Deutschland ein 'Bananenstaat'?

Das einzige, was etwa ein Privatpatient möglicherweise eher
bekommt als ein gesetzlich Versicherter, ist ein früher
Behandlungstermin,

Zum Beispiel. Oder mehr Zeit. Oder er bekommt Leistungen, bei denen der Kassenpatient zuzahlt.

Schmerzen und Erkrankungen sind bei jedem Menschen gleich arg, wenn da Unterschiede gemacht werden ist es eine 2-Klassen-Medizin. Was sich durch dein Posting beweist.

und das aus gutem Grund: Weil er für sich
allein dem Gesundheitssystem für seine Behandlung das
2,3-fache dessen bezahlt, was ein gesetzlich
Krankenversicherter für sich und seine nicht berufstätige Frau
und alle minderjährigen Kinder zusammen bezahlt. Ohne
Privatpatienten wären die vielen Arztpraxen gar nicht
überlebensfähig.

Mir kommen die Tränen. Ja, die meisten Facharztpraxen kämpfen täglich ums Überleben. Das große Haus und der 7er BMW vor der Tür sind ganz, ganz hart erarbeitet und nur knapp über dem Existenzminimum für einen Arzt.

Die ganzen Privatversicherten schließen sich aus dem allgemeinen Solidarsystem aus, Beamte kassieren über die Beihilfe Geld, das die Allgemeinheit finanziert.

So ist das halt im Gesundheitswesen wie überall: Wer mehr
zahlt, bekommt auch mehr.

Also doch. Wieso erzählst du dann 1 Satz weiter das Gegenteil?

Zumindest in der Hinsicht. Und auch
ich durfte mir heute beim Zahnarzt den nächsten
Behandlungstermin im Kalender wie jeder andere da aussuchen,
wo halt noch einer frei war, es gab keine PKV-Extrawurst.

Dann hast du den falschen Arzt. :smile: Und obendrein das System nicht begriffen; du zahlst also den 2,3fachen Satz ohne dafür irgendeine Gegenleistung zu bekommen? Ts ts ts, Leute gibt’s…

Ich kann dazu nur sagen, dass meine lieben gesetzlich
versicherten Kollegen wegen jedem Mist zum Arzt rennen, wo ich
es mir eher einmal zu oft verkneife und dafür besser selber
auf mich achte.

Das hat wohl kaum etwas mit der Art der Versicherung zu tun. Kassenpatienten zahlen nämlich trotz hoher Krankenkassenabgaben andauernd zu und niemand macht ein Plusgeschäft wenn er andauernd zum Arzt geht. Mir scheint, dass du hier eine sehr selektive Wahrnehmung hast. Vielleicht stimmt es auch und deine Kollegen sind tatsächlich öfter krank, aber es gibt kränkliche Menschen. Es dürfte wohl kaum so sein, dass sie zum Arzt gehen und ungesund leben weil sie aufgrund ihrer Versicherung davon profitieren…

Ich bekomme von meiner Versicherung nämlich
über die gestrichene Prämienrückgewähr eine direkte
Rückkopplung über die von mir verursachten
Gesundheitskosten…

Vergleichbare Modelle gibt es auch für Kassenpatienten.

Jeder Kassenpatient kann ein Lied davon
singen.

Wohl kaum, weil ihm in aller Regel der Vergleich mit der
Situation als Privatpatient fehlt. Er weiß also gar nicht, in
welcher Tonlage er singen kann.

So blöd sind die Leute nicht, dass sie tatsächlich glauben, es gäbe kaum Unterschiede. Die sind zwar nicht schwarz auf weiß dokumentiert und Leute wie du berufen sich dann gerne darauf, dass es keine Beweise gäbe.

Aber kein vernünftiger Mensch versichert sich privat wenn er daraus keinen Nutzen ziehen würde. Oder sind Privatpatienten alle blöd im Kopp?

Mir brauchst du übrigens nichts vormachen, ich war bis zu einem Jobwechsel vor ein paar Jahren privat- und bin jetzt gesetzlich versichert. Es ist also nicht nur „hörensagen“, ich kann es selber vergleichen und weiß, wovon ich schreibe.

Das ist doch ebenfalls Humbug. Wenn in D. ein unversicherter
Obdachloser auf der Straße kollabiert, kommt der Sankra
angerast und der Patient erhält die selbe Intensivpflege wie
jeder privat versicherte Großverdiener - wenn’s sein muss,
monatelang.

Humbug ist eine akute Notversorgung oder „alternativlose“ Heilbehandlungen mit abstufbaren Optionen bei harmlosen Therapien zu vergleichen. Natürlich wird in einer Akutsituation jeder gerettet und es fragt niemand nach der Art der Versicherung.
Wenn es aber um die alltägliche Heilbehandlung minderschwerer Zipperlein geht ist die Bandbreite mitunter sehr groß, und da machen sich dann die Unterschiede bemerkbar.

Das ist ja auch teilweise in Ordnung so, manche Behandlung ist Pflicht, nicht Kür, und da soll sich derjenige, der es bezahlt, ggf. mehr leisten. Aber in der Grundversorgung ist es albern wenn du behauptest, der Privatpatient würde immer mehr bezahlen aber nie mehr Leistung (in welcher Art auch immer) bekommen. Du versuchst marktwirtschaftliche Prinzipien außer Kraft zu setzen…

Gruß,

MecFleih

Guten morgen,

Der Vergleich kann nur das eigene soziale Umfeld sein und die
Möglichkeit, sich dort a) mit dem Lebensnotwendigen zu
versorgen und b) sozial integriert zu sein.

ich denke, das Thema hatten wir schon oft genug. Ich bin der Ansicht, daß man mit dem ALG II auskommen kann, ohne seine sozialen Kontakte zu verlieren. Ich räume allerdings ein, daß es nicht wenigen, die in der Situation sind, schlicht an der Fähig- und Fertigkeit fehlt, das spärlich vorhandene Geld vernünftig einzusetzen - also insbesondere in Bezug auf Haushalts-/Einkaufsplanung, Kochen/Ernährung usw. Das ist dann aber auch wieder ein Problem, das nicht der Staat lösen kann und soll.

Worauf ich hinaus wollte ist, daß 60% von Durchschnittsnetto in Deutschland eben nicht zwangsläufig dazu führen, daß man in Deutschland um sein Überleben kämpft und sozial isoliert wird. Das ist in anderen Ländern anders; dort reichen noch nicht einmal 100% des Durchschnittsnettos zum Überleben.

Aus diesem Grunde halte ich das kritiklose Betrachten der Armutsgrenze für falsch - insbesondere, wenn man die Situation in verschiedenen Ländern vergleichen will.

Das Komittee gibt übrigens diese Empfehlung ab:
The Committee calls on the State party to adopt and implement
a comprehensive anti-poverty programme taking account of the
aspects of poverty as identified by the various qualified
analyses undertaken by the State party. The Committee
recommends that a review of the social security benefits
levels be included in such strategies.

Was gefällt dir daran nicht?

Mir gefällt daran nicht, daß ausgerechnet bei uns eine Erhöhung der Sozialleistungen angemahnt wird. Mal abgesehen davon, daß wir mit ALG II den höchsten Sozialhilfesatz der Welt haben, ist die Erhöhung der Sozialausgaben in unserer Gesellschaft, in der sich niedrige Gehälter und ALG II-Satz schon recht früh kreuzen, der falsche Weg.

Daß das von einem Verein kommt, der Mißtände braucht, um eine Existenzberechtigung zu haben, ist nicht wirklich überraschend.

