Hallo,
so wie ich dich verstanden habe, geht es in deiner Arbeit um mediävistische Theologien. Wenn du andeutest, in welchem KOntext und in welchem Fach, wäre es einfacher, nützliche Hinweise zu geben.
Denn gerade bezüglich deiner Frage sind die Begriffsbildungen in der Theologiegeschichte nicht eindeutig bzw. nie präzise genug gewesen. In der katholischen Eschatologie speziell, in der ja das Purgatorium bis heute eine Rolle spielt (auch nach Abschaffung des Limbus), drehte es sich immer darum, christlich uminterpretierte jüdisch/israelitische Mythologie mit christlicher Eschatologie zu verbinden, wobei gerade die letztere noch erheblich, teils sogar fundamental, von zahlreichen anderen (ägyptische, persische, griechische) Eschatologien des religiösen Umfeldes der ersten Jahrhunderte geprägt war.
Und frage mich nun was genau der Gnadenstand bedeuted.
Ist es die Taufe (allso alle getauften dürfen generell ins Purgatorium) , oder ist es das sterben unter der Führung eines Geistlichen (letzte Ölung etc) oder ist es etwas transzendetes wie „das Leben als guter Christ“?
Der Begriff der „heilgmachenden Gnade“ war schon in den ersten Jahrhunderten (und ist es bis heute) an die paulinische Interpretation des Christusbegriffs geknüpft, die von vielen Kirchenvätern und von fats allen Kirchenlehrern übernommen bzw vorausgesetzt wurde: Der dem Adam ursprünglich zugeordnete Heils- bzw. Gnadenzustand wurde durch den „Sündenfall“ verwirkt. Daraus ergibt sich für alle Menschen (bestimmt als „Kinder Adams“) eine Erlösungsbedürftigkeit. Daher bedurfte es eines „Retters“ höchsten Ranges, der durch seinen Tod, der nummehr als „Opfertod“ aufgefaßt wurde, dem Menschen wieder den primordialen Gnadenzustand ermöglicht, bzw. den Weg dazu wieder öffnet. Wobei Letzteres durch die (leibliche!) Auferstehung des Christus erwirkt wurde.
Das geht aber nur für diejenigen Menschen, die 1. sich zu diesem Christus in diesem Rollenverständnis „bekennen“ (das, und nichts anderes ist mit " an Christus glauben" gemeint) und die 2. getauft sind, und die 3. diese Möglichkeit nicht durch aktuelle und individuelle Sündenhandlungen in der Lebenszeit verwirken.
Für die wiederauferstehenden Toten (auferstehen tun nach diesem Verständnis alle Menschen) ergibt sich daher eine Situation, die ich hier einmal kurz überschlagen hatte:
/t/unterschiedlicher-glaube-und-tod/3558221/22
Und dazu die Festlegungen unter KKK 1472 und 1473:
http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P4M.HTM#5M
Das Purgatorium (als Feuer gedacht - ein Mythem das eindeutig aus der viel älteren awestischen Eschatologie eingeflossen ist - dient demnach dazu, diejenigen, die zwar bekennend, aber nicht sündenfrei sterben, zu „reinigen“ und sie damit ebenso wie die Sündefreien in den ursprünglichen Gnadenzustand zu versetzen. Wenn das dann der Fall ist, werden sie in den „Himmel“ bzw. in das „Reich Gottes“ aufgenommen. Wenn nicht, bzw. wenn das Bekenntnis zu Christus nicht vorhanden bleibt, steht der Weg in die sog. „Hölle“ an. Was mit Letzterem jeweils gemeint ist, steht dann nochmal auf einem anderen Blatt.
Nicht eindeutig, bis einschließlich in die heutige katholische Lehrmeinung, ist, wann denn diese Entscheidung gefällt wird: Teils lauten die Aussagen: Unmittelbar nach dem individuellen leiblichen Tod. Teils wird die endgültige Entscheidung auf das „letzte Gericht“ verlegt, das aber erst am „Ende der Welt“ stattfindet. Wobei dann die Frage übrigbleibt, was die Toten (schon auferstanden oder noch nicht auferstanden!?) in der Zwischenzeit machen …
Genaueres zu diesen Fragen (falls das für deine Arbeit von Bedeutung ist) und über ihre vielfältigen Aussagen und Antworten in der jüdischen und christlichen Religionsgeschichte findest du z.B. in:
Gisbert Greshake, Jacob Kremer: Resurrectio mortuorum. Zum theologischen Verständnis der leiblichen Auferstehung, Darmstadt 1986ff
Gruß
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