Der Tod in den diversen Kulturen/Zivilsationen

Was bedeutet der TOD
in den diversen Kulturen dieser Welt?

Welche Rolle spielt er?

Wie wird er „gesehen“ - tabuisiert oder positiv oder negativ?

Wie hat sich die Einstellung innerhalb einer Kultur (bspw. Westen) im Laufe der Kulturgeschichte verändert?

Hoffe hier „richtig“ zu sein.
Gruss
MultiVista

Buddhistische Sichtweise zum Tod
Hallo MultiVista,

Was bedeutet der TOD
in den diversen Kulturen dieser Welt?

zwar ist Buddhismus keine Kultur in dem Sinne, aber er hat eine besondere Einstellung zum Tod.

Der Tod wird keinesfalls tabuisiert, sondern im Gegenteil, man sollte sich bewusst sein, dass er allgegenwärtig ist. Wer sich schon jetzt darauf vorbereitet, mit ruhigem und zufriedenem Geiste zu sterben, der wird, wenn es dann soweit ist, nicht so viele Tripps haben, wie jemand, der zu Lebzeiten nur selbstsüchtig und zornvoll unterwegs war. Man kann dann leichter gehen und hat damit eine wichtige Grundlage für eine gute Wiedergeburt gelegt. Eine gute Wiedergeburt wiederum ist wichtig für eine gute Entwicklung in der Zukunft. (Daher wird Sterbebegleitung auch als sehr wichtig angesehen.)

Die sterblichen Überreste werden nicht allzu wichtig genommen. Sie waren lediglich die Hülle. Nur aus Höflichkeit den Hinterbliebenen gegenüber möchten einige westliche Buddhisten ihren Körper mit einer Zeremonie begraben lassen. In Tibet zum Beispiel ist aber auch die Luftbestattung möglich: der Körper wird an aasfressende Vögel verteilt. So hat man auch nach dem Tod noch etwas Sinnvolles getan. Bei uns im Westen hat man die Möglichkeit Organe zu spenden, wenn die noch einigermaßen taugen.

Soweit meine ersten Gedanken zu dem Thema. Gruß,
Spiff

Hallo das ist ein Thema das so ziemlich ganze Bibliotheken füllen kann.
Vielleicht googlest du mal nach Bestattungskultur, Tod Geschichte, ehtnologie tod, Totenkult etc.
Dann kommt es ja noch drauf an, wer stirbt, bei älteren wartet man irgendwann darauf, während der Tod von kindern eher tragisch ist.
Dazu gibts ein schönes Buch „Über dem Grabe geboren…“ von Christoph Mörgeli.
Zur „geschichte des todes“ gibts ein Buch von Phillip? Aries.
Zur Bestattungskultur in allerlei urzeiten finden sich jeweils nach Zeitspanne Kapitel in den Bänden von Müller-Karpe, „Grundzüge früher Weltgeschichte“. Überhaupt gibt es ganz viel Archäologisches MAterial, da die sich ja nunmal oft auf Grabfunde beschränken müssen. Da gibt es Ägyptische Mumien oder auch Rundreisen mit dem Verstorbenen und einbalsamierten König bei den Skythen. www.archäologie-online.de hilft evtl weiter
Ein großes Problem ist manchmal auch die Unversehrtheit des Körpers, die mancherorts nötig ist, um vernünftig zu sterben. Dumm wenn einem vorher mal ein Arm abgeschlagen wurde. etc.
Du siehst schon DEN tod gibts eigentlich nicht, und man kann das Thema von ganz verschiedenen Seiten aufziehen. Drum…
Weitersuchen wird wohl notwendig sein.
Gruß Susanne

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Dazu noch einige Anmerkungen.

Man kann dann
leichter gehen und hat damit eine wichtige Grundlage für eine
gute Wiedergeburt gelegt.

Der Glaube an eine ‚Wiedergeburt‘ ist in allen Kulturen (auch unserer westlichen) mehr oder weniger stark verbreitet - im deutschsprachigen Kulturraum bei mehr als einem Viertel der Bevölkerung (Inglehart, Ronald ; Basañez, Miguel ; Moreno, Alejandro: Human values and beliefs : a cross-cultural sourcebook : political, religious, sexual, and economic norms in 43 societies : findings from the 1990 - 1993 World Values Survey ISBN 0472108336 Buch anschauen). Dieser Glaube ist auch im Westen geistesgeschichtlich tief verankert (vgl. z.B. auch /t/religionen-im-mittelmeerraum-und-wiedergeburt/260…

‚Buddhistisch‘ ist ein solcher Glaube nicht - da nach buddhistischer Lehre kein dauerhafter Persönlichkeitskern (Seele o.ä.) existiert, existiert auch nichts, das wieder -geboren werden kann. Die buddhistische Lehre von punarbhava, dem ‚wieder-werden‘ im Kreislauf des Samsara, unterscheidet sich daher zwangsläufig stark vom vulgär-populären Verständnis von Wiedergeburt. Sowohl dem im Westen als auch im Osten.

