'Christlich-Jüdische Tradition'

Hi

Es geht dabei gar nicht so sehr um religiös oder nicht-religiös. Es geht darum in welchem sozialen Feld man aufgewachsen ist. Und da Juden eigentlich ständig irgendwie sozial reflektiert wurden (meist durch Verfolgung oder Sonderregelungen oder Ausgrenzungen u.ä.) und selbst über ein bestimmtes soziales System verfügen (Familienhierarchien etc.) hat es eben Einfluss auf einen Menschen, ob er gerade in diesem Feld aufwächst, oder in einem anderen.

Du willst dich gerade angegriffen fühlen, oder?
Ich habe doch nur gesagt, dass du dir nicht zwingend um den Kontext eines Autoren Gedanken machen musst (aber natürlich kannst) wenn du Bücher zum Spaß liest und nicht zur Analyse.

lg
Kate

Sag mal gehts noch?

Ich rede aber nunmal nicht von den Nasenbohrern, sondern ich rede von Menschen wie Einstein, Heinrich Heine, Sigmund Freud, Kafka (auch wenn ich seinen Stil persönlich nicht mag), etc.

Ich weiß ja nicht was in deinem Kopf so vorgeht und ob du überhaupt Respekt für irgendjemanden empfinden kannst, aber ich weiß, dass diese Menschen genial und keine Nasenbrettbohrer waren. Wenn du damit ein Problem hast, so ist es nicht meines und mit positivem Rassismus hat das nichts zu tun. Was du aber damit tust ist, abzulenken von den Stellen, wo wirklich rassistisch vorgegangen wird. Als ob es keine anderen Probleme gebe, als auch mal anzuerkennen, dass die „großartige deutsche Kultur“ eben nicht von blonden blauäugigen Hünen geschaffen wurde.

Das heißt nicht, dass sie alle _nette_ Menschen waren. Einstein und Kafka waren bestimmt keine netten Menschen, genauso wie Goethe ein riesen Arschloch war, was aber niemanden kümmert.
Warum nicht?
Weil diese Menschen einen großen Beitrag zur Kultur geleistet haben.

Dass DU aber, wenn ich anfange von jüdischen Autoren und Genies zu sprechen, sofort meinst dies würde auch Säufer und Nasenbohrer beinhalten sagt ja einiges über deine Weltsicht aus.

Denkst du, wenn jemand von „wundervolle Stimme“ spricht, auch sofort an den betrunkenen Gröhler vor der Kneipe?

lg
Kate

Sag mal gehts noch?

ja, es geht noch. Was ist denn das für eine Frage?

Ich rede aber nunmal nicht von den Nasenbohrern, sondern ich
rede von Menschen wie Einstein, Heinrich Heine, Sigmund Freud,
Kafka (auch wenn ich seinen Stil persönlich nicht mag), etc.

Das war aber in Deinem Beitrag nicht deutlich - der bezog sich nämlich auf

Jahrtausende auf das Heftigste bekämpft, am liebsten hätte man
sie ganz ausgemerzt. Und jetzt … jetzt beruft man sich auf sie.

jetzt machst Du den Rundumschlag und nennst die jüdischen Autoren geniale Menschen. Und das ist mir zu pauschal.

Ich weiß ja nicht was in deinem Kopf so vorgeht und ob du
überhaupt Respekt für irgendjemanden empfinden kannst, aber
ich weiß, dass diese Menschen genial und keine
Nasenbrettbohrer waren.

was ich damit sagen wollte ist, dass die Gesellschaft, die wir hier jüdisch nennen eine sehr heterogene ist, die aus allen Schichten und unterschiedlichsten Menschen besteht. Eben vom Nobelpreisträger bis zum Arbeiter.
Vom frommen Juden bis zu dem, der gar nicht weiss, dass er nach den Richtlinien der Nazis zu den Juden gezählt wird.

Und deshalb habe ich ein Problem damit, dass man Wissenschaftler nach ihrer Glaubenszugehörigkeit einteilt.
Einen Scholem Aleichem als jüdischen Schriftsteller zu bezeichnen ist wohl unbestreitbar richtig. Aber wenn jemand einen Aufsatz über Medizin schreibt, dann ist das kein christlicher oder jüdischer oder muslimischer Beitrag für die Medizin. Host mi?

Wenn du damit ein Problem hast, so ist
es nicht meines und mit positivem Rassismus hat das nichts zu
tun.

