Bittere Tränen meines Therapeuten

Hallo,
ich bin neu hier und hoffe, dass ich richtig „gelandet“ bin. Ich fange 'mal so an: Mein Hausarzt ist Arzt u n d Psychotherapeut. Ich war bei ihm in ärztlicher als auch bis vor kurzem in psychotherapeutischer Behandlung. Wir lagen von Anfang an „auf einer Wellenlänge“. Irgendwann kam es zu Umarmungen und zu einem Kuss. Wir sprachen darüber. Er meinte, dass es seine Gegenübertragung gewesen sein musste. Ganz fertig bin ich damit nicht geworden. Ich hätte die Therapie vielleicht schon zu diesem Zeitpunkt beenden sollen, schaffte es jedoch nicht. Bei seiner nächsten Gegenübertragung sagte er Worte, an die er sich nicht erinnerte. Als ich ihn darauf ansprach, stritt er alles ab. Schweren Herzens beendete ich Ende März per Mail (wir hatten oft Mailkontakt) die Therapie und absolviere jetzt die restlichen Stunden bei einer T h e r a p e u t i n. Gestern war ich in seiner Funktion als Arzt in seiner Praxis. Wir hatten beide Tränen in den Augen und schauten uns lange an. Dann sagte er, dass ich zu meiner Therapeutin gehen sollte. Jetzt habe ich einfach so keinen Hausarzt mehr. Seine Tränen belasten mich. Ich glaube, wir haben beide tiefe Gefühle füreinander entwickelt. Warum hat er so reagiert?
Ich hoffe, irgendjemand kann mir weiter helfen.
L G
Hirtenhund

Hast du schon einmal mit jemandem, besonders deiner Therapeutin, darüber gesprochen? Weiß sie davon, was zwischen dir und diesem Arzt / Therapeuten passiert ist?

Es ist völlig normal, dass du so verwirrt bist. Was nicht „normal“, nicht gut ist, ist das, was passiert ist.

Das, was der Therapeut gemacht hat, ist ein schwerer Verstoß gegen therapeutische Grundsätze! Eine natürliche Entwicklung von Gefühlen, gar eine Beziehung auf Augenhöhe ist zwischen Psychotherapeut und Patientin unmöglich und kann bei Patientinnen große Verwirrung, großen Schaden anrichten. Er ist der Profi, er hätte das wissen müssen und weiß das auch. Das zeigt auch sein Versuch, sich über das Stichwort „Gegenübertragung“ aus der Verantwortung zu ziehen. Dass er dich jetzt mit seinen Tränen noch tiefer ins Gefühlschaos stürzt, macht die Sache nur noch schlimmer.

Es ist ganz wichtig, dass du jetzt nur nach dir guckst und auf dich achtest. Verschwende keinen Gedanken daran, was bei ihm los ist.

Unter dieser Rufnummer findest du fachkompetente Beratung für diese Situation (auch wenn du nicht aus Köln kommst)
http://www.gesundheitsladen-koeln.de/index.php?pg=19

Das ist ein ganz klarer Verstoß gegen das Berufsrecht und kann im schlimmsten Fall mit einem Entzug der Zulassung geahndet werden.
Hier wird die Abhängigkeit der Patientin missbraucht - das darf einem Therapeuten nicht passieren!

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Aber egal, es ist gut, dass du die Therapie beendet hast. Aber
jetzt hast du Liebeskummer… Ich denke, da läßt sich nur
hoffen, dass dein Ex-Therapeut irgendwann genug Arsch in der
Hose hat, um zu seinen Gefühlen zu stehen.
Ich wünsche dir gute Besserung wegen deinem Liebeskummer,

Du bist laut Vika Profi. Das, was du hier schreibst, ist wirklich erschreckend! Schlimm genug, dass es noch viel zu viele Therapeuten gibt, die gegen das Abstinenzgebot verstoßen. Noch schlimmer aber, dass dies von anderen Therapeuten bagatellisiert wird!

