Aufteilung Erbe - Testament und Plfichtteil

Guten Tag!

Folgende hypothetische Situation:

Opa ist lange schon tot, Oma verstirbt jetzt und hinterlässt ein Testament. Es gibt noch zwei lebende Kinder (je 40 %), außerdem insgesamt drei Nachfahren eines verstorbenen Kindes. Zwei dieser Nachfahren sind im Testament bedacht (mit je 10 %), eines nicht. Letzeres hat also Anspruch auf den Pflichtteil (1/3 x 1/3 x 1/2 = 1/18).

Wie wird jetzt das Erbe verteilt? Vor allem stellt sich die Frage, wie mit dem Pflichtteil zu verfahren ist. Wird der erst vom Gesamterbe abgezogen, bevor prozentual gemäß Testament verteilt werden kann? Oder gibt es andere Regeln? Eine Beispielrechnung wäre perfekt.

Danke und viele Grüße

Suomi

Moin,

erst wird der Pflichtteil abgezogen, dann geht’s ans Verteilen. Andernfalls ließe sich der Pflichtteil ja locker auf Null drücken.

Gruß
Ralf

Der Pflichtteilsberechtigte macht seinen Anteil gegenüber der Erbengemeinschaft geltend. Die muss den Anteil herausgeben. Wenn die Verteilung schon erfolgt ist, ändert das nichts daran, dass die Erben den Pflichtteil schulden (als Gesamtschuldner), im Beispiel also den 1/18-Anteil.

zuerst werden alle Kosten von der Erbsumme( Bargeld, Anlagen, Immobilie, Sachwerte) abgezogen die mit dem Erbfall zusammenhängen , also z.B. Schulden, Bestattungskosten, evtl. Hausräumung, Kosten für Erbschein oder Nachlassgericht (aber nicht die Erbschaftssteuer !) usw.

davon dann das Pflichteil berechnen, also die 1/18 Anteil abziehen und auszahlen.
Der Rest der Erbsumme wird dann nach Testament verteilt, also 2 Teil zu 40 % und 2 Teile zu 10 %.

MfG
duck313

Vielen Dank für die bisherigen Antworten!

Das heißt also, dass auch die beiden noch lebenden Kinder für den Pflichtteil des Nachfahren des verstorbenen Kinds aufkommen müssen und sich so deren Anteil am Erbe auf weniger als 40 % verringert? Eigentlich ist der Pflichtteil doch über die Elternschaft dem verstorbenen Kind zugeordnet und müsste auch von dem Zweig der Familie getragen werden?

Wo steht sowas eigentlich geschrieben? Hab versucht, eine rechtliche Grundlage für diesen Spezialfall zu finden, bin aber nicht erfolgreich gewesen…

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), in den Pargraphen zum Erbrecht. Suche ich jetzt nicht raus, sind einige. Such mal so um § 2303 herum.

Und an der testamentarischen Auteilung mit 40 % für die 2 Kinder und 10 % für die Enkel bleibt es doch.
Deshalb gibt man ja Prozente an und keine festen Summen (weil man die meist gar nicht kennt(kennen kann).
Aber wie erwähnt, wird erst einmal die Erbsumme festgestellt, dann die Erbverbindlichkeiten abgezogen, dann das Pflichtteil abgezogen (weil das eine Schuld an die Erbmasse ist (also an alle Erben).
Dann nach Testament (wie hier) oder nach gesetzlicher Erbfolge (o. Testament) verteilt.
Keine Angst, die Kinder bekommen schon die zugedachten 40 % !
Aber natürlich von dem was bereinigt zur Aufteilung bereit steht !

Und ein Sonder- oder Spezialfall ist das hier ganz und gar nicht. Da gibt es kompliziertere, wenn es z.B. um einen Ergänzungsanspruch auf das Pflichteil ginge und wenn hochwertige Geschenke der Oma an einzelne berücksichtigt werden müssten.

Und noch eine Gedankenhilfe:
Wenn alles ohne Pflichtteil gelaufen wäre, dann wäre doch genauso aufgeteilt worden .
Erst Erbsumme feststellen, dann alle Verbindlichkeiten abziehen, dann aufteilen.
Wo ist denn da hier was anders ?

