Dialekt und Hochdeutsch

Hallo liebe Pädagogen, Eltern, und alle, die aus irgendeinem Grund was zum Thema beizutragen haben,

obwohl ich selber noch keine Kinder hab, mach ich mir manchmal Gedanken, über Erziehung und ähnliches. Und frag mich, wie ich das mal umsetzen werde. In letzter Zeit geistert mir das Thema Sprache im Kopf rum. Ich hoffe, ihr verzeiht mir, wenn ich jetzt etwas weiter aushole und erstmal was von mir erzähle.

Ich wohne hier in einem kleinen Dorf in der Oberpfalz. Die Gegend ist wirklich sehr ländlich. (Die nächste „Stadt“ ist vier km entfernt und hat ca. 5000 Einwohner. Städte mit über 10.000 Einwohner sind für uns hier schon fast Großstädte und mindestens 30km entfernt.) Hier wird eigentlich noch überall zum allergrößten Teil Dialekt gesprochen. Auch im Beruf, außer natürlich mit Kunden oder Lieferanten, die nicht aus der Gegend sind.

Mein „Problem“ ist jetzt, dass ich den Dialekt sehr liebe. Ich sprech auch bei weitem kein astreines, sondern recht stark gefärbtes Hochdeutsch und das auch eher ungern. Trotzdem komm ich gut zurecht, auch im Beruf. Ich bin aber recht unsicher, wie ich das mal machen soll, wenn ich Kinder hab.

Meine Eltern haben mir damals gar kein Hochdeutsch beigebracht in dem Sinne. Allerdings wollte ich immer wahnsinnig viel vorgelesen haben. Von daher hab ich Hochdeutsch zumindest in der Theorie von klein auf kennen gelernt. Auch das Fernsehen hat wohl ein bisschen dazu beigetragen. Aber sonst hörte ich nur Dialekt und sprach auch nur Dialekt. Ein bisschen geändert hat sich das dann erst in der Grundschule. Da legten die Lehrer dann doch Wert darauf, dass man sich zumindest ein bisschen bemühte Hochdeutsch zu sprechen. Soweit ich mich erinnere, fiel das fast allen meinen Mitschülern ziemlich schwer. Und auch das Deutsch, das die Lehrer versuchten zu sprechen, klang in meinen Ohren irgendwie affig. Ich glaub ich fand es vor allem seltsam, mit Leuten Hochdeutsch zu sprechen, die doch eigentlich im Alltag auch Dialekt sprachen. Ich hab dann auch einige Jahre später festgestellt, dass es mir bei Leuten, die den Dialekt wirklich nicht verstehen leichter fällt, Hochdeutsch zu sprechen. Zwar kam ich mir immer noch etwas komisch dabei vor und ich fand irgendwie, dass es bei mir so gekünstelt wirkte, aber es ging. Jetzt mittlerweile hab ich, glaub ich, meine eigene Art und Weise hochdeutsch zu sprechen gefunden. Ich empfinde es nicht mehr als gekünstelt, wenn ich z. B. in der Arbeit mit Kunden Hochdeutsch spreche. Mit Kollegen oder Freunden würde ich allerdings nie hochdeutsch sprechen. Da gibts aber auch niemanden der den Dialekt nicht versteht.

So jetzt hab ich viel erzählt und eigentlich noch gar nichts gefragt. Wenn sich jemand unter euch in meine Lage versetzen kann, würde ich gerne wissen, wie würdet ihr das als Eltern machen? So wie es meine Eltern gemacht haben: Nur Dialekt sprechen, aber viel Vorlesen und drauf vertrauen, dass sich das dann schon so ähnlich entwickeln wird wie bei mir? Oder würdet ihr euerem Kind gezielt hochdeutsch beibringen? Ich freu mich über fundierte Aussagen genauso, wie über persönliche Meinungen.

Vielen Dank und Gruß
Michaela

Hallo, Michaela,
Deine Eltern haben es schon richtig gemacht.
Dialekt vermittelt Heimatgefühl, ist „Wurzeldünger“. "Hoch"deutsch kommt zwangsläufig durch Vorlesen, Schule, Beruf.