Das ist keine romantische Liebesbeziehung, deren einziger Hinderungsgrund eine therapeutische Beziehung ist, deren Abbruch dazu führt, dass im Anschluss beide Händchen haltend in den Sonnenuntergang gehen können! Das, was der Mann gemacht hat, ist schon jetzt nicht nur ein eklatanter Verstoß gegen Standesrecht, sondern eine Straftat! Und zwar unabhängig davon, dass die Patientin ja vermeintlich „mitgemacht“ hat.
http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__174c.html

Der Schaden, der dadurch entsteht, ist auch jenseits bloßen Liebeskummers anzusiedeln. Aus vielerlei Gründen. Unter anderem, weil hier ein völliges Ungleichgewicht zwischen den Beteiligten herrscht, bei der eine Seite der anderen mit offener Seele schutzlos ausgeliefert ist. Anders auch deshalb, weil im Falle der „Trennung“ eben nicht nur eine „Beziehung“ beendet ist, sondern der ja sowieso schon Hilfsberdürftige (sonst wäre er nicht in Therapie) plötzlich ohne Therapeut und hier sogar noch gleichzeitig ohne Hausarzt da steht.

Um wieder richtig und falsch sortieren zu können, sich von Schuldvorwürfen befreien zu können, nicht mehr den Täter in Schutz nehmen zu wollen, etc. - kommt auf den Folgetherapeut (so die Betroffenen überhaupt die Kraft haben, sich einen zu suchen und wieder Vertrauen aufbauen können!) eine große Verantwortung zu. Diese Verantwortung beinhaltet auch, nichts zu bagatellisieren.

Als kleiner Einstieg: http://www.aerzteblatt.de/archiv/61895

Und als Fachlektüre empfehle ich ganz dringend von den Fischers:
http://www.amazon.de/Sexuelle-Übergriffe-Psychothera…

Auch wenn ich weiß, dass deine Haltung leider keine Seltenheit auch unter Psychotherapeuten ist, macht es mich immer wieder fassungslos, dass man so etwas im Jahre 2012 noch lesen muss. Fehlt nur noch die Steigerung, dass solche Beziehungen auch einen therapeutischen Nutzen haben würden.

Ich glaube, du hast dich an den falschen Beitrag gehängt. Mir brauchst du das nicht zu sagen - und den Hinweis hatte ich in der Antwort auch schon gegeben.

Nachtrag @hirtenhund
Das Buch von den Fischers ist auch an Betroffene gerichtet und auch für Laien eigentlich recht gut lesbar. Insofern auch vielleicht für dich eine hilfreiche Lektüre, wenn du meinst, dass dir so etwas helfen könnte.

Hallo Janina,
woran kann man sehen, dass die Tatjana ein Profi ist?

Ich bin jedenfalls Leihe. Ich find es schlimm wenn Psychologen ihre Position absichtlich mißbrauchen. Andererseits frag ich mich, wie
sich ein Therapeut verhalten soll wenn plötzlich einmal die Traumfrau
mit Depressionen oder Spinnenphobie kommt und er sich in sie verliebt.

Klar den Patienten in der Stunde küssen geht gar net. Dann wäre es
am gescheitesten er versucht sie „gesund“ zu bekommen und kann nach der Therapie seine Gefühle zeigen.

Wenn das zulange dauert könnte er die Therapie beenden und wenn seine Patienten einen neuen Therapeuten hat könnte er ihr auch seine Gefühle zeigen.

Das wäre wohl der bessere Weg, oder?

Servus,
Roland

Hallo Tatjana,
Du schreibst halt "Ich denke, da läßt sich nur hoffen, dass dein Ex-Therapeut irgendwann genug Arsch in der Hose hat, um zu seinen Gefühlen zu stehen. ".

Das liest sich so wie wenn Du der Patientin Hoffnungen machst und alles gut ist, wenn der Therapeut jetzt zu seinen Gefühlen steht.
Dann kann das Liebeglück mit dem lieben Therapeuten beginnen …

Ich kann mir gut vorstellen, dass sich ein Therapeut verliebt, aber in der Therapie küssen geht gar net. So weit muß man sich in Griff haben. Für mich schauts so aus wie wenn der Therapeut seine Position bewußt mißbrauchen wollte (hat er ja auch getan). Wenn er sich ernsthaft in die Patientin verliebt hätte, hätte er sich eigentlich anders verhalten sollen. Er scheint net sonderlich gewissenhaft zu sein. Daher denk ich, dass es das Beste ist wenn man den Kerl ganz schnell wieder vergisst. Deshalb sollte man auch nicht andeuten, dass da doch noch eine tolle Liebesgeschichte daraus werden könnte. Das halte ich leider für eher unwahrscheinlich.

