Das ist jetzt pure Effekthascherei. Erst sonnt man sich in der Popularität der Künstler (deren Kritik würdiges Verhalten bekannt ist), dann versucht man mit einer Kündigung die dem aktuellen Zeitgeist entspricht, Punkte zu machen. Schnell weg mit ihnen, denn sonst könnte ja bekannt werden, dass wir sie eingestellt haben, obwohl wir genau wussten wen wir mit welcher Geisteshaltung einstellten.

So ein Verhalten würde mich ärgern, wenn es die Gegenseite zeigen würde, aber von der erwartet man ja nichts anderes. Bei uns finde ich es einfach schäbig, dass man sich auf das Niveau begibt, das man dem Gegner dauernd unterstellt.

Zu Gergiev kann ich nichts sagen, aber da Netrebko auch die österreichische Staatsbürgerschaft hat, ist mir ihre Vergangenheit bekannt. Sie hat sich jahrelang (und zum eigenen Vorteil) öffentlich zu Putin und seinen Schergen bekannt. Daher finde ich es in dem Fall durchaus angebracht, eine Stellungnahme zur Invasion der Ukraine einzufordern. Sie wird ja nicht nur gefragt, weil sie Russin ist, sondern aus den oben genannten Gründen.

Noch sind wir nicht so weit und ich hoffe in Zukunft werden wir auch nicht dahin kommen, dass man für seine politische Überzeugung gekündigt wird. Sie hat ja wohl aus ihrer Einstellung kein Geheimnis gemacht?

Das Publikum und mit ihnen die Politiker, die Stimmen hinterherjagen, lagen vor ihr auf dem Bauch. Und jetzt sich über etwas beschweren, was man schon bei der Einstellung gewusst hat oder ohne Mühe hätte wissen können?

Wenn man jedem Hype hinterher jagt und es im Prinzip egal ist, ob die Summe die man bezahlt für die gelieferte Kunst gerechtfertigt ist, muss man sich nicht wundern, wenn einem das bei der nächsten Gelegenheit auf die Füße fällt.
Dann muss man eben die unbequeme Wahrheit sagen, dass man in unserem toleranten Europa solche Stellen nur an solche Künstler vergibt, welche den eigenen politischen Vorstellungen entsprechen.

Oder man muss entsprechende, abweichende Vorstellungen kriminalisieren, also unter Strafe stellen? (Achtung Ironie)

Toleranz ist nicht, die Ansicht des Anderen zu übernehmen, sondern dass man ihn seine Ansichten aussprechen lässt.

Ich finde es ätzend was in dieser Hinsicht in Russland stattfindet.
Aber glaubt irgendjemand wirklich, dass das besser wird, wenn wir es auch in Europa praktizieren?

Natürlich sind wir schon so weit und das ist auch gut so. Du willst doch nicht behaupten, dass ein Arbeitgeber nicht das Recht hat jemanden zu kündigen, wenn der (oder die) beispielsweise offen rassistisch, homophob oder rechtsextrem ist.

Eben das ist der Grund, wieso man jetzt von ihr eine entsprechende Reaktion erwartet hat. Machen wir uns nichts vor: Der russische Einmarsch in die Ukraine ist eine historische Zäsur und imho weiß
auch niemand so recht, wie er damit umgehen soll. Der Rauswurf der beiden hier ist aber für mich persönlich mehr als angebracht.

„Natürlich sind wir schon so weit und das ist auch gut so. Du willst doch nicht behaupten, dass ein Arbeitgeber nicht das Recht hat jemanden zu kündigen, wenn der (oder die) beispielsweise offen rassistisch, homophob oder rechtsextrem ist.“

Nur wenn sie sich im strafrechtlichen Bereich bewegt oder den Betriebsfrieden stört.
Hat sie das? Wenn ja nehme ich alles zurück.

Ich weiß ja nicht, wie das in Deutschland ist, aber in Österreich kann man auch Arbeitnehmer entlassen, bevor sie gegen das Strafrecht verstoßen haben.

Und der ‚Betriebsfrieden‘ ist halt auch ein etwas schwammiger Begriff. In der aktuellen Situation wird aber ein Kulturbetrieb problemlos damit argumentieren können, dass dieses Verhalten auch geschäftsschädigend sein kann.

Die beiden können ja auch dagegen rechtlich vorgehen und ehrlich gesagt würde ich das auch begrüßen. Dann hätten wir zumindest juristische Gewissheit.

Warum wurde es dann nicht in die Verträge entsprechend aufgenommen?
Oder ist es in den Verträgen, die Kündigung wurde mit dieser Begründung ausgesprochen aber nach außen hin spricht man von dem politischen Fehlverhalten, weil sich das einfach besser macht und man Punkte sammeln kann?

Eine schnelle rechtliche Klärung würde ich auch gut finden.

Hallo,
warum fällt mir da spontan der Name Gerhard Schröder ein ?
Gruß
Czauderna

Und bei dem ist das Hauptgeschäft ja Gott sei Dank nicht das Singen, sondern die politische Einflussnahme. Vulgär ausgedrückt ist Gerhard Schröder, mal abgesehen von seinen anderen „Qualitäten“, eine Politikhure.

Wobei ich mich jetzt nicht wundern würde, wenn ich böse Briefe von Prostituierten bekäme. Denn sie betreiben ein ehrliches Geschäft.

