Bettelbriefe legal?

Hallo,

es kommt ja immer wieder vor, dass man sog. Bettelbriefe aus dem Briefkasten zieht. Dass Vereine Spenden sammeln dürfen ist klar, aber wie sieht es mit Privatpersonen aus? Ich meine, dass man als Privatperson keine „Spenden“ nehmen darf, zumindest ist es einem nicht möglich, Spendenbescheinigungen auszustellen. Aber sind Zettel mit angenommenem Wortlaut „Falls Sie Lust haben können Sie ja ein bisschen Geld auf xxxx Konto überweißen“ erlaubt, wenn es sich hier um ein reines Privatkonto handelt?

Wie sieht es aus, wenn auf einem derartigem Schreiben falsche Sachen stehen? Also zum Beispiel: „Weil mein Fernseher gestern explodiert ist“, derjenige aber nie einen Fernseher hatte? Wäre es möglich gegen sowas juristisch vorzugehen?

Hallo

Ich meine,
dass man als Privatperson keine „Spenden“ nehmen darf

Warum nicht? Wie du schon sagtest, können diese keine Spendenbescheinigung nehmen. Aber ansonsten wüsste ich keinen Grund, wieso du mir nicht mein Lebensunterhalt „spendieren“ könntest.

Gruß
Falke

Moin,

dass man als Privatperson keine „Spenden“ nehmen darf

abasischadoch, was sollte denn dagegen sprechen?

Wie sieht es aus, wenn auf einem derartigem Schreiben falsche
Sachen stehen?

Es gibt nur einen Moment im Leben, wo nicht gelogen werden darf: Als Zeuge vor Gericht, wenn der Protokollführer festgehalten hat, dass kein Recht besteht, die Aussage zu verweigern.

Wäre es möglich gegen sowas juristisch vorzugehen?

Was ist „sowas“? Den Begriff gibt es weder im BGB noch im StGB.

Gruß Ralf

Es gibt nur einen Moment im Leben, wo nicht gelogen werden
darf: Als Zeuge vor Gericht, wenn der Protokollführer
festgehalten hat, dass kein Recht besteht, die Aussage zu
verweigern.

Was ist denn mit den Stichwörtern Betrug und Vortäuschung falscher Tatsachen? Wenn ein Autoverkäufer einen Schaden an einem Gebrauchtwagen verschweigt, dann kann der doch für die Folgen haftbar gemacht werden (meine mich an ein Urteil mit Haftstrafe erinnern zu könnne, nach einem tödlichen Unfall wegen eines verschwiegenen Fahrwerkschadens).

Kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass es keine juristischen Mittel gibt, gegen private Bettelbriefe, die offensichtlich falsche Angaben enthalten, vorzugehen.

Hi, tobidoe,

Was ist denn mit den Stichwörtern Betrug und Vortäuschung
falscher Tatsachen?

Mindestvoraussetzung für Betrug ist ein Geschädigter. Siehst Du irgendwo einen? Und Vortäuschung falscher Tatsachen ist mir als Straftatbestand nicht bekannt, das kenne ich nur als - übrigens nicht strafbewehrtes - Lügen.

Kann mir irgendwie nicht vorstellen (…)

Damit bist Du nicht allein. Genau deshalb wurden BGB und StGB geschaffen, sonst würden wir heute noch Hexen verbrennen.

Gruß Ralf

Hallo!
Die Aussage, dass das „Lügen“ - abgesehen von Zeugenaussagen - keine Rolle spielen würde, kann man so nicht stehenlassen.

Was ist denn mit den Stichwörtern Betrug und Vortäuschung
falscher Tatsachen?

Mindestvoraussetzung für Betrug ist ein Geschädigter. Siehst
Du irgendwo einen?

Ja. Wenn jemandem unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Geld abgeknöpft wird, ist dieser Jemand Geschädigter.

Und Vortäuschung falscher Tatsachen ist
mir als Straftatbestand nicht bekannt, das kenne ich nur als -
übrigens nicht strafbewehrtes - Lügen.

Wenn man sich durch dieses Vortäuschen falscher Tatsachen einen Vermögensvorteil verschafft (durch Schädigung eines anderen - und einen Geschädigten haben wir ja, siehe oben), nennt man das Betrug - http://dejure.org/gesetze/StGB/263.html.
Grüße, Peter

Ja. Wenn jemandem unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Geld
abgeknöpft wird, ist dieser Jemand Geschädigter.

Er gibt ja freiwillig etwas.

Wenn bei einem Kauf der Verkäufer ein minderwertiges Produkt für ein höherwertiges ausgibt, betrügt er den Käufer um den Mehrpreis des höherwertigen Produktes, das er zwar bezahlt, aber nicht erhält.

Was aber ist das Produkt/die Gegenleistung eines Bettlers?

