Chaire Athene,
noch ein paar Splitter dazu, ohne rechte Erklärung:
Nicht nachprüfbar, aber nicht unplausibel, die im Badischen umgehende Version, dass der Unmut badischerseits gegenüber den württembergischen Nachbarn ziemlich konkret datierbar sei: Nämlich auf den Juni 1849, wo mit Auflösung des von Frankfurt nach Stuttgart umgezogenen Parlamentes durch württembergisches Militär quasi der Startschuss für die in Baden ziemlich blutige Beendigung der 1948er verpassten Revolution gegeben wurde: Eine Aktion des zunächst eher liberal und fast republikanisch gesinnten Zaunkönigkreiches Württemberg, die von den Badenern als definitiver Verrat an ihrer Sache erlebt wurde - von Preuszen hatte man nichts anderes als Kartätschen erwartet, von den Schwaben schon.
Dass württembergisches Militär in Rastatt und im Südbadischen an der Seite der preussischen Truppen eingesetzt worden sei, ist wohl eher im Reich der Volkslegende zu suchen - ich kenne keine Quelle dafür.
Interessant aber allemal, dass mir badische Animositäten ggü. den Sauschwoben stärker ausgeprägt zu sein scheinen als umgekehrt. Bei den Sieben Schwaben war ja sogar der Gelbfüaßler mit von der Partie.
Zuletzt dazu gesehen eine Karikatur aus der Stuttgarter Zeitung aus der Zeit der Gründung des Südweststaates, wo Leo Wohlleb von der „Gefahr aus dem Osten“ gesprochen hatte: Zwei mongolische Reiter mit eindeutigen Gesichtszügen überrennen als letztes Bollwerk den Schwarzwald, getitelt ist dies mit „'S Attilale Maier und 's Dschingiskhanle Müller“…
Mir selber sind solche Stereotypen bloß im eigentlichen Großherzogtum Baden begegnet, nicht im artifiziellen „Neubaden“ - im kurpfälzischen Monnem weiß man schon, was man am (Seehas) Lanz gehabt hat. Ab Karlsruhe südlich scheint mir das zuzunehmen - was für die 1849er-Legende spräche: Richtig blutig war das in Rastatt und im Dreyeckland.
Weil man als Süddeutscher jeder Couleur mit einem Rucksack voll Geschichte unterwegs ist, allerdings auch das Gegengift: Als es mir bei einem Freiburger richtig ernst zu sein schien mit der Aversion gegen die Sauschwobe, habe ich mich als Vorderösterreicher geoutet, was ihn - als Freiburger ebenfalls Maria Theresia untertan - versöhnt hat. Unabhängig vom vorderösterreichischen nie richtig arrondierten Flickenteppich gibts da im Süden der beiden Gebiete natürlich auch noch das verbindende Element des alemannischen Sprachraumes, der sich quer über bayrisches, neuwürttembergisches und zähringer = „neubadisches“ Territorium zieht.
Noch ein Letztes, was auch die 1849er Legende wieder relativiert und das Thema wieder aufs Niveau gewöhnlicher Frotzelei unter Nachbarn bringt: Im Schwarzwald nimmt die württembergisch-badische Grenze einen bisweilen seltsamen Verlauf. Es kommt vor, dass grad ein Dorf vor der Passhöhe noch württembergisch ist. Dort wurde für die Sauschwobe der Spottname „Käfzgeschneller“ (= ungefähr „Apfelkernhausschnipper“) geprägt - niemand weiß, was daran ehrenrührig sein soll, aber er hat schon viele gebrochene Nasenboiner nach sich gezogen.
Noch zum Bau der Schwarzwaldbahn Offenburg - Donaueschingen hat man es vorgezogen, von dem Ingenieur, der auch die Albulabahn in Graubünden entworfen hat, eine dramatisch schöne Gebirgsbahn mit vielen schönen Kehrtunneln, Serpentinen, Viadukten bauen zu lassen, als dass man sich mit Württemberg auf die viel einfachere und billigere Führung über einige Kilometer württembergisches Territorium hätte einigen wollen.
Und noch einer aus der Zeit der Südweststaatgründung: Es gab ein in Monnem verbreitetes Plakat, auf dem verkündet wurde, durch die Globalisierung in Württembergs Namen würde der Monnemer Arbeiter seine Existenz verlieren, weil der Stuttgarter Neckarhafen Monnem den Rang ablaufen würde, falls der Südweststaat zustande käme.
Persönlich mag ich ja den baddischen Citoyen z.B. des Karlsruher Typus (bitt um Vergebung, Fritz) viel lieber als den ewig transmontanen Untertan aus dem Neuwürttembergischen. Aber seine Ressentiments sind mir völlig schleierhaft.
Schöne Grüße
MM