Grüße,
Roland

Hallo Roland,
ich bin genau so Laie, habe während meines Pädagogik-Studiums ein bisschen pädagogische Psychologie studiert…
Ich bin da „hineingerasselt“ wegen schulischem Chaos und war kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Ich denke auch, dass es nicht schlimm ist, wenn sich ein Therapeut in eine Klientin (ich benutze absichtlich dieses Wort) verliebt. Das Problem ist nur: E r hätte zu seinen Gefühlen stehen und die Therapie beenden müssen!!! Ich habe ihm ein Gespräch auf neutralem Boden angeboten. Er hat nicht reagiert.Das ist einfach f e i g e und u n e h r l i c h.

Weil Unehrlichkeit nicht zum Beruf eines „Helfers“ passt, werde ich jetzt gegen ihn vorgehen.
L G
Hirtenhund

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Hallo,

woran kann man sehen, dass die Tatjana ein Profi ist?

In ihrer ViKa ist ihre Homepage verlinkt.

Andererseits frag ich mich, wie sich ein Therapeut verhalten soll wenn plötzlich einmal die Traumfrau mit Depressionen oder Spinnenphobie kommt und er sich in sie verliebt.

Das ist irrelevant. Entscheidend ist, dass sein Gegenüber seine Patientin ist. Ein Mensch also, der krank ist und Hilfe braucht. Ein Mensch, der ihm - weil er sich durch die therapeutische Beziehung geschützt fühlt - intime Dinge aus seinem Leben anvertraut und sich voll Vertrauen in die Tragfähigkeit dieser professionellen Beziehung dem Therapeuten gegenüber ungeschützt zeigt.

In diesem Augenblick sind die beiden Lichtjahre von dem entfernt, was eine Liebesbeziehung ausmacht. Zum einen besteht ein völliges Ungleichgewicht zwischen Therapeut und Patientin. Sie ist schwach, krank und hilfebedürftig, er ist der, der Heilung verspricht, der Starke und Beschützende. Wenn ER also Gefühle für sie entwickelt, sollte er sich zunächst mal die Frage gefallen lassen, was an ihm derartig falsch tickt, dass er auf eine solche Rollenverteilung abfährt.

Der Patientin gegenüber Gefühle zu zeigen, kann katastrophale Folgen für diese haben, wenn der Mensch gegenüber plötzlich die Rollen wechselt und vom Therapeuten zum normalen Mann wird. Je nach Situation und psychischem Zustand der Patientin kann das traumatisierend werden.

Dann wäre es am gescheitesten er versucht sie „gesund“ zu bekommen und kann nach der Therapie seine Gefühle zeigen.

Nein. Das einzig angemessene Verhalten wäre hier, SOFORT die Therapie zu beenden und den Kontakt mit der Patientin zu unterbinden. Allein das Beenden der Therapie verändert nämlich das Ungleichgewicht zwischen den beiden nicht. Man sagt, dass mindestens 12 Monate zwischen dem Therapieende und einer privaten Beziehung liegen sollen, und es gibt nicht wenige Therapeuten, die auch Beziehungen zu ehemaligen Patientinnen für unmöglich halten.

In jedem Fall muss geklärt sein, dass die Patientin nicht Übertragung mit Liebe verwechselt. Durch die besondere Art der Nähe, die zwischen Therapeut und Patientin existiert, entsteht auf Patientenseite sehr oft das Gefühl, den Traumpartner gefunden zu haben. Endlich gibt es jemanden, der sie versteht, ihr zuhört, sie akzeptiert. Nicht wenige Menschen erleben eine solche Situation zum ersten Mal in ihrem Leben in dieser Intensität. Manchmal folgt beinahe zwingend die Vorstellung daraus, dass das etwas mit Liebe zu tun haben könne.

Und auch hier ist es der Therapeut, der dafür zu sorgen hat, dass die therapeutische Beziehung eine solche bleibt. Wenn das nicht möglich ist, muss er die Therapie beenden und sich zurückziehen.

Schöne Grüße
Jule

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Uneingeschränkte Zustimmung
und die Anregung an die UP, das unprofessionelle Verhalten des Therapeuten zur Anzeige zu bringen.