Aber wenn man von den Juden … spricht, dann schon! Und ich habe es jedenfalls so verstanden, erst hinterher hast Du gesagt, dass du von dieser Handvoll Menschen gesprochen hast.

Was du aber damit tust ist, abzulenken von den Stellen,
wo wirklich rassistisch vorgegangen wird. Als ob es keine
anderen Probleme gebe, als auch mal anzuerkennen, dass die
„großartige deutsche Kultur“ eben nicht von blonden
blauäugigen Hünen geschaffen wurde.

Nein! Ich mache darauf aufmerksam, dass mit dem Begriff „Christlich/Jüdisch“ eine ganze Menge Leute ausgeschlossen werden. Aktuell sind es die Muslime, aber es werden auch die ausgeschlossen, die mit Religion gar nichts am Hut haben. Ich will sagen, dass es auch ausserhalb von CDU und CSU eine Kultur gibt.

Dass DU aber, wenn ich anfange von jüdischen Autoren und
Genies zu sprechen, sofort meinst dies würde auch Säufer und
Nasenbohrer beinhalten sagt ja einiges über deine Weltsicht
aus.

Leider hast Du mich gar nicht verstanden.

Denkst du, wenn jemand von „wundervolle Stimme“ spricht, auch
sofort an den betrunkenen Gröhler vor der Kneipe?

Die Frage verstehe ich nicht. Auch nicht die Frage, ob ich überhaupt vor jemandem Respekt haben kann.

Schöne Grüße
PW

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Hi Kate

Es geht darum in welchem sozialen Feld man
aufgewachsen ist.

sehr schön, jetzt kommen wir langsam zusammen. Aber ich denke in diesem Zusammenhang an den Waldbauernbub und an den Rapper in einer Großstadt. Selbst wenn beide was auch immer sind, was die Religion betrifft: Sie werden ganz unterschiedlich sein.

und selbst über ein
bestimmtes soziales System verfügen (Familienhierarchien etc.)
hat es eben Einfluss auf einen Menschen, ob er gerade in
diesem Feld aufwächst, oder in einem anderen.

Und mit den wie du sagst …sozialen Systemen … sind wir auch schon mit einem kleinen Schritt bei den Protokollen der Weisen von Zion und ähnlichen üblen Verdächtigungen. Also mir reicht das nicht und ich halte die Aussage von den Juden mit den sozialen Netzwerken nicht für richtig.
http://www.bol.de/shop/home/suchartikel/die_protokol…

Ich habe doch nur gesagt, dass du dir nicht zwingend um den
Kontext eines Autoren Gedanken machen musst (aber natürlich
kannst) wenn du Bücher zum Spaß liest und nicht zur Analyse.

Hier muss ich natürlich über den Widerspruch … zum Spass … und zur Analys … schmunzeln. Hat sich also die letzten 30 jahre nicht sooo viel geändert.

Aber egal: dass der Jude in dem jüdischen Umfeld lebt ist mir zu mager und auf die Analyse bin ich auch nicht sooo neugierig.

Schöne Grüße

PW

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falsches Buch verlinkt
Hi,
ich wollte dieses Buch angeben
http://www.bol.de/shop/buecher/suchartikel/die_proto…

Aber das oben ist bestimmt auch lesenswert und hilft weiter

Gruss
PW

Hallo Andreas,

Antike ist zwar
nur zum Teil atheistisch (Sokrates), aber gewiß
nicht-christlich.

An dem Satz stimmt eigentlich gar nichts. Sokrates’ Leben und
Wirken ist geradezu tiefreligiös im Sinne des Wortes

Gewiss kann man darüber streiten, die einen finden Sokrates „tief religiös“, die anderen „atheistisch“
http://www.suite101.de/content/die-fragen-des-sokrat…
http://www.wcurrlin.de/kulturepochen/Die-saekularen-…
dort besonders Punkt „4d - Sokrates - Atheist in seiner Zeit“.
Schliesslich haben die religiösen „Fundamentalisten“ seiner Zeit ihn auch als „Atheisten und Verderber der Jugend“ gesehen. Aber sei’s drum, Sokrates war ja nur ein Beispiel , das man auch austauschen kann, durch Vorsokratiker wie Xenophanes oder Sophisten (Protagoras aus Abdera z.B.).

Antiker Atheismus - das wäre mal ein Thema für
sich.

