Bayrisch: Warum doppelte Verneinung?

Servus,

mich würde mal interessieren warum man auf bayrischen (eventuell auch anderen Dialekte)
in vielen Sätzen doppelt verneint.

z.B „Der hat koa Auto net“ Also : Er hat kein Auto nicht.

Das geht ja fast bei jedem Satz. Woher kommt das, bzw warum?

Dere

Verstärkung der Negation?

Im Spanischen ist das ebenfalls normal: „No hay ningún problema“ heißt wörtlich ins Deutsche übersetzt: „es gibt nicht kein Problem“, obwohl man, vom logischen Standpunkt aus betrachtet, die doppelte Negation als „Negation der Negation“ interpretieren kann, was man dann vielleicht eine „Position“ nennen könnte.

Eine solche „Position“ als semantisches Resultat einer doppelten Negation ist sprecherseitig allerdings vermutlich in den seltensten Fällen intendiert. :wink:

Antworten bitte nur in klassischer Rechtschreibung. Danke.

Hallo,

mich würde mal interessieren warum man auf bayrischen
(eventuell auch anderen Dialekte)
in vielen Sätzen doppelt verneint.

wie etwa hier? :wink:

Es handelt sich dabei um eine Verstärkung der Verneinung, siehe
http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/germ…
und
Adelung:

In den gemeinen Sprecharten, besonders Oberdeutschlandes, ist es sehr gewöhnlich, die Verneinung um des Nachdruckes willen zu verdoppeln, nach dem Muster des Griech. ου μƞ, und Franz. ne pas; nichts nicht, keiner nicht, niemand nicht, für das einfache nichts, keiner und niemand. In der anständigen Schreibart klingt solches überaus widrig; indessen höret und lieset man es doch oft. Schon Ottfried und Notker gebrauchen nieht ne, und bey dem Opitz ist diese doppelte Verneinung sehr häufig. Habt ihr nichts eignes nicht? Opitz. Kein Ort gefiel mir besser nicht, ebend. Es ist in ihm kein Geist nicht mehr, ebend. Selbst Gellert sagt an einem Orte: Keine andere Gefälligkeit habe ich ihm nicht erzeigt, für eine.

Gruß
Kreszenz

Hallo,

das geht auch noch schlimmer als nur verdoppelt:

„Dia ham no nie ned koi Geld ned ghabt ghet“

die waren nun wirklich schon immer und aunahmslos arm.

Gruß
Lawrence

„Dia ham no nie ned koi Geld ned ghabt ghet“

die waren nun wirklich schon immer und aunahmslos arm.

Gutes Beispiel, das is Klasse :smile:

Hallo, Nebox.
oder in der Metzgerei:
„koan Lebakas ham mia no nia ned ghobt“
(keinen Leberkäse haben wir noch nie nicht gehabt)
Gruß
Nastaly

Hallo,
interessant - ich kannte die doppelte Verneinung bisher nur bei den Afroamerikanern…
Viele Grüße

Merke: Eine doppelte Verneinung ist noch lang keine Bejahung nicht.

»‘s gibt koa Kotz ned, de wo in koan Heastoi ned neikimmt.«
(Es gibt keine Katze, die in keinen Hühnerstall hinein käme.)

Gruß, Michl

Grüß dich, Nebox!
Sprache ist halt keine Mathematik. Es gibt aber auch eine wirkliche Plus-Minus-Regel im Bairischen :wink: : „Gscheid bloed ist aau bloed“ und „Schoen gräuslich ist aau gräuslich“ (Schreibung gemäß der Bairischn Buechspraach).
Gruß
Sepp

Hallo,

auch bei uns Schwaben gibt´s durchaus „schee häßliche Mädle“.

Aber wir können ja auch „tapfer davonlaufen“

Gruß
Lawrence

Hallo!

auch bei uns Schwaben gibt´s durchaus „schee häßliche Mädle“.
Aber wir können ja auch „tapfer davonlaufen“

„Hübsch hässlich habt ihr’s hier“ sagt doch auch der Pfarrer Braun.
H.

Plus-Minus-Ausdrücke im Jugendjargon
Moin,

zwei fallen mir gerade ein, vielleicht gibt’s noch mehr:
_- Um 9 Uhr war die Disco noch voll leer.

