Das bedeutet, daß wir bald wieder einen sprunghaften Anstieg der Fallzahlen sehen können.
Die gesamte Gesellschaft ist nicht lahmgelegt. Selbst in Spanien, wo es Ausgangssperren gab, konnten die Leute zur Arbeit gehen. In Deutschland konnten sie darüber hinaus noch mit der Familie rausgehen und auch Sport treiben (bspw. in Frankreich und Italien verboten).
Und ich sage auch nicht, daß man alle Maßnahmen hätte noch vier Wochen aufrechterhalten müssen, sondern ich bin der Ansicht, daß die Schlagzahl bei den Lockerungen zu hoch. Bis man aufgrund der Lockerungen einen Anstieg bei den Fallzahlen sieht, gehen zwei Wochen ins Land, in denen man nicht reagieren kann und in denen sich das Virus wieder sehr schnell ausbreiten kann.
Zur Erinnerung: von rd. 300 Neuinfektionen pro Tag (also aktueller Stand) bis 5000 Neuinfektionen pro Tag hat es Mitte März gerade mal 10 Tage gedauert. Klar: die Leute sind heute vielleicht ein bißchen vorsichtiger, aber es gibt auch mehr Personen, die infektiös sind.
Und genau da liegt die Gefahr: daß sich die Verbreitungsrate schnell wieder dramatisch erhöht. Hinzu kommt, daß die Leute auch während der Maßnahmen Dienstreisen unternommen haben und vereinzelt Besuche gemacht haben und so das Virus in neue Bevölkerungsgruppen und Gegenden getragen haben. Viele neue kleine Herde, die auflodern können, wenn nun die Leute alle vor die Tür gehen, sich fast so verhalten wie früher und sich wegen der Masken sicher fühlen.
Das kann gut gehen, muß aber nicht. Ich beobachte seit Ostern eine dramatische Verschlechterung des Abstandsverhalten und wir sind hier in einer Kleinstadt ohne Einkaufszentren, Wochenmärkte und zentrale Parks.
Kurz gesagt: man hätte die Lockerungen langsamer durchführen müssen, damit man vor jedem neuen Schritt die Fallzahlentwicklung hätte abwarten können - so, wie es bspw. die Spanier machen: alle zwei Wochen eine neue Phase.
Ich weiß, daß wir die Bilder hier (noch) nicht hatten, aber die Bilder aus dem Ausland haben gewirkt, was man an den Zahlen ablesen konnte. Aber diese Bilder sind verblaßt und das führt zu Nachlässigkeit. Und auch, weil wir es geschafft haben, die Sache im Zaum zu halten. Aber das haben wir wegen der Maßnahmen, an die wir uns schnell gehalten haben, und wegen der Tests geschafft und nicht, weil wir Deutsche irgendwie weniger auf das Virus ansprechen. Wenn wir uns blöd verhalten, werden wir auch krank und wenn sich genug blöd verhalten, werden viele krank. Ja, wir haben die Kapazitäten in den Krankenhäusern und bei den Tests erhöht, aber wenn wir die Sache zwei Wochen laufen lassen, kann es durchaus sein, daß es nicht so gut ausgeht wie beim ersten mal.
Und wie gesagt: wir haben jetzt mehr Infektionsherde als Anfang März. Damals hatten wir ungefähr 100.000 infektiöse Personen, heute sind es etwa dreimal so viele. Und diese infektiösen Personen sind nicht i.W. Mitglieder einer Altersgruppe an einigen wenigen Orten, sondern sie in allen Bevölkerungsgruppen und viel weitflächiger verteilt.
Gruß
C.