Dialekt als Schulfach

ist der Titel eines Artikels in den Salzburger Nachrichten (http://www.salzburg.com/sn/05/01/19/artikel/1367872…) von heute:

Dialekt als Schulfach
19. Jänner 2005

Rom (SN, APA). Dialekt soll in Italien zum Unterrichtsfach werden. Unterrichtsministerin Letizia Moratti will dies ab der dritten Schulstufe an Gymnasien ermöglichen. Ziele sind unter anderem die Steigerung von Verständnis- und Ausdrucksfähigkeiten der italienischen Jugendlichen. Dafür soll eine Lateinstunde wegfallen. Literatur-Nobelpreisträger Dario Fo aus Mailand ist begeistert: „Der Dialekt ist die einzige Rettung für die italienische Sprache. Er kann zur Belebung einer Sprache beitragen, die wegen der Vereinheitlichung des Fernsehens steril geworden ist.“
© SN.

Griaß enk!!

Ich persönlich würde so etwas auch für Österreich sehr begrüßen, aber nicht erst ab dem 7. Schuljahr und nicht nur im Gymnasium.
Die Gründe anzuführen, erspare ich mir vorerst einmal …

Was hieltet/haltet ihr - Dialektsprecher, Deutsch- u.a. Lehrer, Sprachinteressierte und -forscher - davon?

Tat mi richteg intaressian!
:wink:Helene

hallo abu,

wie ist das gemeint?
ich lerne den dialekt der region, in der ich zur schule gehe?
oder lerne ich generell alle dialekte meines landes?

grüße

rasta

Hallo Helene!

Daran glaube ich nicht, daß so etwas funktionieren könnte. Die regionalen Unterschiede sind einfach allzu groß. Und der Campanilismo, den’s ja wahrhaftig nicht nur in Italien gibt, feiert fröhliche Urständ’.
Wenn in jedem einzelnen Tal, ja sogar in jeder Ortschaft ein eigener Dialekt gesprochen wird, wie soll das gehen?
Oder sollen z.B. die Tiroler Wienerisch lernen? Da marschieren aber eher die Schützen in Wien ein, schätz ich mal.

Mir würde schon genügen, würden in der „Hochsprache“ die österreichischen Besonderheiten gelehrt werden, wie Tunell, Erdapfel, udergl.

Pfiati
Barney

Hallo Barney,

erstens geb ich dir recht,
zweitens wuesste ich gerne, wieso Tunell eine oesterreichische Besonderheit sein soll?
Das Tunell (und nicht der Tunnel) heisst das bei uns auch.
ABer bis Oesterreich ist es noch ziemlich weit.

Gruesse
Elke

Griaßdi, Helene,

aus den schon genannten Gründen kann ich Dialektunterricht an Schulen nicht befürworten.
Ebenso wie meiner Ansicht nach auch der konfessionelle Religionsunterricht an Schulen nichts verloren hat, sondern von den Überzeugungsträger außerhalb der Schule angeboten werden sollte, so auch ein Dialektunterricht, der den aktiven Gebrauchs desselben zum Ziel hat.

Dass man im Deutschunterricht auf dialektale Unterschiede in einem Land und auf Besonderheiten der Region hinweisen sollte, halte ich dagegen für selbstverständlich.

Bisweilen ist dies sogar dringend nötig, da es Schüler gibt, die wo glauben, dass „die wo“ ein korrekter relativischer Anschluss ist.

Gruß Fritz

Hi Helene,

Was hieltet/haltet ihr - Dialektsprecher, Deutsch- u.a.
Lehrer, Sprachinteressierte und -forscher - davon?

bei uns (Rheinland) gibt es (z.T. freiwillige) Arbeitsgemeinschaften, die erstaunlich gut besucht sind.
Mehr muß es m.E. nicht sein.
Wer keinen Dialekt sprechen möchte, sollte nicht dazu gezwungen werden.

Gandalf

Hallo Elke,

erstens geb ich dir recht,

danke :smile:

zweitens wuesste ich gerne, wieso Tunell eine oesterreichische
Besonderheit sein soll?
Das Tunell (und nicht der Tunnel) heisst das bei uns auch.

Echt? Man hoert es aber nie.
Und sogar in oesterreichischen Woerterbuechern war es eine Zeit lang nicht enthalten.

ABer bis Oesterreich ist es noch ziemlich weit.

Von Dschiddah? Ja, schon *grins*

Gruesse
Barney

Danke für eure Antworten!
Griaß enk no amål!

Dass die Einführung eines derartigen Schulfaches und die Umsetzung mit großen Schwierigkeiten verbunden wäre, ist wohl auch mir klar. Und es steht ja leider gar nicht zur Debatte.
Ich dächte auch gar nicht an ein generelles , verpflichtendes Fach, sondern daran, dass eine Schule im Rahmen der Autonomie die Möglichkeit hat, dieses Fach anzubieten. Ich beneide da ein wenig die Schulen in den sog. Sprachinseln in Italien und der Schweiz, in denen z.B. Zymbrisch, Ladinisch oder Rätoromanisch gelehrt wird, in dem Bewusstsein, wie wertvoll das Erhalten dieser Sprachen ist („Wert“ einer Sprache —> eigenes Diskussionsthema  Expertenchat?)

@ Gandalf: Solche Arbeitsgemeinschaften finde ich toll! Ich werde diese Idee im Auge behalten für die Zeit nach meiner Pensionierung, VHS …

@ Fritz: Dialekt und Religion sind wohl 2 Paar Schuhe!

Dialektunterricht, der den aktiven Gebrauchs desselben zum Ziel hat.

Ohne den akt. Gebrauch ds. – wo bliebe da die Sinnhaftigkeit des Unterrichts?
Außerdem: In Regionen, in denen ein „kräftiger“ Dialekt gesprochen wird , kommst du gar nicht drum herum, ihn zumindest in der Grundschule auch einzusetzen. Ich für meinen Teil unterscheide im Unterricht sehr wohl zwischen ‚Pinzgauerisch‘ und ‚Deutsch‘ (und da noch - fremdenverkehrsbedingt – zwischen österr. und deutschem Deutsch :wink: )

@ Barney:
Der/das Tunell und die Erdäpfel werden gelehrt! Beim Tunell/Tunnel wird es den Kindern freigestellt, welche Form sie verwenden, nur beim „Tunö/Dunä“ wird eingegriffen :smile:

@ Rasta:

ich lerne den dialekt der region, in der ich zur schule gehe?

So würde ich mir das vorstellen.
Alle Dialekte lehren zu wollen wäre wohl ein Ding der Unmöglichkeit.

An recht an schen Dånk no amål!
Helene

@ Fritz: Dialekt und Religion sind wohl 2 Paar Schuhe!

Wirklich?
Beide kriegt man als unschuldiges Kind aufgedrückt und manche brauchen ihr Leben lang, um sie wieder loszuwerden! ;-}

Fritz

2 Like

Bisweilen ist dies sogar dringend nötig, da es Schüler gibt,
die wo glauben, dass „die wo“ ein korrekter relativischer
Anschluss ist.

Im Schweizer Dialekt gibt es nur „wo“ als Relativpronomen.
Da es ein Dialektphänomen ist, drängt sich die Vermutung auf, dass es in Wirklichkeit ein hässliches Entlein sein könnte:
Jeder weiß, dass der Engländer „who“ sagt, wenn er „wer“ meint. Außerdem gibt es im Lateinischen das Relativpronomen „quod“, das z. B. in romanischen Dialekten der Vogesen heute immer noch „quo“ lautet. Könnte also nicht das Relativpronomen „wo“ nicht entweder eine alte westgermanische Variante oder unter dem Einfluss der romanischen Sprachen der von den Germanen besiedelten romanischen Gebiete (insbesondere Süddeutschland) entstanden sein? Denn, andersherum gefragt: Was macht es für einen Sinn, ein lokales Pronomen zu einem Relativpronomen umzufunktionieren?

Ich wäre dafür, dass man neben den eigenen lokalen Dialekten Beispielsprachen aus sämtlichen deutschen Sprachgruppen zumindest verstehen lernt.
Es ist z. B. behindernd, wenn schweizerische Fernsehsendungen im Fernsehen synchronisiert werden müssen, obwohl doch eigentlich dieselbe Sprache gesprochen wird.
Wenn man die niedersächsische (plattdeutsche) Sprache in ihrem eigenen Sprachgebiet wirklich fördern will, muss man auch ihre Verständlichkeit im gesamten dt. Sprachraum fördern. Dies wiederum kann in Kombination mit einer Einführung in die niederländische Sprache geschehen.

Denn tut man dies nicht, droht, der deutsche Sprachraum entlang seiner Ländergrenzen auseinanderzubrechen. Was früher von ineinander übergehenden Dialekten zusammengehalten wurde, wird heute von überregionalen, nationalen Varianten, gefördert durch das Fernsehen, auseinandergerissen.

Könnte also nicht das Relativpronomen
„wo“ nicht entweder eine alte westgermanische Variante oder
unter dem Einfluss der romanischen Sprachen der von den
Germanen besiedelten romanischen Gebiete (insbesondere
Süddeutschland) entstanden sein? Denn, andersherum gefragt:
Was macht es für einen Sinn, ein lokales Pronomen zu einem
Relativpronomen umzufunktionieren?

Dem würde entsprechen, dass im Spanischen - wie man mir berichtet - das „donde“ auch als Universalrelativeum Verwendung findet.

Fritz

Hallo Barney,

ABer bis Oesterreich ist es noch ziemlich weit.

Von Dschiddah? Ja, schon *grins*

Stimmt - :smile:)
Aber nur zur Einordnung: mit ‚bei uns‘ meinte ich Kurpalz.
Wo wir seit wenigen Jahren einen 3.1km langes Saukopftunell haben. Und ausserdem singen:
Do drowwe uffm Berg
do schteiht e Tunell.
Wommer noi faehrt, werd’s dunkel,
wommer raus faehrt, werd’s hell.

Liebe Gruesse
Elke

Dem würde entsprechen, dass im Spanischen - wie man mir
berichtet - das „donde“ auch als Universalrelativeum
Verwendung findet.

Interessant, weiß jemand dazu mehr?
Hier ist übrigens ein Link, der das Alter von „wo“ als Relativpronomen bestätigt. Wir haben es also tatsächlich mit einer verkannten Antiquität zu tun…!

http://titus.fkidg1.uni-frankfurt.de/didact/zimbr/an…

Hi, im Südbairischen sagt man „wås“ („wos“), vielleicht kommt es davon. Z.B.
(verschriftdeutscht) „das Kind, was ich gesehen habe“.

Gruß, Peter

Wer hat da bei wem geklaut?
Zwische Basel und Olte
do gits e Tunäll
wemme yynekunnt wird dunggel
wemm uusekunt wird häll.

Liebe Grüsse
Rolf

Das frage ichj mich auch, denn die Urform heißt doch:

Zwischa Rautaburg ond Tiebunga,
do schdoht a Tunell,
wammer neikommt wirds donkel,
wemmer rauskommt wirds hell! :wink:

Liebe Grüsse
Fritz

die Urform??
Wenns mir wichtig genug wäre, lieber Fritz, würde ich die
Baujahre der betreffenden Tunnels vergleichen …

Der in meinem Lied heisst Hauensteintunnel.

Einen sonnigen Tag auch bei Dir!
Rolf

Hi Rolf,

Der in meinem Lied heisst Hauensteintunnel.

Namen… was soll das? Daten.

Wann wurde es gebaut?

Soivz. Mein Tunell konnt ich bis jetzt nicht datieren…

Gruesse
Elke

Hallo Barney,

Hallo Elke,
zweimal bin ich auch schon durchgefahren, als ich in Mörlenbach etwas abholen musste. Meinst Du Kurbalz oder Kurpfalz?
Schöne Grüße
Franz

ABer bis Oesterreich ist es noch ziemlich weit.

Von Dschiddah? Ja, schon *grins*

Stimmt - :smile:)
Aber nur zur Einordnung: mit ‚bei uns‘ meinte ich Kurpalz.
Wo wir seit wenigen Jahren einen 3.1km langes Saukopftunell
haben. Und ausserdem singen:
Do drowwe uffm Berg
do schteiht e Tunell.
Wommer noi faehrt, werd’s dunkel,
wommer raus faehrt, werd’s hell.

Liebe Gruesse
Elke