… alle anderen in diesem Thread so geschlossen gegen Deinen Einwurf aussprechen, dann möchte ich den entgegengesetzten Weg gehen:
Viele Menschen leben in einer Partnerschaft, wo der eine
Partner schon genug für zwei Personen verdienen würde, der
andere aber trotzdem noch arbeiten geht.
Die wo dass Geld haben sollen sich doch lieber sozial
engagieren und etwas weitergeben, nicht potenzielle
Arbeitsplätze besetzten.
Das sehe ich ähnlich; wie Du selbst richtig sagst, kann man es nicht gesetzlich verbieten eine Arbeitsstelle anzunehmen;
ein ähnlicher Effekt liese sich aber recht leicht über die Steuergesetzgebung erreichen, nämlich indem die einzelnen Einkommen steuerlich stärker als tatsächliche Haushaltseinkommen (was ja eben nicht nur Ehepaare, sondern auch Eltern-Kinder, zusammenlebende Personen, eventuell WGs, etc. heißen würde) statt als Individualeinkommen erfasst würden, und zugleich die Einkommenssteuer sehr viel stärker an Progressivität ausgerichtet werden würde.
Auf diese Weise würde sich schnell zeigen, ob denn der Partner eines Gutverdieners auch dann noch „einen Arbeitsplatz besetzt“, wenn auf Grund der Steuerbelastung dadurch unter dem Strich finanziell nichts rauskommt.
Wem es bei seiner Arbeit tatsächlich um die Selbstbestätigung, etc. geht, der wird seiner Arbeit ja problemlos weiterhin nachgehen können (so weit zu dem häufigsten Einwand in diesem Thread).
Sinnvoll ist der ganze Vorschlag jedoch nur (darauf weist im Grund ja bereits Eckard hin), wenn man richtigerweise davon ausgehen kann, dass die Metapher vom „Arbeitsplatz besetzen“ eine korrekte ist, wenn also die bestehende Arbeitslosigkeit kein nur friktionales oder konjunturelles Problem, sondern ein fundamentales Problem ist, also auf absehbare Zeit nicht verschwinden wird.
Dafür spricht aus meiner Sicht vieles, weil meiner Meinung nach -entgegen Eckards Meinung- Arbeitslosigkeit keine Frage der Qualifikation ist (Akademiker sind durchaus in hohem Anteil davon betroffen!), sondern des matchings, also der Tatsache, dass die Qualifikation zum Arbeitsplatz passen muss (was etwas grundsätzlich anderes als Mangel- oder Fehlqualifikation ist, weil die Arbeitsplatzanforderungen inzwischen sehr viel schneller sich ändern als Qualifikation erworben werden kann!).
Unter diesem Aspekt wird in der Arbeitssoziologie seit einigen Jahren tatsächlich eine „Ende der Vollbeschäftigungsgesellschaft“ diskutiert, das Faktum also, dass unsere Gesellschaft/Staat es zu lernen haben wird, mit einer Sockelarbeitslosigkeit von einigen Millionen umzugehen; eine mögliche Lernaufgabe (unter mehreren anderen Optionen) wäre aus meiner Sicht tatsächlich der von Dir genannte und eben skizzierte Ansatz, der wohl spätestens dann interessant werden könnte, wenn sich eventuell der heute einzig vorherrschende Ruf nach Lohn(neben)kostensenkung als Fehlschlag erwiesen haben wird.
Um die zwei wichtigsten Vertreter der genannten „Ende der Vollbeschäftigungsgesellschaft“-These zu nennen:
der Namensgeber der These,
Georg Vobruba: „Ende der Vollbeschäftigungsgesellschaft“, in
Eicker-Wolf: „Die arbeitslose Gesellscahft und ihr Sozialstaat“
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3895181846/qid…
und vor allem der öffentlichkeitsbekannte
Ulrich Beck, „Die Zukunft von Arbeit und Demokratie“ (um nur eine von vielen seiner Publikationen zu diesem Thema zu nennen)
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3518409670/qid…
oder auch eine kurze Zusammenfassung der Beck’schen These als e-paper:
http://fjs-ev.de/archiv/freiwillig01/cont0002/artike…
Viele Grüße
franz
P.S.: Es dürfte hoffentlich klar sein, dass es weder mir, noch Vobruba oder Beck um die Rückkehre zur scheußlichen Mann-Alleinverdiener-Idylle geht.