Bei der aktuellen Infektionsrate werden wir recht schnell in den sechsstelligen Bereich kommen, was die Erkrankten angeht. 20% der Fälle sind in etwa schwer, 5% sehr schwer. Nehmen wir nur mal die 5%. In drei Wochen haben wir u.U. schon 5.000 schwere Fälle, die eine intensivmedizinische Behandlung benötigen. Wir haben 28.000 Intensivbetten in Deutschland, die im Schnitt zu 80% belegt sind, d.h. 5.600 sind frei. Sowohl Kranke als auch freie Betten sind nicht gleichmäßig verteilt, so daß wir schon viel früher an einem Punkt sein würden, an dem die Ärzte abwägen müssten, ob sie einen an Corona versterben lassen oder jemanden abweisen, der mit Herzinfarkt, Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma eingeliefert wird.
Genau das ist das Problem in Italien. Die Leute ersticken bei vollem Bewußtsein in den Fluren der Krankenhäuser, weil die Triage ergeben hat, daß sie so oder so kein Überlebenschance haben und die Beatmungsgeräte sinnvoller für andere verwendet werden sollten. Das kann man hinnehmen wollen, aber ich finde es ein bißchen schwierig, so eine Entwicklung zur Abmilderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Eindämmungsmaßnehmen zu akzeptieren.
Hier um die Ecke in Heinsberg, aber auch lokal an anderen einzelnen Orten, kommt das Gesundheitssystem schon jetzt an seine Grenzen und die offiziellen Zahlen spiegeln die aktuelle Lage nicht einmal ansatzweise wieder. Zwischen Infektion und Tod liegen im Schnitt 17 Tage, d.h. in der Statistik tauchen heute die Toten auf, die sich Anfang März infiziert haben. Die Zahl der Infizierten ist die Zahl, derjenigen, die offiziell als infiziert gemeldet wurden. Zwischen Test und Meldung liegen bis zu acht Tage. Hinzu kommt die Dunkelziffer, die im Zweifel dramatisch ist (wegen der vielfach milden Verläufe, der langen Inkubationszeit und der hohen Übertragungsquoten bei Kindern).
Wenn wir nur die 10.000 Menschen nehmen, die heute offiziell infiziert sind, dann werden wir in zweieinhalb Wochen 100 Tote haben. Wenn die Zahl der Infektionen an einem Tag nur um 100 höher gelegen hat, dann macht das nach zwei Wochen etwa 3000 Kranke mehr und nach vier Wochen 120.000.
Da die Infektionsketten schon lange nicht mehr verfolgt werden können und praktisch niemand getestet wird, der nicht Kontakt zu einem positiv getesteten hatte oder in einem Risikogebiet war oder besonders schwer erkrankt ist, darf man getrost davon ausgehen, daß man aktuell nicht nur um 100, sondern eher um 10.000 falsch liegt. Das macht dann nach zwei Wochen 300.000 mehr Fälle und dann 17 Tage später 3000 zusätzliche Tote (wobei bspw. in Italien viele Tote getestet werden, während bei uns wohl jemand schon zu Lebzeiten Corona gehabt haben bzw. einen offensichtlichen Corona-Fall darstellen muß, um als Corona-Toter zu gelten; das und die geringer Zahl der Tests in Italien führt auch dazu, daß die Quote der Corona-Toten viel höher ist als bei uns) und 15.000 zusätzliche sehr schwere Verläufe. Das funktioniert nicht.
Und nein: die schweren Verläufe sind nicht auf Alte und Kranke beschränkt. Der Schwerpunkt liegt bei Alten und Kranken, aber es gibt auch jüngere und gesunde Menschen, die schwer erkranken und am Virus sterben.
Gruß
C.