Eine Dialektfärbung wird meist als recht sympathisch und ungekünstelt wahrgenommen. Sie ist ganz sicher kein Nachteil.

Viel vorlesen und erzählen, viel Zeit mit dem Kind in direktem Umgang zu verbringen, ist das Wertvollste, was Du dem Kind fürs Leben mitgeben kannst. Verstelle Dich nicht, verbiege Dich nicht, dann wird das schon gut.

Lieben Gruß
Eckard

Hallo,

bist du Fernseh-Verweigerer für deine potentiellen Kinder?

Wenn nein, dann löst sich das Problem von selbst. Die Kinder und Jugendlichen hier (auch ländlicher Raum) sprechen kaum noch richtigen Dialekt, allenfalls gefärbtes Hochdeutsch. Ich nehme an, dass Fernsehen da nicht unschuldig dran ist.

Gruß
Elke

PS: ich meine die Aussage vollkommen wertneutral und wollte damit weder einen Fernsehkonsum von Kindern befürworten oder kritisieren

Hallo!

Ich mache mir hin und wieder ähnliche Gedanken. Mein Dialekt ist thüringisch-sächsisch (es gibt keinen reinen Thüringer Dialekt, es ist in meiner Ecke eher eine Mischung aus vogtländisch, sächsisch und etwas DDR-Schnack *gg*). Ich wohne in Franken. Der ursprünglich fränkische Dialekt wird aber nur von Leuten gesprochen, die nichts mit der Öffentlichkeit zu tun haben. Das klingt vielleicht komisch, aber ich treffe ganz selten mal so einen richtigen Mund-Franken an der Uni oder bei Siemens in der Verwaltung.
In der Schulzeit habe ich nie darauf geachtet, wie ich spreche. Wir hatte eine Lehrerin aus Regensburg und in meinen Ohren war es ein Graus, was sie da zusammengeredet hat (ist es auch heute noch, Sorry, ich finde den oberpfälzer und auch den richtigen fränkischen Dialekt eine Katastrophe - aber auch sächsisch, keine Angst). Ich dachte immer, wir würden recht ordentlich sprechen. Bis mal die eine Frau bei Big Brother gewonnen hat, die wohnte nur 5km von meinem Dorf entfernt und ich war erstmals schockiert, wie fürchterlich das klingt :smile:)

Jedenfalls bin ich nach der Schule mit meinem Dialekt nach Sachsen-Anhalt gegangen, wo ganz anders gesprochen wird. Ich bin dort sehr aufgefallen und habe mir erstmals Gedanken darüber gemacht. In der Zeit habe ich angefangen Hochdeutsch zu „üben“. Das ist nicht leicht, denn selbst im TV wird man ja mittlerweile mit allerlei Dialekten konfrontiert.
Dann ging ich nach 2 Jahren eben nach Franken und musste feststellen, dass ich sofort als „Sachse“ (was ich nicht bin, aber ich erwarte von niemandem, dass er den Unterschied erkennt) enttarnt werde. Ich bin jetzt seit knapp 3 Jahren hier und werde im Gespräch immer wieder von Außenstehenden auf meine Herkunft angesprochen.

Was ich damit sagen will: Aus meiner Erfahrung heraus lernen die wenigstens ein aalglattes Hochdeutsch zu sprechen. Und irgendwie ist ja diese Durchmischung auch schön. Wenn ich nur ein Wochenende zu Hause bin, habe ich danach wieder tagelang zu tun, um halbwegs auf ein verständliches Deutsch zu kommen. Aber es geht auch anderen so.
Es macht auch viel Spaß, mit anderen „Dialektanern“ die Sprache zu „erforschen“. Wir finden immer wieder Wörter, die wir ohne Zusammenhang oder Erklärung nicht verstehen. Dialekte machen den Sprachschatz reicher.
Allerdings finde ich schon, dass man in bestimmten Situationen wenigstens versuchen sollte, den Dialekt ein wenig zu unterdrücken, einfach um die Situation verständlicher zu machen. Als ein richtiger Sachse neulich anfing über „Modolpordiggeln“ (Modalpartikel) zu referieren, konnte sich die Gruppe ein Lachen nicht verkneifen.