Ich bin weder Arbeitsrechtler noch kenne ich die Verträge. Es ging mir hier auch nur um deine Aussage, man dürfe nicht für seine politische Überzeugung gekündigt werden.

Hier findest man zumindest ansatzweise was zum Thema:

Der auf Streitigkeiten in Kunst und Kultur spezialisierte, sehr prominente Anwalt Peter Raue, der eine Kanzlei in Berlin betreibt, verweist gegenüber dem BR darauf, dass der Dirigent überhaupt kein Arbeitnehmer im juristischen Sinne sei: „Ich bin der festen Überzeugung, dass die vertraglichen Beziehungen zwischen Herrn Gergiev und der Stadt München, die ja Vertragspartner ist, nicht das Arbeitsrecht betreffen, sondern das Dienstrecht. Er hat weder das Recht, Leute einzustellen, noch hat er Geschäftszeiten, in denen er arbeiten muss, das ist kein Arbeitnehmer, und das ändert die Sache radikal.“
[…]
„Ich habe in meinem Leben mit vielen, vielen Verträgen, auch im musikalischen Bereich, Verträge von Chefdirigenten zu tun gehabt und wenn es da Streitigkeiten gab, das ging nie vor das Arbeitsgericht, sondern immer vor das sogenannte ‚normale‘ Zivilgericht, in diesem Fall wäre es das Landgericht München, und dort zu klagen, würde ich Herrn Gergiev abraten, denn da wird er scheitern.

Zum Vertrag:

Dazu Raue: „Daran habe ich nun gar keinen Zweifel, dass bei dieser hohen Stellung, die er inne hatte, der Vertrag so sensibel ist, dass erhebliche Störungen zur Kündigung berechtigen.“
[…]
Außerdem komme hinzu, dass die Philharmoniker hinter der Trennung stünden: "Damit ist meiner Ansicht nach der Dienstherr sogar verpflichtet, diesen Aspekt zu berücksichtigen und den Beschäftigen eine Fortführung der Arbeit mit Herrn Gergiev nicht länger zuzumuten. Das sind Umstände, die eine Fortsetzung des Dienstvertrags verbieten.

Es gibt in Deutschland das öffentliche Dienstrecht. Da bekommt man eine ellenlange Liste von Organisationen vorgelegt und hat zu unterschreiben, daß man denen nicht angehört, von al-Qaida bis zur Vierten Internationale. Darüber hinaus hat man bei der Einstellung ein Gelöbnis abzulegen, daß man für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt. Begründete Zweifel hieran können durchaus zur Kündigung bzw. bei Beamten zu einem Disziplinarverfahren führen. Des weiteren ist davon auszugehen, daß im Vertrag des Generalmusikdirektors der Stadt München Complianceregeln stehen, die sein Verhalten in der Öffentlichkeit betreffen, da er ein herausgehobener Repräsentant der stadt und ihr bestbezahlter Angestellter ist. Er hat dem Ansehen der stadt keinen Schaden zuzufügen, und wenn der städtische GMD es ablehnt, sich von Angriffen auf Münchens Partnerstadt zu distanzieren, tut er genau das.

Braucht man in Deutschland als Arbeitgeber einen Kündigungsgrund? Bzw. unterscheidet man zwischen ‚Kündigung‘ und ‚Entlassung‘?

Bin ich durchaus dafür.

Aber bei der AN schließe ich aus, dass ihr sowas vorgelegt wurde. Es handelt sich ja in solchen Fällen in der Regel um zeitlich begrenzte Engagements.
Bei VG? Wir wissen es nicht aber bei der Einkommensklasse vermute ich: eher nicht.

Ich rede ja nur von Gergiev, weil der in München fest unter Vertrag steht nzw. stand. Netrebko ist Freiberuflerin. Da sind die Gegebenheiten andere. Da ist es möglich, daß die Opernhäuser ihr die Abende ausbezahlen müssen, wenn da nicht im Vertrag steht, daß Auflösung aus wichtigem Grund möglich ist und das vor dem Arbeitsgericht durchgeht (da gab es jene Klage von Cheryl Studer gegen die Münchner Oper…)

Wird so ein Opernhaus Direktor für die Dauer seines Engagement wirklich in den öffentlichen Dienst übernommen?
Sprengt der nicht jede finanzielle Dimension?

Falls das zutrifft, kann man ihm nur sagen: selbst schuld!

Echt? Als Generalmusikdirektor oder Solosängerin am Stadttheater? Ich kenne eine Reihe von Leuten, die im öffentlichen Dienst arbeiten. So eine Liste haben die nie gesehen und ein Gelöbnis mussten die auch nicht ablegen.

Er ist nicht Opernhausdirektor, sondern Musikdirektor, künstlerischer Leuter der städtischen Philharmoniker. Und daß der GMD fest angestellt oder bei Staatstheatern sogar verbeamtet ist mit Pensionsanspruch ist völlig gängig…

Ich war mehrfach im bayerischen öffentlichen Dienst angestellt, da kam das jedes Mal inklusive Regelanfrage beim Verfassungsschutz…

Was die Theorie bestätigt, dass die kleinen Fische streng kontrolliert werden, die großen aber frei umher schwimmen können.