Behinderung? Nein, danke

Wie soll ich mich verhalten?
Hallo,
um Betrunkene mache ich einen Bogen, auf Grund sehr schlechter Erfahrungen ekeln sie mich an.

Behinderten helfe ich gern und bereitwillig. Schließlich freue ich mich ja auch, wenn mir jemand seine Hilfe anbietet, wenn ich in einer Situation allein nicht gut klar komme.

Allerdings habe ich manchmal ein wenig Scheu, einen völlig Fremden einfach anzusprechen. Wenn ich jemanden frage: „kann ich Ihnen helfen?“ dann unterstelle ich ihm doch, dass er Hilfe braucht, und gerade Behinderte möchten oftmals möglichst ohne Hilfe zurecht kommen.

So sah ich neulich einen Rollstuhlfahrer, der die Straße überqueren wollte, außerhalb jeglicher Ampel. Ich habe überlegt, ob ich ihm meine Hilfe anbieten sollte, ihn dann beobachtet. Er bekam das alleine hin, und ich frage mich, wie er reagiert hätte, wenn ich ihn angesprochen hätte.

Reduziere ich den Menschen nicht, wenn ich vorrangig seine Behinderung sehe? Ich würde ihn ja auch nicht ansprechen, wenn er ohne Rolli an der Straße stände, um sie zu überqueren.

Gruß
Jette

Hallo Torsten,
nun will ich auch nochmal etwas schreiben.
Hier wurden ja einige praktische Tipps gegeben. Ich muss mich aber trotzdem mal aufregen. Die Umwelt (Leute) können ruhig mal etwas offener sein. Also: genauer hinschauen, nicht gleich die Schubladen auf, Anteil nehmen (Fragen, ob sie helfen können)- so kommt man ins Gespräch, offen sein für ungewöhnliches und anderes, was ja keinesfalls negativ sein muss.

Dennoch ist man als „Anderer“ gleich mit einem Stigma belegt. Anders= schlechter, aussätzig, gehört nicht dazu, eben kein „ganzer Mensch“.

Ich sehe das nicht so, aber ich glaube, dass diese Meinung unbewusst bei vielen unreflektierten Menschen vorhanden ist.

Ich arbeite mit Behinderten und kenne das z.B. auch aus der Arbeit mit Demenzkranken. Demenz ist ja nun eine sehr bekannte Behinderung, wird also nicht verkannt- aber ist trotzdem nicht „angesehen“, sondern viele Leute wollen sich einfach nicht damit auseinandersetzen, habe Angst davor, selbst „etwas davon abzubekommen“ (hier ist es ja sogar relativ wahrscheinlich) und ekeln sich teilweise davor. So, wie der Restaurantbesitzer in dem Beitrag.

Ich denke, dass so etwas selten oder nie angesprochen wird, aber Tatsache ist (in unserer Kultur), auch wenn es unterschiedliche Ausprägungen gibt. Ist leider so.

Ich weiss nicht, ob ich mir ein Schild um den Hals hängen würde- aber ein Experiment ist es wohl wert. Besser verstehen werden die Leute es wohl.

Gruß
A.

1 Like

Hallo Jette,

neulich ist mir folgendes passiert: Ich fuhr Zug und beim Aussteigen war vor mir ein blindes Ehepaar. Sie hatten eindeutig Schwierigkeiten. Zunächst dachte ich (und alle Umstehenden wohl auch), das es unpassend wäre, ihnen Hilfe anzubieten. Dann fiel de Frau allerdings fast aufs Gleis und ich fragte, ob ich ihnen helfen könne. Es stellte sich heraus, dass sie den Bahnhof nicht kannten und auch nicht wussten, wo denn nun ihr Anschlußgleis waren. Sie sagten mir sehr genau, wie ich ihnen helfen soll (also wo anfassen und auf was hinweisen und so). Als sie dann in ihrem Anschlußzug saßen dachte ich, dass es eigentlich blöd war, sich vorher solche Gedanken zu machen weil Leuten mit schweren Taschen oder Kinderwägen bietet man ja auch ohne NAchdenken seine Hilfe an, dabei könnte es ja sein, dass das superstarke Menschen mit richtig guten Tragefähigkeiten sind.
Ich für mich persönlich muss sagen, dass meine Zweifel an Hilfsbereitschaft für Behinderte eher auf Berührungsängsten berühren und werde mich in zukunft bemühen, da offener zu sein. Wenn man nicht-Behinderten Menschen bei irgendwas Hilfe anbietet sagen die ja auch manchmal danke aber nein danke, da wird das bei Behinderten sicher nicht anders sein.
Viele Grüße

