Bescheuerte Idee?

Guten Morgen,

da ich krankgeschrieben und etwas gefrustet über meinen Job gerade das Haus hüte, lass ich meinen Gedanken mangels alternativer Bespaßungsmöglichkeiten öfter mal freien Lauf. Heute beim Frühstück zubereiten dachte ich so über meinen Enkel nach und kam wieder mal auf die Erinnerung, dass sowohl ich als auch meine Tochter an den üblichen Staats(Ober-)schulen kläglich gescheitert sind. Nicht aus Dummheit, sondern, weil wir schlicht kein Interesse an diesem Schema Schule hatten (und ich kann es bis heute nicht nachvollziehen, warum ich 4 x den Nationalsozialismus in 4 Schuljahren durchkauen, irgendwelche hochkomplizierten Mathestrategien pauken, obwohl ich niemals was damit anfangen wollte, etc. sollte).

Heute kam mir der Gedanke, warum man anstatt die Schulzeit immer mehr zu verkürzen und damit Teenies an die Unis zu schicken nicht viel sinnvoller alles ausdehnt und zwar angepasst an die Entwicklung der Psyche eines Kindes/Jugendlichen.

Es ist doch nun seit Jahrhunderten bekannt, dass Kinder unerträglich werden in der Pubertät und dazu auch ein gewisses Recht haben sollten. Die Kämpfe zwischen Eltern und Kindern könnte man doch aber um einiges reduzieren, wenn die Gesellschaft nicht auch noch mit dem Leistungsdruck Öl in’s Feuer gießen würde.

Warum kann man diese schwierigeren Jahre, in denen die Kids gewisse Orientierung suchen und ihnen so gar nicht der Sinn nach Matheformeln und historischen Jahreszahlen steht, nicht anders sinnvoll nutzen. Sie auf das Leben vorbereiten. Natürlich gibt es da auch wieder keine Richtung, die für jeden unfehlbar die richtige ist. Aber könnte man nicht 1 - 3 mehr oder weniger „soziale“ Jahre einführen, in den die Kids ihren Unterricht ihren Interessen entsprechend überwiegend selbst gestalten?

Ich empfinde Kinder und Jugendliche durchaus als wissbegierig und interessiert. Wenn ich mich daran erinnere, wie ich mit 16 der Meinung war, dass ich sehr gut selbst mein Leben gestalten kann, eine Familie gründen könnte (ich war fest davon überzeugt, dass das überhaupt kein Problem ist), dann meine ich, es hätte mir damals großen Spaß gemacht, wenn man mir die Möglichkeit gegeben hätte, mich mit Kindern zu beschäftigen, kochen zu lernen, mich in sozialpolitischen und umweltpolitischen Themen zu engagieren.

Stattdessen musste ich Referate über den Absolutismus, Lateinvokabeln lernen und Interpretationen über irgendwelche scheußliche Kunst schreiben… alles völlig realitäts- und lebensfern.

Vermutlich bin ich nicht die erste, die sich solche Gedanken macht. Aber was denkt Ihr? Sind diese Gedanken absolut bescheuert? Oder könntet Ihr Euch vorstellen, dass eine tüchtige Reform der Bildungspläne etwas ändern - verbessern - könnte an dem Zusammenleben der Generationen und der Gesellschaft an sich.

Gruß
A.A.

Hallo Aquilegia Alpina,

wenn Du das Buch:

„Anna, die Schule und der liebe Gott“ von Richard David Precht liest, merkst Du, dass Du nicht allein mit solchen Gedanken bist.

Er fordert eine radikale Reform des Bildungswesens.

Ullrich Sander

Hi, dear G.

nachvollziehen, warum ich 4 x den Nationalsozialismus in 4
Schuljahren durchkauen, irgendwelche hochkomplizierten
Mathestrategien pauken, obwohl ich niemals was damit anfangen
wollte, etc. sollte).

Stimme dir bis hierher zu.

