Bundestagswahl 2017 - Splitter

Zunächst mal danke an die Wählerinnen und Wähler, die nicht auf die Hetzkampagnen und die Lügen (Integrations-, Abschiebe-, EU-Reform- usw.) reingefallen sind. Verzeiht mir, dass eine umfassende Analyse derzeit nicht möglich ist. Die werde ich entweder nachreichen oder situativ auf die Ergebnisse eingehen.

Vorerst möchte ich nur einen Aspekt rausgreifen. Soeben im ZDF spezial wurde darüber berichtet, dass in bestimmten Vierteln von Ingolstadt die AfD am stärksten gewesen sei. Es handelt sich um die Stadtteile mit hohem Migrantenanteil. Ähnlich ist es auch in anderen Städten. In Duisburg-Marxloh habe die AfD 30 Prozent geholt. In Gelsenkirchen sieht es ähnlich aus. Selbst ein AfD-Gegner vermutet einen Zusammenhang: „Wenn Sie hier die Straße runtergucken, sehen Sie halt größtenteils Menschen mit Migrationshintergrund.“

Früher hieß es immer, dort, wo am wenigsten Migranten lebten, seien die einwanderungskritischen Stimmen am lautesten. Wenn man nach Sachsen blickt, wo unter anderem Frauke Petry das Direktmandat geholt hat, scheint das zu stimmen. Umgekehrt aber nicht mehr so ganz. Man verbessere mich, wenn es falsch sein sollte, aber die Grünen-Hochburgen vermute ich dementsprechend eher in den Gebieten mit niedrigem Migrantenanteil.

Hat man sich zu lange in die Tasche gelogen, so nach dem Motto: Man muss die Leute einfach kennenlernen, dann kommt das Verständnis von selbst? Haben sich bereits signifikante ethnische Gräben zwischen autochthoner und allochthoner Bevölkerung herausgebildet?

Oder mal etwas provokanter gefragt: In Berlin haben die nicht vom Tegeler Fluglärm geplagten Bürger mehrheitlich darüber abgestimmt, dass die in der Nähe von Tegel lebenden Leute auf Dauer den Fluglärm zu ertragen hätten. Die nicht Betroffenen schreiben also - total demokratisch - den Betroffenen vor, was sie zu erdulden haben. Ist es bei der Einwanderung auch so?


Um gleich mit einem weiteren Argument den Gedanken zu entkräften, die AfD sei ein ostdeutsches Phänomen: Die Partei hat exorbitante Ergebnisse auch in Süd- und Ostbayern geholt. Die Grenznähe hat offenbar eine große Rolle gespielt. Können sich die Altparteien-Wähler im Binnenland einfach nur glücklich schätzen, nicht direkt „an der Front“ zu wohnen?

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Sowohl in Bayern als auch in Sachsen wird, so lange man überhaupt wählen kann, vornehmlich rechts gewählt und beide Länder wurden auch so lange schon rechts regiert. Da hat sich eigentlich nichts geändert. Lediglich, welche Partei das beste Verhältnis aus „rechtsaussen“ und „bürgerlich“ hinbekommt, variiert wohl immer mal.

Und das erklärt solche Ergebnisse: Bei den Zweitstimmen-Ergebnissen der Parteien im Wahlkreis Passau verdrängt die AfD die SPD von Platz zwei: CSU 40,5 Prozent (vor vier Jahren 53,9), SPD 15,1 (18,6), Grüne 6,4 (5,9), FDP 9,1 (4,5), AFD 16,1 (3,9), Linke 5,6 (3,8), FW 2,4 (2,9), ÖDP 1,3 (1,6)?

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Ja vollkommen. Es gibt in Passau offenkundig ein rechts Wählerpotential von annähernd 60%. Das teilt sich jetzt eben auf zwei rechte Parteien auf, die sich inhaltlich auch nicht wesentlich unterscheiden. Wenn man mal ehrlich ist, sind CSU und AfD sich politisch sehr nahe - nur dass die CSU leider nicht so ganz konnte, wie sie wollte, weil sie an der CDU hing…

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Mit Verlaub, aber deine Ausführungen finde ich schon interessant. Geht so in die Richtung „Keiner ist unnütz, er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen.“

Du glaubst also, es gebe eine regionalspezifische Vorprägung für rechtes Gedankengut? Da ähnelst du dem Kameraden hier, der Bildungsstand, Region oder sonstige persönliche Faktoren bemüht. Natürlich bei dir wie bei ihm sowohl entgegen alle Zahlen und alle sachlichen Analysen. Kann man sich kaum vorstellen, dass jemand sich einfach so aus handfesten politischen Gründen für eine Alternative entscheidet, oder?