Meine Kinder werden jedenfalls mal den dialektalen Schlag abbekommen, den ich habe (schon allein, um von den Großeltern verstanden zu werden *gg*). Ich bewahre mir meinen Dialekt und falle wahnsinnig schnell in ihn zurück. So ein paar Laute kann man mir auch einfach nicht austreiben. Aber das erwartet hoffentlich keiner, auch wenn ich mal als Lehrerin arbeiten will. Denn ich würde auch von niemandem erwarten, dass er mir nur in astreinem Hochdeutsch antwortet.

Und wenn ich mich recht erinnere, haben unsere Lehrer nie versucht Hochdeutsch zu sprechen. Das wäre mir aufgefallen :smile:)

LG
die Lidscha

P.S.: Als ich „neulich“ nach einem halben Jahr mal wieder zu Hause war (davor Ausland, also nur gutes und richtiges Deutsch), meinte meine Mama nach einiger Zeit: „Also entweder versuchen wir ab jetzt alle auch so ordentlich zu sprechen, odoa du kommsd hier mol an und rädäst wi mir alle.“ :smile:)

Hallo Michaela,

Ich finde Eckards Antwort sehr gut. Allerdings ist die Akzeptanz (bzw. die Nicht-Akzeptanz) von Dialekt eine Modeerscheinung. Es war mal verpönt, Dialekt zu sprechen, aber inzwischen - und da hat Eckard recht - ist es sogar „in“. Das kann sich in 20, 30, 40 Jahren auch schonmal wieder ändern…

Die wichtige Folgerung: Ob Dialekt ja oder nein KANN man garnicht an der Akzeptanz der Gesellschaft festmachen! - Die wird sich sowieso schneller ändern, als die meisten Menschen wirklich umlernen können.

Der nächste Punkt - auch von Eckard angesprochn - ist IMHO aber ganz zentral: AUTHENTIZITÄT. Dein Verhalten (nicht nur, was die Sprache betrifft), muss authentisch, echt, ungekünstelt, natürlich sein. Du musst hinter deinem Verhalten stehen. Uneingeschänkt. Die kleinen Biester merken unbewußt sehr schnell und sehr gut, wenn man sich selbst nicht treu ist und ihnen „etwas vorspielt“. Das gilt auch für die Sprache.

Also bleibt der Rat: Sei Du selbst und steh zu Dir. Vorausgesetzt, du bist ein guter Mensch und halbwegs vernünftig (so macht es ja den Anschein :wink: ), dann wird dein Kind das auch und es wird die Fähigkeiten entwickeln, das Beste draus zu machen, wie auch immer die Welt und die Gesellschaft in 30 Jahren aussehen mag. Vertraue darauf. Kinder können das!

LG
Jochen

Hallo Eckard,

vielen Dank für deine Antwort. Du hast ja so recht. Heimatgefühl hab ich auf jeden Fall mitbekommen. Und wie! :smile:

Ich finde auch, dass du recht hast, wenn du sagst, dass es wichtig ist authentisch zu bleiben. Und das der Dialekt oft auch sympathisch rüberkommt stimmt. Ich hab noch nie erlebt, dass mich jemand wegen meiner Sprache schief angeschaut, oder gar ausgelacht hätte. Im Gegenteil, manchmal bekommt man sogar recht positive Rückmeldungen.

Gruß
Michaela

Hallo Elke,

bist du Fernseh-Verweigerer für deine potentiellen Kinder?

Nein, ganz sicher nicht. Aber auch die Leute in meinem Umfeld, die kleinere Kinder haben, sind sicher nicht alle Fernseh-Verweigerer. Und die Kinder sprechen trotzdem alle den Dialekt ihrer Eltern und kein Fernseh-Hochdeutsch. Aber ich glaub in unserer Gegend ist der Dialekt einfach noch ein Stück mehr ausgeprägt als anderswo.