Heute kam mir der Gedanke, warum man anstatt die Schulzeit
immer mehr zu verkürzen und damit Teenies an die Unis zu
schicken nicht viel sinnvoller alles ausdehnt und zwar
angepasst an die Entwicklung der Psyche eines
Kindes/Jugendlichen.

Also gegen Ausdehnung bin ich - jedenfalls, was den Scheiß betrifft, über den wir beide klagen. Natürlich könnte man einiges als Wahlfach bestehen lassen, aber nicht als Pflichtfach. Mir zum Beispiel ging Mathe total auf den Wecker, aber ich habe Philosophie vermisst.
Gruß,
Branden

Hi Doc, welcome back erst mal!

naja, es ging mir weniger darum, zu diskutieren, was wegfallen könnte. Ich meinte, ob es nicht hilfreich sein könnte für alle Beteiligten, wenn man die Jahre der Pubertät einfach anders gestaltet, den Druck rausnimmt, die Interessen der Jugendlichen in den Vordergrund stellt, Orientierungshilfe gitb anstatt Drill und Druck. Ich erinnere mich mit Grausen, wie meine Eltern mit allen möglichen Mitteln versucht haben, mich in die 10. Klasse zu „prügeln“ (nein, nicht mit Gewalt, aber es haben sich einige Nachhilfelehrer an mir die Zähne ausgebissen, als meine Eltern überhaupt nciht mehr weiter kamen).

Also, klar kann man auch Fächer abschaffen oder umgestalten.

Wir würdest Du als Fachmann der Psyche das bewerten, könnte das Erleichterung bringen?

Liebe Grüße
A.A.

das wäre eine Lektüre, die ich mir mal antun könnte.

Herr Precht habe ich nur ein Mal in seiner Diskussionsendung gesehen.

Viele Grüße und Danke
A.A:

Hallo,

ich finde Deinen Ansatz, sich in der Schule mehr an den Gegebenheiten der natürlichen Entwicklung zu orientieren, überhaupt nicht bescheuert, sondern als sinnvoll und besser für alle Beteiligten.

Allerdings fürchte ich, daß sich ein solcher Ansatz derzeit aufgrund der gegenwärtigen kollektiven Krankheit - Leistung und Wettbewerb über alles - nicht durchsetzen läßt.

Grüße,

I.

naja, mir würde es ja reichen, wenn diejenigen, die diese Idee gut finden, die Möglichkeit hätten, z.B. in selbstgegründeten SChulen so etwas zu praktizieren. Wer das nicht will, muss da ja nicht hingehen.

Aus meiner Sicht ist eine Waldorfschule z.B. auch keine Alternative. Meines Wissens nach - ergänzt oder verbessert gern ggf. falsches Wissen von mir - sind auch sog. freie Schulen an den Rahmenplan gebunden…

Grüße
A.A.

Um mal einen Gegenpol zu bilden - ich finde einiges von dem, was du sagst schon „bescheuert“.

Im Prinzip hast du recht, wenn du willst, dass man die Lehre an die optimale Entwicklung des Kindes anpasst. Aber da nur die wenigsten wissen, was das sein soll, ist die Aussage letztlich eine Worthülse. Spätestens bei deinen Beispiel wird das Problem aber offenbar:

Wenn ich mich daran erinnere, wie ich mit 16 der Meinung war, dass ich sehr gut selbst
mein Leben gestalten kann, eine Familie gründen könnte (ich war fest davon überzeugt,
dass das überhaupt kein Problem ist), dann meine ich, es hätte mir damals großen Spaß
gemacht, wenn man mir die Möglichkeit gegeben hätte, mich mit Kindern zu beschäftigen,
kochen zu lernen, mich in sozialpolitischen und umweltpolitischen Themen zu engagieren.

Stattdessen musste ich Referate über den Absolutismus, Lateinvokabeln lernen und
Interpretationen über irgendwelche scheußliche Kunst schreiben… alles völlig realitäts-
und lebensfern.