In der Tat, und ein Thema für sich ist es eben durch die Tatsache, dass es diesen Atheismus gegeben hat, sei er nun materialistisch, agnostisch oder sonstwie begründet.

Und je nachdem, wann man die Antike enden lässt, ist die
Christanisierug West- und Ostroms da schon weitgehend
abgeschlossen. Sogar Teile der „Barbaren“, die das Reich
überrennen sind christlich, wenn auch z.T. arianisch.

Natürlich, auch darüber möchte ich nicht streiten. Offiziell war zum Ende der Antike Ost- und Westrom christlich, aber eben nur offziell, möchte nicht wissen, wie es in den Köpfen der meisten Leute ausgesehen hat. Und außerdem, christlich nur zum Ende hin, also in den letzten 200 Jahren der ca. 600 Jahre dauernden klassischen Antike und hellenistischen Zeit. Also ein Teil unseres kulturellen Erbes durchaus auch „nicht-christlich“ geprägt, da sehe ich keinen Widerspruch. Und wenn ich bedenke, dass z.B. die Sachsen erst ca. 800 mit Gewalt christianisiert wurden: „Sterben soll, wer Heide bleiben will und unter den Sachsen sich verbirgt, um nicht getauft zu werden oder es verschmäht, zur Taufe zu gehen.“ (Punkt 8 der „Capitulatio de partibus Saxoniae“)
http://de.wikipedia.org/wiki/Capitulatio_de_partibus…
und die slawischen Völker noch ein wenig später, dann sieht man, dass z.B. auch „heidnische“ Elemente in die europäische Kultur (wie auch immer man das definieren will) eingeflossen sind.
Insofern stört es mich schon, wenn im Begriff der „christlich-jüdischen Tradition“ dies ausgespart bleibt und man sich sozusagen nur das gerade passende herauspickt. Noch dazu von manchen Leuten, deren Richtschnur nicht unbedingt christliches Handeln ist, sondern vielmehr der Tanz um das Goldene Kalb Mammon. In Europa, oder in Deutschland existieren eben nicht nur Christen und Juden, sondern auch Atheisten, Skeptiker, Gleichgültige, Sonnenanbeter, Buddhisten, Kommunisten und was weiss ich noch… Allzusehr wird dieser Begriff als „Abwehrkeule“ mißbraucht, um vermeintlich oder tatsächlich Unerwünschtes fernzuhalten. Ich habe in der DDR noch Zeiten erlebt, in denen meine Jeans oder meine Lieblings-Rockgruppen unerwünscht waren, weil „solch imperialistisches Zeug nicht zu unserer sozialistischen Tradition und Kultur passen“. Oder um bei der Tradition zu bleiben, Thomas Müntzer als „Revolutionär“ und „Freund der Bauern“ passte in die „sozialistische Traditionslinie“, Martin Luther als „Fürstenknecht“ gar nicht, zumindest anfangs nicht. Das kommt raus, wenn man sich seine Tradition passend zurecht schnitzt.

Viele Grüsse
Jan

Hallo Ralf,

Du glaubst doch
sicher nicht ernsthaft, dass sich dieser Vogel durch lästige
Fakten irritieren lässt?

Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt :wink: Und eine Frage erfordert nun mal eine Antwort, vielleicht regt es ja doch zum Nachdenken an.
Ansonsten vielen Dank für deine Unterstützung.

Viele Grüsse
Jan

Hallo Jan,

die Bedeutung Sokrates’ erweist sich gerade darin, dass er sowohl von der Kirche/Theologie wie von Atheisten vereinnahmt wird. Ich finde es aber schon merkwürdig, seine Ankläger zu Zeugen zu rufen. Das wäre so als würde man den Verschwörern de 20. Juli den Patriotismus absprechen, da sie ja „rechtskräftig“ als Hochverräter verurteilt wurden.

In der Tat, und ein Thema für sich ist es eben durch die
Tatsache, dass es diesen Atheismus gegeben hat, sei er nun
materialistisch, agnostisch oder sonstwie begründet.

Ein schönes Beispiel für einen Zirkelschluss. Ich könnte Dir ja folgen, wenn Du präziser definieren würdest.

Also
ein Teil unseres kulturellen Erbes durchaus auch
„nicht-christlich“ geprägt, da sehe ich keinen Widerspruch.