Aber natürlich ist klar, dass das Fernsehen wohl schon recht stark beeinflusst. Die Kinder von Heute bestimmt stärker, als mich damals. (Ich kenne noch die Zeiten von nur 3 Programmen)

Gruß
Michaela

Hallo Lidscha,

Ich mache mir hin und wieder ähnliche Gedanken.

Da bin ich ja beruhigt, dass es nicht nur mir so geht. :smile:

Mein Dialekt
ist thüringisch-sächsisch (es gibt keinen reinen Thüringer
Dialekt, es ist in meiner Ecke eher eine Mischung aus
vogtländisch, sächsisch und etwas DDR-Schnack *gg*). Ich wohne
in Franken.

Als „Sachse“ in Franken? Kann das gutgehen? :wink:

Der ursprünglich fränkische Dialekt wird aber nur
von Leuten gesprochen, die nichts mit der Öffentlichkeit zu
tun haben. Das klingt vielleicht komisch, aber ich treffe ganz
selten mal so einen richtigen Mund-Franken an der Uni oder bei
Siemens in der Verwaltung.

Ich schätze aber mal, das ist in einer ländlicheren Gegend auch etwas anders. Vielleicht bemühen sich die Leute aber auch einfach hochdeutsch mit dir zu sprechen.

In der Schulzeit habe ich nie darauf geachtet, wie ich
spreche. Wir hatte eine Lehrerin aus Regensburg und in meinen
Ohren war es ein Graus, was sie da zusammengeredet hat (ist es
auch heute noch, Sorry, ich finde den oberpfälzer und auch den
richtigen fränkischen Dialekt eine Katastrophe - aber auch
sächsisch, keine Angst).

Na ja, kein Problem, mein Dialekt muss ja nicht jedem gefallen *g*

Ich dachte immer, wir würden recht
ordentlich sprechen. Bis mal die eine Frau bei Big Brother
gewonnen hat, die wohnte nur 5km von meinem Dorf entfernt und
ich war erstmals schockiert, wie fürchterlich das klingt :smile:)

Ich glaub das haben die Süddeutschen dem Rest Deutschlands vielleicht ein wenig voraus. Sie wissen das sie kein perfektes Hochdeutsch sprechen.

Ich bin jetzt seit knapp 3 Jahren
hier und werde im Gespräch immer wieder von Außenstehenden auf
meine Herkunft angesprochen.

Grade das find ich so schön an Dialekten. Man kann eben oft von der Sprechweise auf die Herkunft schließen und hat dann vielleicht auch gleich ein Gesprächsthema.

Es macht auch viel Spaß, mit anderen „Dialektanern“ die
Sprache zu „erforschen“. Wir finden immer wieder Wörter, die
wir ohne Zusammenhang oder Erklärung nicht verstehen. Dialekte
machen den Sprachschatz reicher.

Ja, das macht mir auch Spaß! Grad bei uns reden die Leute oft in 10km Entfernung schon wieder ein bisschen anders. Da könnte man dauernd über Unterschiede diskutieren.

Meine Kinder werden jedenfalls mal den dialektalen Schlag
abbekommen, den ich habe (schon allein, um von den Großeltern
verstanden zu werden *gg*).

Ja, das wird wohl bei mir auch so werden. Es ließe sich wahrscheinlich auch gar nicht vermeiden. Wie Eckard schon sagte, wäre es auch Quatsch, sich zu verstellen. Kinder merken sowas.

Gruß
Michaela

Hallo Jo,

Ich finde Eckards Antwort sehr gut.

Ich auch :smile:

Allerdings ist die
Akzeptanz (bzw. die Nicht-Akzeptanz) von Dialekt eine
Modeerscheinung. Es war mal verpönt, Dialekt zu sprechen, aber
inzwischen - und da hat Eckard recht - ist es sogar „in“. Das
kann sich in 20, 30, 40 Jahren auch schonmal wieder ändern…

Da könntest du recht haben.

Die wichtige Folgerung: Ob Dialekt ja oder nein KANN man
garnicht an der Akzeptanz der Gesellschaft festmachen! - Die
wird sich sowieso schneller ändern, als die meisten Menschen
wirklich umlernen können.