Die Schule hat den Zweck einer umfassenden Bildung und auch einer Allgemeinbildung. Wenn du Latein als Fremdsprache wählst (und das hast du, denn Latein ist kein Pflichtfach), so ist es nicht realitätsfern Vokabeln lernen zu müssen. Wenn du über den Absolutismus referierst, so geschieht das, damit du verstehst, was das ist, wie es dazu kann, was Folgen und Konsequenzen sind - und was wir daraus lernen können. Allgemeinbildung ist der Kern des Verständnisses für die Welt. Das Problem ist, dass Kinder eben aufgrund ihrer geringen Erfahren selber kaum Einschätzen können, was zu wissen sinnvoll ist oder nicht.

Dass du Interpretationen von Kunst sinnlos findest ist ein beredtes Zeugnis dessen. Die Interpretation dient nicht nur dazu irgendwelchen Kram zu Papier zu bringen, sondern hat den Zweck sich das Ganze mal wirklich genau anzuschauen (ich fand Interpretationen als Schüler auch immer ziemlich doof).

Kurzum: Wenn du die Schulbildung danach orientierst, was für die Schüler vor allem nützlich ist, erhältst du Drohnen aber keine selbstständigen Menschen. Eine umfassende Bildung ist meines Erachtens die Grundlage jeden selbstständigen Denkens.

Vor kurzem gab es einen recht interessanten Beitrag auf Phoenix über die Anfänge der Mädchenbildung in der BRD. Da ging es nämlich genau so zu. Die Mädels lernten, Hauswirtschaft, Kochen, Backen, Grundrechenarten, grundsätzliches Lesen - also all die Fertigkeiten die nach Meinung der Entscheider notwendig sind, damit die Frauen später ihre angestammte Rolle in der Gesellschaft einnehmen können. Genau das ist nämlich das Ergebnis so einer auf Nützlichkeit fokussierten Bildung.

Und - ganz ehrlich - wenn du dich als 16-jähriger „in sozialpolitischen und umweltpolitischen Themen“ engagieren wolltest, so gänge das. Es gibt genug Vereine, Arbeitsgemeinschaften und selbst Schulfächer (z.B. echter Erdkundeunterricht) die sich mit sowas befassen. Aber Geschichte, Physik, Chemie, Literatur sind eben genau so wichtig um aus dir einen Menschen zu machen, der genug Teil der Welt ist um sie kritisch hinterfragen zu können.

Hallo,

Um mal einen Gegenpol zu bilden - ich finde einiges von dem,
was du sagst schon „bescheuert“.

Danke :smile:

Die Schule hat den Zweck einer umfassenden Bildung und auch
einer Allgemeinbildung. Wenn du Latein als Fremdsprache wählst
(und das hast du, denn Latein ist kein Pflichtfach), so ist es
nicht realitätsfern Vokabeln lernen zu müssen. Wenn du über
den Absolutismus referierst, so geschieht das, damit du
verstehst, was das ist, wie es dazu kann, was Folgen und
Konsequenzen sind - und was wir daraus lernen können.
Allgemeinbildung ist der Kern des Verständnisses für die Welt.
Das Problem ist, dass Kinder eben aufgrund ihrer geringen
Erfahren selber kaum Einschätzen können, was zu wissen
sinnvoll ist oder nicht.

Nun - ich hatte ja erklärt, dass ich eigentlich nicht darüber spreche, welche Fächer ABGESCHAFFT werden sollen, sondern, ob es nicht sinnvoll wäre, eine gewisse zeitliche Verschiebung einzuführen. Mag sein, dass Latein auch vor 35 Jahren kein Wahlfach war, aber es war wohl auch nicht so einfach, dann zu wechseln, wenn man merkte, dass es einem überhaupt nicht liegt (die andere Möglichkeit war eine Abart von Bio, was mir in der Zeit genauso wenig gelegen hätte). Aber wie gesagt, das ist eigentlich nicht mein Thema. Viel mehr ist mein Thema, dass ich u.U. 3 Jahre später sehr wohl etwas mit der Kunst hätte anfangen können, auch Interesse an früheren Staatsformen gehabt hätte, wenn ich sie nicht schon mehrfach durchgekaut habe.