Danke für den Hinweis zum BGB. Ist immer die Frage, ob man oder frau da was von verstehen kann. Diese Paragrafen nutzen zwar deutsche Worte, aber sind trotzdem eine andere Sprache… :slight_smile:

Meine Idee war, dass eine Begleichung des Pflichtteils aus dem Teil, der an den Zweig des Verstorbenen geht, für die beiden anderen Erben ohne Auswirkung geblieben wäre, weil die Erbsumme insgesamt dann ja nicht vor der Verteilung angetastet worden wäre.

Zum Thema Geschenke vor dem Tod: Hab ich das im BGB richtig gesehen, dass diese vor allem für die Pflichtteilsberechtigten in der Bestimmung der Nachlasshöhe wichtig sind? Und für testamentarische Erben nicht relevant sind? Gibt es da Schwellenwerte (xy % bezogen auf den gesamten Nachlass), ab denen über einen Ausgleich nachzudenken ist?

Danke bis hierhin!

Hallo Suomi, nach deiner Vorstellung würden die beiden Enkel ja nicht auf 10 Prozent kommen!
Letztlich ist so ein Testament, das Pflichterbteile vergisst, nicht so günstig!
Karl

Da hast Du Recht. Hättest Du am besten dem Opa damals gesagt… :roll_eyes:

Nein.
es findet bei beiden eine Anrechnung von früheren Geschenken (dabei redet man nicht von üblichen Geburtstagsgeschenken,

Beispiel: 2 Kinder sind die Erben. ein Kind hat zu Lebzeiten des Verstorbenen 10.000 € für einen Autokauf erhalten (geschenkt).
Das würde ja das andere Kind benachteiligen. Deshalb wird bei der Erbaufteilung das Geschenk berücksichtigt. Es gibt aber eine „Verfallsgrenze“ von 10 Jahren. Nach 10 Jahren wird nicht mehr angerechnet, und für kürzere Jahre verfällt jedes Jahr 10 % der Anrechnung.

Man rechnet das Geschenk zur Erbsumme hinzu (!), tut also so, als sei das Geschenk nicht erfolgt und gehöre noch zur Erbsumme. Von dieser Summe aus werden die Erbquoten berechnet.
Beispiel 2 Kinder, also jeder 50 % bei gesetzlicher Erbfolge.
Erbsumme 50.000 €+ 10.000 € Geschenk = fiktiv 60.000 €
geteilt durch 2 = 30.000 € jeder.
Bei dem Beschenkten wird nun von den 30.000 € - 10.000 € = 20.000 € abgerechnet.
Er erbt also diese 20.000 € und der andere den Rest von 30.000, macht zusammen wieder die Ausgangssumme von „echten“ 50.000

Das Pflichteil wird immer vom Erben (wenn nur einer) oder der Erbengemeinschaft geschuldet . Und ist immer eine reine Geldzahlung.
Ist doch m.E. auch einsichtig so. denn der „enterbte“ gehört doch zu den Abkömmlingen, wäre also nach Erbfolge erbberechtigt. Und würde dann ganz normal an Aufteilung beteiligt.

Dein Ansatz der Aufteilung des Pflichtteils ist sehr ungewöhnlich. Irgendwie hast du den Grundgedanken des Erbrechts nicht verstanden. Hier ist ein pflichtteilsberechtiger Erbe im Testament ausgeschlossen worden. Das ist laut Gesetz nicht zulässig, es muss ihm mind. die Hälfte des gesetzlichen Erbes zustehen. Und dieser Anspruch kann sich nur gegen alle Erben als Gemeinschaft richten.

Das ist generell so nicht richtig.
„Vorabgeschenke“ an einzelne Erben bleiben auch über die 10 Jahre hinaus anrechnungsfähig, wenn es eine entsprechende Verfügung gibt.

(fett von mir)

Nein. Ein gesetzlicher Erbe ist ausgeschlossen worden.