Definitiv. Zwar nicht auf der Kultur der alten Sachsen - deren heutige Anhänger sind ja, naja, machen wir kein neues Fass auf. Aber Europa/Abendland ruht eben auf den zwei Säulen griechisch-römische Antike und christlich-jüdische Religion. Dabei vermengen sich beide auch. Die aus anderem Grund berühmte „Regensburger Rede“ von Benedikt XVI. versucht gerade diesen Überschneidungen nachzuspüren. Sehr interessant!

Viele Grüße
Andreas

Hallo!

Sokrates mag kein Atheist gewesen sein - tiefreligiös war er
allerdings auch nicht,

Ich weiß nicht recht, was damit in der fraglichen Zeit gemeint ist. Es war doch nicht mehr - und nicht weniger - gefordert, als „die Götter zu verehren, die die Polis verehrt“ (nach dem Gedächtnis aus der Apologie zitiert).

sonst hätte man ihn wohl auch kaum
wegen Asebie (‚Gottlosigkeit‘) hingerichtet.

Wegen Asebie wurde er angeklagt, hingerichetet haben sie ihn, weil er ihnen zu sehr auf die Nerven ging.
Der Anklagepunkt war, wieder nach der Apologie (Anklage durch Meletos): Er sagt, die Sonne sei ein Stein und der Mond sei Erde. (Was die Vorsokratiker längst schon ungestraft lehrten.)

Sokrates’
„Religiosität“ war formale Erfüllung von Bürgerpflicht

„wo der Gott einen hinstellt“: Heeresdienst, Suche nach dem Weiseren seit dem Chairephon-Orakel („Lügen wird der Gott doch wohl nicht. Das darf er ja nicht.“).

Wenn
Platons Phaidros eine einigermaßen zutreffende Darstellung von
Sokrates’ Haltung ist, dann war Sokrates Agnostiker.

Ich rätsle immer wieder über seinen Satz, als er die Wirkung des Gifts verspürt: „Dem Asklepios sind wir noch einen Hahn schuldig.“ Sowas wird im Angesicht des Todes und nach diesen Gesprächen kein Scherz sein.
Aber selbstverständlich: Jeder hat so seine eigene kleine Religion für sich ganz privat (schrieb die Lieselotte von der Pfalz), immer schon.
Beste Grüße!
H.

Hallo Andreas,

die Bedeutung Sokrates’ erweist sich gerade darin, dass er
sowohl von der Kirche/Theologie wie von Atheisten vereinnahmt
wird.

Du beisst dich ja richtig an Sokrates fest :wink:

Ich finde es aber schon merkwürdig, seine Ankläger zu
Zeugen zu rufen. Das wäre so als würde man den Verschwörern de
20. Juli den Patriotismus absprechen, da sie ja
„rechtskräftig“ als Hochverräter verurteilt wurden.

Den Vergleich finde ich nun wieder reichlich schief. Aber abgesehen davon, dass ich Sokrates nur als ein Beispiel genommen habe, möchte ich seine Ankläger keinesfalls als „Zeugen“ für seinen Atheismus aufrufen, sondern nur dafür, dass man Sokrates, je nach Zeit- und Standpunkt so oder so interpretieren kann. Aber gut, wir können Sokrates auch ganz weglassen.

In der Tat, und ein Thema für sich ist es eben durch die
Tatsache, dass es diesen Atheismus gegeben hat, sei er nun
materialistisch, agnostisch oder sonstwie begründet.

Ein schönes Beispiel für einen Zirkelschluss. Ich könnte Dir
ja folgen, wenn Du präziser definieren würdest.

Den Zirkel vermag ich nicht zu sehen, aber gut, ich formuliere um:
Ein Teil der antiken Denker war auch atheistisch. Punkt. Kannst Du wenigstens das unterschreiben? Wenn nicht, dann streiche für dich eben die Antike und lasse den Atheismus spätestens bei der Aufklärung beginnen, auch ein Teil der europäischen Tradition.

Aber Europa/Abendland ruht eben auf den zwei Säulen
griechisch-römische Antike und christlich-jüdische Religion.

Habe ich ja nicht geleugnet, nur eben noch ein paar Bestandteile hinzugefügt. Worauf es mir am meisten ankam, ist der Punkt, daß diese Feststellungen vor allem von den Politikern mißbraucht und somit zu leeren Worthülsen werden.
Was soll das denn heissen, wenn z.B. Herr Seehofer von „christlich-jüdischen Traditionen“ tönt? Dass ich als Atheist hier im Abendland irgendwie fehl am Platz bin, oder irgend ein komischer Vogel, der aus der Art geschlagen ist?

