Bremsen Motorbremse Retarder Funktion Aufbau
Hallo !
Wie funktioniert denn eine Motorbremse? Was tut sich dabei im
Motor?
die „klassische“ Motorbremse von Anno dazumal (Abgasklappenbremse):
Einspritzpumpe wird auf Nullförderung gestellt, Klappe verschließt Abgastrakt zu 90%, Gaspedal zurückgedrückt (gegen betätigen während Bremsbetrieb gesichert), wird über einen einfachen pneumatischen Stellzylinder realisiert, ist auch oft der Motorabsteller gewesen. Bei jedem Kolbenhub zum Ausstoßen der Abgase werden diese gegen die Auspuff-Klappe gedrückt und verzögert.
Nachteil: - Wirkt nur bei hohen Drehzahlen gut, also oberhalb 50% der Nenndrehzahl, am besten kurz vor Abregeldrehzahl.
- Zum Runterschalten ist Unterbrechung des Bremsbetriebes notwendig, sonst geht Motor aus.
- Keine starke Verzögerung möglich, bei steilen Fahrten war 3., 2. oder gar 1. Gang notwendig = sehr langsames Fahren
- Keine Abstufung des Bremsmomentes möglich
Vorteil: Primitive Konstruktion, Störungsfrei
Moderne Versionen der „Abgasklappe“ haben eine Konstantdrosselventil im Zylinderkopf drin, d.h. es wird eine kleine Öffnung geschaffen, außer den Normalen Ventilen um auch im Verdichtungshub (bei geschlossenen Ventilen) zu verzögern, d.h. die Verdichtung „verpufft“ in den Abgastrakt gegen die Abgasklappe und erhöht die Wirkung.
Der „Voith“-Retarder (Ölhydraulisch):
Prinzip wie der Föttinger-Wandler, ohne Leitrad, d.h. Zwischen zwei Schaufelrädern, von denen eines Steht (Stator) und eines sich mit Kardanwellengeschwindigkeit dreht (Rotor) wird Öl reingepreßt, per Druckluft, von einem untenliegenden Tank her, über ein ins Ölreichendes Steigrohr. Der Tankraum wird mit Druckluft beaufschlagt, das Öl in das Röhrchen und hoch in die Lamellen gejagt. Fehlende Druckluft oder sonstiger Defekt und das Öl kann alleine nach unten und die Verzögerung löst sich. Öl muß vom Motorkühlwasser abgekühlt werden, hohe Temperaturen (bis 150°C Öltemperatur).
Vorteil: - Unterbrechungsfreie Verzögerung
- Hohe Bremsmomente
- Verschleißfrei
- Keine Belastung von Motorkernkomponenten (Kolben, Pleuel, Kompressionsrückstauungen etc.)
- Bremsmoment kann abgestuft werden (3 Stufen Handhebel, oder 7 Stufen Handhebel)
Nachteil: - Hohe Wirkung auch nur bei höheren Drehzahlen, aber besser als Abgasklappe
- Wärmeentwicklung des Öles auf Motortemperatur
- System wiegt ca. 20-50kg.
Die „Telma“ (elektrisch):
Scheibe rotiert mit Kardanwellengeschwindigkeit, Magnete außenherum erzeugen über Bestromung ein Magnetfeld, Rotor wird abgebremst. Sitzt wie der „Voith“ hinter dem Getriebe, vor dem Differential.
Vorteile: - Keine Wärmeübertragung auf Motorkühlwasser, luftgekühlt, „hängt im Freien“
- Stufenlos dosierbar
- Verschleißfrei
- hohes Bremsmoment im unteren Geschwindigkeitsbereich, anfahren bei gezogener Telma unmöglich.
Nachteile: - Niedrigere Bremsmomente bei hohen Drehzahlen
- Hoher Strombedarf
- Wird Kirschrot, nach einer Paßfahrt, kann man sich eine Zigarette dran anzünden, sprich: Sie leuchtet *grins*
Moderne Getriebe (von ZF zB) haben den „Intarder“ bereits im Schaltgetriebe drin, zusätzlicher Anbau ab Werk entfällt.
Das Prinzip des „Voith“-Retarders findet sich in jedem Nutzfahrzeugvollautomatikgetriebe (unseren Bussen zB) und verlängert die Bremsenwechselintervalle erheblich.
Kollegen von uns im Reiseverkehr fuhren 6 Jahre mit einem Satz Beläge durch vorrauschauende Fahrweise UND größtmöglichen Einsatz der „zusätzlichen Verzögerungseinrichtungen“ (die Dinger sind keine Bremse, da das Fahrzeug damit nicht zum Stillstand gebarcht werden kann).
Die Namen „Voith“ und „Telma“ sind geschützte Namen der Hersteller Voith-Turbo-Systems und Fa. Telma. Umgangssprachlich sagt man „Die Telma“ und „der Voith-Retarder“.
gruß
dennis