Ich finde, das sollte nicht nur beim Dialekt so sein. Man sollte sich nie irgendwie verbiegen, nur damit man irgendwelchen Modeerscheinungen folgt, weil man meint so besser von der Gesellschaft akzeptiert zu werden.

Der nächste Punkt - auch von Eckard angesprochn - ist IMHO
aber ganz zentral: AUTHENTIZITÄT. Dein Verhalten (nicht nur,
was die Sprache betrifft), muss authentisch, echt,
ungekünstelt, natürlich sein. Du musst hinter deinem Verhalten
stehen. Uneingeschänkt. Die kleinen Biester merken unbewußt
sehr schnell und sehr gut, wenn man sich selbst nicht treu ist
und ihnen „etwas vorspielt“. Das gilt auch für die Sprache.

Also bleibt der Rat: Sei Du selbst und steh zu Dir.
Vorausgesetzt, du bist ein guter Mensch und halbwegs
vernünftig (so macht es ja den Anschein :wink: ), dann wird dein
Kind das auch und es wird die Fähigkeiten entwickeln, das
Beste draus zu machen, wie auch immer die Welt und die
Gesellschaft in 30 Jahren aussehen mag. Vertraue darauf.
Kinder können das!

Danke für diese Ermunterung. Wahrscheinlich hast du ja recht. Andererseits klingt das manchmal für mich zu einfach. Wenns so einfach wäre, warum geraten dann soviele Kinder auf die schiefe Bahn?

Gruß
Michaela

Hallo,

Danke für diese Ermunterung. Wahrscheinlich hast du ja recht.
Andererseits klingt das manchmal für mich zu einfach.

Das Problem ist, dass die Eltern und das Umfeld der Kinder ok sein müssen. Wenn man als Elter unverarbeiteten Müll mit rumschleppt, chronisch überfordert ist, inkonsequent ist, sich selbst nicht an Regeln hält, usw usw. - wie sollen da die Kinder werden?!

Authentizität der Eltern ist nur positiv, wenn die Eltern auch „gute Menschen“ sind. Sind sie das nicht, hilft eh nur ein Wunder (was es ja auch manchmal gibt!). [doch auch wenn Familie und Umfeldt wunderbar sind - eine Garantie für den nachwuchst gibt es nicht!]

Wenns so
einfach wäre, warum geraten dann soviele Kinder auf die
schiefe Bahn?

Dafür gibt es sehr viele Gründe. Zunächsteinmal sind es aber relativ wenige Kinder, die ernsthaft auf die schiefe Bahn kommen. Von den vielen, vielen, die ok sind, hört man eben weniger.

Ein Grund ist, dass viele Eltern heute mit ihrem eigen Leben nicht klar kommen. Was sollen die Kinder daraus lernen? Damit rein spielt auch der Aspekt, dass in den Zeiten der Wirtschaftwunders Wertevorstellungen entstanden sind, welche der kindlichen - überhaupt der menschlichen - Entwicklung nicht förderlich sind (Karriere ist wichtiger als Zeit mit den Kindern zu verbringen; 100 DM Taschengeld sind leichter bezahlt als ein vertrauensvolles Gespräch mit dem Kind geführt usw.) Und auf der anderen Seite stehen dann noch die „Generation“ von Eltern, die sich intelektuell den Kopf zerbrechen über die Kindererziehung und dabei aus wohlüberlegter Intention Wege beschreiten, von denen sie zwar annehmen, dass sie gut sind, die es aber faktisch nicht sind. Als extremes Beispiel will ich mal die Antiautoritäre Erziehung nennen, die alles andere als erfolgreich war. [IMHO ist der Instinkt liebender Eltern der allerbeste Leitfaden zur Erziehung]

LG
Jochen

PS: Da fällt mir noch ein wunderbares Zitat ein:

„Es hat keinen Zweck, Kinder zu erziehen. - Sie machen uns ja doch alles nach!“ (Autor unbekannt)

Ich denke tatsächlich, dass die Kinder unsere Gesellschaft (und v.a. ihr engeres Umfeld) spiegeln. Dabei beschränken sie sich natürlich nicht auf die ausgewählten Aspekte, die _wir_ gerne sehen würden…

1 Like

Hallo,
ich finde es sehr schön dass sich hier alle in ihrem Heimatgefühl bzw. der Hochschätzung des Dialetes für dieses einig sind.