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Dem kann ich mich nur anschließen.

Aber die Frage nach ost- und West stellt sich mir nicht. Ebenso wenig wie grenznah, oder nicht. Tatsache ist doch, das 13% das Lügengebilde der öffentlich rechtlichen, sowie der Altparteien erkannt und entlarvt haben. Das ist gut so und wird sicher auch frischen Wind bringen.

Glückwünsch!
Als was bist du denn gewählt worden?

Natürlich ist es so.
Liegt doch auf der Hand, dass nur das unterste Viertel (und in Deutschland ist das unterste Viertel besonders weit unten) direkt mit den negativen Aspekten einer beständigen nicht-selektiven Einwanderung in Berührung kommt: Konkurrenz um bezahlbaren Wohnraum, Konkurrenz um unqualifizierte Jobs, Konflikte in Kindergärten und (Mittel)Schulen usw. weil sie den gleichen Sozialraum mit frisch Zugewanderten teilen müssen usw.

Einer wie ich, der sich jetzt mal so spontan ein Viertel weiter oben ansiedelt, hat mit Einwanderung/Flüchtlingen null komma null schlechte Erfahrung gemacht in seinem konkreten Lebensvollzug. Nicht, dass ich keine Kontakte hätte, aber ich konkurriere in nichts mit ihnen.

Was ich sagen will: Ich glaube hinten und vorne nicht, dass es den meisten tatsächlich um dieses hochgestochene autochton/allothon (das ist so hochgestochen, dass ich nicht mal weiß, wie man es überhaupt schreibt) geht. Den meisten gehts schlicht darum, ‚da unten‘ einigermaßen über die Runden zu kommen.
Natürlich gibts auch in allen Gesellschaftsschichten pathologische Fremdenhasser. Ist nicht so, dass ich alles aufs Sozioökonomische reduzieren würde. Aber vieles.

[quote]Die Partei hat exorbitante Ergebnisse auch [in Süd- und Ostbayern][3]
geholt. Die Grenznähe hat offenbar eine große Rolle gespielt.

[/quote]

https://www.bundestagswahl2017.bayern.de/
(mouse-over dich durch)

Naja, bei einigen der Grenz-Wahlkreise auf den zweiten Platz gekommen, aber exorbitant und große Rolle ist definitiv etwas anderes.

Gruß
F.

… und dazu kommt noch, dass man in Bayern anscheinend mit 12 - 15% zweitstärkste Kraft wird… das richtige Drama für die CSU waren die vorletzten (oder letzten?) Landtagswahlen, als sie nicht mehr die Zweidrittelmehrheit hatten. An aanderer Stelle hieß es ja, dass AfD und CSU zusammen diese 60+ Prozent haben - würde zu der Beobachtung passen, dass CDU und CSU immer mehr Mitte werden.

Richtig, weil die SPD in Südbayern (traditionell) so hundsmiserabel ist.
Man sieht bei diesen Grenz-Wahlkreisen übrigens auch bei allen starke CSU-Ergebnisse.

Gruß
F.

Auf jeden Fall. Mein Ansatz ist aber im weitesten Sinne, dass man bei der Wahl nicht nur auf sich selbst Dem stimme ich zuschauen sollte. Ein junger Wähler sollte sich auch am Thema Rente, ein Rentner sollte sich auch am Thema Schulen orientieren. Das heißt, Grenzsicherung und Probleme in bestimmten Vierteln sollten nicht ausgeblendet werden, auch wenn man nicht persönlich betroffen ist.

Das musst du mir nach 4442. Beitrag eines gewissen Nutzers über eine gewisse Partei gönnen, dass ich mich wie ein Wahlkämpfer fühle.

au­to­ch­thon = (Völkerkunde) (von Völkern oder Stämmen) eingeboren, einheimisch, indigen
al­lo­ch­thon = an anderer Stelle entstanden, nicht am Fundplatz heimisch (von Lebewesen und Gesteinen)

Selbst wenn es so wäre: Na, und? Dafür ist doch die Politik da, dass sie sich auch um die Sozial Schwachen kümmert.