Das Problem ist, daß unsere großartige Definition von
Armutsgrenze zwangsläufig Armut erzeugt, weil sie sich auf das
Durchschnittseinkommen bezieht. Selbst wenn wir die
Grundsicherung auf 2000 Euro im Monat erhöhten, gäbe es Armut
in Deutschland, weil dadurch die Armutsgrenze drastisch
anstiege.

Stimmt, man kann die Definition von Armut variieren und damit
den Kreis der Betroffenen beliebig weit stecken. Anstatt die
Sache „schlecht zu rechnen“ (im Sinne von: auch unseren Armen
geht es sehr gut) könnte man sie aber auch „gut rechnen“: die
Anzahl der Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen steigt
immer weiter.

Die Zahl dieser Arbeitsverhältnisse (wobei ich davon ausgehe, daß Du damit u.a. die Aufstocker meinst), wird natürlich sinken, wenn man die Sozialleistungen erhöht. Auch der fleißigste und motivierteste Mitarbeiter wird irgendwann die Brocken hinwerfen, wenn nur die Sozialleistungen hoch genug sind.

Natürlich hinkt die Definition und es ist auch falsch sie nur
an einen finanziellen Aspekt zu koppeln. Würde man aber eher
von sozialen Gesichtspunkten ausgehen sähe es noch weit
katastrophaler aus - und genau deswegen wird es vermieden,
Armut unter genau diesem Aspekt zu betrachten. Dann käme
nämlich heraus, dass „gesellschaftliche Teilhabe“ für sehr
viele Menschen immer unmöglicher wird und es neben der
finanziellen Situation auch eine flächendeckende soziale
Ächtung gibt, die den Betroffenen noch viel mehr zusetzt als
ihre monetäre Situation.

Auch das hatten wir schon einmal. Deine Einschätzung in allen Ehren, aber für mich ist diese weder Argument noch Diskussionsgrundlage.

In Deutschland gibt es ein Sozialsystem, das seinesgleichen
sucht. Es gibt kostenlose Kinderbetreuung, Schulen und
Hochschulen. Egal, was man macht, wird es am Ende immer noch
Eltern geben, die ihren Kindern nicht alles an Möglichkeiten
erschließen, die es hier gibt. Es gibt Migranten, die sich
nicht integrieren lassen wollen und die auch von
sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung nicht viel
halten. Es wird Menschen geben, die lieber arbeitslos sind als
arbeiten zu gehen und sich die staatlichen Zahlungen durch
sozialabgabenfreie Gelegenheitsarbeiten aufbessern.

Du betrachtest das Problem untere rein finanziellen
Gesichtspunkten.

Das Gegenteil ist der Fall. Ich sage, daß es immer Menschen geben wird, die sich nicht beglücken lassen wollen. Die kann man zu ihrem Glück nicht zwingen. Man kann sie nicht in Deutschkurse tragen, ihnen nicht das Geld in den Briefkasten werfen und ihnen die Arbeitgeber nicht ins Haus schicken. Das ist dann halt einfach so und das verkraftet eine Gesellschaft auch. Das zu dramatisieren halte ich falsch.

Selbst in der nicht armen Bevölkerung ist das ein massives
Problem. Hast du dir mal die Zahlen bei berugsbedingtem
Burnout angesehen,

Für Burnout gilt das gleiche wie für ADS: es gibt einige echte Fälle, die leider von vielen anderen Fällen überdeckt werden, für die man eine griffige Bezeichnung suchte und fand. Heute wird jemand, der sich über Wochen über Streß beklagt, müde ist und an mehr als 10 Abenden nicht zur üblichen Zeit zu Hause ist, für ein Quartal wegen Burnouts krankgeschrieben, während es früher ein klares Krankheitsbild gab.

Mir sind einige Fälle bekannt, bei denen der „Burnout“ eintrat, nachdem sich die Nettoarbeitszeit pro Tag von etwa 4 auf knapp 8 Stunden erhöhte.

die Auswandererzahlen gerade gut
Qualifizierter,

Das Problem ist, daß gerne unterschlagen wird, daß die Auswanderer zu einem großen Teil wieder zurückkehren. Wer seine Wohnung für ein Jahr Rundreise in Südamerika, drei Jahre Tätigkeit bei einer Auslandsniederlassung seines Arbeitgebers oder eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer ausländischen Universität auflöst, gilt als Auswanderer.

Bei allen drei Veranstaltungen handelt es sich aber um befristete Abwesenheiten. Besser noch: in der Regel kommen die Leute sogar besser ausgebildet wieder zurück, so daß Deutschland von diesen „Auswanderungen“ sogar profitiert.

das Image von Transferleistungsbeziehern? Da
gibt es noch ganz, ganz viel zu tun und Deutschland rangiert
hier hinter vielen 3.-Welt-Ländern.

Wie ist das Image von Transferleistungsbeziehern in anderen Ländern?

Man kann nicht jedem helfen wollen, der eine Papierphobie hat
und deswegen Anträge nicht ausfüllen kann, der Angst hat,
seine deutschsprechenden Nachbarn zu fragen, ob sie ihm helfen
können, oder der täglich zwar gerne 5 3/4 Stunden arbeiten
möchte, aber nicht zwischen 12:41 und 14:28 Uhr, nie vor 8 Uhr
und erst recht nicht nach 18 Uhr, jeden dritten Dienstag außer
bei Vollmond und ansonsten aber völlig flexibel ist.

Es ist ökonomisch sinnvoll und deswegen niemandem vorzuwerfen
wenn er nicht für das gleiche Geld, das ihm als
Existenzminimum sowieso zusteht, nicht arbeiten geht - noch
dazu in sehr unbequemen, anstrengenden und unsicheren
Arbeitsverhältnissen, in denen derjenige entsprechend
behandelt wird.

Natürlich nicht. Es geht mir darum, daß man die abenteuerlichsten Begründungen hört, warum man nicht arbeiten oder staatliche Leistungen nicht in Anspruch nehmen will oder kann.

Ebenso könnte man 80% der deutschen Bürokratismus einfach
wegsprengen und das Land würde nicht schlechter, sondern
besser funktionieren. Die überbordende Bürokratie überfordert
die Menschen, insbesondere die Einfachen.

Das höre ich oft, nur verstehe ich es nicht. Meine Berührungspunkte mit der Bürokratie: alle zehn Jahre ein neuer Ausweis nebst Reisepaß, alle paar Jahre mal ein Umzug (d.h. Ummeldung) und einmal im Jahr eine Steuererklärung, die sich in zwei Stunden zusammenschrauben läßt, falls man seine Belege nicht im Shredder oder Schuhkarton aufbewahrt.

Wo also macht die Bürokratie den Menschen das Leben schwer, wenn man nicht gerade ein zwölfgeschossiges Kernforschungszentrum in einem Wasserschutzgebiet errichten will?

Klar, wenn man der deutschen Sprache nicht mächtig ist, wird es schwierig, Leistungen zu beantragen, aber dann muß man sich halt Hilfe suchen. Mal ganz davon abgesehen, daß die meisten Formulare mit Bezug zu Sozialleistungen zumindest in Großstädten in mindestens zwölf Sprachen vorgehalten werden. Hinzu kommen mehrsprachige Internetangebote, eine in inzwischen vielen Städten vorgehaltene zentrale Behördenrufnummer usw.

Inwiefern also macht die Bürokratie den Menschen das Leben schwer?

Im übrigen warne ich davor, sich die Zustände in anderen Ländern herbeizuwünschen. Wie ich schon öfter schrieb, ist unsere Bürokratie im Vergleich zu der anderer Länder verläßlich, schnell, fair, unkompliziert und vor alle wenig korrupt.