Die aus anderem Grund
berühmte „Regensburger Rede“ von Benedikt XVI. versucht gerade
diesen Überschneidungen nachzuspüren. Sehr interessant!

Hab ich doch wieder was zu lesen.

Viele Grüsse
Jan

Moin, Laika,

der Begriff wurde als Gegenposition zum Islam konstruiert, um Leuten wie unserem Bundespräsidenten („Der Islam gehört zu Deutschland“) ungestraft eins aufs Maul geben zu können. Die Dumpfbacken haben verdrängt, wer große Teile unserer Kultur nach Europa gebracht hat - das waren nämlich die damals Mauren genannten Araber.

Gruß Ralf

Hallo Ralf

Die
Dumpfbacken haben verdrängt, wer große Teile unserer Kultur
nach Europa gebracht hat - das waren nämlich die damals Mauren
genannten Araber.

Bist du dir sicher oder möglicherweise einer Wandersage auf dem Leim gegangen.

Gruß
Carlos

Hallo P.,

Du wirst es nicht glauben, aber die Erziehung hat durchaus
Einfluss auf den Menschen.

Ob ein Mensch christlich, jüdisch, muslimisch, buddhistisch
etc. ist gehört zu seinem sozio-historischen Kontext und wenn
man sich analytisch mit Autoren beschäftigt, gehört das
gefälligst beachtet.

Ich will es „gefälligst“ beachten. Aber beachte bitte auch
Du, dass Juden religiös und nicht religiös sein können und
wenn sie religiös leben, dass es dann auch noch eine ganze
Menge Spielarten gibt.

So what? Deinen Einwand verstehe ich nicht, denn wenn man sich darauf bezieht, dass jemand Jude ist, ist damit keine Aussage getroffen, welche Form der religiösen Praxis damit verbunden ist. Und auch ein nicht religiöser Jude ist Jude, denn die Definition des Jüdischseins besagt:

Jude ist, wer eine jüdische Mutter hat oder zum Judentum übergetreten ist.

Viele Grüße

Iris

Hallo Laika,

Das wird in letzter Zeit häufig gesagt, das wir sie in Europa
haben.

Na ja, und was ist davon zu halten?

ich halte nichts davon, denn meist ist es vereinnahmend gemeint und ist beschönigend. Vor der Schoah waren es gerade mal vierzehn Jahre in denen Juden gleichberechtigt waren.

Die meiste Zeit hatten Juden erhebliche Nachteile davon, wenn sie Juden waren und blieben. Von daher hat es für mich einen sehr merkwüdigen Geschmack, wenn auf einmal von einer christlich-jüdischen Tradition die Rede ist. Außerdem ist die Reihenfolge interessant und schon sehr bezeichnend und macht eben gerade in dieser Reihenfolge deutlich, auf was es aus der Sicht der christlich geprägten Dominanzkultur rauslaufen soll.

Es gibt im protestantisch-evangelikalen Spektrum Leute, die christliche Pessach-Feiern durchführen. Auch das finde ich grenzwertig.

Viele Grüße

Iris

Hallo,

was ich damit sagen wollte ist, dass die Gesellschaft, die
wir hier jüdisch nennen eine sehr heterogene ist, die aus
allen Schichten und unterschiedlichsten Menschen besteht. Eben
vom Nobelpreisträger bis zum Arbeiter.

Vom frommen Juden bis zu dem, der gar nicht weiss, dass er
nach den Richtlinien der Nazis zu den Juden gezählt wird.

Ich hoffe doch sehr, dass Du es Juden überlässt, zu definieren, wer nach jüdischem Selbstverständnis Jude ist bzw. dem betroffenen Individuum, wie es sich selbst definiert.

Den Nazis - egal ob gestrigen oder heutigen - würde ich diese Definitionshoheit nicht zubilligen wollen.

Und deshalb habe ich ein Problem damit, dass man
Wissenschaftler nach ihrer Glaubenszugehörigkeit einteilt.

Das Kriterium Glaube ist ein sehr christliches und offensichtlich auch Dein Denken über Judentum. Dazu findest Du einiges im Archiv, weil das schon oft in diesem Forum Thema war.