Schöne Grüße
Jule

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Hallo Jule,
Man sagt, dass

mindestens 12 Monate zwischen dem Therapieende und einer
privaten Beziehung liegen sollen, und es gibt nicht wenige
Therapeuten, die auch Beziehungen zu ehemaligen Patientinnen
für unmöglich halten.

Woran kann dieser Mensch denn erkennen, dass es sich bei ihm um reale
Gefühle handelt? Von seinen 12 Monaten hätte er dann schon 3 Monate hinter sich…

Was wir voneinander kennen: Lebensumstände, Hobbies, Freizeitgestaltung, mehr nicht.

Da auch ich nicht weiß, was ich genau für ihn empfinde, habe ich ihm dieses Gespräch angeboten. Mehr konnte ich nicht tun.

Jetzt muss er aus seinem Fehler lernen.
Hirtenhund

hallo!

ist nur: E r hätte zu seinen Gefühlen stehen und die Therapie
beenden müssen!!!

nee, nee, er hätte dringend in die supervision gehört, und sich die -wahrscheinliche- gegenübertragung oder projektion angucken müssen!
das wäre bester therapiestoff gewesen in deinem sinne.

so etwas zwischen therapeut und klient ist ein absolutes no go und niemals das problem des klienten, sondern das des therapeuten.
einfach nur beenden wäre auch zu wenig!

was dir geschehen ist, ist mißbrauch.

Ich habe ihm ein Gespräch auf neutralem

Boden angeboten. Er hat nicht reagiert.Das ist einfach f e i g
e und u n e h r l i c h.

Weil Unehrlichkeit nicht zum Beruf eines „Helfers“ passt,
werde ich jetzt gegen ihn vorgehen.

auch das klingt noch nach übertragung, die man sich angucken könnte.
nicht inhaltlich, sondern mit den begründungen und „zwischen den zeilen“.
was nicht heissen soll, dass ich dir nicht raten würde, das anzuzeigen, sondern zusätzlich, dir deine gefühle dazu- mit hilfe eines therapeuten- anzugucken.

grüße, zahira

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Hallo hirtenhund,

Woran kann dieser Mensch denn erkennen, dass es sich bei ihm um reale Gefühle handelt? Von seinen 12 Monaten hätte er dann schon 3 Monate hinter sich…

Das muss er ganz allein für sich klären. Unter den gegebenen Umständen halte ich persönlich einen kompletten Rückzug dir gegenüber für die einzig richtige Maßnahme.

Da auch ich nicht weiß, was ich genau für ihn empfinde, habe ich ihm dieses Gespräch angeboten. Mehr konnte ich nicht tun.

Mit ihm ist diese Situation nicht zu lösen. Der einzig sinnvolle Weg ist in meinen Augen eine Klärung für dich mit Hilfe deiner Therapeutin.

Jetzt muss er aus seinem Fehler lernen.

Dieser Lernprozess könnte (und sollte!) anders aussehen, als du derzeit vielleicht noch hoffst.

Schöne Grüße
Jule

Küssen = Gegenübertragung??
Hallo Hirtenhund,

obwohl es Janina bereits sehr deutlich gemacht hat: Bei dem gesamten(!) Szenarium, das du beschreibst, handelt es sich keinesafalls mehr um ein sog. „no go“, oder etwas im Sinne von „dumm gelaufen“ oder „kann passieren“! Es ist auch nicht „nur“ ein eklatanter psychotherapeutischer Fehler (Verstoß gegen das „Abstinenzgebot“), sondern es ist im Kontext des von Janina bereits verlinkten StGB-Hinweises zu betrachten.

Jedoch: Zu der Frage, ob es eine Straftat tatsächlich sei, muß hier im Forum FAQ:1129 beachtet werden!

Zu dem, was du genauer berichtest noch ein paar Bemerkungen:

Wir lagen von Anfang an „auf einer Wellenlänge“.

Das wäre ein Zeichen von einer therapeutischen Beziehung, die von „Sympathie“ und ggf. „Empathie“ getragen wird. Das ist zunächst natürlich von Vorteil für die gemeinsame therapeutische Arbeit. Im Rahmen einer Psychoanalyse (du schriebst bisher nicht, um was für eine Therapiemethode es sich handelte) wäre das zusätzlich ein Zeichen, daß die therapeutische Interaktion sich relativ schnell in die Übertragungsphase entwickelt. Soweit gehört das zum therapeutischen Prozess dazu.