Gerade die sind
nämlich noch weniger als Otto Normalverbraucher in der Lage
(sowohl intellektuell wie auch ihrem Selbstbewusstein) sich
zustehende Leistungen abzurufen.

Hier kann man kaum einen Meter gehen, ohne über ein Kulturzentrum, eine Beratungsstelle oder einen Förderverein zu stolpern. Daneben gibt es Freunde, Verwandte und Bekannte im gleichen Kulturkreis, der sich auskennt und/oder weiß, wen man fragen könnte.

Es geht also nicht darum, daß es nicht geht, sondern daß man sich nicht traut, daß man nicht will oder daß es einem zu schwer erscheint. Das ist aber eine Frage der Persönlichkeit und der persönlichen Motivation und nicht Sache des Staates.

Man kann das sowohl beim Bildungspaket, das grandios
scheitert, wie auch allgemein bei möglichen Leistungen für
Schwache beobachten: die Hürden werden so hoch angesetzt, dass
Leistungen nur mit einem überdurchschnittlichen Einsatz
erlangt werden können - anstatt den Menschen das ihnen
Zustehende ohne lange Antragsverfahren zur Verfügung zu
stellen.

Ich bin gerne behilflich. Welche Hürden gibt es denn bei dem Antragsverfahren, das letztlich mit diesem Formular erledigt ist:
http://www.jobcenter-duesseldorf.de/cm/_uploaded/Ant…
Hier ist noch das Merkblatt dazu:
http://www.jobcenter-duesseldorf.de/cm/_uploaded/Mer…

Wer vom Staat erwartet, daß er sich um alles und jeden
kümmert, will letztlich Sozialismus - auch wenn er sich dessen
nicht bewußt ist.

Der Staat soll sich nicht um jeden kümmern. Aber er muss
Verhältnisse sicher stellen, die allen gesellschaftlichen
Schichten Teilhabe ermöglichen. Das hat nichts mit Sozialismus
zu tun.

Die Möglichkeiten sind da, nur müssen sie in Anspruch genommen werden. Das geht zugegebenermaßen nur schwerlich, wenn man sich nicht aus dem Haus bewegt, jedes Formular für ein unüberwindliches Hindernis hält und fremde Hilfe aus ethischen oder religiösen Gründen nicht in Anspruch nehmen will. Daran kann aber auch der Staat nichts ändern – zumindest nicht mit vertretbarem Aufwand (siehe oben: ein Deutschlehrer und ein Sozialarbeiter als persönliche Leibwache für jeden sind nicht bezahlbar).

Was nun die integrationsunwilligen Migranten angeht: auch hier
obliegt es dem Staat eine funktionierende
Einwanderungs-Gesetzgebung zu schaffen.

Was genau funktioniert denn nicht und inwiefern hilft eine „funktionierende Einwanderungsgesetzgebung“ bei der Integration?

Gruß
Christian

Hallo Christian,

Man kann sie nicht in
Deutschkurse tragen, ihnen nicht das Geld in den Briefkasten
werfen und ihnen die Arbeitgeber nicht ins Haus schicken.

das beinhaltet schon wieder Behauptungen, die man nicht unwidersprochen stehen lassen kann, nahe am: ‚selbst schuld‘.

Ich bin mal wieder unterwegs, (diesmal mit meinem jüngeren Sohn) einen Ausbildugsplatz zu suchen.

Du musst mir keine Arbeitgeber ins Haus schicken. Es wäre völlig ausreichend, wenn Du mir im Umkreis von 250km einen nennen könntest, von dem wir keine Absage bekommen.

Wenn Du das nicht kannst, dann hör endlich mal auf, Stimmung gegen Arbeitssuchende zu machen oder wenn Du einfach nur keine Ahnung hast, lass dich von Dieter Nuhr beraten!

Ich lese das seit Jahren von dir und elebe ebensolang ständig das Gegenteil.

Gruß Rainer

Hallöchen,

Man kann sie nicht in
Deutschkurse tragen, ihnen nicht das Geld in den Briefkasten
werfen und ihnen die Arbeitgeber nicht ins Haus schicken.

das beinhaltet schon wieder Behauptungen, die man nicht
unwidersprochen stehen lassen kann, nahe am: ‚selbst schuld‘.

Du verstehst mich miß. Ich sprach von Leuten, die sich nicht integrieren wollen, die nicht arbeiten wollen und die sich weigern, sich mit den gebotenen Möglichkeiten zu beschäftigen. Ich sprach davon, daß sich MecFleih, der Hockomissar der UN für blablabla und auch alle anderen damit abfinden müssen, daß es solche Leute gibt und daß man nicht dem Staat nicht dafür die Schuld geben kann.

Ich habe also weder gesagt, daß das alle Arbeitslosen betrifft noch daß es einen großen Teil betrifft noch daß jemanden betrifft, den Du kennst.

Mein Kommentar ging in eine völlig andere Richtung, nämlich daß es irgendwo Grenzen für staatliche Hilfen gibt, weil man auch mit dem größten Aufwand nicht diejenigen wird überzeugen, integrieren, motivieren usw. wird können, die das überhaupt nicht wollen. Insofern ist eben die Kritik dieses Komittees daneben, das wahrscheinlich aus purem Kampf ums Überleben nicht einmal Ruhe geben wird, wenn wir alle im Paradies leben. Wahrscheinlich wird dann darüber gemeckert, daß es menschenunwürdig ist, den ganzen Tag nackt herumzusitzen und sich Früchte in den Mund fallen zu lassen.

Also: immer locker bleiben.

Gruß
C.

Hallo Chistian,

Du verstehst mich miß.

scheinbar ja. :smile:
Es gelingt Dir immer wieder, dich in diesem Zusammenhang so auszudrücken, daß man dich missverstehen muss.

Ich muss aber auch zugeben, daß ich gerade mal wieder besonders empfindlich bin. Nach Bewerbungen im Umkreis von 300 km mit einem überdurchschnittlich guten Zeugnis, bricht nach der 100. Absage einfach Frust aus. Ich war in den letzten Wochen mit meinem Sohn bei Vorstellungsgesprächen in Ludwigshafen, Mannheim, Darmstadt, Köln, Aachen, Trier, Mainz …
Mehr als aufmunternde Worte wie: ‚Wir hätte sie gern auch noch genommen, aber wir haben keinen Platz mehr frei …‘ ist nicht herausgekommen.

Um einen Ausbildungsplatz oder eine Stelle zu bekommen, braucht man entweder ein Zeugnis mit einem Notendurchschnitt von besser als 1,2 oder gute Beziehungen oder ganz viel Glück. Ein großer Teil der Bewerber hat bei allem Engagement einfach keine Chance. Es gibt einfach zu viele Bewerber mehr, als Stellen.

Gruß Rainer

Guten mittag,

Du verstehst mich miß.

scheinbar ja. :smile:
Es gelingt Dir immer wieder, dich in diesem Zusammenhang so
auszudrücken, daß man dich missverstehen muss.

naja, daß ich oft so lange Artikel schreibe, liegt ja nicht daran, daß hier zu viele Buchstaben übrig sind, sondern daß ich meist einen Kontext aufbaue, in dem die einzelnen Absätze nicht losgelöst vom Rest gelesen werden sollten.

