Hallo Viktor,
Daß mit „Gesetz“ hier nicht das mosaische Gesetz gemeint ist
ist wohl klar sondern der Wille Gottes entsprechend der Botschaft
Jesu.
das ist eher fantasievoll als „klar“. Das kann man nur Leuten weismachen, die den Kontext Deines Zitates nicht kennen. Natürlich ist von dem Gesetz die Rede, nach dem Juden wie Jesus und Paulus leben sollten - also dem „mosaischen Gesetz“. Dazu braucht man einfach nur weiter zu lesen, was unmittelbar nach Deinem Zitat in Vers 17 folgt:
„Wenn du dich aber einen Juden nennst und dich auf das Gesetz verlässest und dich Gottes rühmst, wenn du seinen Willen weißt und verschiedenartige Dinge zu unterscheiden verstehst, weil du aus dem Gesetz unterrichtet bist …“ usw. usf.
Nach der Botschaft gehört der zu Jesus, wer den Willen seines
Vaters, also Gottes tut.
… und zwar nach dem (mosaischen) Gesetz, denn:
"Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen! Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen"
usw. (wenn Mt 5,17 denn tatsächlich ein authentisches Zitat des Rabbi Jeschua sein sollte).
Neben das Gesetz als Quelle von „Gerechtigkeit“ den Glauben an Jesus als Gottessohn zu stellen, das ist hingegen eine speziell paulinische Idee, die die Mission des Zeltmachers Scha’ul aus dem hellenistischen Kleinasien unter Nichtjuden vorantreiben sollte. In eben dem Brief an die Römer programmatisch formuliert:
„Nun aber ist außerhalb vom Gesetz“
- von welchem wohl? Natürlich vom mosaischen, wovon sonst -
„die Gerechtigkeit Gottes geoffenbart worden […] veranlaßt durch den Glauben an Jesus Christus, für alle, die da glauben..“
Wobei es Paulus nicht versäumt, die Judenchristen (sicher mit Blick auf die Zentrale in Jerusalem) zu beruhigen, dass das am Gesetz selbst natürlich nichts ändert:
„Heben wir nun das Gesetz auf durch den Glauben? Das sei ferne! Vielmehr richten wir das Gesetz auf.“
„Außerhalb vom Gesetz“ ist also lediglich die Offenbarung der „Gerechtigkeit Gottes“. Es ist jedoch nach Paulus dieselbe „Gerechtigkeit“, die sich im Gesetz und im Glauben offenbart, daher wird das mosaische Gesetz durch den Glauben auch nicht aufgehoben. Andererseits - die, denen das Gesetz nicht gegeben ist (die Nichtjuden also) sind zwingend auf den Glauben an Jesus angewiesen, so dass ihnen die „Gerechtigkeit Gottes“ offenbar wird.
Immerhin verweist Paulus im Römerbrief noch auf eine dritte - allerdings nicht offenbare - Quelle zur Erfüllung des Gesetzes. Neben der Schrift und dem Glauben als Quellen der Offenbarung von „Gottes Gerechtigkeit“ tritt noch das Gewissen:
„Denn wenn die Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur tun, was das Gesetz verlangt, so sind sie, die das Gesetz nicht haben, sich selbst ein Gesetz; da sie ja beweisen, daß des Gesetzes Werk in ihre Herzen geschrieben ist, was auch ihr Gewissen bezeugt, dazu ihre Überlegungen, welche sich untereinander verklagen oder entschuldigen.“
- freilich keine sehr sichere. „Von Natur tun, was das Gesetz verlangt“ ohne das Gesetz zu kennen ist eine mehr als nur vage Möglichkeit, dem von Paulus in seinem Brief (von dem üblichen Gegeifer gegen Unkeusche im Allgemeinen und Schwule im Besonderen begleitet) angekündigten Zorn Gottes zu entgehen. Aber es ist natürlich eine (offensichtlich notwendige) Erklärung dafür, dass man auch einen tadellosen Lebenswandel führen kann ohne Jude zu sein oder an den Messias Jeschua zu glauben. Das ist alles, was bei näherem Hinsehen von Deiner These übrig bleibt.
Nur immer alles richtig lesen, nichts verschweigen und die
Botschaft nicht verfälschen - fällt natürlich dem der nicht
drin ist schwer wie auch manchen welche sich hier als Christen outen,
Wie wahr, Viktor, wie wahr.
Freundlichen Gruß
Ralf
p.S. Alle Zitate nach Schlachter