Es ist ein Charakteristikum fast jeden th. Settings (hängt vom Hauptthema ab), daß der/die Klient/in in eine Übertragungsphase kommt, also in eine emotionale Hinwendung gezielt auf den/die Therapeuten/in.
Ebenfalls ist es meist so, daß der Therapeut darauf emotional reagiert (Gegenübertragung). ABER: Die emotionale Disposition, sowohl die des Klienten als auch die des Therapeuten, darf auf keinen Fall „agiert“ werden, d.h. in irgendeiner Form körperlich, oder auch verbal „realisiert“ werden (private Kontakte, privater Austausch, Einladungen zu was auch immer usw.). Der Therapeut hat mindestens in seiner Lehranalyse gelernt, mit dem Versuch des Klienten, seine Gefühle zum Therapeuten auszuagieren, umzugehen. Aber vor allem hat er gelernt, seine ggf. vorhandene eigene emotionale Reaktion (Gegenübertragung) in den Griff zu kriegen, so, daß sie sich in keiner Weise in das therapeutische Geschehen auswirkt. Falls er damit Schwierigkeiten hat, wird er das unbedingt in seiner eigenen Supervision bearbeiten und es muß dabei entschieden werden, ggf. das therapeutische Setting zu beenden (was nicht unkompliziert ist, aber das ist ein anderes Thema).

Irgendwann kam es zu Umarmungen und zu einem Kuss.

Nun ja, „es kommt zu einem Kuss“, hört sich so an, als sei das ein Geschehen, das über einen kommt wie ein Platzregen. Nix da! Tatsächlich aber küßt irgendwer irgendwen und das ist eine reale, aktive Handlung (das heißt dann „(aus)agieren“)! Ob und wie sich dieses Szenarium anbahnt, also realisiert, ist aber völlig egal. Wenn der Therapeut die Klientin küßt, ist das Abstinenzgebot verletzt und der weitere Verlauf der Therapie unmöglich gemacht. Und der Eklat ist nicht erst damit pessiert, sondern bereits im Vorfeld, denn die Kußszene fällt nicht vom Himmel, sondern ihr geht irgendetwas an szenischem Geschehen (und nicht nur verbal) voraus. Im Vorfeld also hat der Therapeut bereits seine Grenzen überschritten!

Bei deiner Schilderung kommt jetzt noch etwas dazu. Und soweit ich dich verstehe, ist das auch dasjenige, was deine Problemsituation verstärkt:

Wir sprachen darüber. Er meinte, dass es seine Gegenübertragung gewesen sein musste. Ganz fertig bin ich damit nicht geworden.

Daß du damit „nicht ganz fertig“ geworden bist, ist sehr naheliegend:

  1. Ein Kuß des Therapeuten ist nicht identisch mit (s)einer Gegenübertragung, sondern es ist ein Ausagieren seiner Gegenübertragung. Das ist keineswegs dasselbe! Daß sich eine emotional geladene Atmosphäre „entwickelt“, kann passieren. Daß „Th.“ auf Zeichen von auf ihn persönlich gerichteten Gefühlen von „K.“ (das kann passieren, ist sogar in einer bestimmten Phase die Regel) reaktiv ebenfalls Gefühle „entwickelt“, kann ebenfalls passieren. Das muß aber von ihm unbedingt bearbeitet werden (siehe oben) und darf sich nicht innerhalb des therapeutischen Settings realisieren.

  2. Daß er dir das Küssen als Gegenübertragung kennzeichnet, ist erstens falsch (denn es ist eine ausagierte (!) Gegenübertragung). D.h. es mag eine Folge seiner Gefühle sein, aber es ist dennoch eine reale Handlung. Er ist damit aktiv Handelnder. Er machte dir gegenüber also den Versuch einer manipulativen Entschuldigung für eine definitiv untersagte Handlung.

  3. Indem es es als Gegen -Übertragung deklariert, sagt er ja indirekt, daß er damit lediglich auf dich re -agiert habe! Er schiebt damit dir die Schuld zu, zumindest unterstellt er dir (bzw. deiner emotionalen Hinwendung auf ihn: „Übertragung“), die Ursache für seinen Mißgriff zu sein! Und das ist wahrhaftig unglaublich! Das macht schlicht sprachlos!