Ich muss aber auch zugeben, daß ich gerade mal wieder
besonders empfindlich bin. Nach Bewerbungen im Umkreis von 300
km mit einem überdurchschnittlich guten Zeugnis, bricht nach
der 100. Absage einfach Frust aus. Ich war in den letzten
Wochen mit meinem Sohn bei Vorstellungsgesprächen in
Ludwigshafen, Mannheim, Darmstadt, Köln, Aachen, Trier, Mainz

Daß das frustriert, kann ich nachvollziehen und ich weiß auch, daß es nicht leicht ist, (gerade jetzt) einen Ausbildungsplatz zu finden.

Viele Unternehmen erholen sich gerade von der Wirtschaftkrise und trotz aller Euphorie, die durch die Medien geistert, ist die Lage bei vielen Unternehmen im Moment ausgesprochen kritisch. Einen Arbeitnehmer, der erst einmal nur Zeit und Geld kostet, stellt man da nur ein, wenn man sich der Zukunft ziemlich sicher ist.

Hinzu kommt, daß seit Jahren der Geier der Zwangsübernahme von Auszubildenden über den Unternehmen kreist. Viele Unternehmen, die früher über Bedarf ausbildeten, halten sich deswegen bei der Einstellung von Azubis zurück.

Gruß
Christian

Hallo,

hier zeigt sich eben die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. Was Christian schreibt ist immer „theoretisch richtig“ argumentiert, nur weichen die Realitäten oft ab.

Ich hörte letztens, dass in manchen Gegenden ein Abitur (!) als Zugangsvoraussetzung für eine Ausbildung zum Automechaniker (OK, heißt jetzt Mechatroniker) erwartet wird. Vor 20 Jahren bewarb man sich dafür als Haupt- oder Realschüler…

Ich selber bin ab Monatsende wieder arbeitslos weil meine Firma wirtschaftlich strauchelt. Von Aufschwung keine Spur… Es ist zwar ein kleiner Familienbetrieb und nicht direkt abhängig von der Konjunkturlage Deutschlands, aber es geht wirtschaftlich nicht mehr anders als Leute zu entlassen und denen, die bleiben können, die Stunden zu reduzieren - vor allem aber auch die Gehälter.

Dasselbe hör(t)e ich in den letzten beiden Tagen in meinem Umfeld von 2 anderen Leuten in gänzlich verschiedenen Branchen - auch die bangen um ihren Arbeitsplatz. In dem einen Unternehmen (ein großer Elektronikkonzern) sind die Arbeitsplätze wacklig und alle fürchten, dass „da demnächst etwas kommt“, im anderen Fall geht es um Zeitarbeit. Das Unternehmen hat Außenstände weil Einsätze im Ausland nicht bezahlt wurden, jetzt können die Gehälter nicht bezahlt werden.

Ich hatte einen guten Job, aber er lebte auch viel von Enthusiasmus, weil das Gehalt war sehr niedrig. Mit Bescheidenheit kam man über die Runden… Wenn ich ab nächsten Monat nur noch 60% ALG I kriege werde geht die Rechnung faktisch einfach nicht mehr auf, es ist unmöglich ein gerade reichendes Gehalt um 40% zu kürzen und immer noch klar zu kommen. Es geht einfach nicht.

Bewerbungen werden auch reihenweise abgelehnt… Mein Lebenslauf ist nicht ganz perfekt, hab’ unterschiedliche Dinge gemacht. Jeder klopft einem auf die Schulter „Mit deinen vielfältigen Qualifikationen bist du doch ein idealer Allrounder!“ - aber die Realität auf dem Arbeitsmarkt ist, dass man SOFORT Absagen kassiert weil man ja nicht bis in die letzte Haarspitze passgenau zur Stellenausschreibung ist.

Der Umgangston auf dem Arbeitsamt bei Arbeitssuchend-Meldung war unter aller Sau. Ich bin weder vom Aussehen noch von der Art zu reden usw. der typische unwillige Assi (vielleicht ist das aber auch genau der Fehler, man sollte möglicherweise in Zuhälter-Style auftreten damit die AA-Leute einen respektieren…), werde dort vor Ort von oberlehrerhaften Mitarbeitern aber angequatscht und heruntergemacht als sei ich für alles zu blöd und 80% des Gesprächs drehten sich darum, was alles NICHT geht. Weitere 10% beschäftigten sich mit der unzureichenden Software des Amtes und die restlichen 10% damit, dass „man sich selber bemühen müsse“. Aha… gut, dass mir das erklärt wurde, alleine wäre ich nicht drauf gekommen.

Dann gibt’s lustige Formulare: man kann z. B. ankreuzen bis zu welchem Radius man sich eine mögliche neue Arbeitsstelle wünscht. Es ist wohl klar, dass man sich „wünscht“, dass sie möglichst nahe am Wohnort liegt. Also angekreuzt. Die Oberlehrerin Beraterin befand dann aber, dass die Zumutbarkeitsregeln ganz andere Vorgaben machen und man das anders hätte ankreuzen „müssen“.
Nach der 3. Schwachsinnsdiskussion, warum man es denn dann ankreuzen kann und ob vielleicht mal jemand diese sowieso unverschämte, schiefe 1000. Kopie von der Kopie überarbeiten müsste, hab’ ich es dann aufgegeben weil es einfach keinen Sinn macht mit solchen Leuten über Logik zu diskutieren.

Meine Schwester ist als Notärztin in Köln unterwegs und die Verhaltensmaßregeln sehen inzwischen vor, dass sie NIEMALS als 1. in eine Wohnung geht weil Angriffe auf Rettungspüersonal an der Tagesordnung sind. Manche Leute bestellen sich inzwischen den Rettungsdienst um sich zu prügeln. Also geht immer der größte Feuerwehr-Schrank zuerst durch die Tür.
Haustüren müssen als Fluchtweg generell offen bleiben und niemals dreht man einem Patienten den Rücken zu, schon gar nicht bleibt einer mit dem Patienten alleine im Zimmer (weil andere die Trage holen etc.).
Dass die Polizei vorsichtig ist und von manchen Zeitgenossen als Provokation erlebt wird, ist ja nicht neu. Dass das aber inzwischen auch genauso für das Rettungspersonal gilt, hatte ich in Deutschland nicht erwartet. Es zeigt aber, wo die sozialen Verhältnisse inzwischen stehen…

Aber ich schweife ab… Ich will nur sagen: die Lebensrealitäten entpuppen sich in vielen Bereichen als anders, als uns die Theorie vorgaukelt. Ich kann mir manche Talkshow und manches Geschwätz einfach nicht mehr anhören, nicht mehr durchlesen, weil es zwar „theoretisch rund“ ist, aber mit der Lebensrealität der Menschen einfach nichts mehr zu tun hat.

Kein Wunder, dass dann bei vielen Leuten Resignation um sich greift. Und es lässt mich annehmen, dass das auch nicht immer so weiter gehen wird. Wir sehen in Griechenland wie das Volk reagiert wenn das Fass überläuft. Das wird in D auch passieren. Nicht in den nächsten Wochen und Monaten, aber in einigen Jahren…

Gruß,

MecFleih

Hallo,

hier zeigt sich eben die Diskrepanz zwischen Theorie und
Praxis. Was Christian schreibt ist immer „theoretisch richtig“
argumentiert, nur weichen die Realitäten oft ab.

worauf beziehst Du Dich? Daß ich nicht allen Arbeitslosen Faulheit vorgeworfen habe, wurde doch schon geklärt und daß es Berufsanfänger im Moment nicht leicht haben, bestreite ich auch nicht.