Dialekt hat aber einfach ein paar ganz praktische Nachteile, die hier überhaupt nicht reflektiert werden.

Wenn jemand Dialekt reden will und kann ist das zunächst sein ganz persönliches Bier. Zum Problem wird es erst dann wenn jemand darum kein Hochdeutsch sprechen kann. Das mag jeweils biofrafisch unterschiedlich von Gewicht sein, was sich immer erst retrospektiv erweist. Aber ich vermut die Frage ging in die Richtung, wie wichtig es für die (potentiellen) Kinder ist, Hochdeutsch perfekt zu beherrschen und da weiss keiner wie deren Biografie verlaufen wird und was sie da brauchen.

Ein kleine „Klangfärbung“ der Aussprache und hier und da mal ein regionaler Ausdruck mögen ja ganz sexy sein, das ist aber wohl kaum das Problem, das auch die Fragestellerin für sich entdeckt hat.

In vielen Dialekten und bei vielen Kindern die rein im Dialekt aufwachsen gibt es massive probleme mit der Grammatik und auch der Rechtschreibung, weil Dialektgrammatik und -ausspracht den hochsprachlichen Regeln widersprechen.

Das kriegen viele Kinder einfach nicht gebacken, wenn sie erst in der Schule die „richtigen“ Regeln vermittelt bekommen, die dann in der sonstigen Sprachpraxis nicht auftauchen. Das hängt natürlich auch von der Intelligenz und der Sprachbegabung des Kindes ab, aber das hohe Risiko besteht.

Das hat angefangen mit den Schulnoten bis ins Berufsleben negativen Folgen, selbst wenn das Verhältnis der Deutschen zur Orthografie durch die Verwirrungen der Rechtschreibreform dauerhaft etwas entspannter werden sollte.

Hier wurde ja auch von einer Deutschlehrerin mit „grausligem“ Regensburger Dialekt erzählt, ich kenne auch einen Deutschlehrer mit Saarländischem Dialekt, der dauernd Dativ und Genitiv verwechselt. Dann ist das ganze nicht mehr niedlich und auch an weniger exponierter Stelle baut es nicht unerhebliche Rezeptionswiderstände auf, wenn man immer wieder erst überlegen muss was diese verwaschene Lautfolge oder seltsame grammatikalische Konstruktion wohl bedeuten mag.

Also nichts gegen die Beherrschung eines Dialektes, auch nichts gegen einen süßen Zungenschlag, aber die Hochsprache sollte man seinem Kind weitgehend fehlerfrei zugänglich machen.

Gruß
Werner

Hallo,

hab´ mal keene Angst, Du wirst das Kind schon schaukeln.

Du hast eine großen Vorteil zu Großstädtern und Bewohnern aus Weltmetropolen. Heimatgefühl ist etwas sehr Wertvolles!!

Ich bin in einer der vielen Schmelztiegel-Kieze der berliner Innenstadt aufgewachsen. Hochdeutsch habe ich auch erst in der Schule gelernt. Inzwischen, 20 Jahre später vermisse ich das schon etwas as Urberlinerische, auch wenn ich schon ein ansehnliches Hochdeutsch spreche, ist es ein bunter Mix verschiedener Dialekte und Soziolekte. Von *Kanakdeutsch* über Rheinisch zu Bairisch ist fast alles, was so an Deutschlands Stammtischen gesprochen wird in meiner Alltagssprache vertreten.

Ob das wirklich wertvoll ist, ist eine andere Frage.

Aber Eines zeigt mir meine *Sprachentwicklung* nach der Grundschule:

So wichtig direkte soziale Kontakte für die frühkindliche Sprachentwicklung auch sind, wenn einmal die Grundsprache erworben wurde, ist der Sprecher rasch in der Lage die unzähligen Variationen zu verstehen und auch anzuwenden.