2 Like

hallo jette,

auch ich bin nicht scharf darauf, mit besoffenen ins gespräch zu kommen. schlechte erfahrungen mit ihnen hast du auch gesammelt?
hat scheinbar jeder.
schön, dass du so sozial eingestellt bist, und behinderten hilfst.

habe keine scheu, wenn der mensch mit handicap dein hilfe ablehnt, meint er das nicht böse.
was ich über rolli-fahrer denke, schrieb ich dir ja bereits in einer e-mail.

bye thorsten

Hallo Monroe,

ich versetze mich unentwegt in die lage der anderen. ich verlange weder, dass sie mich als behinderten erkennen, noch das sie einen verfrühten rausch akzeptieren. es ist nur scheiße, wenn du als behinderte eine dienstleistung in anspruch nehmen willst, und als besoffener heraus geworfen wirst.

leute aus familien, in denen auch ein behinderter lebt, sind erfahrungsgemäß einfühlsamer.
was ist ein vorposter?

die geschäfte, bei den ich heraus geworfen wurde, haben sich mit mützen cds, schlüsselanhänger etc. entschuldigt. später

bye thorsten

hallo doris

da du mir ohne name geschrieben hast, nenne ich dich einfach so, wie eine frau, die mir sympathisch ist. und eine frau bist du jawohl (wie soll ich mir sonst dein einfühlungsvermögen erklären?)

das ist cool:

Himmel was noch alles, aber kein einziges Mal in 13 Jahren
öffentlicher Beschulung hat mir einer beigebracht, wie man am
Besten behinderten Mitbürgern (denen man ja doch sehr oft über
den Weg läuft) im Bedarfsfall am Besten hilft.

ich lese sehr viel, habe aber noch nie etwas vergleichbares gelesen.
deine solidarität löst weit mehr hilfe in mir aus, als es dir bewusst ist. schön.

bye
thorsten

1 Like

Hallo Monroe,

Aber ein bisschen (!) muss man sich vielleicht auch in die
Lage der Leute versetzen. Wie sollen die denn jetzt einen
Betrunkenen von einem Behinderten unterscheiden, wenn sich
beide gleich verhalten?

Wenn man einen Augenblick innehält, dann kann man das sehr wohl unterscheiden. Diese vermeintlich Betrunkenen gibt es ja aus verschiedenen Ursachen. Ganz kritisch ist das bei Diabetikern, wenn die in der Unterzuckerung sind. Da ist es zugegeben nicht mehr leicht, dass als Laie zu unterscheiden. Ich empfehle, sich mal das hier durchzulesen und im Hinterkopf zu behalten. Und das nächste Mal, wenn man jemanden am Boden liegen sieht, im Zweifel dann doch professionelle Hilfe zu holen.

http://www.medizinfo.de/diabetes/notfaelle/soforthil…
(Und jetzt soll jeder mal für sich entscheiden, ob er nicht schon Menschen mal irgendwo hat liegen sehen, die er für Betrunken gehalten hat, die aber genau diese Symptome hatten!)

Mir geht es immer wieder so, dass ich unsicher bin,
welches Verhalten „gewünscht“ ist. Und manche Dinge können
Aussenstehende einfach nicht riechen. Ich bin überzeugt, dass
es zum allergrößten Teil kein böser Wille von den Leuten ist.
Sie sind genervt von Betrunkenen - nicht von Dir persönlich.

Was mich dabei wirklich wundert: Kann man nicht einfach mal FRAGEN? Ich hatte über Jahre hinweg ein Handycap, war gewissermaßen „teilzeitbehindert“ (nicht bös gemeint - ich bin heil froh, dass bei mir medizinische Hilfe möglich war. Aber ich hatte 5 Jahre damit zu kämpfen.) Weil was mit den Beinen nicht in Ordnung war, war mein Gang auch ab und an schwankend. Es konnte sogar so schlimm werden, dass ich völlig aus dem Gleichgewicht gekommen bin.

Glaub mir - ich habe seit dem NULL Verständnis für Leute, die bei einer jungen Frau, morgens um 11 mit Kind an der Hand angewidert bis entrüstet gucken, weil sie Alkoholkonsum wähnen. Hinter dem Rücken hörbar „tuscheln“, besser: sich das Maul zerreißen. Und nein - nicht ein Mal. Hundertfach. Und ich kenne auch die Situation in der eigenen Hausbank! (da, wo ich bekannt war), wo ich eine minutenlange Szene erleben durfte, weil meine Unterschrift zittrig war (mir gings nicht gut, draußen war kalt, die Hände steif…) Wo mich der Schalterbeamte hat 3 Mal die Unterschrift wiederholen lassen. Wie bei einem Erstklässler. Und 20 umstehende Leute haben es mitbekommen. Und ja. Ich kann in Erinnerung an diese Zeit auch die Aggression verstehen, die hier in dem Ausgangsbeitrag drin steckt. (Zum Bankbeispiel muss ich fairerweise sagen, dass das Ganze ein deftiges Nachspiel für den Mitarbeiter hatte, weil die Vorgesetzten das Verhalten alles andere als lustig fanden.)

Aber wenn sie es nicht besser wissen?

Das ist keine Entschuldigung. Ich will ein anderes Beispiel geben - zum Thema Hilfsbereitschaft: Frau mit Krücken will aus dem Zug raus. Sie kommt eigentlich prima klar mit ihren 3 Beinen :wink: Nur blöderweise ist auf dem Bahnsteig Blitzeis (durch das nach Öffnen der Türen niederschlagende Kondenswasser Blitzeis vor der Zugtür). Die „rettende“ trockene Zone knapp 1 m weg. Wenn dann „Hilfsbereite“ im Überschwang einfach zu packen und jemanden ohne Vorbereitung oder Rückfrage einfach so schweben lassen, dann ist auch das nicht in Ordnung. Das löst - nicht unbegründet - Panik aus.

Man kann fragen! Unaufdringlich fragen. Wenn ich jemanden sehe, bei dem ich denke, dass er Hilfe gebrauchen könnte, gucke ich erst einen Moment, um abzuwägen. Im Zweifel ist es immer besser, denjenigen unverbindlich anzusprechen. Mit Zurückhaltung. Was ich damit meine: In Respekt zum Gegenüber auf ihn zu gehen. Aus der üblichen Distanz heraus, mit der ich auch andere Leute ansprechen würde, ansprechen. So, dass er mich kommen sieht. Nicht von halb hinten und dann kümmervoll direkt schon auf so eine Nähe gehen, wie man das sonst bei seinem Kind machen würde, was hingefallen ist. Und eben wichtig: Vorher fragen, bevor man anfängt, etwas zu tun! Alles andere ist entwürdigend.

Das zauberhafte an diesem Fragen ist nicht nur, dass man dem anderen damit Respekt erweist und ihm seine Würde lässt - sondern man erfährt dann gleich auch, nicht nur ob die Hilfe überhaupt gebraucht wird, sondern WAS gebraucht wird. Und damit gibt es keinen Grund für Unsicherheit. Und in meinen Augen auch keine Entschuldigung. Man braucht nicht zu wissen, wie man sich richtig verhält (so das Gegenüber bei Bewusstsein ist. Ist es das nicht, ist das eh Anlass, professionelle Hilfe zu holen.). Derjenige weiß, ob er was braucht und was. Behinderung heißt ja eben nicht geistig unzurechnungsfähig. Mit allem anderen nehme ich demjenigen seine Entscheidungsspielraum. Und dafür gibt es keine Entschuldigung.

Man hebt noch nicht einmal einen Kinderwagen hoch, ohne zumindest einen verständigenden Blickkontakt mit der Mutter, besser noch ein kurzes Wort.

Das Zauberwort heißt hier wirklich Respekt.

LG Petra

4 Like

Hallo Karlsson,

Die Idee mit der Behinderteneinrichtung bzw. das Thema überhaupt mal in der Schule zu behandeln, finde ich klasse!

aber Behinderte treffe ich oft
und habe keine Ahnung, wie man Blinden an einem ihnen fremden
Bahnhof am günstigsten hilft oder einem Querschnittsgelähmten
der am Bordstein mt dem Rollstuhl umgefallen ist wieder
aufhilft. Das musste man mal ändern! Okay, klar, die
Betroffenen sagen einem ja meistens sehr genau, was man machen

Ich habs nebenan geschrieben. Spiel diesen Punkt nicht herunter. Das ist der Schlüsselpunkt! Diejenigen wissen was sie brauchen und wie man helfen soll. Dafür gibt es im Zweifel noch nicht einmal ein Patenrezept. Ich hab den Blinden erlebt, der nur am Bahnsteig mal inngehalten hat, wie das jeder normale auch schon mal macht, weil er in Gedanken ist - und es war keine Hilfe nötig. Oder denjenigen, der seine Hand nur auf meine Schulter (Arm) legen wollten und sich hat so führen lassen. Oder denjenigen, der am Arm genommen wollte und denjenigen, der nur eine Orientierung brauchte, wo genau er gerade ist.

Also kann ich aus meiner Sicht nur wirklich sagen: Zurückhaltend ansprechen und fragen. Ich habe eigentlich noch nie erlebt (bis auf ein oder zwei Kotzbrocken - die gibt es auch bei Behinderten :wink:), dass eine solche zunächst zurückhaltende Frage negativ aufgenommen wurde. Im Gegenteil. Immer ein Lächeln, immer ein Danke schön - nur weil man gefragt hat. Auch wenn die Hilfe vielleicht gar nicht nötig war.

LG Petra

Vielleicht noch ein Nachtrag, zum Thema Betrunkene und diabetischer Schock. Man sollte sich - so man in der Situation zweifelt - einfach nur bewusst machen, dass ein solcher Schock tödlich sein kann! Und dann mal abwägen, ob es in so einer Situation nicht besser ist, sich notfalls mal anpöbeln zu lassen, als einem wirklich Hilfsbedürftigen nicht geholfen zu haben - zumal wenn das für den einen ziemlich endgültigen Ausgang haben kann.

LG Petra

1 Like

Moin Thorsten,

Jetzt bin ich auch noch „nicht so richtig“ behindert. Ich
gehe und spreche wie ein Besoffener.

Ich erlaube mir mal nach einigem Nachdenken die „andere Seite“ zu vertreten.
Ich spaziere also des Sonntagsnachmittags mit der Weltbesten Ehefrau von allen durch unser Viertel, sagen wir mal auf dem Weg zum Garten.
Uns kommt ein Mann entgegen der sichtlich torkelt und lallend versucht uns anzusprechen.
Im ersten Moment KANN ich gar nichts anderes sehen, als einen Betrunkenen, das mit dem Hellsehen habe ich nämlich aufgegeben.
Also muß ich (auch aus Erfahrung) damit rechnen, daß man mir vor die Schuhe kotzt, mir mit stinkendem Atem aus drei Zentimetern Entfernung lauthals das Leid dieser Welt klagt oder meiner Begleiterin irgendwohin faßt. Was soll ich also anderes tun, als mißtrauisch und abwehrbereit zu sein?
Wie gesagt: Im ersten Moment. Im zweiten Hingucken erkennt man dann doch rasch, ob jemand hackenstramm oder behindert ist. Und, da gebe ich dir auch recht, soviel Zeit und Menschenkenntnis sollte man haben.

Du hast möglicherweise eine recht seltene Behinderung, die die meisten Menschen gar nicht (er)kennen - ich habe auch jetzt das erste Mal davon gehört. Hätte es keine diversen Sendungen über Menschen mit Tourettesyndrom gegeben, was würdest du denken, wenn im Restaurant jemand mit einem Messer vor seiner Begleiterin herumfuchtelt? Oder dich völlig unvermittelt in deftigster Fäkalsprache beleidigt?

Ich behaupte mal: 99% der Menschen WOLLEN helfen und sind auch tolerant bzw. geduldig. OK, manche trauen sich vielleicht auch nicht, einen Fremden anzusprechen oder haben Angst, etwas falsch zu machen. Und sie müssen auch eine Chance haben. Was können sie für ihr Unwissen bezgl. einer (recht seltenen?) Behinderung? Sieh es auch mal als „Lehrauftrag“ für dich.

Meine Frau arbeitet im Einzelhandel, solch ein Fehler, wie du ihn beschrieben hast würde genau einmal passieren, danach wüßte man Bescheid. Und was soll man denn tun, außer sich entschuldigen und es besser machen?

Wenn ich meine, daß jemand vielleicht Hilfe braucht, dann frage ich höflich und mit Blickkontakt, ob ich helfen darf. Und wenn das bejaht wird, und ich nicht weiß was ich genau tun soll, dann bitte ich um Rat: „Zeigen sie mir wie, dann habe ich was gelernt!“
Und wenn mir einer pampig kommt (noch NIE passiert!) dann haben die toten Hosen schon was dazu gesagt:
http://www.dietotenhosen.de/en/veroeffentlichungen_s…

Ach ja, zweierlei noch zu „Betrunkenen“:
Unser Sani hat uns mal von einem Einsatz erzählt, da ging´s auch „nur“ um einen Besoffenen, der da im Stuhl hing. Scheiße wars: Der Mann hatte einen Herzinfarkt und war tot - weil sich keiner drum gekümmert hat.
Und wenn es auch „nur“ ein Besoffener ist, der da in der Ecke liegt: es ist und bleibt ein Mensch. Ich mußte selbst einmal (zu Zeiten, als es noch keine Handies gab) mit einer Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung drohen, damit von einer Trinkhalle gegenüber ein Krankenwagen gerufen wurde. Der Pächter hatte nämlich nix besseres zu tun, als sich mit seiner Kundschaft über den Penner auf der anderen Straßenseite lustig zu machen. Der Penner WAR volltrunken. Und er WAR dreckig. Und er lag in einer großen Blutlache mit einer klaffenden Platzwunde am Hinterkopf!

Gruß
BeLa

Ablehnung
Ich will noch etwas nachtragen was zumindest teilweise zum Thema passt:

Auch wenn sich meiner Erfahrung nach die Meisten freundlich und hilfsbereit gegenüber Behinderten verhalten, gibt es doch den Einen oder Anderen der „einen großen Bogen“ um Behinderte macht. Der Grund dafür ist nicht etwa Abscheu oder Angst vor dem Ungewohnten, Untolleranz oder Ablehnung, sondern diese Leute stellen sich vor, dass eine Behinderung immer unglaubliches Leid verursacht. Sie sehen Jemanden im Rollstuhl der sich kaum bewegen oder sprechen kann, der fast vollständig auf fremde Hilfe angewiesen ist, und sie denken sich, dass dieser Mensch unvorstellbares Leid durchmacht. Dieses Vorstellung vom Leid lässt sie Abstand halten bzw macht die Gegenwart von Behinderten für sie unerträglich. Ein Bekannter meinte einmal: „So Jemand wartet im Prinzip doch nur auf seinen Tod.“

Tatsächlich hält sich dieses Leid in Grenzen. Ein Behinderter, egal wie schwer er behindert ist, hat genauso Freude am Leben und seine heiteren Momente wie alle anderen auch. Natürlich steckt da wohl eine gewisse Traurigkeit die von der Behinderung herrührt, weil man halt nicht rumrennen oder einfach mal alleine aufs Klo gehen kann usw, aber diese Leid, das manche in Behinderte hineinprojezieren, entspricht natürlich nicht der Realität. Genauso gibt es ja auch gesunde Menschen die aus irgendwelchen Gründen unglücklich sind und den ganzen Tag leiden.

Das hilft aber nicht weiter
Hallo!

Ich kanns verstehen, was Du schreibst, ehrlich.

Aber den anderen Antworten auch Recht geben.

Ich frage mich: wie kann man das ändern? Du hast Dir hier Luft gemacht, ok. Vielleicht liest es manch einer und schaut ein zweites Mal hin, bevor er einen vermeintlich Betrunkenen rausschmeisst.

Sonst erinnerte mich Dein Posting an die Omas im Bus, die noch gar nicht richtig eingestiegen sind und sich schon lauthals darüber aufregen, dass keiner für sie aufsteht. Anstatt einfach konkret jemanden zu bitten, dies zu tun. (Wenn der dann sitzen bleibt, dann kann sie sich ja immer noch aufregen).

Natürlich ist Deine Situation eine etwas andere. Gemeinsam haben beide, dass sie zu keiner Lösung führen.

Deshalb meine kleine Bitte (in der Hoffnung, nicht falsch verstanden zu werden): Lass den Leuten eine Chance, noch ein zweites Mal hinzugucken und ihr erstes Urteil über Dich zu revidieren.

Schöne Grüße
kernig

Da hast du vollkommen recht.
Der Behinderte den ich betreue arbeitet in einer Art Reha-Zentrum mit Berufsschule für Behinderte und Nicht-Behinderte. Selbst dort verhalten sich die nicht-behinderten Schüler gegenüber den Behinderten teilweise so, dass man nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Unwissenheit ist ein Problem, aber Ignoranz und mangelndes Taktgefühl ein anderes.
Da sitzt einer in seinem Elektrostuhl und wartet auf den Fahrstuhl. Was passiert? Fünf Jungs drängeln sich vor so dass der Rollstuhlfahrer nicht mehr in den Lift rein passt und draussen bleiben muss. Die Vordrängler fahren dann in den zweiten Stock den sie genauso schnell auch per Treppe hätten erreichen können. Beim nächsten mal schafft es der Rollifahrer in den Fahrstuhl indem er potentielle Vordrängler beinahe über den Haufen fährt. Drinnen meint dann einer: „Mir würds echt stinken wenn ich den ganzen Tag im Rollstuhl sitzen müsste.“ Er dachte sich dabei nichtmal was; das war für ihn wohl eine ganz normale Äußerung die in der Situation „passte“.
Endlich im dritten Stock angekommen fährt er dann mit seinem Stuhl zu einem Büro wo er was abholen soll. Vor dem Büro stehen zwei Erwachsene die sich unterhalten, der eine steht mitten im Türrahmen. Mein Bekannter stoppt vor ihm und wartet bis er den Weg frei macht, aber er guckt ihn nur kurz an und unterhält sich weiter. Es dauerte gute 30 Sekunden bis er kapierte dass der Rollstuhlfahrer nicht nur vor ihm stand um ihn zu betrachten, sondern dass er an ihm vorbei wollte…

Wie gesagt: Das passierte an einer Schule für Behinderte und Nicht-Behinderte.

1 Like

Hallo Kerning,

zunächst bedanke ich mich für dein Mitgefühl.
Ich habe vor, sämtliche Foren dieser Art anzuschreiben. Wenn ich Glück habe, sitzen wir demnächst bei Jauch auf dem roten Ledersofa, und kritisieren den allgemeinen schlechten Umgang des ach so korrekten Deutschen mit dem Behinderten. Wir, das sind eine Abordnung vom Club Behinderter und deren Freunde CBF.

Lass den Leuten eine Chance, noch ein
zweites Mal hinzugucken und ihr erstes Urteil über Dich zu
revidieren.

Hey, das mache ich doch andauernd. Aber wenn mir bei dem geschäftigen Treiben am Samstag-Morgen in unsere Fußgängerzone mal wieder jemand „Säufer“ hinterher ruft, ist er weiter gelaufen, bevor ich meinen Mund aufgemacht habe.

bye
Thorsten

Und du meinst, dass ist in allen anderen Ländern dieser Erde
anders…?

nicht meine einfache meinung, sondern erfahrung

gut ausgedrückt, genial formuliert: voll getroffen

hi bela,

also ernsthaft, wenn ich noch „normal“ währe, würde ich einen typen wie mich auch gnadenlos verurteilen.
ich habe mich echt schon an die dummen blicke gewöhnt. mittlerweile mache ich mir einen spaß daraus, also echt. ich sage immer „ich habe schon eine zentimeterdicke hornhaut“ :smile:
was scheiße ist, wenn du aus irgend welchen gründen dein gegenüber anquatschen musst (dienstleister, handwerker, kontroleure) und diese dich dann für einen „volltrunkenen randalebruder“ halten.

abwehrbereit = ok, aber passiv bleiben, wenn mir mal wieder ein rausschmeißer den arm verdreht, wünschte ich, ich könne auf kommando kotzen.

die wenigsten leute machen sich die mühe, ein zweites mal hinzuschauen.