Ich hörte letztens, dass in manchen Gegenden ein Abitur (!)
als Zugangsvoraussetzung für eine Ausbildung zum
Automechaniker (OK, heißt jetzt Mechatroniker) erwartet wird.
Vor 20 Jahren bewarb man sich dafür als Haupt- oder
Realschüler…

Mal abgesehen davon, daß ein erheblicher Unterschied zwischen Mechatroniker und Automechaniker besteht: das hat natürlich auch mit der Qualität des Outputs zu tun. Die Perlen zwischen den Graupen zu finden, mutet sich mittlerweile kaum noch ein Betrieb zu, so daß sich die Anforderungen in vielen Ausbildungsberufen verschieben.

Ich selber bin ab Monatsende wieder arbeitslos weil meine
Firma wirtschaftlich strauchelt. Von Aufschwung keine Spur…

Wie ich schrieb: das, was euphorisch in den Medien und von der Politik verbreitet wird, ist bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen noch nicht angekommen.

Bei nicht wenigen kommt es gerade jetzt zu existenzbedrohenden Situationen.

Haustüren müssen als Fluchtweg generell offen bleiben und
niemals dreht man einem Patienten den Rücken zu, schon gar
nicht bleibt einer mit dem Patienten alleine im Zimmer (weil
andere die Trage holen etc.).
Dass die Polizei vorsichtig ist und von manchen Zeitgenossen
als Provokation erlebt wird, ist ja nicht neu. Dass das aber
inzwischen auch genauso für das Rettungspersonal gilt, hatte
ich in Deutschland nicht erwartet. Es zeigt aber, wo die
sozialen Verhältnisse inzwischen stehen…

Die Lust, sich zu prügeln, vermag ich nicht mit den sozialen Verhältnissen zu begründen. Daß sich Polizei und auch verstärkt andere Rettungskräfte immer häufiger mutwilliger Gewalt gegenüber sehen, hat auch mit einer Werteverschiebung in der Bevölkerung zu tun, die auch nicht nur die unteren Bevölkerungsschichten betrifft.

Unter den Leuten, die für Randale durch halb Deutschland zu Fußballspielen fahren sind nicht wenige Angehörige der sogenannten besseren Schichten (rein schon aus offensichtlichen finanziellen Gründen). Die Gruppen von jungen Mitbürgern mit Migratinshintergrund, die sich bewußt in der Stadt auf der Suche nach allein herumlaufenden Polizisten machen, bestehen nicht nur aus arbeitslosen, unausgebildeten Heranwachsenden ohne Perspektive, sondern auch aus Kindern von gutsituierten Einwanderern der ersten und zweiten Generation.

Wer da die Ursachen in den sozialen Verhältnissen sucht, ist auf dem falschen Dampfer.

Gruß
Christian

Hallo MecFleih,

Wir sehen in Griechenland wie das Volk
reagiert wenn das Fass überläuft. Das wird in D auch
passieren. Nicht in den nächsten Wochen und Monaten, aber in
einigen Jahren…

wenn es der FDP gelingen sollte, ihr ‚Steuerpaket‘ durchzubringen, gebe ich Dir Recht. Dann passiert hier das selbe wie jetzt in Griechenland und zwar aus dem selben Grund.

Die Steuern werden gesenkt, die Verschuldung des Bundes steigt dramatisch. An anderer Stelle wird der ‚Vorteil‘ wieder aufgefressen, so daß sich an der Kaufkraft nichts ändert. Das so lang, bis deutschland überschuldet ist und auch so ein ‚Sparpaket‘ von der EU verordnet bekommt, das die Leute unter das Existenzminimum bringt.

So wie deine jetzige Situation, von einem gerade auskömmlichen Einkommen werden plötzlich noch einmal 40% gestrichen … Dann aber nicht nur für Einzelne, sondern für Millionen. Ja, dann knallt’s auch hier.

Ich hoffe immer noch, daß das Rettungspaket für die FDP nur aus der Ankündigung besteht und nicht ernsthaft erwogen wird, es auch wirklich umzusetzen.

Gruß Rainer

Hallo Rainer,

wenn es der FDP gelingen sollte, ihr ‚Steuerpaket‘
durchzubringen, gebe ich Dir Recht. Dann passiert hier das
selbe wie jetzt in Griechenland und zwar aus dem selben Grund.

Die Steuern werden gesenkt, die Verschuldung des Bundes steigt
dramatisch. An anderer Stelle wird der ‚Vorteil‘ wieder
aufgefressen, so daß sich an der Kaufkraft nichts ändert. Das
so lang, bis deutschland überschuldet ist und auch so ein
‚Sparpaket‘ von der EU verordnet bekommt, das die Leute unter
das Existenzminimum bringt.

Ich rechne allerdings damit, dass die EU über die Wupper gegangen ist bevor Deutschland in einen Zustand der Zahlungsunfähigkeit fällt. Insofern wird es nicht genau so laufen wie du es hier skizzierst, sondern vorher werden sowieso schon andere Verwerfungen stattfinden.

Es ist nicht abzusehen, dass Griechenland in einen Zustand besserer Bonität gebracht werden kann, seine Binnenkonjunktur wird angesichts der Sparmaßnahmen ganz zusammenbrechen. Nicht, dass es falsch wäre Korruption und Misswirtschaft zu bekämpfen. Aber ich glaube nicht, dass man das ganze System „mal eben so“ umkrempeln kann.
Lange Rede, wenig Sinn, die Finanzspritzen kosten viel und bringen am Ende nichts. Andere Pleitekandidaten wie Portugal, Spanien, Irland, Italien, Belgien folgen auf dem Fuße und dann wird es spannend - für die EU und die Weltwirtschaft insgesamt. Die USA sind ja als Allererste dabei sich um Kopf und Kragen zu finanzieren.
Insofern: es wird in ein paar Jahren krachen - und dann brennt ganz Europa, anschließend die ganze Welt, dann gibt es nicht nur in Athen Randale. Die Uhr tickt.

Ich hoffe immer noch, daß das Rettungspaket für die FDP nur
aus der Ankündigung besteht und nicht ernsthaft erwogen wird,
es auch wirklich umzusetzen.

Davon gehe ich aus. Diesen Irrsinn werden sie nicht durchkriegen. Und wenn doch nimmt man aus der rechten Tasche, was in die linke gestopft wurde, unter dem Strich also keine wirkliche Veränderung.

Ein schönes Wochenende,

MecFleih

Hallo Christian,

hier zeigt sich eben die Diskrepanz zwischen Theorie und
Praxis. Was Christian schreibt ist immer „theoretisch richtig“
argumentiert, nur weichen die Realitäten oft ab.

worauf beziehst Du Dich?

Ich beziehe das jetzt nicht auf eine konkrete Aussage, sondern es ist meine Quintessenz aus deinen Postings, die sinngemäß lauten: wir leben „eigentlich doch“ im Paradies und den allermeisten geht es sehr gut. Diejenigen, deren Stimmung nicht gut ist, haben a) nicht verstanden wie gut es ihnen geht, b) sind an ihrer Misere selber schuld oder c) sind nicht motiviert sich zu verbessern und verlassen sich darauf, dass ihnen im Schlaraffenland alles vorgesetzt werden müsste.

So wird es aber von vielen Menschen nicht erlebt. Gefühlt strampeln die meisten Menschen in mittleren und unteren Lebensverhältnissen allein schon um nicht unterzugehen. Es geht nicht um Aufstieg, um sich mit Leistungen vom Durchschnitt abzusetzen und sich zu verbessern, das ist oft kaum zu schaffen. Oft geht es allein ums „irgendwie überleben“.

Wer diesem Tempo und Druck nicht mehr standhält kommt dann häufig zu der Erkenntnis, dass Kampf, wenn eh nichts mehr zu gewinnen oder zu verlieren ist, sinnlos wird. Wozu morgens um 5 Uhr aufstehen und ab 6 Uhr schuften wenn es sich finanziell nicht lohnt weil die Arbeit nicht angemessen vergütet wird, sondern gerade den Level der Existenzsicherung erreicht - und oft nicht mal das… Wenn das Unternehmen dann noch vermittelt, dass gerade die einfachen Jobs nicht wertgeschätzt werden und die Mitarbeiter als austauschbare Zeitarbeits-Roboter betrachtet werden, kann man menschlich verstehen, dass sich das immer weniger Leute antun.

Hier läuft gesellschaftlich etwas schief und das kann man schlecht „zurechtargumentieren“. Die Spaltung zwischen arm und reich wird größer, am Anfang dieses Threads wurde verlinkt, dass DAX-Vorstände „mal eben“ 20% Gehaltssteigerung seit dem letzten Jahr haben. Die Bundestagsabgeordneten erhöhen ihre Diäten - und der „kleine Mann“ siet sowas nicht unter dem Aspekt, dass es eine moderate Lohnsteigerung von 1% ist und Führungskräfte oft weit mehr verdienen, sondern die Denke ist: Arbeitnehmer mit viel geringeren Löhnen haben seit Jahren Reallohnverluste und die Erhöhung der Diäten entspricht für viele dem, wovon sie einen ganzen Monat leben müssen.
Der Vergleich einer Abgeordneten-Diät muss auch nicht immer eine Führungskraft in der Wirtschaft sein, es gibt im Land massenweise Unternehmer / Selbstständige und abhängig Beschäftigte mit vergleichbarer Verantwortung aber wesentlich geringeren Gehältern. Die Ansicht, man verdiene im Bundestag eher unterdurchschnittlich, kommt auf die Perspektive an. Man kann es auch so sehen, dass dort fürstlich verdient wird.

Dazu kommen die unsicheren Verhältnisse am Arbeitsmarkt, ob es befristete Arbeitsverhältnisse, Leiharbeit, „Generation Praktikum“ oder andere Dinge sind. Unter dem offiziellen Deckmantel des Booms in Deutschland versteckt sich, dass am unteren Ende und bis in die Mitte der gesellschaft hinein nicht der Eindruck vorherrscht, alles sei doch prima, sondern es zeigt sich oft Frust, Sorge und Überforderung.

Man kann das immer anhand irgendwelcher Argumentationen negieren, aber das nützt wenig weil man solche Stimmungsbilder halt nicht wegdiskutieren kann, es wird in weiten Teilen der bevölkerung so empfunden. Und irgendwo muss es herkommen. Ich kann da aber nicht deiner Ansicht folgen, dass das nur an falscher Wahrnehmung oder persönlicher Unzulänglichkeit Einzelner liegt - gerade auch deswegen weil ich in meinem Umfeld von Akademikern in verschiedenen Branchen bis zu Ungelernten eine breite Pallette verschiedenster Menschen kenne, deren Stimmungsbild zum allergrößten Teil überhaupt nicht besonders gut aussieht.

Ich lese zum Wochenende gerne das Gästebuch von www.presseclub.de zur gleichnamigen Sendung in der ARD. Und da wird mir klar wie das Stimmungsbild tatsächlich ist, denn da äußern sich politisch Interessierte und zu 90% sehr kritisch.

Mal abgesehen davon, daß ein erheblicher Unterschied zwischen
Mechatroniker und Automechaniker besteht: das hat natürlich
auch mit der Qualität des Outputs zu tun. Die Perlen zwischen
den Graupen zu finden, mutet sich mittlerweile kaum noch ein
Betrieb zu, so daß sich die Anforderungen in vielen
Ausbildungsberufen verschieben.

Aber gesellschaftlich gesehen bleibt damit auch eine große Gruppe an Verlierern, für die es keine Zukunft gibt. Die Frage, wo diese Jugendlichen bleiben sollen, wird einfach nicht beantwortet.
Aus Sicht des einzelnen Betriebes ist das Vorgehen zwar nachvollziehbar, aber gesamtgesellschaftlich müssen Antworten her, die nicht gegeben werden. Es reicht nicht „fördern und fordern“ zu postulieren, vor allem Letzteres zu tun und das Scheitern der ganzen Veranstaltung dann darauf zu schieben, dass die Leute nicht mitgemacht haben; die eigentliche Frage ist eher, was an dem Lösungsansatz falsch war wenn er die Menschen nicht erreicht.

Wie ich schrieb: das, was euphorisch in den Medien und von der
Politik verbreitet wird, ist bei vielen kleinen und mittleren
Unternehmen noch nicht angekommen.

Es wird aber auch nicht ankommen. In 3 Monaten (oder so…) wird die typische konjunkturelle Wellenbewegung wieder zu einem Abschwung führen und dann wird das Argument gegen Lohnerhöhungen und Festeinstellungen sein, dass das in der abschwächenden Wirtschaftslage natürlich unmöglich sei.

Wenn der Boom jetzt nicht zu den Beschäftigten durchdringt - ja wann soll er es denn sonst tun? Das entlarvt oder bestätigt diejenigen, die argumentieren, dass der Aufschwung einer für die Oberschicht sei. Die macht aber den kleineren Teil der Bevölkerung aus und deswegen können viele das Gerde vom Aufschwung nicht mehr hören, denn die Lebensrealität der mehrheitlichen Bevölkerung ist kein Aufschwung. Den gibt es nur weil er behauptet wird, weil man Gewinne bei der obersten Oberschicht statistisch umlegt und behauptet, Deutschland sei insgesamt bestens im Saft.

Die Lust, sich zu prügeln, vermag ich nicht mit den sozialen
Verhältnissen zu begründen. Daß sich Polizei und auch
verstärkt andere Rettungskräfte immer häufiger mutwilliger
Gewalt gegenüber sehen, hat auch mit einer Werteverschiebung
in der Bevölkerung zu tun, die auch nicht nur die unteren
Bevölkerungsschichten betrifft.

Die aber dennoch primär in der hoffnungslosen Welt der längt völlig Abgehängten stattfindet, jedenfalls was Randale auf der Straße angeht. Wir haben es allerdings zu tun mit einem Phänomen, das „von oben“ vorgelebt wird: natürlich prügeln sich „die oberen Zehntausend“ nicht mehrheitlich, aber sie demonstrieren, dass Ellenbogenmentalität, Egoismus, Über-Leichen-gehen und Aus-dem-Weg-räumen was die eigenen Gewinne behindert, offenbar erfolgreich sind. Fressen und gefressen werden, letztlich, nur dass verschiedene Schichten das unterschiedlich ausleben.

Unter den Leuten, die für Randale durch halb Deutschland zu
Fußballspielen fahren sind nicht wenige Angehörige der
sogenannten besseren Schichten (rein schon aus
offensichtlichen finanziellen Gründen). Die Gruppen von jungen
Mitbürgern mit Migratinshintergrund, die sich bewußt in der
Stadt auf der Suche nach allein herumlaufenden Polizisten
machen, bestehen nicht nur aus arbeitslosen, unausgebildeten
Heranwachsenden ohne Perspektive, sondern auch aus Kindern von
gutsituierten Einwanderern der ersten und zweiten Generation.

Klar, das gibt es natürlich. Es stellt aber nicht die Mehrheit dar. Randale auf der Straße ereignet sich vor allem in sozialen Brennpunkten - Gegenden, in die nicht einzelne Verlierer versprengt wurden, sondern Ghettos, wo sich die Verlierer und Hoffnungslosen zusammenballen.

