Hallo,
Deren Definition ist doch bekannt. Die 13% dürften in Mosambik
oder Papua-Neuguinea zu den Besserverdienenden zählen.
Das ist aber kein valider Vergleich. Jeder muss in seinem Umfeld zurecht kommen. Es wäre genauso unsinnig wie ein Vergleich mit den Bewohnern von Monaco, wo 95% unserer Bevölkerung plötzlich als arm gelten müssten.
Der Vergleich kann nur das eigene soziale Umfeld sein und die Möglichkeit, sich dort a) mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen und b) sozial integriert zu sein. Beides ist in Deutschland nicht gegeben und bevor wir lange Statistiken und Warenkörbe bemühen: die Existenz der Tafeln überall im Land, Flaschensammler, das Image von Transferleistungsbeziehern („die sitzen alle besoffen vor der Playstation oder dem Unterschichten-Fernsehen“) oder die Tatsache, dass die Höhe des als Existenzminimum angesehene ALGII nicht an die Inflationsrate angepasst wird, dokumentieren, dass da etwas im Argen liegt und der Bericht, selbst wenn man ihn im Einzelnen kritisieren kann, tendentiell richtig liegt.
Wie berechnet man eigentlich das Einkommen eines Kindes und
wozu setzt man das ins Verhältnis, um die Armutsgrenze zu
ermitteln?
Indem man sämtliche Einkünfte der Eltern durch die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen teilt? Oder indem man, wie bei Erwachsenen auch, von bestimmten Bedarfen ausgeht und schaut ob die erfüllt werden?
- und 1,3 Millionen Menschen trotz Arbeit
staatliche Unterstützung benötigen. Notwendig sei ein
nationales Programm gegen Armut.
Das nationale Programm gegen Armut heißt „Hartz IV“.
Da hast du nun aber die Aufstocker vergessen…
Das Komittee gibt übrigens diese Empfehlung ab:
The Committee calls on the State party to adopt and implement
a comprehensive anti-poverty programme taking account of the
aspects of poverty as identified by the various qualified
analyses undertaken by the State party. The Committee
recommends that a review of the social security benefits
levels be included in such strategies.
Was gefällt dir daran nicht?
Das Problem ist, daß unsere großartige Definition von
Armutsgrenze zwangsläufig Armut erzeugt, weil sie sich auf das
Durchschnittseinkommen bezieht. Selbst wenn wir die
Grundsicherung auf 2000 Euro im Monat erhöhten, gäbe es Armut
in Deutschland, weil dadurch die Armutsgrenze drastisch
anstiege.
Stimmt, man kann die Definition von Armut variieren und damit den Kreis der Betroffenen beliebig weit stecken. Anstatt die Sache „schlecht zu rechnen“ (im Sinne von: auch unseren Armen geht es sehr gut) könnte man sie aber auch „gut rechnen“: die Anzahl der Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen steigt immer weiter. Das wird statistisch durch immer exorbitantere Zugewinne der reichen 5% kaschiert.
Natürlich hinkt die Definition und es ist auch falsch sie nur an einen finanziellen Aspekt zu koppeln. Würde man aber eher von sozialen Gesichtspunkten ausgehen sähe es noch weit katastrophaler aus - und genau deswegen wird es vermieden, Armut unter genau diesem Aspekt zu betrachten. Dann käme nämlich heraus, dass „gesellschaftliche Teilhabe“ für sehr viele Menschen immer unmöglicher wird und es neben der finanziellen Situation auch eine flächendeckende soziale Ächtung gibt, die den Betroffenen noch viel mehr zusetzt als ihre monetäre Situation.
In Deutschland gibt es ein Sozialsystem, das seinesgleichen
sucht. Es gibt kostenlose Kinderbetreuung, Schulen und
Hochschulen. Egal, was man macht, wird es am Ende immer noch
Eltern geben, die ihren Kindern nicht alles an Möglichkeiten
erschließen, die es hier gibt. Es gibt Migranten, die sich
nicht integrieren lassen wollen und die auch von
sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung nicht viel
halten. Es wird Menschen geben, die lieber arbeitslos sind als
arbeiten zu gehen und sich die staatlichen Zahlungen durch
sozialabgabenfreie Gelegenheitsarbeiten aufbessern.
Du betrachtest das Problem untere rein finanziellen Gesichtspunkten. Das wird der sache aber nicht gerecht weil die täglichen Probleme der Menschen nicht nur rein finanziell sind, sondern weit mehr umfassen. Ihre psychische Belastung ist das viel wichtigere Problem - und da zieht Deutschland alle Register um es den Menschen schwer zu machen.