Einen Scholem Aleichem als jüdischen Schriftsteller zu
bezeichnen ist wohl unbestreitbar richtig.

Ja warum? Weil er auch religiöse Themen im engeren Sinn aufgegriffen hat?

Aber wenn jemand
einen Aufsatz über Medizin schreibt, dann ist das kein
christlicher oder jüdischer oder muslimischer Beitrag für die
Medizin. Host mi?

Das würde ich am Einzelfall festmachen. PID - was sagt die jüdische Tradition dazu, wäre durchaus eine jüdische Perspektive aufs Thema.

Es wäre zu fragen, was im jeweiligen Zusammenhang das Interesse ist, sichtbar zu machen, welche religiösen, weltanschaulichen, kulturellen Prägung jemand hat.

Was du aber damit tust ist, abzulenken von den Stellen,
wo wirklich rassistisch vorgegangen wird. Als ob es keine
anderen Probleme gebe, als auch mal anzuerkennen, dass die
„großartige deutsche Kultur“ eben nicht von blonden
blauäugigen Hünen
geschaffen wurde.

Es gibt übrigens auch unter Juden große, blonde, blauäugige Menschen.

Viele Grüße

Iris

Hallo,

Ich hoffe doch sehr, dass Du es Juden überlässt, zu
definieren, wer nach jüdischem Selbstverständnis Jude ist bzw.
dem betroffenen Individuum, wie es sich selbst definiert.

Wenn ich doch weiter oben schreibe

Interessant wäre doch, ob sich ein sogenannter jüdischer
Autor auch selbst als solcher gesehen hat.

dann verstehe ich deine Belehrung nicht.

Den Nazis - egal ob gestrigen oder heutigen - würde ich diese
Definitionshoheit nicht zubilligen wollen.

Warum sagst Du mir das?

Und deshalb habe ich ein Problem damit, dass man
Wissenschaftler nach ihrer Glaubenszugehörigkeit einteilt.

Das Kriterium Glaube ist ein sehr christliches und
offensichtlich auch Dein Denken über Judentum.

???

Einen Scholem Aleichem als jüdischen Schriftsteller zu
bezeichnen ist wohl unbestreitbar richtig.

Ja warum? Weil er auch religiöse Themen im engeren Sinn
aufgegriffen hat?

Weil (Wiki)
Scholem Alejchem, Humorist und Satiriker, schilderte unter anderem das Leben jüdischer Auswanderer in den USA, schrieb auch Kinderbücher und brachte dem amerikanischen Publikum das alltäglich jüdische Leben Osteuropas um die Jahrhundertwende näher. Seine ersten Werke erschienen auf Russisch oder Hebräisch, der Sprache der gelehrten jüdischen Oberschicht. Er entschied sich aber, auf Jiddisch zu schreiben, was die Sprache von Millionen von osteuropäischen Juden war, in der es aber bisher kaum eine etablierte Literatur gab.

Irgendwie verstehe ich Deine Einwände nicht, wenn ich ehrlich bin.

Gruss
PW

Hallo P.,

Du wirst es nicht glauben, aber die Erziehung hat durchaus
Einfluss auf den Menschen.

Ob ein Mensch christlich, jüdisch, muslimisch, buddhistisch
etc. ist gehört zu seinem sozio-historischen Kontext und wenn
man sich analytisch mit Autoren beschäftigt, gehört das
gefälligst beachtet.

Ich will es „gefälligst“ beachten. Aber beachte bitte auch
Du, dass Juden religiös und nicht religiös sein können und
wenn sie religiös leben, dass es dann auch noch eine ganze
Menge Spielarten gibt.

So what? Deinen Einwand verstehe ich nicht, denn wenn man
sich darauf bezieht, dass jemand Jude ist, ist damit keine
Aussage getroffen, welche Form der religiösen Praxis damit
verbunden ist. Und auch ein nicht religiöser Jude ist Jude,
denn die Definition des Jüdischseins besagt:

Kate sagt oben, dass der Glaube und die Erziehung Einfluss haben auf den Menschen. Dann sage ich, dass man nicht alles in einen Topf werfen darf. Bei einem streng religiösen Menschen mag das schon der Fall sein - aber nicht bei jemandem, der nicht religiös ist und auch nicht an (jüdischen) Gemeinschaft teilhat.
Was findest Du hier so schwer zu verstehen?