Mein Beispiel: da ich ja gescheitert bin in der Schule, stand ich mit 16 ohne Schulabschluss als Abgängerin vom Gymi da. Für mich stellte sich nicht die Frage, mich auf die Faule Haut zu legen. Ich habe zi emlich unmittelbar nach Abgang vom Gymieine Prüfung vor dem Berliner Senat abgelegt, um die 9. Klasse abzuschließen, um danach in der Abendschule die 10. Klasse nachzumachen. Da kam mir dann zwar erst mal eine Familiengründung dazwischen, aber sobald mein Kind auf der Welt war und der nächste Kurs anfing, saß ich wieder auf der Schulbank. Und siehe da: Abschluss mit 2,0. Im Grunde habe ich etwas ähnliches, wie ich hier zur Diskussion stelle, für mich selbst praktiziert.

Auf der Abendschule war das Lehrer-Schüler-Verhältnis ein ganz anderes. Natürlich auch dadurch geprägt, dass die Schüler zwischen 19 und 50 in meinem Kurs waren. Also komplett ein anderes Erleben stattfand.

zum Zweiten ging ich da freiwillig hin. Hat wohl bei mir auch was ausgemacht. Niemand hat mich hingeprügelt. Ich war ein Mathe-As, PW und Erdkunde habe ich mit viel Engagement und Bravour ebenfalls mit 1 bestanden. Nur mit Physik und Chemie stand ich nach wie vor auf Kriegsfuß, aber gut, da musste ich halt pauken. Naja und Sprachen waren für mich ohnehin (außer Latein als Jugendliche) kein Problem.

Ich will damit deutlich machen, dass die zeitliche Verzögerung und das Verständnis, das ich inzwischen erlangen konnte, sehr wohl etwas bedeutet.

Kurzum: Wenn du die Schulbildung danach orientierst, was für
die Schüler vor allem nützlich ist, erhältst du Drohnen aber
keine selbstständigen Menschen. Eine umfassende Bildung ist
meines Erachtens die Grundlage jeden selbstständigen Denkens.

Nein - da widerspreche ich einfach mal. Siehe meine Erläuterung, wie es bei mir letztlich gelaufen ist. Ich habe die Allgemeinbildung auch erhalten, aber zu einem Zeitpunkt, als es mich tatsächlich interessiert hat, was der Elbe-Lübeck-Kanal für die Wirtschaft in den 60iger Jahren bedeutete (kann sein, dass der Titel des Referats geringfügig anders war :wink:.

Und selbstständig denken konnte ich durchaus.

Vor kurzem gab es einen recht interessanten Beitrag auf
Phoenix über die Anfänge der Mädchenbildung in der BRD. Da
ging es nämlich genau so zu. Die Mädels lernten,
Hauswirtschaft, Kochen, Backen, Grundrechenarten,
grundsätzliches Lesen - also all die Fertigkeiten die nach
Meinung der Entscheider notwendig sind, damit die Frauen
später ihre angestammte Rolle in der Gesellschaft einnehmen
können. Genau das ist nämlich das Ergebnis so einer auf
Nützlichkeit fokussierten Bildung.

Was soll mir das jetzt sagen? Das hatte ich nicht beschrieben, dass ich geschlechterspezifische Bildung möchte. Wenn ich mir meinem 7jährigen Junior anschaue, dann kann ich mir vorstellen, dass er irre gern kochen lernen möchte (vielleicht hält sich das bis ins Pubertätsalter, keine Ahnung). Ist das so außerirdisch? Ich könnte mir vorstellen, dass auch andere Kinder, egal ob Mädchen oder Jungs, das gern lernen würden.

Ebenso kenne ich durchaus viele Kinder, die sich in ihrer Freizeit damit beschäftigen Staudämme zu bauen. Warum kann so etwas nicht im Unterricht sehr viel mehr einfließen? Das sind nur kleine Beispiele von mir. Ich möchte damit nur sagen, dass es für alles seine Zeit gibt.

