Meiner Auffassung nach können sie Unrechtsregime nur schlecht
als Argument gegen die Rechtsstaatlichkeit nehmen. Wenn man so
argumentiert, kann man doch letztlich jede Art von
Gesetzgebung über Bord werfen.
Das Problem sehe ich auch. Aber die Frage ist, wer bestimmt, was ein Unrechtsregime ist? Sind z.B. die USA ein „Rechtsregime“, obwohl sie Häftlinge - wenn auch außerhalb ihres Staatsgebietes - foltern, und obwohl in einigen Staaten der USA die Todesstrafe und/oder Selbstjustiz erlaubt sind?
Die Extremfälle sind sicher einfach zu benennen, aber die „Grauzonen“ dazwischen sind meist schwer - die zahlreichen unrühmlichen Beispiele von gegenseitigen Blockaden z.B. bei Resolutionen in der UNO zeigen das ja ziemlich eindrücklich. Die Russen würden sich selber sicher nicht als Unrechtsregime bezeichnen, wir Deutschen (und andere) sehen das aber ein wenig anders.
Das sehe ich deutlich anders. Auch ein Recht auf eine
Religionsausübung muss seine Einschränkung durch die
Grundrechte finde.
Die Diskussion hatten wir ja letztes Jahr schon ausführlich - und sie zeigt meiner Meinung nach das bestehende Dilemma. Auch das Recht der freien Religionsausübung ist ein Grundrecht, und somit steht Grundrecht gegen Grundrecht. Und wer soll nun das Recht haben, zu entscheiden, welches der beiden Grundrechte grundrechtiger ist?
Um mal ein Extrembeispiel zu bringen: Wen
Menschenopfer in einer Religion vorgesehen sind, dürfte man
sie in Deutschland noch lange nicht praktizieren.
Die Extremfälle sind relativ leicht zu beantworten, weil die Einschnitte für die Betroffenen einfach als zu heftig und damit nicht hinnehmbar dargestellt werden können. Aber das Beispiel „Beschneidung“ hat ja deutlich gezeigt: Wenn es weniger extrem ist, spielen neben den Grundrechten auch Faktoren wie Lobby, internationale Diplomatie und nicht zuletzt die historische Verstrickung eine wichtige Rolle.
Meiner Meinung nach gibt es in dieser Frage keine „Königslösung“, die allen Seiten gerecht würde. Die häufig geforderte (und möglicher Weise auch sinnvolle) totale Neutralität des Staates in religiösen Fragen ist meiner Meinung nach nicht möglich, weil der Staat immer eine Weltanschauung mehr oder minder eindeutig bevorzugt. Und genau dieses Problem spiegelt sich letzten Endes auch in der Frage nach den Sonderrechten für bestimmte Interessensgruppen wieder.
Martinus