Ich denke, dass zumindest ein spürbarer Effekt erkennbar ist.

Natürlich. Das ist doch genau das Problem. Schau mal z.B nach Duisburg, Essen, Berlin, etc. Parallelwelten sind die Regel. Und das nicht erst seit den 70ern. Die Integration ist gescheitert. Aber wir warten mal ab, ob der Nachzug im nächsten Jahr etwas an den Traumata ändert.

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Eine nicht ohne immensen Aufwand prüfbare These, zumal Du einen einzigen Fall herausgegriffen hast, bei dem nur ein einziger Stimmbezirk eines Wahlkreises hervorgehoben wird.

Aber ich werfe einfach mal Friedrichshain-Kreuzberg als Gegenbeweis für einen ganzen Wahlkreis ins Rennen.

Man müsste sich Zahlen der Ausländerämter besorgen und sie auf Wahlkreise herunterbrechen, was schon fast zum Scheitern verurteilt wäre.

Ich denke, dass in den Bezirken mit hohem Anteil von wirtschaftl. saturierten Wählern der Grünen der Anteil von Ausländern eher unterdurchschnittlich ist. Hingegen wird er in grösseren Städten vor allem mit Wählern der Grünen aus dem studentischen oder „alternativ angehauchten“ Milieu eher überdurchschnittlich sein.

In BW ist der Anteil grüner Wähler flächig recht hoch. Das liegt aber daran, dass der Landesverband wertkonservativ tickt und nicht linkslastig ist.

Aber Dir geht es ja am Ende nur um die Frage, ob eine bestimmte Sorte von Ausländern überhaupt zu den Deutschen passt. Und darauf habe ich jetzt schlicht keinen Bock.

Boah. Und in BW wurde glatt von allen Stimmberechtigten über S21 entschieden und nicht nur von den Stuttgartern. Ausserdem durften bei der BT-Wahl auch nicht nur die Deutschen abstimmen, deren Steueraufkommen höher ist als die erhaltenen Sozialleistungen.

Bzgl. Tegel verhält es sich übrigens so, dass auch die Stimmberechtigten in den Flugschneisen gegen eine Schliessung stimmten. Mal schauen wir die Berliner R2G-Truppe mit diesem Votum umgeht. Angeblich sind ja zwei von den dreien immer ganz doll für mehr Basisdemokratie. Wahrscheinlich dann, wenn ihnen das Ergebnis passt.

Sie ist kein rein ostdeutsches Phänomen. Aber eines, dass vor allem in Ostdeutschland voll durchschlägt. Das liegt natürlich nicht an der Quote von Ausländern/Migranten in diesen Bundesländern, sondern vor allem daran, dass es keine so verfestigte Stammwählerschaft wie in den alten Bundesländern. Im Osten wählt man nach wie vor deutlich volatiler und bei Bedarf auch radikaler.

Sollte es tatsächlich zu Jamaika kommen, so sässe der relative Kern der Opposition derzeit in Ostdeutschland und hätte bei separater Wahl die sehr deutliche Mehrheit errungen.

Man schaue sich bspw. die Ergebnisse für die beiden radikalen/populistischen Parteien (AfD+Linke) einmal an und vergleiche mit denen von Grünen und FDP. Da zeigt sich die grösste Differenz. Etwas weniger Ost-West-Unterschiede zeigen sich bei CDU und SPD. https://www.welt.de/politik/deutschland/article168883713/Alle-Ergebnisse-und-Grafiken-der-Bundestagswahl-im-Ueberblick.html

Man kann nun spekulieren, ob die Ausreisser in Bayern zugunsten oder an der früheren Ostgrenze der DDR an Grenzverkehrsmöglichkeiten liegen (bspw. hohe Einbruchskriminalität) oder welchen Anteil eine Strukturschwäche hat, deren Wurzeln noch im kalten Krieg (Bayern) bzw. dem Zentralismus der DDR-Wirtschaft (schwache Grenzregion zu Polen) liegt.

Och, ich wohne an der Front zu einer französischen Metropole. Das ist eine vergleichbare Grenzsituation. Hier hat die AfD mit 11,7% eher unterdurchschnittlich performt und wurde von den Grünen mit 13,x% abgehängt.