Eine gute Wiedergeburt wiederum ist
wichtig für eine gute Entwicklung in der Zukunft. (Daher wird
Sterbebegleitung auch als sehr wichtig angesehen.)

Die Bedeutung der Sterbebegleitung liegt eher darin, dass auch (und gerade) im Prozess des Sterbens in die Befreiung eingetreten werden kann, wenn die Auflösung der psycho-physischen Komponenten, deren Zusammensetzung das empirische ‚Ich‘ ausmacht, bewusst und analytisch erlebt wird.

Die sterblichen Überreste werden nicht allzu wichtig genommen.
Sie waren lediglich die Hülle.

Hülle für was? Eine solche Aussage widerspricht buddhistischer Lehre. Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem westlichen Verständnis des Todes und dem buddhistischen. In der abendländischen Kultur wird der Tod zumeist als ein Ereig­nis verstanden, das zu ei­nem genau definierbaren Zeitpunkt eintritt. Dieses Verständnis wurzelt in der Auffassung von der Doppelnatur des Menschen als einem vergänglichen Körper („Hülle“) mit einer ewigen, unzer­stör­baren Seele, wobei der Tod die ‚Loslösung‘ der Seele vom Körper ist. Man war und ist noch heute in der Regel der Auffassung, diese Trennung sei ein­deutig anhand körperlicher Merk­male feststellbar.

Als typisch für diese Auffassung kann hier folgendes Zitat stehen:
„Im Bereich der christlichen Anthropologie ist es wohlbekannt, daß der Augenblick des Todes für jede Person im endgültigen Verlust der konstitutiven Einheit zwischen Leib und Seele besteht. Jeder Mensch ist nämlich in­sofern lebendig, als er oder sie »corpore et anima unus« ist (Gaudium et spes, 14), und er oder sie bleiben es, solange diese substantielle Einheit in der Ganzheit besteht. Im Licht dieser anthropologischen Wahrheit wird deutlich, daß, wie ich bei früheren Gelegenheiten bereits betont habe, »der Tod des Menschen, in diesem radi­kalen Sinn, ein Ereignis ist, das durch keine wissenschaftliche Technik oder empirische Methode direkt identi­fiziert werden kann« (vgl. Ansprache vom 29. August 2000; in O.R. dt., Nr. 37, 15.9.2000, S. 7,4).
Aus klinischer Sicht jedoch ist es der einzig korrekte – und auch der einzig mögliche Weg –, den Tod eines Menschen festzustellen, die Aufmerksamkeit und Forschung auf die Identifizierung jener angemessenen »Zei­chen des Todes« zu konzentrieren, die an ihren physischen Symptomen im Individuum zu erkennen sind.“
( Johannes Paul II., Botschaft an die päpstliche Akademie der Wissenschaften, 01. Februar 2005, Libreria Editrice Vaticana)

Traditionell wurde der Herzstillstand und das Einstellen der Atmung als Merkmal des Todeseintritts angesehen - mittlerweile ist das Kriterium des sog. ‚Hirntodes‘ an seine Stelle getreten. Das buddhistische Menschenbild hingegen unterscheidet sich stark vom christlich geprägten Bild eines beseelten Körpers („sterblicher Überreste“ als „Hülle“ für irgend etwas). Der Mensch ist nach buddhistischer Auffassung eine Einheit psychischer und physischer Faktoren, wobei keinem dieser Faktoren die Rolle eines ‚Persönlichkeitskernes‘ oder einer Seele zugewiesen werden kann. Eine Person existiert demnach nur durch das Zusammenwirken dieser grund­sätzlich gleich­wertigen Faktoren, als ihre Funktioni.