Ich hätte die Therapie vielleicht schon zu diesem Zeitpunkt beenden sollen,

Nein. Er hätte die Therapie beenden müssen. Und nicht erst, nachdem er dich geküßt hatte, sondern schon vorher. Denn er hat seine Gefühle für dich (die ihn zu der späteren Falschhandlung leiteten) nicht rechtzeitig selbst bearbeitet in seiner Supervision. Oder zumindest nicht erfolgreich.

schaffte es jedoch nicht.

Das ist nachvollziehbar. Zunächst weil du ja mitten in der therapeutischen Bearbeitung deines Ursprungsproblems warst. Und dann auch, weil du dich ja selbst (wie du ja andeutest) in einer emotionalen Tendenz zu ihm befandest. Auch nachträglich noch. Genau das ist es ja, was seine Fehlhandlung zu einer „Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses“ macht! Stattdessen wären gerade deine Gefühle für ihn (d.h. deine Übertragung) im therapeutischen Dialog zum Thema zu machen gewesen …

Bei seiner nächsten Gegenübertragung sagte er Worte, an die er sich nicht erinnerte. Als ich ihn darauf ansprach, stritt er alles ab.

Hier verstehe ich einiges nicht (ist aber nicht unbedingt ein Thema hier im Forum):
Was ist seine „nächste Gegenübertragung“? Heißt das, er küßte dich nochmal? Nachdem er schon zeigte, daß er seine therapeutischen Fachbegriffe nicht im Griff hatte (Küssen=Gegenübertragung!!??), und sie benutzte, um dir die Fehlhandlung in die Schuhe zu schieben?
Und an was erinnerte er sich nicht? An Worte, die er selber gesagt hatte?
Und was stritt er ab? Daß er dich geküßt hatte? Oder das mutmaßlich der Kußszene vorausgehende dialogische Szenarium?

Schweren Herzens beendete ich Ende März per Mail (wir hatten oft Mailkontakt) die Therapie

War denn Mailaustausch als zusätzliche Requisite des therapeutischen Settings vereinbart? Oder war das bereits privatisierender persönlicher Austausch unabhängig vom therapeutischen Ursprungsthema?

und absolviere jetzt die restlichen Stunden bei einer T h e r a p e u t i n.

Und mit der hast du dann sicher zunächst dieses Szenarium und die emotionalen Folgen für dich bearbeiten können?

Gestern war ich in seiner Funktion als Arzt in seiner Praxis. Wir hatten beide Tränen in den Augen und schauten uns lange an.

Ja, ein Zeichen, daß auch du emotional involviert warst und möglicherweise noch bist. Das kommt dann noch zu der notwendigen Verarbeitung seiner therapeutischen Fehlhandlung hinzu. Es zeigt aber mindestens, daß der Th. seine emotionale Disposition nicht im Geringsten im Griff hatte und hat. In so einer Verfassung wäre seine gesamte therapeutische Tätigkeit in Frage zu stellen. Dazu kann ich aber nichts sagen, du hast ja, wie ich gerade sehe, bereits Schritte angekündigt …

Jetzt habe ich einfach so keinen Hausarzt mehr.

So, daß er zugleich auch als Arzt dir gegenüber sein Vertrauen verspielt hat.

Seine Tränen belasten mich.

So hat sich sozusagen das therapeutische Setting umgekehrt. Du bist geneigt, für ihn Verantwortung zu übernehmen, statt umgekehrt. Genau das ist einer der Gründe für das Abstinenzgebot …

Ich glaube, wir haben beide tiefe Gefühle füreinander entwickelt.

Offenbar, ja. Daher wäre es unbedingt angesagt, daß du das ganze Geschehen in einer anderen therapeutischen Umgebung gründlich bearbeitest. Und zwar unabhängig von der Frage, wie mit seiner therapeutischen Fehlhandlung umzugehen wäre.

Deine Gefühle für ihn und seine schofelige Art, sich aus der Affäre zu ziehen (zweckgebundener Mißbrauch therapeutischer Fachbegriffe, Leugnen von Gesagtem usw.) und dich einfach an einen anderen Th. zu verweisen … das ist ein dickes Paket und keine leichte Aufgabe an deine neue Therapeutin. Abgesehen davon, daß ja vermutlich das Ursprungsproblem nicht zuende bearbeitet wurde.

