Hallo Simsy
Hier verstehe ich den Zusammenhang nicht ganz. Meintest du
hier, dass manche Lehrer in manchen Klassen sich
ausschließlich mit Erziehungsaufgaben (z. B. für Ruhe sorgen)
befassen, so dass die am Stoff interessierten Schüler
unterdessen dem Schulschlaf frönen?
Wenn du so willst. Hier hat jeder andere Erfahrungen.
Wir Eltern verlangen aber von den Lehrern, dass sie Bilden und
erziehen sollen. Dabei schaffen wir gerade mal unseren
Haushalt.
Wie meinst du denn das? Wer genau ist „wir“, die wir gerade
mal eben unseren Haushalt schaffen?
Ich beziehe mich gerne mit ein, denn ich bin ebenfalls Vater zweier Töchter (12 und 17). Und auch ich lasse mich manchmal zu solchen Denkweisen hinreisen. Aber beim „zweiten“ Nachdenken überlege ich mir dann schon, welche verantwortung mir und welche dem Lehrer zukommt.
Was den Haushalt betrifft, da gibt es natürlich ebenfalls Spielraum oder Ressourcen. Z.B. Wie werden die Kinder in die Hausarbeiten einbezogen? Welche Formen der Nachbarschafts- oder Verwandschaftshilfe werden abgeprüft und genutzt? Wie sind die Kinder an feste Zeiten zum Lernen gewöhnt? Welche Prioritäten der Freizeitgestaltung gibt es und wie sind die organisiert? Alles das kann Eltern auch mächtig entlasten.
Ich bin ziemlich sicher, dass ich von Lehrern nicht mehr
verlange, als dass sie ihre Arbeit einigermaßen gut machen,
und dass nicht die Kinder für irgendwas benutzen, z. B. ihre
Vorurteile oder Machtphantasien an ihnen auszuleben oder als
dankbares Publikum für ihre Urlaubsgeschichten zu gebrauchen
usw. (alles schon erlebt, insbesondere in der Grundschule,
aber nicht nur).
Ja, deine persönlichen Erfahrungen mit einzelnen Lehrern solltes du aber nicht verallgemeinern. Überforderte Eltern geben gerne den Lehrern die Schuld. Biete dich mal an und halte eine Vertretungsstunde in einer Klasse, dann wirst du anders denken.
Ansonsten bin ich persönlich (jetzt, Kinder am Gym.)
hauptsächlich unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen, mit
denen sowohl Lehrer als auch Schüler auskommen müssen.
Ach andere müssen auch ihre Arbeit machen und haben schlechte bedingungen. Das entbindet Eltern nicht von ihrer Erziehung.
Und dann wollte ich noch mal darauf aufmerksam machen, dass an
Lehrer insofern immerhin Ansprüche gestellt werden können, da
sie - im Gegensatz zu Eltern - einen Job machen, der bezahlt
wird, wobei ich hier allerdings nichts darauf eingehen möchte,
von wem diese Ansprüche gestellt werden können, und welcher
Art diese sein dürfen.
Da sprichst du allerdings ein unangenehmes Thema an. Eltern bekommen von der gesellschaft ebenfalls (Kinder-)Geld und andere Unterstützung. Die Gesellschaft schreibt nicht vor, was Eltern damit anstellen. Jedoch besteht schon der Anspruch, das Geld notfalls auch für unterstützende Erziehungsmaßnahmen einzusetzen (z.B. Selbstqualifizierung der Eltern). Erziehungsberatungen sind übrigens kostenlos - das heißt, die berater werden von der Gesellschaft finanziert.
Kein Mensch sagt, dass die Verantwortung der Eltern
gleichzusetzen ist damit, dass sie alles alleine machen
müssen. Da nutzen einfach viele Eltern nicht die Ressourcen,
die vorhanden sind.
Welche wären das denn zum Beispiel?
Einige sprach ich weiter oben schon an. Es liegt nicht in der Verantwortung der Schule oder der Gesellschaft, wenn Eltern z.B. durch Scheidung ihre Erziehungslast vergrößern. Eine wesentliche Ressource ist die persönliche Qualifizierung: Man kann Erziehung so gestalten, dass sie wenig Ressourcen (Zeit) frisst. Dadurch hat man Zeit freigesetzt, z.B. zur Entspannung.
- Man könnte aber doch - ebenso wie für - sagen wir mal -
Schnäpse den Wettbewerb gesetzlich beschränken, indem man
verbietet, für Süßigkeiten zu werben, oder wenigstens im
Zusammenhang mit Kindern, oder unwissenden Müttern vorgaukeln
zu wollen, Bonbons könnten gesund sein (weil sie z. B. ein
paar Vitamine enthalten).