Mit 18 habe ich dann auch gern Buch- und Bildinterpretationen geschrieben. Da war ich halt so weit.

Und - ganz ehrlich - wenn du dich als 16-jähriger „in
sozialpolitischen und umweltpolitischen Themen“ engagieren
wolltest, so gänge das. Es gibt genug Vereine,
Arbeitsgemeinschaften und selbst Schulfächer (z.B. echter
Erdkundeunterricht) die sich mit sowas befassen.

Es geht nicht darum, dass ich das hätte tun können. Ich habe es ja getan. Es geht mir darum, SCHULE ansich nicht als Schreckgespenst erscheinen zu lassen. Und für mich und sicherliche viele andere im Alter zwischen sagen wir mal 13/14 - 17/18 ist Schule notwendiges Übel, aber nichts, womit man sich gern beschäftigt.

Vereine oder AGs fließen leider nicht in Zensuren ein.

Danke für Deinen Beitrag.

Gruß
A.A.

Hallo,

wer soll denn diese „selbstgegründeten“ Schulen mit Sturm-und-Drang-Phasen-Zeitbonus finanzieren ? Ist ja nicht für lau zu haben.

Gruß
vdmaster

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Hallo,

ich hatte auch Latein :frowning: und dies mit einer strammen 5 beendet. In den ersten Jahren hatte ich einen super Lehrer und stand auf 1. Anschließend bekam ich eine abgehobene Schöngeist-Lehrerin mit offenkundigen „Psycho-Macken“ und schaltete nach kurzer Zeit vollständig ab. Erschütternd was pädagogische Vollnieten aus der Wißbegier eines Menschen machen können.

In Physik ging es mir genauso. Der betroffene Lehrer wurde später dann wegen „Problemen“ entlassen (schwerer Alkoholiker).

In beiden Fächern sollte es das oberste Ziel sein, die Gier auf neues Wissen anzufachen. Und aufzuzeigen, wozu man es nutzen kann. Viel interessanter als Selbstbeweih-räucherungsschriften des Gaiius Julius wären bspw. spannende Grabtafeln gewesen, die man übersetzen können muß, um ein Geheimnis aufzudecken. Ähnliche Anreize wären auch in der Physik leicht vorstellbar.

Aber prinzipiell könnte ich mir schon eine einjährige Pause für 16jährige vorstellen, die sie außerschulisch nutzen können. Da können sie sich dann die Hörner mal abstoßen und kommen sicher um einiges einsichtiger in die Schulen zurück. Ende der 9. Klasse wäre da gar nicht falsch.

Gruß
vdmaster

Hi,

es war wohl auch nicht so einfach, dann zu
wechseln, wenn man merkte, dass es einem überhaupt nicht liegt

als Kind sollte man aber auch lernen, etwas durchzuziehen, wenn man etwas angefangen hat. Und nicht einfach wechseln, nur weil man keine Lust hat sich anzustrengen.

Viel mehr ist mein Thema, dass
ich u.U. 3 Jahre später sehr wohl etwas mit der Kunst hätte
anfangen können, auch Interesse an früheren Staatsformen
gehabt hätte

Du vielleicht, aber da waren ja noch 25 andere Kinder. Wie sah es bei denen aus? Man kann nicht auf die Bedürfnisse ALLER Kinder individuell eingehen.

Mein Beispiel: da ich ja gescheitert bin in der Schule, stand
ich mit 16 ohne Schulabschluss als Abgängerin vom Gymi da.

Das Gymnasium ist dazu da auf ein Studium vorzubereiten. Wenn du nur kochen, Grundrechenarten und andere alltägliche Sachen lernen wolltest, warst du auf der falschen Schule. Und da man mit dem Abitur alles machen kann, muss man auch in allen Fächern darauf vorbereitet werden. Mag sein, dass du nichts mit einer Kurvendiskussion anfangen konntest, aber wer etwas mathematisches studieren will, brauchte das sehr wohl.

Und siehe da: Abschluss mit 2,0. Im Grunde habe ich
etwas ähnliches, wie ich hier zur Diskussion stelle, für mich
selbst praktiziert.