LG
Stuffi

Hallo,

wenn gespendet wird weil man davon ausgeht das die Person nichts zu essen hat, weil die es einem selbst gesagt hat dies aber nicht stimmt wirds wohl betrug sein ! Nur wie weit dies rechtlich verfolgbar ist, keine Ahnung ?! Hier kann man aber an den Absender eine unterlassungserklärung schicken :wink:.

Aber solche Briefe an andere zu schicken ist soweit ich weiss nicht verboten ! Siehe die nervige Werbepost :smile:.

Was mich interessieren würde wie will man das feststellen ob der andere lügt oder net ?

Gruss. Lucian.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi Peter,

alles schön gesagt. Ändert nur nichts daran, dass es nicht um Geld abknöpfen (vulgo Geschäfte machen) geht, sondern um Betteln, also eine freiwillige Gabe. Der Staat hätte viel zu tun, wenn er den Bürgern auch noch das Nein-Sagen abnehmen müsste.

Gruß Ralf

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Kleiner Scherz

Es gibt nur einen Moment im Leben, wo nicht gelogen werden
darf: Als Zeuge vor Gericht, wenn der Protokollführer
festgehalten hat, dass kein Recht besteht, die Aussage zu
verweigern.

Nee, man darf immer dann Lügen, wenn man nicht dabei erwischt werden kann. :wink:

Versuchter Betrug?
Gibt es nicht auch den versuchten Betrug?

Gibt es nicht auch den versuchten Betrug?

Ja. Und was ändert das jetzt?
Gruß
loderunner (ianal)

Na, es war wurde doch auch die Frage aufgeworfen, ob die Behauptungen in dem Bettelbrief überhaupt zutreffen.
Darauf wurde gesagt, der Brief auch mit falschen Behauptungen sei nicht juridizierbar, solange niemand geschädigt wurde.
Als versuchter Betrug wäre er bei falschen Angaben dann doch strafbar.

Gruß
Werner

Als versuchter Betrug wäre er bei falschen Angaben dann doch
strafbar.

Hallo,

wohl falsch. Jura ist leider oft mehr als nur den § lesen! Leider!

Hier gibt es die „Lehre von der sog. Zweckverfehlung“ wonach „Einen Vermögensschaden erleidet auch derjenige, der mit der Weggabe des Geldes einen bestimmten Zweck verfolgt, der infolge einer Täuschung seinem sozialen Sinn nach verfehlt wird (sog. „Spenden- oder Bettelbetrug“)“

Und das man etwas „frei“ weggibt, ist ja gerade Struktur des Betruges. Grob: Geben = Betrug, Nehmen = Diebstahl!

Mfg vom

showbee

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Moin, showbee,

mir scheint, das Thema eignet sich für ein Oberseminar. Wo ist denn der Zweck verfehlt, wenn ich Dir von meinen hungrigen Kindern erzähle und Du mir einen Zehner in die Hand drückst? Mir geht’s besser und Dir kaum schlechter.

Letztlich rutscht die Diskussion in den uralten philosophischen Streit ab, wie viel Dummheit erlaubt sein soll bzw. ob der Staat jedes Maß an Blödheit schützen muss.

Jura ist leider oft mehr als nur den § lesen! Leider!

Ganz am Rande: Lesen ist nicht alles, aber ohne Lesen geht gar nichts. Und das „Leider!“ unterschreibe ich schon gar nicht :smile:))

Noch weiter am Rande (geich fallen wir runter): Den Bettelbetrug scheint es nur in der Sekundär Tertiärliteratur zu geben.

Gruß Ralf

Hallo,

Hier gibt es die „Lehre von der sog. Zweckverfehlung“ wonach
„Einen Vermögensschaden erleidet auch derjenige, der mit der
Weggabe des Geldes einen bestimmten Zweck verfolgt, der
infolge einer Täuschung seinem sozialen Sinn nach verfehlt
wird (sog. „Spenden- oder Bettelbetrug“)“

In der Tat, ich hatte die Sache schon die ganze Zeit hier belustigt gelesen, aber noch nicht die Gelegenheit gefunden mal die Sache mit dem Zweckverfehlungsbetrug anzusprechen. Und der wäre hier im Rahmen einer konkreten Tatausführung tatsächlich wohl gegeben, wobei der Zweckverfehlungsbetrug nicht nur auf die Einwerbung von Spenden beschränkt ist, sondern auch da zu bejahen ist, wo eine tatsächlich erbrachte Gegenleistung nichts mit der versprochenen/vorgespiegelten Gegenleistung zu tun hat (momentan meine Lieblingsfälle die diversen Betrügereien mit hoffnungslos überteuerten Anzeigen in angeblich offiziellen Broschüren von Kommunen, die statt dessen in belanglosen Heftchen mit Minimalauflage erscheinen).

Allerdings sehe ich hier vor der tatsächlichen Strafbarkeit des Tuns noch eine weitere Hürde. Der allgemeine Versand von Bettelbriefen an jedermann in der wagen Hoffnung, dass der ein oder andere hierauf reinfällt, dürfte für einen Versuch noch nicht ausreichend sein, da dieser das Ansetzen zur konkreten Tatausführung verlangt. Ein konkreter Betrug gegenüber einem Einzelnen wird aber durch einen allgemeinen Briefversand noch nicht begonnen. D.h. wir kommen hier in die kuriose Situation einer Straftat ohne Versuchsstadium, da nicht zu erwarten steht, dass es vor einer tatsächlichen Zahlung zu einem persönlichen Kontakt zwischen Täter und dem einzelnen, konkreten Opfer kommt. Fällt jemand auf die Geschichte herein und zahlt, ist der Betrug bereits erfolgreich begangen, werfe ich den Brief einfach weg, weil ich von unlauteren Absichten ausgehe, habe ich streng genommen noch kein Versuchsstadium erreicht.

Hallo,

Noch weiter am Rande (geich fallen wir runter): Den
Bettelbetrug scheint es nur in der Sekundär
Tertiärliteratur zu geben.

Also ich halte den Bundesgerichtshof (Az. 4 StR 331/94) nicht wirklich für eine Sekundär- oder Tertärquelle.
Gruß
Dea

Der allgemeine Versand von
Bettelbriefen an jedermann in der wagen Hoffnung, dass der ein
oder andere hierauf reinfällt, dürfte für einen Versuch noch
nicht ausreichend sein, da dieser das Ansetzen zur konkreten
Tatausführung verlangt. Ein konkreter Betrug gegenüber einem
Einzelnen wird aber durch einen allgemeinen Briefversand noch
nicht begonnen. D.h. wir kommen hier in die kuriose Situation
einer Straftat ohne Versuchsstadium, da nicht zu erwarten
steht, dass es vor einer tatsächlichen Zahlung zu einem
persönlichen Kontakt zwischen Täter und dem einzelnen,
konkreten Opfer kommt.

Hallo Wiz!

tja interessante Frage, aber ich würde hier anders ansetzen. Zum
Versuch würde ich auch tendieren ohne die schadensgleiche
Vermögensgefährdung zu brauchen. Warum sollte man hier kein
unmittelbares ansetzen bejahen? Keine Zwischenakte mehr nötig und
jetzt-gehts-los auch vorliegend. Immerhin gibt der Täter den Ablauf
völlig aus der Hand, wenn er die Briefe zur Post gibt. Es hängt nur
noch vom Zufall ab, ob die Täuschung eintritt oder nicht.

Also ein Versuch (+)!

Mfg vom

showbee

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Wo ist
denn der Zweck verfehlt, wenn ich Dir von meinen hungrigen
Kindern erzähle und Du mir einen Zehner in die Hand drückst?
Mir geht’s besser und Dir kaum schlechter.

Hi!

Ich habs mal Fett gemacht! Der Zweck und das Ergebnis fallen klar
auseinander! Das ist nicht anders in der S-Bahn, wenn der Penner nach
nem Groschen für was zu essen bettelt und dann ein Pilsner kauft.

Ob der Vermögensschaden ein geringer ist, hat nichts mit der
Tatbestandsverwirklichung zu tun, das kommt erst ins Spiel, wenn es
um Anklageerhebung u.o. Strafmaß geht!

Mfg vom

showbee

Hallo nochmal,

tja interessante Frage, aber ich würde hier anders ansetzen.
Zum
Versuch würde ich auch tendieren ohne die schadensgleiche
Vermögensgefährdung zu brauchen. Warum sollte man hier kein
unmittelbares ansetzen bejahen? Keine Zwischenakte mehr nötig
und
jetzt-gehts-los auch vorliegend. Immerhin gibt der Täter den
Ablauf
völlig aus der Hand, wenn er die Briefe zur Post gibt. Es
hängt nur
noch vom Zufall ab, ob die Täuschung eintritt oder nicht.

Also vielleicht verstehen wir die Briefformulierungen/Anreden unterschiedlich. Ich gehe hier von einer Vielzahl identischer Briefe im Sinne einer Postwurfsendung aus. Und da der Betrug kein gemeingefährliches Delikt ist, fehlt es mir da am Ansetzen zur konkreten Tag, also des Betruges im Einzelnen an genau einem konkreten Opfer. Jetzt liegt Strafrecht AT für mich ja schon eine Weile zurück und ist auch wirklich nicht so mein tägliches Geschäft, aber AFAIR reicht es für den Tatbegriff eben nicht aus, so ganz allgemein es auf jedermann abgesehen zu haben. Mit Sturmhaube und Knüppel im Gebüsch zu stehen und den nächstbesten Passanten auszurauben ist ja auch noch kein Versuch.

Aber ich glaube, dass wir da jetzt wirklich in philosophische Erwägungen kommen.

Gruß vom Wiz