Gruß
PW

Hallo.

unabhängig davon, was man davon hält, frage ich, wer hat das
als Erster so gesagt?

Gute Frage. Muss ein Narr gewesen sein.

Na ja, und was ist davon zu halten?

Ich kenne von jüdischer Seite kaum jemand der ersthaft davon spricht. Wie auch? Es geht hierbei dann doch alleine um die christliche Sicht der Welt, so auch hier auf die Theologie und was Christen meinen vom Judentum verstanden zu haben. So wird dann oft behauptet, dass Jesus ja auch Jude war, als würde alleine diese Trivialität ausreichen, um eine gemeinsame(!) Tradition und Geschichte zu begründen.

Und wenn man sieht, wie von christlicher Seite über die Jahrhunderte mit Juden in Europa umgesprungen wurde, wie sie verfolt wurden, dann sollte man auch sehen, dass von jüdischer Seite diese Vereinnahmung und auch Verharmlosung der Schoa verstanden wird.

Hier wäre es ehrlicher zu sagen, dass diese Tradition so nie bestand, ausser in Ausnahmefällen.

Gruss,
Eli

Hallo.

Denn dass eine ist ja das AT und bei dem anderen handelt es
sich um das NT.

Soviel zur angeblichen Tradition, welche auch immer wieder von Vertretern dieses Begriffs aufgezeigt wird: Von einer jüdischen Tradition geschweige, einer gemeinsamen, ist fast überhaupt kein Wissen vorhanden. So ist das Judentum eben nicht das AT, so wie es christlicherseits präsentiert wird. Die meisten Traditionen usw. welche seit Jahrhunderten hier gelebt werden, wie man überraschend im AT nicht finden bzw. überrascht sein, wenn man mit dem Blick ins AT einmal eine jüdische Familie besucht.

Würde so etwas wie eine christlich-jüdische Tradition bestehen, müsste man sich von jüdischer Seite nicht immer wieder mit solchen schon recht einfachen Missverständnissen rumschlagen.

Gruss,
Eli

PS. Entschuldige René, dass ich deinen Beitrag hierzu benutzt habe, aber diese Kritik an dem Begriff von der angeblich christlich-jüdischen Tradition lies sich hier verdeutlichen, aber auch an vielen anderen Beiträgen hier.

Hallo.

Was sollen denn hier die Unterscheidungen jüdisch bzw
christlich?

Aufgrund der Geschichte ist diese nachwievor notwendig, da sie vieles erklärt, da nämlich damals auch damals nicht einfach und normal war, als Biologe oder Philisoph auch Jude zu sein. Viele Feindschaften und auch Kritik basieren nämlich damals oft mehr auf Letzterem und dieses muss man eben dann doch wissen, um diese Prozesse und Kritik zu verstehen.

Ist der Verweis auf einen …jüdischen … Autor nicht im
Ursprung eine Ausgrenzung?

Das kommt ganz auf den Kontext an. Sollte sich der Verhältnis der Deutschen zu den Juden einmal normalisiert haben, sind solche Hinweise sicherlich nur noch bei wenigen Anlässen notwendig und hilfreich. Bis dahin, kann es aber nicht schaden, sich des Problems immer wieder bewusst zu werden, dass hier eben nichts normal ist und schon garnicht war.

Und jetzt die jüdisch - christliche Kultur … was immer das
sein soll … eine Ausgrenzung der bösen Muslime mit den
Kopftuchtöchtern und lern - unwilligen Nachkommen?

Das sehe ich auch so. Für mich erscheint der Begriff christlich-jüdisch-was-auch-immer ein politischer Begriff zu sein, welcher hier ganz bewusst eine Abgrenzung und Vereinnahmung schaffen soll.

Dummerweise finden die meisten Juden, dass gar nicht so lustig, vor allem weil sie dann die gemachte Kritik am Islam und Muslimen so nicht teilen. Wie kann man z.B. jedes Kopftuch als politische Manifestation verstehen, wenn die eigene Mutter oder Oma selbiges am Schabbes beim Kerzenzünden trägt oder man dreimal im Jahr in der Synagogen einigen Frauen begegnet, welche auch als Nicht-Muslima Kopftücher aus religiösen Gründen tragen oder man das als ganz normal erfahren hat, wenn man Verwandte in Israel oder Amerika besucht hat. usw. usw.

Gruss,
Eli

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