Du schließt aus der 2,0 jetzt hoffentlich nicht, dass das der Beweis dafür ist, dass man später einiges besser/lieber lernt, oder? Es ist einfacher auf der Abendschule eine gute Abschlussnote zu erreichen als auf einem Gymnasium.

Ich will damit deutlich machen, dass die zeitliche Verzögerung
und das Verständnis, das ich inzwischen erlangen konnte, sehr
wohl etwas bedeutet.

Aus meiner Sicht Quatsch.

Nein - da widerspreche ich einfach mal. Siehe meine
Erläuterung, wie es bei mir letztlich gelaufen ist. Ich habe
die Allgemeinbildung auch erhalten, aber zu einem Zeitpunkt,
als es mich tatsächlich interessiert hat, was der
Elbe-Lübeck-Kanal für die Wirtschaft in den 60iger Jahren
bedeutete (kann sein, dass der Titel des Referats geringfügig
anders war :wink:.

Der letzte Satz zeigt, dass du für dieses Thema wohl immer noch nicht alt genug bist *fg*

Ebenso kenne ich durchaus viele Kinder, die sich in ihrer
Freizeit damit beschäftigen Staudämme zu bauen. Warum kann so
etwas nicht im Unterricht sehr viel mehr einfließen? Das sind
nur kleine Beispiele von mir. Ich möchte damit nur sagen, dass
es für alles seine Zeit gibt.

Und wofür soll es gut sein, zu wissen, wie man Staudämme baut?!

Mit 18 habe ich dann auch gern Buch- und Bildinterpretationen
geschrieben. Da war ich halt so weit.

Ja, das ist eine tolle Ausrede „ich war einfach noch nicht soweit“. Kann man ja immer bringen :smile:

Es geht nicht darum, dass ich das hätte tun können. Ich habe
es ja getan. Es geht mir darum, SCHULE ansich nicht als
Schreckgespenst erscheinen zu lassen. Und für mich und
sicherliche viele andere im Alter zwischen sagen wir mal 13/14

  • 17/18 ist Schule notwendiges Übel, aber nichts, womit man
    sich gern beschäftigt.

Bei dir vielleicht, ich kenne viele, die Schule (13/14-17/18) nicht ganz so schlimm fanden.

Gruß
Steffie

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Hallo,
nur ein kurzer Gedanke dazu:

nicht die Bildungspläne müssen reformiert werden, sondern die Köpfe der Eltern. Für einen Schüler wäre es ein Bestrafung, nach der 10. Klasse erstmal „pausieren“ zu müssen, für andere aber genau das Richtige. Wer nicht mehr begierig auf Theorie ist, kann ja eine praktische Ausbildung machen und sich nach deren Abschluss entscheiden, ob er sich in unserem vielseitigen Schulwesen um die Hochschulreife bemüht. Letztlich entscheiden beim 16jährigen Schüler die Eltern über diese Alternative.
Zwei meiner eigenen Kinder gingen diese unterschiedlichen Wege und sind/waren darüber nach eigener Aussage glücklich.
Mit Gruß von claus

Hallo Claus,

nicht die Bildungspläne müssen reformiert werden, sondern die Köpfe der Eltern.

dann aber bitte auch die Zahlungsverpflichtungen. Ich habe meine Tochter gerne ernährt, konnte es mir auch trotz Minimalunterhalt ihres Vaters leisten.

Aber in der Schule pausieren und trotzdem weiter Unterhalt finde ich daneben. Immerhin sind Schule und ggf. Studium die „Arbeit“ der Kinder.

Gruß, Karin

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Hallo,

ich finde die Idee hervorragend - und Du bist nicht die Erste, die diesen Gedanken nachgeht.

