Bestatterin

Hallo,

nachdem ich mich nun doch getraut habe, mich mit dem zu „outen“ was ich bin, möchte ich auch zu dem Thema mal eine Frage in die Runde werfen. Wie empfindet/betrachte ihr die Tätigkeit des Bestattens. Ist dies aus eurer Sicht eher ein „männlicher“ Beruf? Von Beginn meiner Tätigkeit an bin ich oft Erstaunen und Erleichterung begegnet, wenn ich da plötzlich als Frau stand. Außerdem beobachte ich, daß mehr und mehr Frauen von sich aus diesen Beruf ergeifen oder zumindet dies in Erwägung ziehen.

Bin gespannt auf eure Meinung

Gruß

Avera

Hallo,

nachdem ich mich nun doch getraut habe, mich mit dem zu
„outen“ was ich bin, möchte ich auch zu dem Thema mal eine
Frage in die Runde werfen. Wie empfindet/betrachte ihr die
Tätigkeit des Bestattens. Ist dies aus eurer Sicht eher ein
„männlicher“ Beruf?

ich denke, daß es an dem Beruf nichts gibt, was ihn passender für das eine oder andere Geschlecht macht, soweit ich einen Überblick über die Tätigkeiten und Anforderungen habe. Wer Freude dran hat, soll’s machen, als Kunde wär’s mir sowieso egal und als Angehöriger auch, ob da Männlein oder Weiblein auftaucht. Hauptsache, der Job wird ordentlich gemacht.

Gruß,

Malte.

PS: Mal wieder eine nette Anekdote aus dem Rettungsdienst: in meinem ehemaligen Nachbarkreis war es üblich, daß die Bestatter Werbung bei den Rettern gemacht haben - natürlich unter der Hand, hier mal ein paar Werbegeschenke, da mal ein „fahrt doch zum Mittagessen da und da hin, ‚der lädt Euch ein‘“. Das wurde soweit geduldet (hat auch nicht so wirklich funktioniert für den Bestatter :smile:), aber als der Bestatter dann überlegte, doch Werbung auf den Fahrzeugen zu machen „Rettungsdienst 112 - powered by Bestattungen XYZ“ wurde dem dann doch Einhalt geboten *ggg*

Hallo,

ich denke, daß es an dem Beruf nichts gibt, was ihn passender
für das eine oder andere Geschlecht macht, soweit ich einen
Überblick über die Tätigkeiten und Anforderungen habe. Wer
Freude dran hat, soll’s machen, als Kunde wär’s mir sowieso
egal und als Angehöriger auch, ob da Männlein oder Weiblein
auftaucht. Hauptsache, der Job wird ordentlich gemacht.

Jepp, dem kann ich nur beipflichten. Natürlich hängt in den Köpfen immer noch das Bild vom männlichen Bestatter, auch in meinem, das wird sich aber ändern. Ich kann mich noch entsinnen, daß in meiner Jugend (hach, ich alter Sack ich…) allen Ernstes kontrovers darüber diskutiert wurde, ob eine Frau wirklich als Moderatorin des Sportstudios tauge - heute fragt da keiner mehr nach.
Und wenn es nach einem „habeamus Papam“ in ferner Zukunft mal in einem Nebensatz ganz am Ende heißt: „Ach übrigens, sie ist schwarz“ dann könnten wir nahe am Ziel sein.

Gruß
Bernd

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Find ich jetzt absolut neutral. Für mich wär’s aber nichts :wink:

Hallo Malte,

ich denke, daß es an dem Beruf nichts gibt, was ihn passender
für das eine oder andere Geschlecht macht, soweit ich einen
Überblick über die Tätigkeiten und Anforderungen habe.

Das finde ich durchaus interessant, denn bisher habe ich doch immer eher Aussagen in die eine oder die andere Richtung erhalten. Die Reaktion meiner Kunden war auch oft so, daß sie es als überaus angenehm empfanden, daß eben nicht der „typische“ Mann im schwarzen Anzug vor ihnen saß. Im Hinblick auf versch. körperlich herausfordernde Aufgaben (Sarg tragen, Überführungen usw.), bin ich sicherlich als Frau eher auf Hilfe (auch „zugekaufte“) angewiesen. Aber an dieser Stelle „proviziere“ ich gern auch ein wenig und stelle mal die Hypothese auf, daß „wir“ Frauen doch irgendwie näher am Thema sind, u.a. durch größere Bereitschaft Gefühle zuzulassen und mitzuempfinden.

Wer Freude dran hat, soll’s machen, als Kunde wär’s mir sowieso
egal und als Angehöriger auch, ob da Männlein oder Weiblein
auftaucht. Hauptsache, der Job wird ordentlich gemacht.

Was heißt für Dich „ordentlich“? Sachlich, zügig, korrekt oder würdest Du auch Wert darauf legen, in Deinen Gefühlen von Trauer, Schmerz oder Schock angenommen zu werden, d.h. beim Gespräch nicht coller sein zu müssen als Du es angesichts der Umstände bist?

Gruß,

Avera

PS: Zu Deiner Anekdote: In unserem fiesen Bestatterhumor haben wir früher Rettungssanitäter gern als unsere „natürlichen Feinde“ bezeichnet :wink:

PS: Mal wieder eine nette Anekdote aus dem Rettungsdienst: in
meinem ehemaligen Nachbarkreis war es üblich, daß die
Bestatter Werbung bei den Rettern gemacht haben - natürlich
unter der Hand, hier mal ein paar Werbegeschenke, da mal ein
„fahrt doch zum Mittagessen da und da hin, ‚der lädt Euch
ein‘“. Das wurde soweit geduldet (hat auch nicht so wirklich
funktioniert für den Bestatter :smile:), aber als der Bestatter
dann überlegte, doch Werbung auf den Fahrzeugen zu machen
„Rettungsdienst 112 - powered by Bestattungen XYZ“ wurde dem
dann doch Einhalt geboten *ggg*

Hallo,

ich denke, daß es an dem Beruf nichts gibt, was ihn passender
für das eine oder andere Geschlecht macht, soweit ich einen
Überblick über die Tätigkeiten und Anforderungen habe.

Im Hinblick
auf versch. körperlich herausfordernde Aufgaben (Sarg tragen,
Überführungen usw.), bin ich sicherlich als Frau eher auf
Hilfe (auch „zugekaufte“) angewiesen.

Es gibt auch zierliche Männer, die das müssen. Sicher, Männer bieten im Schnitt etwas mehr Muskelkraft, aber entscheidend ist, daß die Aufgabe erfüllt wird. Wenn Du das mit „zugekauften“ Kräften machst und sich das wirtschaftlich lohnt - ist doch prima. ICh steck da nicht tief genug drin, um das beurteilen zu können. Ich will als Betroffener, daß Du den Sarg heile rausschaffst, und das mit einem gewissen Anstand. Wie das genau passt, ob Du da ein halbes Dutzend Studenten für engagierst oder so, ist mir egal, solang die sich benehmen können.

Aber an dieser Stelle
„proviziere“ ich gern auch ein wenig und stelle mal die
Hypothese auf, daß „wir“ Frauen doch irgendwie näher am Thema
sind, u.a. durch größere Bereitschaft Gefühle zuzulassen und
mitzuempfinden.

Das ist nicht unbedingt das, was ich als Hauptaufgabe eines Bestatters sehe, aber das mag der Masse anders gehen.

Wer Freude dran hat, soll’s machen, als Kunde wär’s mir sowieso
egal und als Angehöriger auch, ob da Männlein oder Weiblein
auftaucht. Hauptsache, der Job wird ordentlich gemacht.

Was heißt für Dich „ordentlich“? Sachlich, zügig, korrekt oder

Das in erster Linie. Zu „korrekt“ gehört für mich desweiteren, daß er die Extremsituation seiner Kunden nicht ausnutzt, um übermäßigen finanziellen Profit daraus zu ziehen. Ehrliche Arbeit soll ehrlich bezahlt werden, aber bitte nicht abzocken.

würdest Du auch Wert darauf legen, in Deinen Gefühlen von
Trauer, Schmerz oder Schock angenommen zu werden, d.h. beim
Gespräch nicht coller sein zu müssen als Du es angesichts der
Umstände bist?

Natürlich ist mir das wichtig, aber ich glaube auch da nicht an geschlechtsbezogene Unterschiede. Für meine Seelsorge ist nicht der Bestatter verantwortlich, dafür hab ich meinen persönlichen Notfallseelsorger, der hat das gelernt :smile: In dieser Hinsicht erwarte ich von einem Bestatter lediglich, daß er Profi genug ist, mit seinem Benehmen nicht in irgendwelche Fettnäpfchen zu treten. Ich erwarte also in erster Linie, daß er sich maximal im Hintergrund bewegt, möglichst dezent seine Arbeit macht. Einfühlsam ja, aber zurückhaltend.

Ich kann mir jedoch gut vorstellen, daß viele Leute sich auch etwas Seelsorge vom Bestatter wünschen - da würde ich es als professionell erachten, wenn er (oder sie :wink:) eine Art „Erste Hilfe“ leistet und dann zügig auf weiterführende Angebote verweist, vielleicht sogar dabei hilft, diese in Anspruch zu nehmen. Es gibt da ja eine ganze Menge, Kriseninterventionsteams, Notfallseelsorger, „normale“ Angebote aus geistlicher Ecke und auch genügend nicht-religiöse Anbieter.

PS: Zu Deiner Anekdote: In unserem fiesen Bestatterhumor haben
wir früher Rettungssanitäter gern als unsere „natürlichen
Feinde“ bezeichnet :wink:

Das hat jener Bestatter anders gesehen :wink: Zunächst stimmt das zwar, aber andererseits waren wir auch oft diejenigen vor Ort, die die entsprechende Seite im Telefonbuch aufgeschlagen haben o.ä. - es war uns zwar untersagt, Empfehlungen auszusprechen, aber wenn man nunmal gerade die Karte vom einen Unternehmen dabei hat und die vom anderen nicht und kein Telefonbuch in der Nähe ist… Wenn ich die Telefonnummer von einem Bestatter im Kopf habe und von anderen nicht, dann werde ich nicht lügen, wenn ich von Angehörigen gefragt werde, was sie denn jetzt tun können.

Gruß,

Malte.

Moin,

ja, ich würde eine Bestatterin vorziehen. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass insbesondere Frauen, die sich in eher „typischen Männerberufen“ erfolgreich durchsetzen, meistens um Klassen besser sind, als ihre männlichen Berufsgenossen.

Gruß
Marion

Hallo Avera,

für mich wäre der Beruf absolut nichts. Ich finde Beerdigungen zum davonlaufen und gehe nur, wenn ich wirklich muss. Ich sag mir immer, die kommen ja zu meiner auch nicht :wink: *zwinker
Ich muss auf jeder Beerdigung heulen, ich glaube, ich müsste auch heulen, wenn ich den Verstorbenen gar nicht kenne. Von daher könnte ich mich als „Klageweib“ wohl eher anbieten.

Aber nun mal zur Sache. Ich gehe mal davon aus, dass Du nicht zu emotional bist, denn wenn der Bestatter mit weint, das wäre mir schon unangenehm. Ansonsten, wäre es mir egal. Es ist eine Dienstleistung, die man ungern in Anspruch nimmt und ist ja (meistens) mit großer Trauer verbunden. Vielleicht wäre es mir bei einer Frau nciht ganz so peinlich, wenn ich in Tränen ausbreche. Ich kann mir auch vorstellen, dass von einer Frau evtl. mehr Trost zu erwarten ist. Aber in erster Linie glaube ich, dass es einfach dass es auf die Leistung ankommt und die kann eine Frau gewiss genausogut.

Es ist wohl schon ein eher „männlicher“ Beruf, eben weil man meistens Männer zu Gesicht bekommt. Ich sehe aber wirklich keinen Grund, warum ihn eine Frau nicht ausüben können sollte.

Mir wärs zwar nichts, …obwohl, man hat ruhige Kunden *schwarzer Humor off

Grüße

Sarah

Hallo,

Und wenn es nach einem „habeamus Papam“ in ferner Zukunft mal
in einem Nebensatz ganz am Ende heißt: „Ach übrigens, sie ist
schwarz“ dann könnten wir nahe am Ziel sein.

Na, das geht ja nicht, weil Frauen immer noch eher die Kirche (natürlich kostenlos) putzen. Ich glaube, solange hält die Erde nicht durch

Gruß
Sarah

Hallo Avera,

mein Mann hat ja auch einige Jahre in der Branche gearbeitet - und steht ihr noch sehr nah:smile:! Ich finde gar nicht, dass das so ein reiner Männerjob ist. Ich kenne mehrere Bestatterinnen, die teilweise selbstständig, teilweise im Familienbetrieb arbeiten. Die Nachbarin meiner Schwiegereltern hat ein ganz traditionsreiches Unternehmen in Berlin geleitet, das soweit ich weiß drei Generationen immer von Mutter zu Tochter weiterging. Traditionell sind ja sehr viele Bestattungsinstitute immer noch Familienbetriebe, und die Frauen, von denen ich weiß, arbeiten dort auch nicht nur in der Buchhaltung, sondern machen alles - vom Trauergespräch bis zur Totenwaschung (was ja traditionell früher sowieso Aufgabe der Frauen war, bis sich der Beruf „Bestatter“ herausbildete, Stichwort „Leichenwäscherin“). Insofern sehe ich dich da in bester Gesellschaft und guter Tradition:smile:!

Viele Grüße,

Barbara

Hallo Avera,

ich als Frau würde es als sehr angenehm empfinden, wenn ich Angehörige verliere und als Ansprechpartner eine Bestatterin habe, und zwar genau aus den Gründen die du anführst: frau traut frau mehr Mitgefühl auf emotionaler Basis zu.

Ist vielleicht ein bißchen so wie dass ich viele Jahre lang auch viel lieber zu einer Frauenärztin gegangen bin und heutzutage zu einer Neurologin statt einem männlichen Exemplar.

Obwohl es andererseits auch ganz angenehm ist, dass Bestatter/innen eben NICHT Beileid aussprechen (hab ich mal in einem Bericht gehört dass das so wäre), sondern eher auf Abstand und der geschäftlichen Ebene bleiben - so reißt man sich selbst auch mehr zusammen und verliert nicht so schnell die Fassung.

Gruß Carolin

Hallo Avera,

dieser „Beruf“ kann doch für beide Geschlechter sein. Wenn Beruf von Berufung kommt paßt das doch. Auch wenn das heute mit der Berufung nicht mehr weit her ist.
Eine Frau als Bestatterin. Wir haben den Bestatter bisher nur für den Transport und das Beschaffen der Beerdigungs-Utensilien gehabt. In unserer Familie ist das waschen des (der) Toten aber Frauensache. Frag mich nicht warum, ich weiß es nicht. In der Altenpflege ist es doch ähnlich. Manchmal denke ich je mehr das Leben seinem Ende zugeht, desto mehr ist „Frau“ gefragt. Da sicherlich weil es bei den meisten sehr emotional zugeht.
Ich finde es gut wenn Du diese Arbeit machst, und wenn sie Dir Spaß macht.

Gruß Norbert
P.S. Ich bin nicht der Meinung das dies Frauensache ist. Ich halte nur fest, daß dies bei uns so ist. Die Hintergründe könnten in den Kriegen liegen. Da waren kaum Männer im Dorf und die Bestattung wurde überwiegend von Frauen ausgeführt.

Hallo Norbert,

früher waren es immer die Frauen, die ein neues Menschlein bei der Geburt empfangen haben (neben der Schwangeren *gg* meine ich da vor allem die Hebammen) - und am Ende jedes Menschenlebens haben sie auch meist die Totenwaschung übernommen. Da schließt sich ja irgendwie der Kreis.:smile: In jeder Gemeinde gab es Hebammen und Totenwäscherinnen (natürlich machten das auch die Frauen der Familie).

In größeren Bestattungsunternehmen sind die Totenwäscher heute aber meist Männer. Deine Beobachtung würde ich so nur für die Familienunternehmen unterstreichen (die aber in Deutschland den Markt dominieren).

Viele Grüße,

Barbara

unpassend
Eines der wichtigsten Attribute des klassischen Bestatters ist die Emotionslosigkeit. Es darf ihm nichts ausmachen, Leichenteile von der Autobahn aufzusammeln und verwesende Wasserleichen aufzubereiten (man sollte ja nicht annehmen, dass die einzige Aufgabe des Bestatters darin besteht, Särge zu verkaufen und Beerdigungen zu organisieren). Ist es tatsächlich ein weibliches Manko, das Frauen diese Eigenschaft weniger an den Tag legen als Männer? Aus dem selben Grund dürfte der Männeranteil unter Schlachtern und Pathologen bzw. Gerichtsmedizinern - überwiegen. Das wertet doch die Frau aber eher auf als ab - oder sehe ich das falsch?

Gruß Tom

Hallo Tom,

Du bringst da natürlich ein interessantes Argument. Allerding behaupte ich, daß die Leute, die die Leichenteile von der Autobahn klauben emotionslos sind. Sie sind wohl eher in der Lage, ihre Emotionen für den Moment in den Hintergrund zu stellen. Das muß ich ebenfalls, wenn ich einen Abschied am offenen Sarg vorbereiten muß bei einem Menschen, der es vorgezogen hat, seinem Leben ein Ende zu setten, in dem er sich aus dem 11. Stock wirft. Aber ich weiß was Du meinst und in der Tat scheinen Männer hier eher die Fähigkeit zu haben, emotional abschalten zu können.

Meine Frage bezog sich auch mehr auf den Gesamtaspekt, also der Kontakt mit den Toten, der Kontakt mit den Lebenden. Und zu letzterem gehört ebenso der Verkauf von Särgen etc. wie die Art und Weise in der das stattfindet.

Gruß

Avera

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Avera,

mit „Frau“ und „weiblich“ verbinde ich Schönheit, Wärme, Leidenschaft, Leben - und eben Emotion. Das Alles passt nicht zu Todesfall und Bestattung. Mein Vater sagte immer ‚heirate nie eine Krankenschwester‘ - wobei er wohl glaubte, Krankenschwestern können angesichts täglich erlebter Leidensgeschichten nicht mehr genügend Feinfühligkeit für Ihren Mann aufbringen. Ähnlich dürften seine Ansichten über Bestatterinnen ausgefallen sein, und ich gebe zu, dass ich mich dem anschließe.

Gruß Tom

Hallo Tom,

ich bin mir nicht sicher, ob Du das was Du schreibst wirklich so meinst, oder mich nur aus der „Reserve“ locken willst. Wie auch immer.

Wenn es um den Tod eines Menschen geht, der uns nah standt, dann stecken wir voll in Emotionen. Und zwar keinesfalls nur in Trauer und Schmerz, auch wenn diese wohl überwiegen werden. Da gibt es Angst, da gibt es Wut und Zorn und sogar Liebe und Dankbarkeit. Der Tod und alles was mit seiner „Organisation“ und Verarbeitung zu tun hat, ist mithin das emotionalste in das wir geraten können.

Wenn wir den Tod eines anderen erleben kann uns das, wenn wir es nur zulassen, so sehr mit dem Leben rückverbinden, daß wir für dieses Erlebnis nur dankbar sein können.

Eine Trauerfeier hat, naturgemäß mit Abschied und Trauer zu tun. Sie ist aber immer auch eine Feier, in der der verstorbene Mensch nocheinmal geehrt werden kann, in der auch freudvolle und liebevolle Anekdoten aus dessen Leben ausgesprochen werden können und m.E. auch sollen. Eine Abschiedsstunde in der sich in aller Trauer auch noch einmal das Herz ganz weit öffnen kann.

Also: Tod-Abschied-Emotionen, ich kann da keine Widersprüche oder übermäßige Gegensätzlichkeiten finden.

Für mich ist der Beruf der Bestatterin wesentlich viel mehr als nur das Verkaufen von Särgen. Ich bin eine der ersten, die mit den Hinterbliebenen zu tun hat und da ist Wärme und Leben gefordert, um ihnen entgegenzutreten zu können und sie, im Rahmen meiner Möglichkeiten auch mal ein wenig aufzufangen. Gerade dadurch, daß ich eine Frau bin und man mich, wie Du ja auch, viel näher an dem Schönen und den Gefühlen ansiedelt, habe ich auch andere Möglichkeiten mit meinen Kunden umzugehen, als die meisten Männer. Wobei ich nicht ausschließen will, daß auch Männer diese Fähigkeit haben, sie haben sie nur nicht so geschult und können sie deshalb nicht mit dem gleichen Selbstverständnis einsetzten.

Auch wenn ich eine Reihe von Kollegen kenne, auf die Deine Einschätzung über Bestatter teilweise zutrifft, stört mich Deine generelle Einkategorisierung: Bestatter=emotionslose Zombies.

Ich bin weiblich, habe Wärme und Leidenschaft und stehe mitten im Leben. All das hilft mir, eine gute Bestatterin zu sein.

LG

Avera

PS: nach allem was ich gehört habe, sollen Krankenschwestern ganz besonders leidenschaftliche Frauen sein :wink:). Vielleicht weil sie durch das viele Leid und den vielen Schmerz den sie sehen, so zurück ins Leben finden…

mit „Frau“ und „weiblich“ verbinde ich Schönheit, Wärme,
Leidenschaft, Leben - und eben Emotion. Das Alles passt nicht
zu Todesfall und Bestattung. Mein Vater sagte immer ‚heirate
nie eine Krankenschwester‘ - wobei er wohl glaubte,
Krankenschwestern können angesichts täglich erlebter
Leidensgeschichten nicht mehr genügend Feinfühligkeit für
Ihren Mann aufbringen. Ähnlich dürften seine Ansichten über
Bestatterinnen ausgefallen sein, und ich gebe zu, dass ich
mich dem anschließe.

Gruß Tom

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Hab ich nicht behauptet…

Deine generelle Einkategorisierung: Bestatter=emotionslose
Zombies.

…und diese Kategorisierung nicht vorgenommen. Aber sei doch mal ehrlich: Kannst du nach dem täglichen Umgang mit Gevatter Tod Abends einfach so abschalten und zum „gemütlichen Teil“ übergehen?

Gruß Tom

Hallo, Tom

…Mein Vater sagte immer ‚heirate
nie eine Krankenschwester‘ - wobei er wohl glaubte,
Krankenschwestern können angesichts täglich erlebter
Leidensgeschichten nicht mehr genügend Feinfühligkeit für
Ihren Mann aufbringen.

das finde ich kurios.

Wenn man diese Theorie auf andere Berufe anwendet:

  • Juristen, Polizisten missachten privat die Gesetze
  • Fleischer/ Metzger/ Fleischfachverkäufer sind privat Vegetarier
  • Erzieher/ Kindergärtner mögen privat keine Kinder
  • EDV-Fachleute benutzen privat Rechenbrett und Bleistift
  • Elektriker benutzen privat Kerzen und kochen mit offenem Feuer
  • Köche essen privat rohes Fleisch und Gemüse
  • Bauern ernähren sich privat von Fastfood
    etc…

Gruß
karin

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Hallo Barbara,

ja stimmt, auch das mit der Geburt. Danke für Deinen Hinweis. Mit meiner Erfahrung meinte ich aber meine Familie. Kein Unternehmen. Wir sind in allen möglichen Handwerksbereichen tätig.

In größeren Bestattungsunternehmen sind die Totenwäscher heute
aber meist Männer. Deine Beobachtung würde ich so nur für die
Familienunternehmen unterstreichen (die aber in Deutschland
den Markt dominieren).

Schade, daß man sich in Deutschland nicht bestatten lassen kann wie man möchte. z.B. auf dem eigenen Land, im Leinentuch, usw. Ja selbst das Aufbahren und Abschied nehmen, geht nur mit starkem Druck. Wenn man den Toten 2 Tage im Haus behalten möchte.
Da sind mir die Bestattungsunternehmen und die Politik ein Dorn im Auge. Aber zum Glück gibt es andere Wege.

Gruß Norbert