Hallo Tilli,
irgendwie ist mir noch vieles von dem, was du zu diesem Thema ja nun schon in zwei Threads schreibst, unklar… Ich möchte deshalb erstmal ein bisschen was Allgemeines zum Thema Dankbarkeit sagen und wie ich das sehe.
Ich halte Dankbarkeit nicht so sehr für höfliche Konvention, sondern für eine wünschenswerte Grundhaltung von Menschen. Der Grundstock für diese Haltung wird als Kind gelegt. Ich hab zwar keine Ahnung von Erziehung, aber ich denke schon, dass es sinnvoll ist, seinen Kindern beizubringen, „dass man sich bedankt“. Auch wenn so ein „das gehört sich so“, genau das nahelegt, was ich nicht unter Dankbarkeit verstehe, nämlich diese höfliche Konvention, die man nunmal anzuwenden hat, egal ob man tatsächlich Dankbarkeit empfindet. Ich denke, wenn man als Kind häufig dazu angehalten wurde, Danke zu sagen, ist das ein guter Grundstein für diese innere Haltung der Dankbarkeit. Idealerweise lernt ein Kind nicht einfach nur, in welchen Situationen es sich „zu bedanken hat“, sondern es lernt dadurch auf Dauer gesehen, nichts für selbstverständlich zu nehmen, die Mühe des anderen anzuerkennen… etc. Mit „nichts selbstverständlich nehmen“, meine ich auch Dinge wie einen schönen Sonnenuntergang, dass ich morgens gesund aufstehen kann, dass ich einen Job habe, uvm. Diese innere Haltung hat dann überhaupt nichts mehr mit der höflichen Konvention zu tun, wird aber trotzdem dazu führen, dass man sich häufig bei anderen bedankt. (Ziemlich sicher sogar häufiger, als jemand, der das nur aus Höflichkeit tut.)
Wenn ich mir wünsche, dass sich jemand bei mir bedankt, dann reicht mir kein formelles Danke, das aber nicht so empfunden wird. Wenn jemand Danke sagt, ohne tatsächlich Dankbarkeit zu empfinden, kann ich darauf auch verzichten. Typisches Beispiel: Frau schmeißt den ganzen Haushalt und ist sauer, weil sich ihr Mann nie dafür bedankt. Es kann zwei Gründe haben, dass er sich nicht bedankt, entweder er hält es für selbstverständlich, dass sie den Haushalt schmeißt, oder er ist ihr zwar dankbar, aber drückt das kaum aus. (Ähnlich wie: „Sie weiß doch, dass ich sie liebe, warum sollte ich ihr das dauernd sagen…“) Im ersten Fall könnte es sein, dass man es durch ein Gespräch schafft, ein bisschen das Bewusstsein dafür zu wecken, dass es eben nicht selbstverständlich ist. Damit wäre viel gewonnen, leider wird es wohl viel häufiger so sein, dass dann mal ein missmutiges uneinsichtiges Danke kommt. Darauf könnte ich verzichten… Im zweiten Fall wäre mir wichtiger, zu wissen, dass die Dankbarkeit grundsätzlich da ist, auch wenn sie kaum ausgedrückt wird. Klar wäre es schön, wenn er diese auch öfter ausdrücken würde, aber einen Erwachsenen kann man eben so leicht nicht mehr umerziehen.
Aber in deinem Fall geht es ja anscheinend um ein Kind. Da stellt sich mir schon die erste Frage, wie alt ist der Junge denn? (Oder hab ich diese Info irgendwo überlesen?) Nach dem, was du geschrieben hast, stell ich mir einen ca. 17jährigen Kerl vor. Wenn das in etwa zutrifft, denke ich, ist da eh nicht mehr viel zu machen. Zum anderen ist mir überhaupt nicht klar, wie du zu dem Jungen stehst? Er ist der Sohn der neuen Freundin deines Ex-Mannes, okay. Aber irgendwie reicht mir das nicht als Info… Haben du und dein Ex-Mann denn gemeinsame Kinder? (Du schreibst was von Patchwork…) Dieser Stiefsohn lebt mit seiner Mutter und deinem Ex-Mann zusammen, richtig? Wie lange seid ihr getrennt, und wie lange sind die schon zusammen? Welchen Kontakt hast du zu diesem Jungen, und warum? Oder ganz kurz gefragt, wie kommst du auf die Idee, ihm was zu schenken??? Mir kommt das sehr seltsam vor, könnte sich aber durch die Familiensituation irgendwie erklären lassen.