Menschen in der Pubertät durchlaufen einen äußerst prägenden Lebensteil. Gerade die Jugendlichen, die Schwierigkeiten haben (wegen Bockigkeit, fehlender Konzentration, einseitiger Erziehung oder „falschen“ Vorbildern" zu zwingen sich auf kognitive Dinge zu konzentrieren, ist einen Schuß in den Wind. Da sollte man sie lieber für zwei Jahre „Entschulen“ und auf in das praktische Leben schicken (Handwerk, Landwirtschaft, Pflege, Kunst) und dann anschließend wieder in die Schule schicken. So lernen sie die Schule wieder schätzen und haben wirklich etwas gelernt.

Die zwei nicht unwesentliche Probleme sind dabei: (1) die furchtbar unflexibele und langwegige Schulpolitik und die Tatsache, dass nicht alle Jugendliche zeitgleich die Pubertät erleben und zudem längst nicht alle während der Pubertät kognitiv unzurechnungsfähig sind.
Früher (vor Guttenberg) hätte man vielleicht die Bundeswehr / Sozialdienstzeit in die 8./9. Klasse legen sollen…

Viele Grüße

Moin Chili,

ich finde die Idee hervorragend - und Du bist nicht die Erste,
die diesen Gedanken nachgeht.

Das freut mich.

Die zwei nicht unwesentliche Probleme sind dabei: (1) die
furchtbar unflexibele und langwegige Schulpolitik und die
Tatsache, dass nicht alle Jugendliche zeitgleich die Pubertät
erleben und zudem längst nicht alle während der Pubertät
kognitiv unzurechnungsfähig sind.

Nr. 1 ist sicher eines der größten Probleme. Immerhin gibt es ja Projekte wie „Schule unter Segeln“, was ich absolut großartig finde. Davon sollte es viel mehr geben und vielleicht gilt es, hier anzusetzen.

Am meisten interessiert mich die psychologische Seite daran. Was könnte es für die Gesellschaft bedeuten, wenn nicht herangezüchtete Streber mit 18 die Unis stürmen, sondern junge Menschen, die eine gewisse Lebenserfahrung sammeln durften. Bei manchen Ärzten, die mich in unserer Klinik umgeben wird mir Angst und Bange. So jung, so wenig Erfahrung, teilweise geringe Empathiefähigkeit. Und diese sollen dann Todkranken zur Seite stehen oder deren Angehörigen den Tod erklären. Das ist nur ein Beispiel.

Problem 2 finde ich gar nicht so dramatisch. Bedeutet halt noch mehr Individualität. Und ermöglicht eher einen fließenden Vorgang. Nicht ganze Klassenzüge fallen aus. Aber natürlich macht es das nicht wirklich leichter und preiswerter (wohl das heute größte gesellschaftliche Problem, Bildung muss ja kostenoptimiert sein).

Früher (vor Guttenberg) hätte man vielleicht die Bundeswehr /
Sozialdienstzeit in die 8./9. Klasse legen sollen…

ja - naja halte ich jetzt durchaus für kritisch. Die BW ist ja nun doch auch prägend und so manch ein 19/20 jähriger hat das nicht gut überstanden. Ob das dann das richtige für eine wichtige Orientierungszeit wäre, bin ich mir nicht wirklich sicher. Aber heutzutage gäbe es ebenfalls reichlich Möglichkeiten. Wir brauchen nach wie vor Hilfe in den Kitas, Krippen, in Alten- und Pflegeheimen, in Sozialstationen… etc. pp.

Grüße zurück
A.A.

Hallo,

Du hast sicher Recht, dass Allgemeinbildung die Grundlage für jedes weitere Verständnis ist.
Die Frage ist ja nur nach dem Timing und nicht die Allgemeinbildung abzuschaffen.
In der pubertären Phase wäre ein praktisches Arbeiten, Handwerk, Sport sicher effektiver, um dann wieder die Schullaufbahn abzuschließen.