  • Hab ich das echt falsch gemacht?_

Pit

Hallo,

und manche trinken ihren Kaffee am liebsten mit ohne Zucker

Gruß
Lawrence

und manche trinken ihren Kaffee am liebsten mit ohne Zucker

Niemand trinkt keinen Kaffee nie mit ohne keinen fehlenden Zucker nicht.

Aga,
CBB

Weils so schön ist:

meine Tante (Urmünchnerin) sagte beim Einkaufsbummel immer zum Onkel: „Geh weita, bleib steh!“

Moin
In Hamburg nennt man den Armamputierten „Der Mann mittem appen Arm.“
Schön’ Sonntag

Hallo Kreszentia,

Es handelt sich dabei um eine Verstärkung der Verneinung,
siehe
http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/germ…
und
Adelung:

das glaube ich eher weniger. Die eigentliche Ursache, denke ich, liegt in der alten Geschichte der Baiern (- bewusst mitm „i“ - und anderer ehemaliger Stämme,) welche im südlichen Bereich des heutigen deutschen Sprachraums gelebt haben und welche somit für 500 Jahre dem romanisch-lateinischen bzw. im hiesigen Bereich ladinischen Einflusses ausgesetzt waren. Ich denke, dass Adelung das genau auf den Punkt bringt, ohne es in dieser Wörtlichkeit zu formulieren:

In den gemeinen Sprecharten, besonders Oberdeutschlandes, ist
es sehr gewöhnlich, die Verneinung um des Nachdruckes willen
zu verdoppeln, nach dem Muster des Griech. ου μƞ, und Franz.
ne pas; nichts nicht, keiner nicht, niemand nicht
, für das
einfache nichts, keiner und niemand.

Die romanischen Sprachen machen ihre Verneinung standardmäßig mit einer Art „Wortklammer“ frz. ne… pas/plus/que etc.; span. nadie no …, noo … nigun etc. Und ich denke, genau das ist der Grund für die im Baierischen vermeindliche/scheinbare doppelte Verneinung. Zu dieser Grammatik des Baierischen, auf der Basis des Ladinischen/Lateinischen könnte ich Dir sogar ein Skript von einem Vortrag von einem Sprachwissenschaftler zusenden, der darin auf den fehlenden Superlativ im Bayerischen (Er is DA gressA, statt er ist der größTE) (frz. le plus grand) und die Komperativform „was“ hinweist: „er is eida WAS i“ (frz. que!) (Er ist älter ALS ich).

Viele Grüße

Alexander

Das haben wir auch im Heilbronner Land ^ ^
Servus,

hier habe ich noch ein gutes Beispiel zum Thema, aus dem „Heilbronner Ländle“:

„Das ist kein Problem!“ - „Des isch gar koi Problem ned!“

Gruß, Jeff

Das Thema ist zwar nun schon einige Monate alt, dennoch möchte hier auf den „Jespersen-Zyklus“ hinweisen, der auch mal hier im Forum erklärt wurde (für Eigenleistung habe ich gerade keine Zeit/keinen Nerv):

„Kurz sagt der Jespersen-Zyklus, dass eine Verneinung im Laufe der Zeit ihre Wirkung verliert und deshalb mit einem anderen Wort, das gern auch im eigentlichen Sinne überhaupt keine verneinende Wirkung hat, unterstützt werden muss. Etwas später wird die tatsächliche Verneinung weggelassen, weil sie jetzt ja unnötig ist. Mit der neuen „Verneinung“ geschieht das wieder usw…“
/t/franzoesisch-verneinung/4303233

Hier Beispiele aus der deutschen Sprachgeschichte (Negationen fett – aus der PPT einer Vorlesung entnommen, also wieder keine Eigenleistung):

Althochdeutsch
" ni scribu ich" („ich schreibe nicht“)
Spätahd.
„thei heilant ni antwurtita niowiht“ („der Heiland antwortete nichts“), " ne -leitest du unsih nieht in chorunga" („führe uns nicht in Versuchung“)
Mittelhd.
„ich en sage iu nicht
Frühneuhd.
„dise ougen en werdent nut selig“
Neuhochdeutsch
„diese Augen werden nicht selig“