Hallo Chan,
eine Anmerkung an deine Argumentation, der ich ansonsten zustimme: Deine Zweifel, ob es das Ich als festen empirischen Teil der Psyche gibt, gestehe ich dir gerne zu und das würde auch von Kognitions- und Neurowissenschaftlern wahrscheinlich angezweifelt. Bekanntlich hat Freud aber den Satz gesagt: Wo Es ist, soll Ich werden (oder sagte er „sein“, das recherchiere ich jetzt nicht extra?!). Danach haben verschiedene Nachfolger Freuds das Ich als Entscheidungsinstanz des Bewusstseins betont, als so genannte Ich-Psychologie und als Positive Psychologie (Letzteres der Amerikaner Prof. Dr. Martin Seligman, ein Verhaltenswissenschaftler).
Wir streiten hier meines Erachtens um des Kaisers Bart, weil es auf eine philosophische Aporie hinausläuft, denn aus dem Unbewussten wird sowohl Menschen wie Tieren über das Unbewusste klar, ob sie z. B. Hunger haben, Durst verspüren, schläfrig sind, sexuelle Bedürfnisse fühlen usw., was erst dann die Motivation zum Handeln anstößt. Bei Tieren, die zum Handeln motiviert werden, gibt es natürlich kein Ich, und somit sind die Zweifel auch berechtigt, ob es ein Ich überhaupt gibt. Es spricht Vieles dafür, dass es keines gibt (vgl. die Behauptung des deutschen Gegenwartsphilosophen Thomas Metzinger: „Ein Selbst gibt es nicht!“)
Wenn ein Mensch ein Bedürfnis verspürt, und dieses dann sein Handeln motiviert, wird er nicht nur instinktiv handeln, wie die Tiere, sondern sich ein Ziel setzen und eine Auswahl von Strategien zuerst als Ich vorstellen. Und er wird zu sich und anderen sagen, aufgrund kultureller Sprachprägungen, beispielsweise: Ich habe saumäßig Hunger, was will ich tun? Gehe ich zu McDonalds? Das ist schlecht für meine Gesundheit oder warte ich noch eine Stunde länger, bis meine Frau nach Hause kommt und kocht?
Ich denke, dass es kein Ich wirklich gibt, dass aber die Sprache und mit ihr die menschliche Psyche ein Ich als das Bewusstsein von individuellen Bedürfnisse definiert. Deshalb steht das Ich in der Konjugation nicht erst an dritter Stelle, sondern an erster Stelle: Ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie. Wenn Religion und Wissenschaft das „Es“ immer an die erste Stelle setzen, als Deduktion, dann steht die Philosophie der Induktion dagegen, die immer vom Einzelnen ausgeht, um erst danach vom Einzelnen auf das Allgemeine zu schließen, und nicht umgekehrt, wie es zum Beispiel in der Scholastik als Dogmatismus vertreten wird. Diese philosophische Methode der Induktion stammt unter anderem von dem englischen Philosophen, Wirtschaftsmanager und Politiker John Stuart Mill, der für die politische und ökonomische Philosophie ein namhafter Vordenker war. John Suart Mills Methode der Induktion, von Liberalismus und Utilitarismus, ist sehr nützlich zur PRAKTISCHEN PHILOSOPHIE.
Gruß
C.