EIn Zeichen der Zeit
Hi!
Ein paar Gedanken dazu, die mir so durch den Kopf gingen, als ich deinen Beitrag gelesen habe:
In welchem Überfluss leben wir eigentlich, dass ein Kind sich überhaupt leisten kann, sich solche Gedanken zu machen? (Nein, ich gehöre nicht zu der Generation, die nach dem Krieg hungern musste)
Ein Stück weit halte ich das für ganz normal. In dem Alter fängt man eben an, sich ein paar Gedanken mehr zu machen. Manche Schlussfolgerungen sind da eben noch unausgegoren. Dafür gibt es ja Erwachsene, die einem Kind da auf die Sprünge helfen können.
Ein längerer Urlaub auf dem Bauernhof, oder regelmäßige Besuche auf einem solchen, ein Jäger oder Angler oder Fischer in der Bekanntschaft könnten der „Macke“ wahrscheinlich abhelfen. Ebenso schon ein paar aufmerksame Spaziergänge in der Natur. Das Fressen und Gefressen werden ist dort allgegenwärtig und Normalität.
Ich war neulich im Zoo, eine Frau mittleren Alters erklärte angesichts eines Geiers, der gerade einen Knochen bearbeitete: „So ein greisliches Viech, schau mal, was der frißt!“. Die Idee Deines Sohnes scheint also weit verbreitet zu sein.
ich beobachte an meinem Sohn (4 1/2), daß er immer weniger
Fleisch essen will. Nachdem ich mit Ihm ein Buch gelesen habe,
wo Säbelzahntiger einen Mammut verspeisen und er fragte, was
und warum die das machen, erklärte ich es Ihm. Er meinte: „Die
Tiger dürfen das nicht machen…“
Die fragen da gar nicht lange. Die haben Hunger. Jede Katze fängt Mäuse. Das ist so eingerichtet und funktioniert schon ganz lange. So oder etwas kindverständlicher würde meine Antwort lauten.
Es ist ein bißchen ein Zeichen der Zeit, dass viele Menschen nicht mehr realisieren, dass Fleisch in erster Linie totes Tier ist. Und dass das Tier natürlich irgendwie geschlachtet werden muss, um es dann adrett verpackt in der Fleischtheke wiederzufinden. Sehen die Leute dann mal Bilder aus einem Schlachthof, sind sie entsetzt, DAS haben sie doch nicht gewollt und schon gar nicht gewusst. Und rennen am nächsten Tag in den Supermarkt um das nächste Kilo Schnäppchenfleisch zu kaufen. Wir schützen die niedlichen Pandabären, einen Geier finden wir „Igitt“, weil er Aas frißt. Ziemlich verlogen. Ich will Dir diese Haltung nicht unterstellen, aber auch die Umgebung wirkt ja auch die Kinder ein. Ein Wunder ist das also nicht. Da fällt mir das Stichwort „Bambi-Syndrom“ ein: http://www.staff.uni-marburg.de/~braemer/jurep03kz.htm
Offensichtlich hat mein eigener Sohn da eine recht bodenständige Einstellung, inwieweit das unser Verdienst ist, kann ich nicht sagen. Aber wenn ich ein Hühnchen zerlege, steht er mit wissenschaftlicher Neugier neben mir, auch einen Fisch auszunehmen findet er superspannend. Das Fleisch von beiden isst er hinterher mit Genuß. Ab und an erkläre ich ihm, aus welchem Körperteil das Stück Schweinefleisch stammt, das er gerade auf dem Teller hat. Fleisch ist übrigens auch nicht gerade seine Leibspeise (außer: Gänsebraten, aber das liegt vermutlich eher am Weihnachtsfest), er isst auch eher kleine Mengen davon. Würstchen auch lieber als Kotelett, das ist nicht so mühselig.
Er weiß, dass man Tiere nicht quälen und zum Spass töten darf, will man sie essen, ist das in Ordnung.
Er ass daraufhin kein Fleisch mehr. Er kann noch nicht alles
Fleisch auseinanderhalten, aber ich bin der Meinung, das ich
Ihn aufklären sollte, daß auch eine „Wiener“ Fleisch ist.
Wenn er danach fragt, würde ich ihn nicht anlügen, aber vorerst muss man ihm das ja nicht auf die Nase binden. Geht er nicht mit zum Metzger? Da würde ihm doch auffallen, dass es die Wiener dort zu kaufen gibt.
Im Allgemeinen bin ich auch noch der Ansicht, dass Kinder über ihre Ernährung nicht zu 100% selbst bestimmen sollten. Natürlich kann man kein Kind zwingen, zu essen, was es nicht mag, aber eben auch keine „Extrawurst“ vorlegen. Ich biete an, was es wann zu essen gibt, das Kind bestimmt, was und wieviel es davon isst. Inzwischen haben wir eine Art Anstandshappen eingeführt: Alles muss wenigstens probiert werden, dass gibt uns und ihm die Chance aus einem eingefahrenen „Das mag ich nicht“ wieder rauszukommen.
Das ist hier alles recht konfus geworden, ich hoffe, es waren ein paar Denkanstösse dabei.
Grüsse
kernig