Der Tod ist nach diesem Verständnis daher nicht der Eintritt eines bestimmten Ereignisses – etwa der Ausfall eines bestimmten Organs – sondern wird prozesshaft begriffen als die all­mähliche Auflösung eben dieses Funktionszusammenhanges der die Person ausmachenden Faktoren. Da keiner dieser Faktoren für sich als Träger des Ich begriffen wird, kann auch kei­ner von ihnen allein ein Kriterium für den Eintritt des Todes, also für einen abgeschlossenen Sterbeprozess, liefern.

In traditionell buddhistischen Ländern wird daher in der Regel großer Wert darauf gelegt, diese Erfahrung des Sterbeprozesses, sein ‘Erleben’, zeitlich weit über das Verlöschen wahr­nehmbarer körperlicher Funktionen hinaus möglichst frei von jeglichen störenden Einflüssen zu halten. Dies betrifft emotionalen Stress (z.B. durch Angehörige, die in unmittelbarer Nähe des Sterbenden ihrer Trauer allzu deutlich Ausdruck geben) und selbstverständlich auch phy­sische Störungen, wobei ein Eingriff in die körperliche Integrität des Sterbenden oder Toten (z.B. bei einer Organentnahme oder Autopsie) sicher deren extremste Form ist.

Sowohl in Tibet als auch in Japan (um hier eine auffällige Koinzidenz zweier geographisch und kulturell voneinander deutlich getrennter buddhistisch geprägter Kulturen zu nennen) werden die ‚sterblichen Überreste‘ nach Einstellen körperlicher Funktionen (Herz-/Atemstillstand) 49 Tage lang mit größter Rücksicht behandelt, bevor sie einer Bestattung zugeführt werden. Die ‚Luftbestattung‘ in Tibet (vergleichbar der parsischen Tradition) ist wiederum keine speziell buddhistische Eigenheit. ‚Normalfall‘ ist die Feuerbestattung.

Bei uns im Westen hat man die
Möglichkeit Organe zu spenden, wenn die noch einigermaßen
taugen.

Diese Möglichkeit hat man nicht nur im Westen. In buddhistisch geprägten Ländern mit vergleichbaren medizinischen Standards wie im Westen (z.B. Japan oder Südkorea)wird allerdings sehr viel weniger als im Westen Gebrauch davon gemacht - eben wegen der genannten 49-Tagefrist (im tibetischen als ‚Bardo‘/Zwischenzustand bekannt), die der Sterbeprozess nach buddhistischer Auffassung auch nach Aufhören wahrnehmbarer Lebenszeichen noch andauert.

Freundliche Grüße,
Ralf

Moin Ralf,

Dazu noch einige Anmerkungen.

Stimme deinen Anmerkungen im Wesentlichen zu, erlaube mir aber ebenfalls ein paar Anmerkungen :smile:

Der Tod ist nach diesem Verständnis daher nicht der Eintritt
eines bestimmten Ereignisses – etwa der Ausfall eines
bestimmten Organs – sondern wird prozesshaft begriffen als die
all­mähliche Auflösung eben dieses Funktionszusammenhanges der
die Person ausmachenden Faktoren. Da keiner dieser Faktoren
für sich als Träger des Ich begriffen wird, kann auch kei­ner
von ihnen allein ein Kriterium für den Eintritt des Todes,
also für einen abgeschlossenen Sterbeprozess, liefern.

Das ist zwar korrekt, aber es sagt ja eigentlich nur aus, dass das buddhistische Verständnis des Eintritts des Todes nicht unbedingt mit dem medizinisch/naturwissenschaftlichen Verständnis des Todes übereinstimmen muss. Jedoch ist auch der Sterbeprozess im buddhistischen Verständnis durchaus durch mehr oder weniger deutlich Erkennbare Zeichen begleitet.

In traditionell buddhistischen Ländern wird daher in der Regel
großer Wert darauf gelegt, diese Erfahrung des
Sterbeprozesses, sein ‘Erleben’, zeitlich weit über das
Verlöschen wahr­nehmbarer körperlicher Funktionen hinaus
möglichst frei von jeglichen störenden Einflüssen zu halten.

Zustimmung.

phy­sische Störungen, wobei ein Eingriff in die körperliche
Integrität des Sterbenden oder Toten (z.B. bei einer
Organentnahme oder Autopsie) sicher deren extremste Form ist.

Das ist duchaus richtig, bedeutet aber keinesfalls, dass bei einem Buddhisten Organspende beispielsweise grundsätzlich nicht in Frage kommt. Der Gedanke der Organspende, also etwas geben zu können, das einem anderen Menschen von Nutzen ist, liegt durchaus innerhalb des Bodhisattva-Ideals. Ob ein Buddhist dies im konkreten Fall so praktizieren möchte, auch auf die Gefahr hin, dadurch seinen eigenen Sterbeprozess zu stören, liegt letztendlich bei ihm selbst.

