Servus,
grad im (vorderen) Allgäu solltest Du eigentlich recht deutlich hören, was es mit den Dialekten in Oberschwaben auf sich hat: Ungefähr entlang des 48. Breitengrades (nicht als strikte Abgrenzung, sondern eher als Übergang zwischen ungefähr Biberach und ungefähr Ravensburg) verläuft die Grenze zwischen Schwäbisch und Alemannisch. Interessant übrigens, wie diese Grenze relativ zügig Richtung See wandert und die Sprache der Vasallen von König Chlodwig vordringt - würde es heute in Kisslegg noch verstanden, wenn jemand sagt ‚Numma gôbat allat‘?
Angesichts der leicht wahrnehmbaren Kontinuen zum Ostfränkischen und zum Rheinfränkischen hin (denk an Heilbronn und auch den völlig abgefahrenen Mischdialekt im Enztal bis Pforzheim) wäre es wohl nicht zu rechtfertigen, wenn man das Schwäbische als eigene Sprache betrachtete. Mir kommt - obwohl es natürlich systematische Anlässe dafür gibt - seine Zuordnung zu den Alemannischen Dialekten eher fragwürdig vor, ist es doch in vieler Hinsicht ‚bloß‘ eine Fortsetzung der fränkischen Dialekte, während zwischen Schwäbisch und Alemannisch eine ganze Lautverschiebung und die Sprachgeschichte zwischen Mittel- und Neuhochdeutsch liegt.
Genitiv im Schwäbischen? Doch doch, den gibt es schon, wenn auch stark eingeschränkt. Denk an die Geschichte, wie der Pfarrer den Josef Lipp aufgesucht hat und ihn gefragt hat, warum er denn gar nicht mehr zur Messe käme? - ‚Hochwirda, Ihr hont sell gsait, s‘ Lippa Gebät häb et vill Weart!’
Die Worte, die Dir im Norwegischen begegnen, dürften solche sein, die im Zentrum der Neuhochdeutschen Sprachen verschwunden sind und am Rand ringsherum erhalten blieben. Dieses Phänomen „Abgrenzung gegenüber den Nachbarn“ findet man in allen Ebenen von Dialekten und Sprachen. Kürzlich habe ich mich mit ‚der Baum‘ = ‚die Bääm‘ (Singular!) im Pfälzischen beschäftigt und dazu eine Karte aufgetrieben, auf der zu meiner dann doch nicht so großen Überraschung zu sehen war, dass dieser Genuswechsel nicht bloß im Süden der Pfalz ab Speyer … Landau ungefähr auftritt, sondern auch im Norden Richtung Rockenhausen und im äußersten Westen Richtung MUV-Land auch.
Neugierhalber: Wo genau sagt man
?
Ich habe es nirgends zwischen Laupheim und Kressbronn mit Verstand gehört. Ist das auf einen ziemlich kleinen Bereich beschränkt, sowas wie die sprachlichen Eigenheiten des Weihung-Tales?
‚Luaga ond losa‘ für ‚Gugga ond horcha‘ sind ja sonst eines der Leitfossilien zur Grenze Schwäbisch/Alemannisch, aber dieses ‚losa‘ ist ein ganz anderes.
Schöne Grüße
MM