tourettsyndrom finde ich auch scheiße.
eine sendung hast du gesehen? siehst du, die menschheit rückt immer weiter zusammen. globales dorf und so.

sicher gibt es hilfsbereite menschen, aber mit 99% liegst du genau so sicher daneben (erfahrung)

die hosen finde ich geil, schon vor meinem unfall

meine beste freundin ist lesbisch
sie gehört genauso zu einer randgruppe wie ich

einer von den ärzten heißt auch bela. die finde ich übrigens auch voll gut. „lasse reden“ ist zur zeit meine hymne

bye
thorsten

tach ecki

verwenden, wäre die Behinderung klar erkennbar und nach meinen
Erfahrungen geht die Mehrheit der Leute mit solchen Menschen
doch recht freundlich um.

genau, daher verlasse ich das haus jetzt auch nicht mehr, ohne meinen rolator. meinen ba, wie ein preisschild an einer schnur um den hals.

offenes Tragen des BA. Vielleicht solltest Du außedem noch
besonderen Wert auf ein gepflegtes Äußeres legen - Kleidung,
Haartracht Bart etc. Das würde Dich von dem besoffenen Pack
besser unterscheidbar machen.

das ist mir eine pflicht, ich bin nämlich sehr eitel

bye
thorsten

hi elke

darf ich fragen, ob du in den anderen Ländern im Urlaub warst?

aber auch in einem land ohne diese typischen „touristenvorteile“

letzter Zeit häuft. Ist dein Verhalten vielleicht auffälliger
geworden?

klar, ich habe nämlich jetzt keinen bock mehr, mich diskriminieren zu lassen.

Nachwievor sprechen meine Erfahrungen dafür, dass in
Deutschland die generelle Behandlung von Behinderten eher
positiver ist, als in den Ländern, in denen ich gelebt habe.

falsch, falsch, und nochmal falsch

letzte Krankenhaus die Polizei rief (Trunkenheit ist in Saudi
strafbar) kam es zu einer solchen Szene, dass ein
höhergestellter Arzt hinzukam, der schließlich die richtigen
SChlüsse zog und meinen Bekannten behandelte.

passiert mir ständig

bye
thorsten

Das fände ich gut
Hallo!

Ich habe vor, sämtliche Foren dieser Art anzuschreiben. Wenn
ich Glück habe, sitzen wir demnächst bei Jauch auf dem roten
Ledersofa, und kritisieren den allgemeinen schlechten Umgang
des ach so korrekten Deutschen mit dem Behinderten. Wir, das
sind eine Abordnung vom Club Behinderter und deren Freunde
CBF.

Da halte ich die Daumen für. Ich wohne hier auf dem Land und man sieht im Ortsbild überhaupt keinen einzigen Behinderten. Obwohl ich schon annehme, dass es diese auch hier gibt, die aber einfach drinnen bleiben. Ist mein kleiner Neffe im Rollstuhl zu Besuch, wird er angestarrt wir das 7. Weltwunder. Ein wenig mehr Gelassenheit, Zurückhaltung und im richtigen Moment Hilfsbereitschaft würde ich mir da häufig wünschen.

Was ich gut finde: Wenn Schulen z.B. mal die örtliche Rollibasketballmannschaft besuchen und ähnliches. Dann wird der Umgang mit Behinderten wesentlich normalisiert. Neulich in der Stadt mit meinem Sohn und einem Freund (beide so 7-8Jahre alt) zeigte der Freund mit dem Finger auf eine Frau im Elektrorollstuhl: „Guck mal, was die Komisches hat…“ Mein Sohn darauf: „Die kann halt nicht so gut laufen, deshalb fährt sie im Rollstuhl.“ Punkt. So einfach und klar kann es sein.

Hey, das mache ich doch andauernd. Aber wenn mir bei dem
geschäftigen Treiben am Samstag-Morgen in unsere Fußgängerzone
mal wieder jemand „Säufer“ hinterher ruft, ist er weiter
gelaufen, bevor ich meinen Mund aufgemacht habe.

Na gut. Vor allem hat derjenige doch auch nichts davon. Warum meint ein Mensch einem anderen, der ihm ja nix getan hat, auch nur irgendwas hinterherrufen zu müssen?

Schöne Grüße
kernig