Ausserdem geht man erkennbar „zurückhaltend“ mit offiziellen Kriminalitätsstatistiken um. Soll heissen: Ich kann für 2016 keine finden und die für 2015 legt bereits den Verdacht nahe, dass durch das Layout (seht hier die gross gedruckten Zahlen, achtet nicht auf die viel kleiner gedruckten, aber aussagekräftigeren) der Leser eingelullt werden soll. Wahrscheinlich von Sozialpädagogen gedruckt. :smirk:

Deine These kannst Du ja einmal an Köln prüfen. Das wirst Du natürlich nicht tun. http://www.ksta.de/interaktiv/bundestagswahl-2017-in-koeln-so-haben-die-menschen-in-ihrem-veedel-gewaehlt-28480938 Drei oder vier Stimmbezirke sind kein ausreichender Beleg.

Von Entlarvung kann hier keine Rede sein.

Valdez, Du fändest es sicher nicht prickelnd, wenn nun ein AfD-Gegner behaupten würde, dass 87% das Lügengebilde der AfD entlarvt hätten.

Also sollte man etwas abrüsten und beiden (13+87) zubilligen, dass sie selbst der Ansicht sind, etwas erkannt und bewertet zu haben. Nicht mehr und nicht weniger. Für die einen sind diese Themen wichtiger und für andere jene.

Viel Spaß bei der Schaffung des „neuen Menschen“. :smirk:

Daran haben sich schon andere seit Ewigkeiten die Zähen ausgebissen.

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Ui, die AfD hat glatt etwas überdurchschnittlich abgeschnitten. In Deinem UP hattest Du das noch exorbitant ausgewiesen. Ich wusste gar nicht, dass der Unterschied im Abschneiden zwischen 13,2 und 16,1 „exorbitant“ ist.

:smirk:

Nööö. Die einen wollen eine Obergrenze von 200.000 und die anderen einen Nullzuzug. Die einen wollen Euro und EU behalten und die anderen eher nicht. Die einen sind strikte Transatlantiker und die anderen sind es keineswegs.

Da sehe ich schon viele, sehr wesentliche Unterschiede.

Vielleicht ist das nur aus Deinem weit entfernten Blickwinkel :wink: schwer erkennbar.

Nee, die Zahlen der Wahlen aus knapp 70 bzw. 30 Jahren sind natürlich nicht vorhanden. Sachliche Analysen findest Du in jeder Uni zu dem Thema des Wahlverhaltens in Bayern und Sachsen. Ja, es sind stets schwarze Hochburgen gewesen. Seit Gründung der BRD bzw. Wiedervereinigung.

Deine Abwehrargumentation ist lachhaft.

Doch, kann man. Hat bei Grünen und Linkspartei geklappt und klappt derzeit auch bei der AfD. Ändert aber nichts an der Richtigkeit der Aussage von Zerschmetterling. Du reagierst nur reflexhaft und überzogen auf den Begriff „rechts“.

Das ist aber schlimm, ich weine :cry: .

Wir werden ja sehen, wie großartig sich die AfD künftig um das unterste Quartil dieses Landes (das hat mit „sozial Schwachen“ nicht viel zu tun; Arbeiter und kleine Angestellte haben AfD nicht weniger gewählt als Arbeitslose) kümmern.
Vielleicht kommen die ganzen working poor ja alle plötzlich wundersam zu einer angemessenen Bezahlung für ihre Arbeit, wenn der Familiennachzug aus Syrien gestoppt ist und kräftig gegen den Islam gewettert wird. Oder will soll man sich das vorstellen?

Deutschland hat sich die AfD redlich verdient!
Da werden wir beide uns aus unterschiedlichen Gründen mal richtig einig sein :wink:

Ich würde es nicht leugnen, wenn ich einen sonderlichen Grenznah-Effekt erkennen würde, aber ich erkenne ihn nicht.
Ich bin ja selbst Bewohner eines dieser Grenz-Wahlkreise, bin bis vor kurzem beruflich ständig über die Grenze Freilassing-Salzburg gependelt und hab das von Anfang an hautnah miterlebt.

Und in den Zahlen dieser Grenzwahlkreise erkenne ich nur eine miserable SPD, während die Regierungspartei (die für die Grenzöffnung 2015 wie danach für die krassen Pendler-Schikanen an den großen Übergängen verantwortlich ist) besser abgeschnitten hat als in anderen Teilen Bayerns.

Gruß
F.

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