Selbst in der nicht armen Bevölkerung ist das ein massives Problem. Hast du dir mal die Zahlen bei berugsbedingtem Burnout angesehen, die Auswandererzahlen gerade gut Qualifizierter, das Image von Transferleistungsbeziehern? Da gibt es noch ganz, ganz viel zu tun und Deutschland rangiert hier hinter vielen 3.-Welt-Ländern.
Es ist wie in allen Bereichen im Leben: die Kosten steigen auf
dem Weg zu einem 100%igen Erfolg überproportional an. Wir
können es uns schlicht nicht leisten, jedem, der nicht
arbeiten oder sich nicht integrieren will, einen
Sozialarbeiter und Deutschlehrer zur Seite zu stellen, damit
jeder arbeitet und Deutsch spricht - ob er will oder nicht.
Wir sollten dann aber auch die Lebensverhältnisse so einrichten, dass die meisten Leute alleine über die Hürde springen können. Das ist offensichtlich Vielen nicht mehr möglich.
Die Angebote und Möglichkeiten sind heute schon da. Wer sie
nicht nutzt, ist selber schuld und braucht sich anschließend
nicht zu beklagen. Die staatliche Fürsorge hat ihre Grenzen
und die ist aus meiner Sicht da, wo man anfängt, die Menschen
zu ihrem Glück zu zwingen.
Man kann nicht jedem helfen wollen, der eine Papierphobie hat
und deswegen Anträge nicht ausfüllen kann, der Angst hat,
seine deutschsprechenden Nachbarn zu fragen, ob sie ihm helfen
können, oder der täglich zwar gerne 5 3/4 Stunden arbeiten
möchte, aber nicht zwischen 12:41 und 14:28 Uhr, nie vor 8 Uhr
und erst recht nicht nach 18 Uhr, jeden dritten Dienstag außer
bei Vollmond und ansonsten aber völlig flexibel ist.
Es ist ökonomisch sinnvoll und deswegen niemandem vorzuwerfen wenn er nicht für das gleiche Geld, das ihm als Existenzminimum sowieso zusteht, nicht arbeiten geht - noch dazu in sehr unbequemen, anstrengenden und unsicheren Arbeitsverhältnissen, in denen derjenige entsprechend behandelt wird.
Der Gesetzgeber macht sich hier einen schlanken Fuss anstatt beispielsweise mit einem flachendeckenden Mindestlohn eine ganz klare Grenze am unteren Ende zu ziehen - und die müsste schon etwas über der Grundsicherung liegen wenn es irgendeinen Sinn haben soll.
Ebenso könnte man 80% der deutschen Bürokratismus einfach wegsprengen und das Land würde nicht schlechter, sondern besser funktionieren. Die überbordende Bürokratie überfordert die Menschen, insbesondere die Einfachen. Gerade die sind nämlich noch weniger als Otto Normalverbraucher in der Lage (sowohl intellektuell wie auch ihrem Selbstbewusstein) sich zustehende Leistungen abzurufen.
Man kann das sowohl beim Bildungspaket, das grandios scheitert, wie auch allgemein bei möglichen Leistungen für Schwache beobachten: die Hürden werden so hoch angesetzt, dass Leistungen nur mit einem überdurchschnittlichen Einsatz erlangt werden können - anstatt den Menschen das ihnen Zustehende ohne lange Antragsverfahren zur Verfügung zu stellen. „Natürlich“ fliegen dann viele aus der Kurve weil ihnen die intellektuelle und kämpferische Möglichkeit fehlt sich dagegen zu wehren. Anschließend wird dann seitens der Bundesregierung und ihrer gleichgeschalteten Medienkohorte verbreitet, man habe tolle Programme aufgelegt, aber die Menschen seien nicht daran interessiert…
Wer vom Staat erwartet, daß er sich um alles und jeden
kümmert, will letztlich Sozialismus - auch wenn er sich dessen
nicht bewußt ist.
Der Staat soll sich nicht um jeden kümmern. Aber er muss Verhältnisse sicher stellen, die allen gesellschaftlichen Schichten Teilhabe ermöglichen. Das hat nichts mit Sozialismus zu tun.
Was nun die integrationsunwilligen Migranten angeht: auch hier obliegt es dem Staat eine funktionierende Einwanderungs-Gesetzgebung zu schaffen. Wenn der deutsche Gesetzgeber hier (aus historischen Gründen) keine klare Kante zeigt ist das sein eigenes Verschulden.
Gruß,
MecFleih