Nicolle

Hallo Werner,

Kinder sind sehr wohl in der Lage mehrsprachig aufzuwachsen, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden.

Ein Problem wird es erst, wenn diese Regeln nicht, oder falsch angewendet werden.
Eine dieser Regeln ist, daß eine Person mit einer Sprache identifiziert wird. Das könnte sin, daß Dialekt mit Vater und/oder Mutter identifiziert wird, Hochdeutsch mit z.B. Kindergarten oder vielleicht sogar Fernsehen.
Ich bin so gesehen auch zweisprachig (Deutsch/Dialekt) und hattenie ein Problem damit.

Gandalf

Hallo liebe Michaela,

ich lebe auch in einem kleinen Dorf, wenn auch in Rheinland, geboren und groß wurde ich allerdings in einer (rheinischen) Großstadt.
Im Elternhaus war Dialekt kein Thema, der durfte nicht gesprochen werden.
Mit den Freunden auf der Straße gabs kein Hochdeutsch, ich wuchs also zweisprachig auf.
Bei meinen Jungs ist es ähnlich, bei uns im Haus sprechen wir kaum Dialekt, hauptsächlich, weil unser Umfeld zu einem Gutteil keine Dialektsprecher sind und wir uns an die Regeln der ‚mehrsprachigen‘ Erziehung halten.
Draußen gibt es Dialekt, wenn auch nicht durchgehend.

Unabhängig vom Dialekt bemühe ich mich, meinen Jungs ein Heimatgefühl mitzugeben.

Gandalf

Hallo Gandalf,
ich habe auch nicht gemeint Dialekt sei per se schlecht, aber hier gingen viele der Beiträge in eine Richtung als sei da nichts zu bedenken, in dem Sinne: ein Dialekt sei einfach was tolles und wenn es dann mit der Hochsprache nicht recht klappt … Hauptsache das Heimatgefühl stimmt (als hinge das nur davon ab).
Das halte ich aber aus genannten Gründen für eine etwas kurzsichtige Haltung.

Wenn wie im Eingangsposting geschildert zu Hause und im gesamten privaten Umfeld des Kindes praktisch ausschließlich Dialekt gesprochen wird und nur im Unterricht Hochdeutsch, das dann wohl möglich noch mit starker Dialektfärbung, dann werden vor allem die sprachlich nicht so begabten Kinder Schwierigkeiten bekommen, Hochdeutsch zu erlernen. Du magst ein gelungenes Beispiel für eine „zweisprachige“ Sozialisation sein, ich kenne aber auch nicht wenige gescheiterte Versuche.

Gruß
Werner

Hallo Werner,

ich habe auch nicht gemeint Dialekt sei per se schlecht, aber
hier gingen viele der Beiträge in eine Richtung als sei da
nichts zu bedenken, in dem Sinne: ein Dialekt sei einfach was
tolles und wenn es dann mit der Hochsprache nicht recht klappt
… Hauptsache das Heimatgefühl stimmt (als hinge das nur
davon ab).

Falls du auch meine Artikel dazuzählst, hast Du sie definitiv mißverstanden. Ich will an dieser Stelle dann nur klarstellen, dass DIESE Folgerung ganz klar NICHT meine Intention war!

(Das ist KEIN Vorwuf! Ich möchte nur nicht, dass Leser meine Beiträge falsch verstehen. Leider bin ich im Ausdruck nicht immer so geschickt, als dass ich nicht doch das eine oder andere Mißverständnis provozieren würde :frowning: - aber ich versuche, mich ständig zu bessern!)

…und nur im Unterricht Hochdeutsch,

Das erinnert mich an den Besuch einer Einschulungsveranstaltung im Schwäbischen. KEINER (in Worten: KEINER) der Lehrer hat auch nur Näherungsweise Hochdeutsch gesprochen. Nein, auch nicht die Deutschlehrer!

…ich kenne aber auch nicht wenige gescheiterte Versuche.