Die „Drohnen“ werden hier und mit dem bestehenden System gezüchtet: alle sollen unter die Käseglocke passen und möglichst schnell ins Berufsleben einsteigen. Das Einschulungsalter ist nach vorne gezogen (hier in Berlin sogar mit 5 3/4), die gymnasiale Oberstufe ist um ein Jahr gekürzt worden und das damals oft never-ending-Dipl. ist in Bachelor und Master straff organisiert. So sitzen Kinder in der ersten Klasse, die eigentlich noch gar nicht richtig sitzen und zuhören können. Die Entscheidung, welche Schullaufbahn „gewählt“ wird, wird gefällt, wenn das Kind 9-10 Jahre alt ist (gerade bei Jungs ein Alter, wo die Energien woanders hinkochen) - und dann nochmal die der MSA am Gipfel Normalverteilung der Pubertät. Das Timing ist, um es vorsichtig zu formulieren etwas ungünstig. Am Ende stehen dann da furchtbar junge Menschen mit einem Abitur in der Tasche (hier schlimmsten / bestenfalls mit 15!) und mit 21 ein abgeschlossenes Studium. Es ist schon möglich, dass dies einfach die Entwicklung widerspiegelt - Kinder lernen heute schneller als „früher“. Was heute in der zweiten Klasse gelehrt wird, hatte meine Mutter in der 5. Klasse. Demgegenüber steht ein Bildungssystem, das marode ist und auf dem alle schimpfen - kein Geld - für Klos, vernünftiges Lehrmaterial, vernünftiges Essen, schlecht ausgebildete und unmotivierte Lehrer und Reformen, die plötzlich wie giftige Pilze aus dem Schulamt sprießen (z.B. JüL) oder von irgendwelchen Lehrern verbreitet werden (z.B. Schreiben nach Gehör).

Außer Finanzen und Organisatorisches Geschick spricht nichts dagegen Schüler zwischen 14/16 in eine Praxis zu schicken. Wie wertvoll ist es im Ausland zu arbeiten oder zu lernen (andere Familie, andere Kultur) – das könnte zentral geregelt werden ohne Kosten für die Eltern – ein Jugendlicher, der Schafe gehütet hat, Ställe ausgemistet, alten Leuten den Po abgewischt hat oder einen Tanzabend für Behinderte organisiert hat – der ist kein Drohne.

Wenn ein 25-Jähriger Arzt einem Sterbepatienten mit unreifen und nicht-mitfühlenden Worten den Verlauf der Krankheit erläutert, dann pfeiffe ich auf seine Allgemeinbildung und hätte mir gewünscht, er hätte vorher etwas vom Leben und von den Menschen gelernt.

Man könnte vorsichtig gesagt behaupten, dass wir noch kein funktionierendes und halbwegs effektives Bildungssystem haben. Es befindet sich in den Kinderschuhen und leider anscheinend auch in Händen von Leuten, denen es an Bildung fehlt.

Zum Latein: dies ist in manchen Schulen durchaus Pflichtfach. Zu der Zeit als die UP 16 war vermutlich mehr als heute, aber ich kenne einige Gymnasien hier in Berlin, wo Latein Pflichtfach ist.

Viele Grüße

Ich bin ganz bei dir, was das Timing angeht. Lediglich die Beispiele die der TE brachte fand ich problematisch.

Das das Deutsche Schulsystem daraus ausgelegt ist, sozial zu selektieren und das Ziel hat eine ungebildete Unterschicht zu schaffen, kann wohl kaum jemand anzweifeln. Das es keine besonders tolle Idee ist, die Bildung so zu straffen wohl auch.

Aber Bildung in nützliche und nutzlose einzuteilen, dass ist es was mich hier ein wenig ärgerte.

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Aber Bildung in nützliche und nutzlose einzuteilen, dass ist
es was mich hier ein wenig ärgerte.

Hättest Du die Güte, mir aufzuzeigen, wo ich DAS getan habe?

Stattdessen musste ich Referate über den Absolutismus, Lateinvokabeln lernen und
Interpretationen über irgendwelche scheußliche Kunst schreiben… alles völlig realitäts- und
lebensfern.

Was realitäts- und lebensfern ist, und daher an der Schule gelehrt wird, sollten halt keine Kinder entscheiden. Vielleicht auch einige Erwachsene nicht. :smiley: