Hallo Eva!
Wer als Kaufmann eine Bilanz (= Vermögensaufstellung) erstellt, wird von Wechselkursen überhaupt nicht berührt (es sei denn, er hat Forderungen und Guthaben in Fremdwährungen). Was man an Sachwerten in Geld ausdrückt, ist von Währungsparitäten unabhängig. Das gilt auch für den Privatmenschen, der soundsoviele Monatslöhne für sein Haus zu bezahlen hat. Währungsparitäten spielen erst eine Rolle, wenn Außenhandel und Fremdwährungen ins Spiel kommen.
Das trifft sicherlich bei geringfügig veränderten Währungsparitäten für viele Produkte zu und lässt sich alltäglich beobachten. Heute gibt es für 1 € ungefähr 1,10 $, aber vor gar nicht langer Zeit bekam man für 1 € über 1,30 $. Der Verbraucher spürt das bei in $ abgerechneten Rohölprodukten und bei Reisen in die USA, aber das Handelsvolumen steigt und fällt nicht parallel mit verändertem Wechselkurs. Wenn irgend möglich, preist man die Wechselkursrisiken ohnehin ein. Funktioniert aber nur in Grenzen. Produkte, die vollkommen unabhängig vom Preis gekauft werden, sind mir nicht bekannt. Gravierende Veränderungen der Währungsparitäten können natürlich nicht ohne Auswirkung auf die Handelsvolumina bleiben und bei einer frei gehandelten DM ginge es um beträchtliche Veränderungen von Paritäten.
Damit konnten die am Handel Beteiligten noch nie leben. Deshalb wurde der Wechselkurs der DM schon seit Januar 1973 zusammen mit etlichen anderen damaligen EG-Währungen im Europäischen Wechselkursverbund https://de.wikipedia.org/wiki/Europäischer_Wechselkursverbund zunächst an den Dollar gebunden. 1978/79 folgte das Europäische Währungssystem EWS und schließlich ab 1990 die Europäische Währungsunion https://de.wikipedia.org/wiki/Europäische_Wirtschafts-_und_Währungsunion.
Schon seit 1979 gibt es mit dem ECU eine gemeinsame Währungseinheit, allerdings abgesehen von einigen Sondermünzen nur als Rechnungseinheit, nicht als Bargeld. ECU wurde 1:1 in den Euro auch als Bargeld umgesetzt. Die DM-Zeiten endeten - wenn auch von einer breiten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt - spätestens 1979, eigentlich schon 1973. Was die Leute als eigene deutsche Währung wahrnahmen, war nur geprägtes Metall und bedrucktes Papier als nationale Eigenheit, während es tatsächlich längst eine Gemeinschaftswährung in Europa war.
Jeder Käsehöker weiß, dass es ihm nur mit zahlungskräftigen Kunden gut gehen kann. Was für den Käsehöker gilt, gilt auch für den Maschinenbauer. Es gibt sogar einen Maschinenbauer (ein nicht so ganz kleines Familienunternehmen), der eine eigene Bank gründete, nur um seinen Kunden die Finanzierung von Maschinen zu ermöglichen. In dem Unternehmen wurde begriffen, dass man entweder gemeinsam mit den Kunden einen guten Weg findet oder andernfalls selbst Schaden nimmt.
In einem Land, das die Hälfte seines BIP mit Export erwirtschaftet, davon wiederum der Löwenanteil mit den EU-Partnern, kann man sich nicht von den Kunden und Lieferanten abkoppeln, um dann zu glauben, irgendwas ginge danach besser. Am Euro kann man ohnehin nichts festmachen, weil der Euro nur die Hardware in Gestalt von Münzen und Scheinen ist. Die gemeinsame Rechnungseinheit, in der man auch Konten führen und Überweisungen tätigen konnte, gibt es schon viel länger, nämlich während 2/3 der Zeit, seit die Bundesrepublik besteht.
Es ist abwegig, die Ursache von Problemen beim Tauschmittel zu suchen. Wäre es nicht so furchtbar unpraktisch, könnten wir auch Schweinehälften, Bahnschwellen oder Dachpfannen als Tauschmittel benutzen. Die genannten Sachen sind ähnlich unpraktisch wie im Sekundentakt veränderliche Währungsparitäten zwischen Nachbarn und Handelspartnern.
Gegen den Euro wird von Leuten gemeckert, die gar nicht wissen, dass die Gemeinschaftswährung nicht erst mit dem Euro begann, sondern schon Jahrzehnte vorher existierte.
Gruß
Wolfgang