Warum hat er so reagiert?

Du meinst, so ausweichend? Daß er sich der Situation nicht stellt?
Es ist ja charakteristisch für deine gegenwärtige Gefühlslage, daß nicht seine Fehlhandlung, das Küssen, im Vordergrund steht, sondern seine nachträgliche Reaktion: Das verbale Ausweichen, das Abschieben auf einen anderen Th., seine Tränen … Versteh ich das richtig?

Schöne Grüße
Metapher

Bagatellisierungen
Hallo Tatiana,

ich muß Janina voll und ganz zustimmen: Was du hier versuchst, ist eine Bagatellisierung des Geschehens. Die mag in der Hellinger-Schulrichtung, zu der du dich wortreich bekennst, angesagt sein, in einer seriösen Therapietheorie ist das hier geschilderte Geschehen absolut jenseits jeder therapeutischen Grundvoraussetzung und zweifellos auch juristisch relevant.

Gefühle können immer entstehen, auch zwischen Therapeut und Klient.

Das ist in den Begriffen von Übertragung und Gegenübertragung impliziert. Entscheidend ist dann der Umgang damit. Und für den goibt es ebenfalls Bestimmungen, die hier eindeutig nicht eingehalten wurden!

Wichtig ist es aber dann von Seiten des Therapeuten, diese klar an- und auszusprechen und dann zu schauen, wie man gemeinsam damit umgeht.

Wichtig wäre hier, zu erkennen, daß die UP (zunächst) nicht den absoluten therapeutischen Mißgriff artikulierte, sondern ihr Problem damit, wie der Th. nachträglich mit dem Gefühlsszenarium umgeht. Damit ist - durch seinen Mißgriff, der auch noch mit Schuldabweisung unterstrichen wurde - eine enorm komplexes affektive Szenarium entstanden.

Du machst hier den Eindruck, daß mit einem Bekenntnis des Th. zu seinen Gefühlen die Sache gegessen wäre. Und daß das Ganze - wie Janina es so hübsch verbildlicht, in einer Idylle auf der Parkbank beim Sonnenuntergang seine Fortsetzung haben könne. Das ist unglaublich blauäugig und zeigt, daß du mit Übertragungsproblematiken nicht die Bohne vertraut bist.

Das wäre einem Laien verzeihlich, aber du gibst dich in deiner ViKa als fachkunfig aus. Das ist no-go.

In deinem Fall hätte der Therapeut zu seinen offensichtlichen Gefühlen für dich stehen sollen. Er hätte die Therapie beenden sollen, nicht du.

Wenn du „sollen“ durch „bedingungslos müssen“ ersetzt, bist du schon eher im richtigen Gleis.

Aber jetzt hast du Liebeskummer… Ich denke, da läßt sich nur hoffen, dass dein Ex-Therapeut irgendwann genug Arsch in der Hose hat, um zu seinen Gefühlen zu stehen.

Ach! Und damit wäre das Problem erledigt, ja? Therapeut bekennt seine Gefühle („sorry, es war doch keine Gegenübertragung, sondern echte Gefühle“ …) und ihr Liebeskummer hat sich aufgelöst?

Sorry, da fehlen mir die Worte!

Gruß an Hellinger!
Metapher

Hallo an alle,

Das wäre ein Zeichen von einer therapeutischen Beziehung, die

von „Sympathie“ und ggf. „Empathie“ getragen wird. Das ist
zunächst natürlich von Vorteil für die gemeinsame
therapeutische Arbeit. Ich bekam 50x tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie verordnet und hatte 28 Stunden bei ihm absolviert.

L G
Hirtenhund

Keine Grauzone
Metapher hat sich ja sehr ausführlich zum Problem Übertragung / Gegenübertragung geäußert und wann die Grenze überschritten ist.

Um aber noch einmal an klar zu verdeutlichen, dass es bei dem Thema keine Grauzone gibt, in der Kontakte dieser Art vielleicht „erlaubt“ sind und dass dies keine Angelegenheit ist, die man so oder so sehen kann, als Empfehlung diese Broschüre des Bundesfamilienministeriums

http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/Publikationen/pu…

Vielleicht hilft dir das bei deiner Einschätzung.

bist du Betroffene?

