Hallo,
Im Deismus gibt es bei der Schöpfung Gesetze, die keinen lenkenden Gott mehr benötigen.
Das ist nur teilweise richtig. Allgemein umfaßt dieser Begriff eine religiöse Auffassung, bei der die Götter keinerlei aktives Interesse am Geschick der Menschen haben, und deshalb auch nicht steuernd oder helfend eingreifen. Das bezog sich in der Aufklärungsphilosophie des 17./18. Jhdts, als dieser Begriff auftauchte, nicht nur auf Religionen mit Schöpfergöttern und deren Verhalten zu ihrer Schöpfung. Prototypisch war (und ist) damit die religiöse Auffassung des späten Hellenismus (Epikur, Stoa) beschrieben. Die Götter kümmern sich nicht um die Menschen, und reagieren auch nicht.
Die Grundlage dieses Begriffes enstand jedoch schon früh in der jüdisch/christlichen Antike mit der Frage, ob die Schöpfung abgeschlossen sei (creatio finita, natura naturata), die Natur also autonom und konstant existiere, oder ob sie permanent in statu crescendi sei, die Schöpfung also auch gegenwärtig noch im permanenten Prozess sei (creatio continua, natura naturans). .
Insbesondere aber war er relevant im christlichen religiösen Kontext der neuen Interpretation von Natur und Naturgesetzen seit dem Beginn der neuzeitlichen Philosophie: Wenn nämlich offenbar Gott die Natur so geschaffen hat, daß die Natur (und zwar sowohl die natura naturata, als auch die natura naturans) immanenten Gesetzen gehorcht, sich also seit der Schöpfung einem Uhrwerk ähnlich „abspielt“ (Descartes, Leibniz), dann hat er ja nichts mehr mit seiner Schöpfung zu tun. Er hat sie in Autononie aus seiner Obhut entlassen und sie also sich selbst überlassen.
Da der Schöpfergott keinen Einfluß auf die Welt (mehr) nimmt, bzw wegen der ungeheueren Perfektion der Naturgesetze (auch wenn er diese selbst geschaffen hat), wird er nach und nach im naturwissenschaftlichen Denken ganz überflüssig und es bildet sich der konzeptionelle Kern eines neuen, naturwissenschtlich bzw naturphilosophisch begründeten Atheismus (z.B. D’Holbach: „Système de la nature ou des loix du monde physique …“, 1770). Die Brücke bildet dabei der Agnostizismus in der Form „wir können keine begründbare Aussage darüber machen, ob Gott existiert oder nicht.“ Und insofern ist aus dieser Perspektive ein Gottesbegriff (zumindest ein Schöpfergottbegriff) nicht notwendig, ja sogar überflüssig.
Und weiter hat dieser neuzeitliche Deismus eine Brückenstellung zwischen Schöpfungstheismus und naturwissenschaftlichem Atheismus.
Beim Theismus gibt es einen Gott, der alles lenkt. Natürlich stark verkürzt.
Hat der theistische Gott die Naturgesetze gemacht …?
Ja, aber nur, wenn er sich nicht nur um die menschlichen Geschicke kümmert, sondern wenn die Natur als Schöpfung dieses Gottes aufgefaßt wird. Diese Frage wird natürlich erst mit den neuzeitlichen Natur- und Naturgesetzbegriffen relevant. Und dadurch, wenn der Gott auch die Naturgesetze (wie überhaupt auch die der formalen Logik, die ja schon in der Scholastik, lange vor der neuzeitlichen Naturwissenschaft, ihre Blütezeit hatte) geschaffen hat, oder gar diese Gesetze die primäre Schöpfungstat sind, da die Natur ja durch sie gerade autonom wird, entstehen ja erst zahlreiche nicht unkomplizierte theologische Probleme, die unter anderem eben den deistischen Gottesbegriff provozierten.
Jedenfalls muß man bei diesen Begriffen, die religiöse Konzeptionen bezeichnen, unterscheiden, ob es nur um die menschliche Lebenswelt geht, oder ob der Gegenstandsbereich der neuzeitlichen Naturwissenschaften mitgemeint ist.
Auch wenn das nicht zu deiner Frage gehört: Jedenfalls liegen Deismus und Theismus nicht alleine auf dem Tablett theologisch-naturphilosophischer Alternativen: Der Pantheismus (ebenfalls am Beginn der Neuzeit vorzüglich durch den Exponenten Spinoza ausformuliert) hat(te) ganz andere Implikationen, und ebenso der theologisch noch viel bedeutendere Panentheismus, der bereits mit Pseudo-Dionysius-Areopagita (ca. 5. Jhdt) und den genialen Naturentwürfen des Johannes Eriugena (9. Jhdt) seine ersten Höhepunkte hatte.
Gruß
Metapher