Habe ich eben im Newsboten gefunden:
_ Schlüssel zum Lernerfolg liegt vor und außerhalb der Schule
Von Rudolf Grimm, dpa
Hamburg (dpa) - Die im internationalen Vergleich erschreckenden Schulleistungsdefizite in Deutschland haben vor allem vor- und außerschulische Ursachen. Dieser These und ihrer Begründung gilt ein Beitrag in der neuesten Ausgabe des „Sprachdienstes“ der Gesellschaft für deutsche Sprache (Wiesbaden). Es geht dabei insbesondere um die mangelnde Lesefähigkeit - „die Schlüsselkompetenz für Lernen schlechthin“. Auch die 2001 veröffentlichte internationale Schulleistungsstudie Pisa bewertet diese Fähigkeit so. In einer kürzlich vorgelegten neuen Auswertung dieser Studie rangiert Deutschland wiederum nur im unteren Mittelfeld.
Wichtigste Voraussetzung für das Erlernen des Lesens ist die Beherrschung der Alltagssprache bei Schulbeginn. Wie der Autor des Beitrags, Professor Klaus Ring, Geschäftsführer der Stiftung Lesen (Mainz), verdeutlicht, gibt es schon da in Deutschland gravierende Defizite. Unter den dreieinhalb- bis vierjährigen Kindern deutscher Herkunft zeigen 25 Prozent klinisch auffällige Sprachentwicklungsstörungen. Vor zehn Jahren waren es erst 4 Prozent. Bei der Einschulung sind es immer noch 20 Prozent, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt bereits etwa die Hälfte dieser Kinder in sprachtherapeutischer Behandlung befindet.
Was das Lesen selbst angeht, so zeigen Befunde, dass viele Kinder nicht nur nicht richtig lesen können, sondern auch nicht interessiert sind am Lesen. Von den Jungen wollen nach eigenem Bekunden mehr als 50 Prozent gar nicht lesen. Der Autor bemerkt dazu: „Vielen Kindern wird zu Hause nicht vorgelesen, so dass sie gar nicht wissen, was (Vor-)Lesen bedeutet, wenn sie in den Kindergarten kommen.“ Viele Eltern lesen überdies selbst nicht mehr.
Beim Erlernen von Fähigkeiten spielt die Steuerung durch „biologische Uhren“ eine entscheidende Rolle. Der Zeitraum, in dem bestimmte Entwicklungsprozesse ablaufen können, ist begrenzt, wie neue Ergebnisse der Gehirnforschung zeigen. Das „Entwicklungsfenster“ für die Sprache schließt sich mit fünf bis acht Jahren.
Auch die Entwicklung der Lesekompetenz ist begrenzt. Das „Fenster“ ist während der ersten dreizehn bis fünfzehn Jahre geöffnet. Dass es länger offen ist, als das für die Sprache, hängt mit den unterschiedlichen Zeiträumen zusammen, mit denen sich in der Entwicklungsgeschichte des Menschen die entsprechenden Hirnregionen entwickelt haben.
Die „Leseregionen“ sind jünger als die „Sprachregionen“. Entscheidend ist bei der Herausbildung beider Fähigkeiten das eigene Handeln. Passive Reize werden nicht umgesetzt, betont Ring.
Die Notwendigkeit, früh mit solchen Aktivitäten zu beginnen, begründet die Professorin Elsbeth Stern vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin auch damit, dass vor allem so die mit dem Lernen einhergehende „Automatisierung“ gewährleistet wird. Wie sie in der Zeitschrift „Psychologie heute“ (Weinheim) deutlich machte, erfordert gutes Lesen eine hochgradige Automatisierung des Erkennens von Buchstaben und Wissen darüber, welche Buchstabengruppen welchen Silben zugeordnet sind. „Ein im Lesen ungeübter Mensch hingegen muss jeden Buchstaben in einen Laut übertragen und daraus mühsam ein Wort konstruieren. Es wird Arbeitskapazität gebunden, die für das Sinnverständnis verloren geht. Die Pisa-Studie zeigte, dass hier das Problem für viele Hauptschüler liegt.“
Mit Hilfe von Sprachspielen lasse sich die Fähigkeit, die lautlichen Merkmale einer Sprache zu erkennen, schon im Kindergarten trainieren. „Kinder, die dieses Training durchlaufen haben, lernen in der Grundschule sehr viel unproblematischer Lesen und Schreiben.“
©dpa_
Da gibt es viel Arbeit für Eltern und Kindergärten!
Gruß Fritz