Natürlich finden sich unter Schlägern immer auch Leute, die aus gutem Hause stammen und doch die Kurve der Anforderungen an sie nicht geschafft haben. Das sind aber immer noch die spektakulären Einzelfälle in einem Alltag von kleinkriminellen und asozialen Verhältnissen, die so alltäglich geworden sind, dass sie nicht mehr täglich Erwähnung finden und somit von denen, die keinen Bezug zu diesen Subkulturen und Stadtvierteln haben, gar nicht wirklich wahrgenommen werden.

Wer da die Ursachen in den sozialen Verhältnissen sucht, ist
auf dem falschen Dampfer.

Es hängt stark zusammen. Wobei es zu einfach ist nur von Geld zu reden. Es sind allgemein Verhältnisse, in denen einige Wenige immer exorbitanter zulegen während die große Masse trotz Arbeitswilligkeit und anfänglicher Motivation irgendwann wahrnimmt, dass sie ackern können wie sie wollen, sie werden es doch nie in angenehme, abgesicherte Verhältnisse schaffen. das schlägt dann irgendwann um und bewirkt eine Anti-Haltung, „Macht kapuut, was euch kaputt macht“ usw…

Gruß,

MecFleih

Hallo,

Ich beziehe das jetzt nicht auf eine konkrete Aussage, sondern
es ist meine Quintessenz aus deinen Postings, die sinngemäß
lauten: wir leben „eigentlich doch“ im Paradies und den
allermeisten geht es sehr gut. Diejenigen, deren Stimmung
nicht gut ist, haben a) nicht verstanden wie gut es ihnen
geht, b) sind an ihrer Misere selber schuld oder c) sind nicht
motiviert sich zu verbessern und verlassen sich darauf, dass
ihnen im Schlaraffenland alles vorgesetzt werden müsste.
So wird es aber von vielen Menschen nicht erlebt.

das mag schon sein, aber es ist nicht ausgeschlossen, daß da am Maßstab etwas nicht stimmt. Ich kenne durchaus auch Menschen, denen es finanziell schlecht geht, nur höre ich da in den seltensten Fällen, daß daran Dritte (inkl. Staat) schuld sind.

Lebensverhältnissen allein schon um nicht unterzugehen. Es
geht nicht um Aufstieg, um sich mit Leistungen vom
Durchschnitt abzusetzen und sich zu verbessern, das ist oft
kaum zu schaffen.

Klar, nicht von heute auf morgen, aber wieso geht das generell und auf mittlere Sicht nicht?

Hier läuft gesellschaftlich etwas schief und das kann man
schlecht „zurechtargumentieren“. Die Spaltung zwischen arm und
reich wird größer, am Anfang dieses Threads wurde verlinkt,
dass DAX-Vorstände „mal eben“ 20% Gehaltssteigerung seit dem
letzten Jahr haben.

Daß die Einkommen der DAX-Vorstände im letzten und vorletzten Jahr teilweise drastisch gesunken sind, wurde allerdings ohne großen Protest von der Bevölkerung akzeptiert.

Die Bundestagsabgeordneten erhöhen ihre
Diäten - und der „kleine Mann“ siet sowas nicht unter dem
Aspekt, dass es eine moderate Lohnsteigerung von 1% ist und
Führungskräfte oft weit mehr verdienen, sondern die Denke ist:
Arbeitnehmer mit viel geringeren Löhnen haben seit Jahren
Reallohnverluste

Die Abgeordneten leben seit bald 20 Jahren mit Real"lohn"verlusten.

Der Vergleich einer Abgeordneten-Diät muss auch nicht immer
eine Führungskraft in der Wirtschaft sein, es gibt im Land
massenweise Unternehmer / Selbstständige und abhängig
Beschäftigte mit vergleichbarer Verantwortung aber wesentlich
geringeren Gehältern.

Und genauso gibt es Angstellte und Führungskräfte, die ein weitaus höheres Gehalt bekommen.

Die Ansicht, man verdiene im Bundestag
eher unterdurchschnittlich, kommt auf die Perspektive an. Man
kann es auch so sehen, dass dort fürstlich verdient wird.

Klar kann man das so sehen, nur ist halt die Frage, zu welchen Tätigkeiten der Abgeordnetenjob in Konkurrenz steht. Im Moment locken die Diäten vor allem Beamte und öffentlich Bedienstete ins Parlament. Die zweite große Gruppe sind Rechtsanwälte, die ihre Kanzlei nebenbei weiterlaufen lassen können, wenn sie denn groß genug ist, oder bei ausgebliebener Wiederwahl wieder relativ problemlos wieder einsteigen können.

Wenn das die Zusammensetzung des Parlamentes sein soll, das das ganze Volk vertritt, kann man die Diäten so lassen wie sie sind. Ich persönlich hätte gerne eine etwas andere Abgeordnetenstruktur, nur wird sich diese nicht einstellen, wenn die Diäten so bleiben wie sie sind und der Weg ins Parlament so langwierig und steinig bleibt.

Dazu kommen die unsicheren Verhältnisse am Arbeitsmarkt,

Du meinst die auf zunächst vier Jahre befristeten Beschäftigungsverhältnisse der Abgeordneten? :wink:

Praktikum" oder andere Dinge sind. Unter dem offiziellen
Deckmantel des Booms in Deutschland versteckt sich, dass am
unteren Ende und bis in die Mitte der gesellschaft hinein
nicht der Eindruck vorherrscht, alles sei doch prima, sondern
es zeigt sich oft Frust, Sorge und Überforderung.
Man kann das immer anhand irgendwelcher Argumentationen
negieren, aber das nützt wenig weil man solche Stimmungsbilder
halt nicht wegdiskutieren kann, es wird in weiten Teilen der
bevölkerung so empfunden. Und irgendwo muss es herkommen.

Das ist richtig, wobei mein Eindruck nicht so ist, daß das eine flächendeckende Stimmung ist. Wie dem auch sei: die Frage stellst Du richtig. Wo kommt das her? Warum ist die Stimmung hier so schlecht, obwohl es Deutschland und den Deutschen vergleichsweise und überdurchschnittlich gut geht und die sozialen Sicherungssysteme die Menschen hier so gut absichern wie sonst nirgends?

Das ist übrigens keine neue Erkenntnis. Schon Mitte der 90er ging der Spruch um, daß die Menschen hierzulande jammern und leiden und das auf dem höchsten Niveau der Welt.

Ich weiß keine Antwort auf die Frage - allenfalls kann ich vermuten, daß unser komfortabler Lebensstil die Ansprüche hat in den Himmel wachsen lassen.

Ich lese zum Wochenende gerne das Gästebuch von
www.presseclub.de zur gleichnamigen Sendung in der ARD. Und da
wird mir klar wie das Stimmungsbild tatsächlich ist, denn da
äußern sich politisch Interessierte und zu 90% sehr kritisch.

Ja, genauso wie die Leserbriefseite im Sat.1-Text. Ich finde beides erschreckend, weil man vielfach schon auf den ersten Blick erkennen kann, daß die Leute nicht wissen, wovon sie reden, und die Fakten nicht kennen bzw. irgendwelche halbgaren Wahrheiten wiedergeben, die sie irgendwo aufgeschnappt haben. Aber warum sollte das da anders sein als hier (wobei ich damit jetzt nicht Dich meine; Du bist ja in der Regel gut informiert).

Mal abgesehen davon, daß ein erheblicher Unterschied zwischen
Mechatroniker und Automechaniker besteht: das hat natürlich
auch mit der Qualität des Outputs zu tun. Die Perlen zwischen
den Graupen zu finden, mutet sich mittlerweile kaum noch ein
Betrieb zu, so daß sich die Anforderungen in vielen
Ausbildungsberufen verschieben.