Sowohl in Tibet als auch in Japan (um hier eine auffällige
Koinzidenz zweier geographisch und kulturell voneinander
deutlich getrennter buddhistisch geprägter Kulturen zu nennen)
werden die ‚sterblichen Überreste‘ nach Einstellen
körperlicher Funktionen (Herz-/Atemstillstand) 49 Tage lang
mit größter Rücksicht behandelt, bevor sie einer Bestattung
zugeführt werden.

(z.B. Japan oder Südkorea)wird allerdings sehr
viel weniger als im Westen Gebrauch davon gemacht - eben wegen
der genannten 49-Tagefrist (im tibetischen als
‚Bardo‘/Zwischenzustand bekannt), die der Sterbeprozess nach
buddhistischer Auffassung auch nach Aufhören wahrnehmbarer
Lebenszeichen noch andauert.

Das kenn ich im tibetischen Buddhismus eher so nicht. Zwar gibt es dort auch die „49 Tage“, allerdings bezeichnet dies die Zeit, die der Bardo-Zustand dauern kann. Empfohlen wird soweit ich weiß, den Körper möglichst 3 Tage liegen zu lassen, aber auch dies kann an die klimatischen Verhältnisse angepasst werden. Das Verweilen im Bardo-Zustand setzt meines Wissens keinen intakten Körper voraus, aber hier will ich mich gerne nochmal versuchen schlau zu machen.

Recht informativ hinsichtlich des Themas fand ich übrigens diese Webseite:
http://tod-im-buddhismus.bodhibaum.net/index.htm

Lieben Gruß
Marion

Danke für Eure REs.
Interessant wäre sicher für unseren Kulturkreis, wie sich die „Einstellung“, die Sich auf den Tod in Europa im Laufe der Epochen veränderte.
Ein Europäer im 13. Jhdt. hatte sich erine andere Sich auf den Tod als der im 16. oder anderen Jahrhunderten… geschweige denn zu dem des 20.Jhdts…

Gruss
M.

Morgen abend 3SAT - DELTA:

Vor dem Tod sind alle Menschen gleich. Die Einsicht in die eigene Endlichkeit ist das, was uns über die Grenzen von Religionen und Kulturen vereint. Doch auf die Frage, was nach dem Tod kommt, hat es in der Abfolge von Zeiten und Zivilisationen sehr unterschiedliche Antworten gegeben. Wie wir sterben, wie der Tod beschrieben wird, welches Verhältnis wir zu unseren Toten haben und wie wir ihr mögliches Weiterleben in einem „Jenseits“ verorten, ist schon immer ein Spiegel der jeweiligen Epoche und Kultur gewesen.

Für den christlichen Menschen des Mittelalters war es gar keine Frage, dass es ein Jenseits gibt. Er betrieb eine aktive Jenseits-Vorsorge, die aus Gebeten, Schenkungen und einem ‚memento mori‘ bestand und ihm positive Einträge im Buch des Lebens einbringen sollte. Doch je mehr der Mensch lernte, das Diesseits zu genießen, desto unheimlicher wurde ihm das Jenseits, desto stärker wurde er von Todesangst gequält. Verdrängung, Tabuisierung des Todes sind heute die Folgen dieser Angst. Im Islam dagegen konnte sich die Jenseits-Gewissheit bis heute erhalten: Der Glaube an das Leben nach dem Tod ist einer von den sechs grundlegenden Glaubensartikeln im Koran. Der Tod ist für den Moslem keine Strafe, sondern das natürliche, von Gott festgelegte Ende des Lebens im Diesseits. Entstanden die Religionen und Kulturen dieser Welt demnach als Antwort auf die fundamentale, existenzielle Angst vor dem Tod - mit einem in vielen Glaubenssystemen sehr ausdifferenzierten Angebot an Sinnstiftung und Bewältigungsstrategien? delta fragt nach dem Umgang mit Sterben und Tod in verschiedenen Weltreligionen und Kulturen und ihren Bildern von einem Leben nach dem Leben. Was wissen die Weltreligionen und Kulturen von Tod und Jenseits? Welches Wissen teilen sie? Bestätigen oder widerlegen die Naturwissenschaften, allen voran die Nahtodforschung in der Neurobiologie, die Jahrtausende alten Jenseits-Vorstellungen?