Wir leben nicht mehr im Sozialismus - Gott sei Dank! Ich weiß nicht, ob du den Sozialismus kennengelernt hast?
Nein, es funktioniert weder durch gesetzliche Beschränkungen noch durch Verbote oder Ähnlichem. Allein jeder Mensch selbst muss entscheiden, was er will, braucht und möchte. In jedem Fall muss er die Konsequenzen dafür selbst tragen. Als Eltern haben wir Verantwortung für die Kinder und sind somit auch für die Konsequenzen selbst verantwortlich.
Hier noch eine kleine Aufklärung in Punkto Wirtschft: Die Nachfrage regelt das Angebot und nicht umgekehrt. Im Klartext: Ein Unternehmen bietet ein Produkt an und wirbt damit (verführt). Jetzt entscheidet der Kunde. Kauft der Kunde, verdient der Unternehmer. Lehnt der Kunde ab, geht der Unternehmer leer aus.
Das Prinzip ist den wenigsten wirklich klar. Deshalb gibt man den Unternehmern auch gerne die Schuld.
Die Unternehmen sollen Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze
schaffen. Und wenn sie es tun, dann benötigen sie dazu
Aufträge.
Ja stimmt, aber trotzdem kann es doch nicht sein, dass aus dem
Verkauf von nicht sinnvollen Artikeln letzten Endes etwas
Gutes herauskommt.
Das entscheidet der Käufer durch sein Selbstbewusstsein. Und es gibt darüber hinaus auch unterschiedliche geschmäcker. Was dem einen gefällt, mag der andere halt nicht. Wer will das vorschreiben. Deshalb muss ich mich als Käufer nicht jeder Versuchung hinwerfen.
Wieso lassen die Kommunen die Flächen zubetonieren? Das
verstehe ich nicht.
Weil die Menschen immer sehen wollen, das was passiert. Und Politiker müssen ebenfalls verführen - in diesem Fall nicht die Kunden, sondern die Wähler. Wenn ein Komunalpolitiker sagen kann: Guckt mal, was ich euch für eine tolle Straße und gewerbegebiet hingestellt habe. Das schafft Arbeitsplätze. Dann setzen die Wähler, die sich davon beeindrucken lassen und den Schwindel glauben, ihr Kreuz entsprechend.
Weil sie keine Steuern von den
Handwerksbetrieben einnehmen und kein deswegen Geld haben? Und
wieso haben sie dann Geld, die Flächen zuzubetonieren?
Na, die Steuern kommen wohl tatsächlich eher von den größeren Firmen. Das sind dann auch die, die die Straßen und gewerbegebiete bauen. Oftmals gibt es da auch noch weitere Ungereimtheiten, die allerdings hier zu weit führen würden. Aber dem Wähler gefällts - wie man sieht!
Ich kann mich jetzt nicht erinnern, welcher Politiker das
gesagt hätte.
Da gibt es schon ein paar. Doch die werden in der Regel nicht ernst genommen. Der Wähler hört lieber den großen Lügnern zu, die treten immer so schön scheinglaubwürdig auf. Wer die Wahrheit sagt, ist selten beliebt. Mit dem Zunehmen der Lügner kannst du auch den Bildungsgrad der Bevölkerung ablesen.
Handwerksaufträge im häuslichen Bereich sind
aber für viele einfach nicht bezahlbar. Wenn sie keinen
Schwarzarbeiter beauftragen würden, dann gar keinen.
Dann dürfen sich diese Menschen aber auch nicht beschweren, wenn es für das eigene Kind keinen Ausbildungsplatz gibt. Es hängt eben alles zusammen. Jeder muss selbst entscheiden, ob er sein Geld in importierte Billigprodukte oder in regionale Arbeitsplatzerhalter steckt. Wir leben in freier Entscheidung und tragen die Konsequenzen.
Und dass manche nichts anderes können als Fressen, Saufen und
Fernsehgucken, daran sind natürlich ausschließlich deren
Eltern schuld. Dabei kann man tagtäglich beobachten, wie mit
großen psychologischem Kenntnisreichtum und viel Energie und
finanziellem Aufwand die Jugend genau dazu verführt werden
soll;
Schade, dass du hierauf nicht eingehst. Ich finde, gerade das
ist der springende Punkt.
Natürlich bin ich darauf eingegangen: Wer gebildet und selbstbewusst ist, wird entscheiden, wann er auf was reinfällt. Wer ständig auf alles reinfällt, sollte nachdenken, ob es mit etwas Bildung nicht besser werden könnte. Und Bildung macht selbstbewusst.