Aber gesellschaftlich gesehen bleibt damit auch eine große
Gruppe an Verlierern, für die es keine Zukunft gibt. Die
Frage, wo diese Jugendlichen bleiben sollen, wird einfach
nicht beantwortet.

Keine Frage.

Aus Sicht des einzelnen Betriebes ist das Vorgehen zwar
nachvollziehbar, aber gesamtgesellschaftlich müssen Antworten
her, die nicht gegeben werden. Es reicht nicht „fördern und
fordern“ zu postulieren, vor allem Letzteres zu tun und das
Scheitern der ganzen Veranstaltung dann darauf zu schieben,
dass die Leute nicht mitgemacht haben; die eigentliche Frage
ist eher, was an dem Lösungsansatz falsch war wenn er die
Menschen nicht erreicht.

Das ist Deine Sicht, die an sich auch verständlich ist. Meine ist eine andere: man nutze die angebotenen Möglichkeiten und wer das nicht macht, ist selber schuld.

Wie ich schrieb: das, was euphorisch in den Medien und von der
Politik verbreitet wird, ist bei vielen kleinen und mittleren
Unternehmen noch nicht angekommen.

Es wird aber auch nicht ankommen. In 3 Monaten (oder so…)
wird die typische konjunkturelle Wellenbewegung wieder zu
einem Abschwung führen und dann wird das Argument gegen
Lohnerhöhungen und Festeinstellungen sein, dass das in der
abschwächenden Wirtschaftslage natürlich unmöglich sei.

Kein Widerspruch von mir.

Wenn der Boom jetzt nicht zu den Beschäftigten durchdringt -
ja wann soll er es denn sonst tun? Das entlarvt oder bestätigt
diejenigen, die argumentieren, dass der Aufschwung einer für
die Oberschicht sei. Die macht aber den kleineren Teil der
Bevölkerung aus und deswegen können viele das Gerde vom
Aufschwung nicht mehr hören, denn die Lebensrealität der
mehrheitlichen Bevölkerung ist kein Aufschwung.

Das ist ja so nicht richtig. Es gibt Unternehmen und Branchen, denen es jetzt besser geht als 2008 und in denen das auch die Mitarbeiter spüren. Genauso gibt es Unternehmen und Branchen, in denen das nicht der Fall ist und in denen auch die Mitarbeiter nichts vom Aufschwung spüren.

Es ist auch nicht so, daß nur Millionäre und DAX-Vorstände jubilieren. Aufschwung ist nie flächendeckend wie es auch eine Konjunkturdelle nicht ist. Unternehmen bleiben auf der Strecke, andere nutzen Möglichkeiten und wieder andere werden neu gegründet, scheitern oder überleben.

Die Mär vom alle glücklich machenden Aufschwung ist eine Erfindung der Politik und einiger Wirtschaftsforschungsinstitute. Wer so Erwartungen schürt, trägt damit dazu bei, daß Teile der Bevölkerung zu Recht fragen, wo denn ihr persönlicher Aufschwung bleibt.

Die aber dennoch primär in der hoffnungslosen Welt der längt
völlig Abgehängten stattfindet, jedenfalls was Randale auf der
Straße angeht. Wir haben es allerdings zu tun mit einem
Phänomen, das „von oben“ vorgelebt wird: natürlich prügeln
sich „die oberen Zehntausend“ nicht mehrheitlich, aber sie
demonstrieren, dass Ellenbogenmentalität, Egoismus,
Über-Leichen-gehen und Aus-dem-Weg-räumen was die eigenen
Gewinne behindert, offenbar erfolgreich sind. Fressen und
gefressen werden, letztlich, nur dass verschiedene Schichten
das unterschiedlich ausleben.

Das war aber vor 10 oder 50 Jahren nicht anders. Vielleicht ist der entscheidende Unterschied zu damals, daß heute RTL und Konsorten den ganzen Tag über die Welt der Reichen, Schönen und Idioten berichten und nicht wenige meinen, ihnen stünde auch ein Teil des Kuchens zu.

Oder aber es ist einfach so, daß wir uns in einer Zeit befinden, in der der Zentralstaat ausgedient hat und wir in eine Phase der Anarchie eintreten, weil jeder glaubt, er wüßte am besten, wie es richtig zu laufen habe, und daß er sich nehmen kann, was er haben will bzw. zu brauchen meint.

Schwer zu sagen.

machen, bestehen nicht nur aus arbeitslosen, unausgebildeten
Heranwachsenden ohne Perspektive, sondern auch aus Kindern von
gutsituierten Einwanderern der ersten und zweiten Generation.

Klar, das gibt es natürlich. Es stellt aber nicht die Mehrheit
dar. Randale auf der Straße ereignet sich vor allem in
sozialen Brennpunkten - Gegenden, in die nicht einzelne
Verlierer versprengt wurden, sondern Ghettos, wo sich die
Verlierer und Hoffnungslosen zusammenballen.

Randale entsteht hier eigentlich immer nur in der Altstadt, wo sich Besoffene und ein paar Anarchos einen Kick holen, indem sie sich mit 20, 50 oder 100 Leuten gezielt Polizeiwagen, Rettungsfahrzeuge und deren Besatzungen vornehmen.

Auch die klassische Mai-Randale in Hamburg und Berlin, die Chaostage und ähnliche Veranstaltungen werden von semi-professionellen Teilzeit-Gewalttätern geplant und besucht.

Mag sein, daß wir über verschiedene Dinge reden, aber die frustbasierte Gewalt findet eher in der Familie oder unter Nachbarn statt.

Wer da die Ursachen in den sozialen Verhältnissen sucht, ist
auf dem falschen Dampfer.

Es hängt stark zusammen. Wobei es zu einfach ist nur von Geld
zu reden. Es sind allgemein Verhältnisse, in denen einige
Wenige immer exorbitanter zulegen während die große Masse
trotz Arbeitswilligkeit und anfänglicher Motivation irgendwann
wahrnimmt, dass sie ackern können wie sie wollen, sie werden
es doch nie in angenehme, abgesicherte Verhältnisse schaffen.

Daß es eine Oberschicht gibt und ein Teil der Bevölkerung von der Hand in den Mund lebt, ist auch nicht neu und auch deren Anteile an der Bevölkerung hat sich nicht großartig verschoben - wohl aber die Wahrnehmung und ich frage mich immer noch, woran das liegt.

Aus meiner Sicht ist eine Ursache die Berichterstattung, die den Leuten vorgaukelt, in Deutschland lebten hunderttausende auf großem Fuß. Eine andere Ursache ist m.E., daß die Ansprüche gewachsen sind.

Wenn diese Ansprüche nicht erfüllt werden (oder deren Erfüllung dazu führt, daß am Monatsende der Kühlschrank leer ist), folgt daraus natürlich Unzufriedenheit. Wenn nicht absehbar ist, daß sich die Situation bessert, führt das genaus natürlich zu mehr Unzufriedenheit.

Aber da sind wir wieder bei unseren unterschiedlichen Ansätzen: der Staat kann da m.E. nicht viel machen. Er kann Möglichkeiten bereitstellen, aber nutzen muß diese Möglichkeiten jeder selbst. Der Staat kann die Menschen auch nicht irgendwo hintragen, Anträge ausfüllen oder sie mit Sprachkenntnissen impfen.

Er kann die organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen schaffen und das macht er auch. Ab da hat es jeder selbst in der Hand.

Gruß
Christian