Wann begreifst Du es endlich? :bomb:

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Die beiden im Testament bedachten Nachfahren könnten zusätzlich zu ihrem Erbe ebenfalls einen Pflichtteil beanspruchen, weil ihr gesetzlicher Erbteil je 1/9 wäre, die 10% aus dem Testament aber nur 1/10 sind.
Bei einem größeren Nachlaßwert lohnt sich das.
Z.B. bei Nachlaß von Euro 1 Mio. wären das grob geschätzt je 5.500 mehr.
(halbe Diff zw. 1/9 und 1/10.)

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Ist der gesetzliche (Pflicht-) Teil hier nicht die Hälfte von 1/9, also 1/18? Welchen Sinn macht sonst ein Testament?

Grundsätzlich ja, aber hier bei den beiden geht es nur um die Differenz zwischen testamentarischem und gesetzlichem Erbteil, davon wäre die Hälfte Pflichtteil.

Deswegen schrieb ich:

1/10 = 10 % erben sie in jedem Fall.

Das erschließt sich mir nicht. Wenn sowieso die gesetzliche Verteilung erfolgt, welchen Sinn hat dann überhaupt noch ein Testament? Dann kann man sich das doch komplett sparen?

Die 1/10 sind deutlich mehr als der Pflichtteil. Warum dann noch zusätzlich was oben drauf? Wenn da jetzt 5 % bzw. 1/20 im Testament stünden, könnte ich das aufstocken auf 1/18 nachvollziehen.

Wo liegt mein Denkfehler?

Die Verteilung erfolgt bei einem Testament gerade nicht nach der gesetzlichen Erbfolge, sondern nach Testament.
Wenn aber im Testament zu Ungunsten eines gesetzlichen Erben abgewichen wird, greift das Pflichtteilsrecht.

Im vorliegenden Fall hat die Oma ihre beiden noch lebenden Kinder mit je 40 % bevorzugt gegenüber den Nachfahren ihres 3. bereits verstorbenen Kindes und zudem einen dieser 3 Enkel überhaupt nicht bedacht.
Gesetzlich wäre gewesen: 2 lebende Kinder je 1/3 und die Kinder des verstorbenen Kindes zusammen 1/3.

Der im Testament nichtbedachte Enkel hat nur Anspruch auf den Pflichtteil.
Die beiden anderen Enkel sind Erben und hätten gesetzlich Anspruch auf je 1/9 (je ein Drittel von 1/3 Nachlaß) gehabt, haben aber lt. Testament nur 1/10 zugewiesen bekommen.

Die 2 Enkel mit je 1/10 brauchen sich nicht mit einem Pflichtteil von 1/18 zufriedenzugeben (wie der 3. Enkel). Sie erben doch sowieso schon 1/10, hätten aber eigentlich 1/9 erben müssen.
Diese Differenz können (nicht müssen!) sie als Pflichtteil geltend machen. Weil Pflichtteil nur die Hälfte vom gesetzlichen Anteil ist, eben auch nur die halbe Differenz.

Für die beiden im Testament bedachten Enkel spielt 1/18 keine Rolle. Dieser Anteil gilt nur für den leer ausgegangenen Enkel.
Die anderen beiden stocken nicht auf 1/18 auf, sondern auf 1/9.

Rechne Dir das mit ein paar Zahlen durch, dann wird es bestimmt klarer.

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Ja, ich frage mich auch gerade, wieso das Geschenk berücksichtigt wird, denn der Erblasser darf doch einzelne Erben bevorzugt behandeln. Wieso dann nicht auch schon vor dem Ableben?

@Suomi_2000 Mich würde übrigens irgendwie interessieren, wieso in deinem hypothetischen Fall die Großeltern so gemein sind und einen Enkel gar nicht bedenken.

Vermutung: Opa hat das Testament wohl zumindest leicht angetrunken ohne notariellen Rat verfasst.

Zusatzinfo: Vor der Wende in der DDR…

Und der nichtbedachte Enkel war aus erster Ehe des verstorbenen Kindes.

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Hast du eigentlich irgendeine Ahnung davon, wie groß der Pflichtteil ist? Und hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, was passieren soll, wenn ein Erblasser kurz vor seinem Tod alles verschenkt hat?

Für wen ist deine Vermutung interessant?