Richtig interessant wird das ganze durch das, was du hier schreibst.
Verständlich ist, dass er mich nicht mag, weil er mich kaum
sieht und wohl die Konflikte mit dem Ex mitkriegt.
Da frag ich mich nun erst recht, warum um Himmels Willen schenkst du ihm etwas?
Wahrscheinlich nervt mich vielleicht eher seine Mutter, die
immer die Großmoralische raushängen läßt und ihren Sohn
tralala machen läßt.
Ich sollte mich an sie wenden…
An der Stelle erklärt sich da für mich vieles. Mir scheint, du versuchst da ein Problem zwischen dir und deinem Ex mit seiner Neuen auf dem Rücken dieses Jungen auszutragen. Warum du ihm was schenkst, ist mir immer noch nicht ganz klar, vielleicht willst du darüber ja auch einfach nur zeigen, dass du bereit bist, auf die neue Familie deines Ex zuzugehen. Vielleicht wolltest du einfach nur ein positives Signal setzen, ich will dich hier nicht verurteilen. Trotzdem hat damit das „Geschenk“ seinen eigentlichen Charakter als Geschenk verloren. Es sollte etwas demonstrieren. Es sollte zeigen „ICH, bin doch gutwillig.“ Ich denke, dass auch Kinder und Jugendliche für sowas sehr feine Antenne haben. Evtl. ist für ihn durch das Verhalten seiner Mutter und deines Ex deutlich geworden, dass du ihm mit diesem Geschenk einfach nur eine Freude machen wolltest, sondern eben (auch) etwas anderes damit bezweckt hast. Für ein Geschenk, das mir jemand aus taktischen Gründen macht, und damit etwas ganz bestimmtes bezweckt, würde ich mich evtl. auch nicht bedanken. Schon gar nicht, wenn ich denjenigen nicht leiden kann. (Du schreibst ja, dass du es verständlich findest, dass er dich nicht mag.) Bestenfalls bekommt so jemand dann von mir (wiederum auch aus taktischen Gründen) ein höfliches, aber unehrliches Danke. Du schreibst in einem anderen Posting, dass dir ein unehrliches Danke gereicht hätte. Warum? Ich kann das ehrlich gesagt überhaupt nicht nachvollziehen. Du begründest dein Beharren auf einem Dankeschön ja hier damit, dass man das dem Jungen doch beibringen müsste. Deine obige Aussage, scheint mir aber die eigentliche Begründung zu enthalten. Du hast damit nämlich was gefunden, was du an der Neuen deines Ex kritisieren kannst. „Großmoralische raushängen“ lassen „und ihren Sohn tralala machen“ lassen. Sei ehrlich! Was hättest du denn von einem erzwungenen Danke? Ist es nicht eher so, dass dieses nicht erfolgte danke eine Art willkommener Kritikpunkt für dich ist?
Sorry, wenn ich das so deutlich und überspitzt sage, aber du kannst dich mit dieser ganzen Geschichte so schön moralisch über deine „Gegner“ stellen. Zuerst schon dadurch, dass du dem Jungen ein Geschenk machst (um damit zu zeigen: „ICH tu doch alles, für ein gutes Verhältnis.“), und dann bietet sich gleich nochmal die Gelgenheit zu punkten, weil diese Frau ihren Sohn offensichtlich so schlecht erzogen hat, dass er nichtmal gelernt hat, sich zu bedanken. Damit stehst du quasi nochmal eine Stufe über „denen“.
Ich hoffe, du nimmst mir nicht übel, was ich geschrieben habe. Nachdem, was du schreibst, scheint mir meine „Theorie“ ziemlich sicher richtig zu sein. Trotzdem könnte es natürlich sein, dass ich komplett falsch liege. Dann würden sich meine „Unterstellungen“ durch ein paar weitere Infos sicher aus dem Weg schaffen lassen. Falls ich aber keinen der äußeren Umstände falsch verstanden, oder mir falsch zusammengereimt habe, denke ich, dass auch meine Spekulationen über die Motive usw. im Großen und Ganzen stimmen. Bitte tu mir den Gefallen und wehr diesen Gedanken nicht vorschnell ab. Sei ganz ehrlich zu dir selber und überleg mal, ob das nicht doch teilweise zutreffen könnte. Es geht nicht darum, dich für irgendwas zu verurteilen, sondern darum, aus diesem Teufelskreis auszubrechen.
Gruß
M.