Selbstbewusstsein ist eine Eigenschaft…
Na ja, und wenn: Was macht man denn, wenn die Eltern einfach
kein Selbstbewusstsein haben? Willst du verlangen, dass sie
sich welches zulegen? Oder dass nur selbstbewusste Leute
Eltern werden dürfen?
Ich kann gar nix verlangen - nur hinweisen. Jeder ist seines Glückes Schmied. Aber er sollte beim Eintreffen der Konsequenzen nicht Lehrer und Unternehmer dafür verantwortlich machen.
Ansonsten gehören solche Verführungen zum Geschäft und braucht
nicht moralisiert zu werden. Verführung schafft Arbeitsplätze.
Ja, aber doch nur, wenn der Verführung nachgegeben wird. Und
dann sagst du jetzt, solche Verführungen gehören zum Geschäft
und braucht nicht moralisiert zu werden, wenn aber die Eltern
es zulassen, dass die Kinder darauf reinfallen, oder wenn sie
gar selber darauf reinfallen, dann darf es meistens sehr wohl
moralisiert werden. Und wenn sie es nicht zulassen, bringt es
ja keine Arbeitsplätze.
Die Erziehung der Kinder wird nicht besser, wenn du „Bonbons“ verbietest. Die Erziehung wird besser, wenn es Eltern begreifen, dass sie durch ihr Vorbild erziehen. Und im Betreff geht es um die Ansprüche an die Gesellschaft. Wenn ich also Ansprüche an Unternehmer oder Lehrer stelle, dann muss ich selbst erst einmal vor meiner eigenen Tür kehren. Und wenn ich als Vater merke, dass mein Kind eine schlechte Note nach Hause bringt, dann darf ich nicht urfeigen oder mit Hausarrest drohen oder gar den Lehrer beschimpfen. Nein, dann muss ich als Vater mein eigenes Leben überprüfen und aufräumen, damit ich meinem Kind zeigen kann, wie es geht. Und dann wird mein Kind das auch lernen.
Nein, sondern zu selbstbewussten Menschen, die wissen, dass
sie mit ihren Fähigkeiten wieder Menschen verführen müssen,
damit ein Existieren möglich wird.
Wieso verführen? Wie wäre es, wenn die Sachen anbieten, die
andere Leute tatsächlich brauchen?
Überprüfe deine Formulierung: „wenn DIE Sachen anbieten …“ Das ist, was ich meine. Unsere Kinder hören immer nur von Arbeitslosigkeit und fehlenden Ausbildungsstellen und von zu hohen Preisen. Und natürlich sind „DIE“ da dran schuld - die Unternehmer.
Die Wahrheit ist aber eben eine andere. Wie ich dir oben schon erklärt habe (Nachfrage und Angebot). Eltern müssen aufhören, Unternehmer ihren Kindern gegenüber als etwas Böses darzustellen. Unternehmer beweisen Engagement und setzen oft ihr gesamtes Vermögen aufs Spiel. Die müssen sich nicht laufend vorwerfen lassen, dass sie zu den wenigen gehören, die überhaupt noch Verantwortung übernehmen. Und Scharlatane gibt es überall, deswegen muss man nicht den gesellschaftlichen Moter kaputt reden.
Und wenn ein Malerunternehmen in einem Privathaushalt, in dem schon 10 Jahre kein Farbeimer zu Hause war, seine Leistungen anbietet, dann gekommt dieser Unternehmer eine Ablehnung. Nicht weil kein Geld für den Erhalt eines zukünftigen Ausbildungsplatzes in dem Haushalt ist, sondern weil dieses Geld in Bonbons und andere Sinnlosigkeiten gesteckt werden, die vor Ort keinen Ausbildungsplatz schaffen. Und genau der gleiche Unternehmer wird später angepranger, weil er nicht ausbildet.
Die Nachfrage regelt das Angebot. Wird keine Malerarbeit nachgefragt, besteht auch kein Grung zur Ausbildung. Dieses Prinzip musst du mal in Ruhe durchdenken.
Wir wollen keine
Außenseiter erziehen, dabei brauchen wir unendlich viele
Außenseiter. Denn nur Außenseiter sind bereit ein Unternehmen
zu gründen und Menschen auszubilden und zu beschäftigen.
Mitläufer tun sowas nicht.
Unter einem Außenseiter verstehe ich aber etwas anderes. Der
Gegensatz zum Außenseiter ist für mich nicht Mitläufer,
sondern Insider (in etwa).
Schön wäre es, wenn alle Eltern Insider wären, dann gäge es weniger Erziehungsprobleme.
Herzliche Grüße
Sven Reinhardt
ADDRESS:www.cid-sr.de