Hallo Wolfgang,
Der Druck gestaltete sich in einer Weise, wie es vielerorts auch im Privatleben üblich ist: Der ::Schuldner wird von oben herab behandelt und gedemütigt.
Griechenland mit den privaten Gläubigern in einen Topf zu werfen, die durch Überschätzung ihrer :finanziellen Leistungsfähigkeit, durch Leichtsinnigkeit oder durch Inkompetenz in :finanziellen Fragen in eine Überschuldungssituation geraten sind, wird der Sachlage nicht gerecht. :Griechenland hat vor dem Beitritt zum Euro systematisch Gläubiger und Politik in Bezug :auf die finanzielle Situation getäuscht und dafür die Kreativität US-amerikanischer :Investmentbanken genutzt …
Das ist aber nur die halbe Geschichte. In der anderen Hälfte geht es um Gläubiger, die sich täuschen ließen oder getäuscht werden wollten. Die Entscheidung, das EU-Land Griechenland in die Währungsunion aufzunehmen, war eine politische Entscheidung, für deren Rechtfertigung passende Zahlen präsentiert werden mussten. Erst kürzlich gab ein ehemaliger Bundesbanker in einem Fernsehbeitrag zum Besten, man hätte damals die Zahlen aus Griechenland mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, aber die Zahlen sollten hingenommen werden, außerdem hätte es an Kontrollmöglichkeiten gefehlt.
Ungeachtet bedruckten geduldigen Papiers war der Zustand der öffentlichen Verwaltung in Griechenland nie ein Geheimnis - entweder gar nicht vorhanden oder ineffizient und korrupt.
Insofern war der Umgang - von einigen Ausrutschern in die populistische Ecke abgesehen - der :Sachlage durchaus angemessen. Insbesondere, wenn man die Reaktionen des Schuldners :berücksichtigt, die letztlich auch darauf hinausliefen, daß eigentlich alle anderen schuld sind nur :nicht der Schuldner selber.
Die Trägheit etwa beim Aufbau einer funktionierenden Finanzverwaltung ist ein Ärgernis und für Griechen nach außen schwer vermittelbar. Wer dabei kurzfristige Erfolge erwartet, kann nur enttäuscht werden. Es gibt keine anderen Leute, also müssen ausgerechnet die Organisatoren und Nutznießer des Schlendrians das System erneuern – vermutlich eine der am schwersten zu nehmenden Hürden beim fälligen Wandel.
Letztlich führt wohl kein Weg daran vorbei, die Staatsschulden Griechenlands, soweit nicht ::griechische Bürger Gläubiger sind, zins- und tilgungsfrei zu stellen, damit das Land die
finanzielle Luft für Investitionen bekommt.
Ich meine Du gehörst auch immer zu denjenigen, die betonen, daß nicht Staaten investieren sollten :und Arbeitsplätze schaffen können, sondern nur Unternehmen bzw. Unternehmer.
Ja, aber ohne zeitgemäß ausgestattete, effiziente öffentliche Verwaltung vom Finanzamt bis zum Grundstückskataster, das Ganze ohne Fakelaki und Drangsaliererei, kann kein Gemeinwesen funktionieren, macht man Existenzgründern das Leben schwer, wirkt nicht sonderlich einladend für Investoren und kann dem Fiskus zustehende Einnahmen nicht realisieren. Über Investitionen in die öffentliche Verwaltung hinaus wird Kapital für Existenzgründungen gebraucht. Und schließlich ist es nicht akzeptabel, wenn breite Bevölkerungsschichten aufgrund drastischer Sparmaßnahmen nach längerer Arbeitslosigkeit sogar aus der Krankenversicherung fallen und in nackte Not geraten.
Nun hänge ich zu nächtlicher Stunde meinen Gedanken über vorweggenommenen Konsum, Schulden und Staatsschulden nach. Eine Verschuldung in der Größenordnung des BIP kann vorhersehbar nicht zurückgeführt werden. Rückführung in nennenswertem Umfang ist deshalb nach meiner Kenntnis nirgends ein ernsthaft angestrebtes Ziel. Irgendwann ist ein Schuldenstand erreicht, bei dem das Gemeinwesen von den Zinsen erdrückt wird. Dann bestehen die Staatsschulden aus Buchungssätzen und Datenstrings, die nur noch für Vorwürfe und Drangsalierungen taugen, mit denen darüber hinaus aber nichts Sinnvolles mehr anzufangen ist. Auch wenn es schwer zu vermitteln ist, wäre es nicht klüger, solches Zeug, das nur noch für destruktive Beschäftigungen taugt, zu streichen? Gibt es dazu überhaupt eine Alternative?
Im Fall eines zahlungsunfähigen Unternehmens, das ohne seine Zinsbelastung profitabel arbeiten könnte, wird ein Insolvenzverwalter den Weiterbetrieb anstreben. Den Gläubigern wird verklickert, dass sie sich aussuchen können, den Schuldner an die Wand zu drücken, ohne jemals Geld zu sehen oder auf ihre Forderung weitgehend zu verzichten, um absehbar wenigstens einen kleinen Teil zu bekommen.
Bei erdrückenden Schulden, aber mittlerweile erzieltem Primärüberschuss im griechischen Staatshaushalt, sind nur noch die oben erwähnten nutzlosen Datenstrings das Problem. Erneutes Abgleiten in die Schuldenfalle ließe sich mit einer Schuldengrenze dergestalt verhindern, dass die Zinslasten den Primärüberschuss nicht übersteigen dürfen. Das wäre auch für alle anderen Staaten der Währungsunion einschl. Deutschland ein nachhaltig vertretbares Schuldenlimit (sofern der Zinssatz > 0 ist). Also weg mit den lästigen Datenstrings über unbezahlbare und nur durch Gelddrucken zu erledigende Schulden … genug geträumt … gute Nacht.
Gruß
Wolfgang