Nein, mich machen allerdings solch unprofessionelle Reaktionen, wie die deine betroffen.

Aber warum die Frage? Weil dir das Setting dann besser gefallen würde und du so von dir ablenken könntest?

Ich wollte hier niemanden vor den Kopf
stoßen. Ich hatte ja geschrieben, dass der Therapeut sich
hätte anders verhalten sollen. Daher kann ich nicht so richtig
nachvollziehen, was an meinem Beitrag so „erschreckend“ sein
soll.

Dazu hast du ja schon Antworten bekommen. Aber auch noch mal von mir in aller Deutlichkeit: Du räumst ein, dass bei Hirtenhund ein Schaden passiert ist, was du aber leugnest, ist der Arzt als Täter, der schuldhaft gehandelt hat und das nicht nur mit einer kleinen Lässlichkeit auf Beziehungsebene! Das passt ideal zu Hellinger und seinen kruden Ansichten darüber, wer Schuld an einem Missbrauch hat.

Jetzt geht es für hirtenhund darum, einen guten Weg zu finden,
mit der Angelegenheit ihren Frieden zu finden. Und wenn dazu
eine Anzeige bei der Ärztekammer gehört, ist das in Ordnung.

Die Anzeige ist „in Ordnung“ wenn es ihr hilft? Aber nur dann? Was, wenn es ihr nicht hilft (aber auch nicht schaden würde)? Dann wäre die Anzeige nicht in Ordnung?

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Anzeige ist eigentlich ein MUSS, weil der Arzt einen schweren Fehler gemacht hat, sich strafbar gemacht hat, schuldhaft. Es gibt nur einen einzigen Grund dafür, nicht anzuzeigen, der allerdings gewichtig ist: nämlich den, falls die Betroffene durch eine solche Anzeige zu sehr belastet wird. Deshalb ist einzig und alleine die Betroffene, die entscheidet, ob sie das tun will.

Hallo Tatiana,

mir fehlen auch langsam die Worte bei den wortreichen
Kommentaren zu meinem kleinen Beitrag. Auch was dieser alles
über mich aussagen soll, finde ich interessant. Die freie
Assoziation scheint bei euch gut zu funktionieren.

Freie Assoziationen kann ich in den Beiträgen von Janina und Metapher nicht erkennen, sondern sie greifen Deine Äußerungen auf und denken die daraus resultierenden Konsequenzen weiter.

Ich denke, hier geht es darum, dass dem Fragesteller geholfen
wird. Dafür ist es meines Erachtens gut, wenn verschiedene
Aspekte einer Sache beleuchtet werden.

Was Du ja gerade nicht getan hast, sondern Du hast verschiedene Ebenen vermischt und so nahegelegt, der Therapeut hätte einfach nur seine Gefühle thematisieren / verbalisieren sollen und dann wäre es in Ordnung gewesen. Die hierarchische Struktur bzw. das Machtgefällt einer Beziehung zwischen Therapeut und Klient hast Du ausgeblendet. Von daher finde ich die Anfragen an Deine Fachlichkeit durchaus berechtigt.

Die rechtliche Ebene
hilft Klienten nicht immer, eine Sache auf der psychischen
Ebene gut zu verarbeiten.

Das hat auch niemand außer Dir behauptet, legst aber durch Deine Art der Formulierung nahe, dies wäre behauptet worden.

Anstatt einen Konflikt wirklich auch
auf der psychischen Ebene zu lösen, kann sie ihn
aufrechterhalten und verstärken.

Das kann vorkommen, aber was bringt dieser Hinweis in dieser Diskussion?

Daher gibt es ja zum Beispiel
auch die Methode der Mediation.
Neben schwarz-weiß gibt es - zum Glück, wie ich finde - auch
einige Grautöne, die nicht unterschlagen werden sollten.

Ein Gemeinplatz, der zur vorliegenden Diskussion auch nichts beiträgt.

Wie auch immer, offensichtlich habe ich mit meinem Beitrag
hier einige wunde Punkte getroffen, was überhaupt nicht meine
Absicht war.

Diese Aussage ist sehr doppelbödig :wink:

Viele Grüße

Iris