Ich auch. Aber ich glaube nicht, dass dieses Scheitern an der Sprachbegabung der Kinder liegt. Dafür gibt es (in meinem Umfeld) zu viele Beispiele im Allgemeinen mäßig bis kaum Sprachbegabter, die gut mit Dialekt UND Hochdeutsch zurechtkommen.

LG
Jochen

* der alles andere als sprachbegabt ist und in einem 400-Seelen-Nest mit tiefstem „owwerhessischem“ Dialektumfeld aufgewachsen ist, eigenartigerweise selbst diesen Dialekt nicht richtig spricht, ihn aber 99%ig versteht und mit Hochdeutsch nicht mehr Probleme hat als ein durchschnittlicher Hannoveraner :wink: *

Hallo Michaela!
Ich bin ein gegen Beispiel: Ich wohne in Wien und meine Eltern haben sich immer bemüht mit mir möglichst Hochdeutsch zu sprechen. Ich kann daher nur etwas Wiener Dialekt der mir aber sehr gut gefällt. Und einige Ausdrücke kenn ich überhaupt nicht wenn ich mit meiner Oma rede. Mir fällt es auch schwerer als anderen andere Dialekte zu verstehen. Die alten / teils auch sehr lustigen Ausdrücke sterben sowie so immer mehr aus, und meine Freunde konnten auch nicht wirklich den Dialekt. Heute arbeite ich viel mit Ausländern zusammen: wenn die dann besser Wienerisch reden, als eine „echte“ Wienerin (etliche Generationen), dann stimmt mich das schon nachdenklich- und etwas traurig. Also wie schon zuvor: verstell dich nicht, und lies viel vor, fördere das eigene lesen,…
Meinen zukünftigen Kindern kann ich den Dialekt leider auch nicht mehr mitgeben,…
Liebe Grüße
Sabine

Hallo!

Es tut mir leid, ich finde Dialekte gausig! Ich finde es schrecklich, wenn ich innerhalb des eigenen Landes in eine andere Ecke verreise, dort jemanden anspreche und eine völlig unverständliche Antwort bekomme. Wenn man dann demjenigen sagt, dass man ihn nicht versteht, versucht er dann „Hochdeutsch“ zu reden und mit Mühe kann man den Sinn des Satzes zusammenreimen. Und an seinem Gesichtsausdruck sieht man auch noch, wie anstrengend es ist, diese „Fremdsprache“ zu sprechen. Na klasse!

Als Kind ist es mir im deutschsprachigen Urlaub passiert, dass andere Kinder mich mit großen Augen angestarrt haben, weil ich „gesprochen habe wie ein Buch“. Dabei hat meine Mutter nur versucht, mir ein neutrales Hochdeutsch beizubringen, weil man ihr Platt in unserer Region (meine Eltern sind vor meiner Geburt 100 km umgezogen) nicht sprach und sie den örtlichen Slang auch nicht draufhatte. Allerdings spricht man bei uns sowieso kaum noch einen Dialekt und verwendet nur wenige örtliche Ausdrücke. So gab es keinen großen Unterschied zu den Kindern vor Ort (obwohl meine beste Freundin es wohl konnte - sie sprach aber nur mit ihrer Oma im Dialekt, noch nicht mal mit iheren Eltern).

Ich kann mir vorstellen, dass es dialekt-geprägten Eltern schwer fallen kann, ihren Kindern ein ordentliches Hochdeutsch zu vermitteln. Es ist auch nicht schlimm, wenn man sich untereinander so unterhält, aber ich finde es wichtig, dass ein deutsches Kind in Deutschland die Hochsprache ordentlich lernt. Ohne irgendwelche seltsamen Klangfärbungen oder grammatische Ausnahmen! Damit eine problemlose Kommunikation mit allen Sprechern der deutschen Sprache (auch als Fremdsprache) möglich ist.

Gerade heute, wo man immer vom flexiblen Arbeitnehmern spricht und erwartet wird, dass man auch Jobs in anderen Landesteilen annimmt, kann man sich nicht darauf verlassen, ausschließlich in seiner Dorf-Sprache unterhalten zu können. Und das womöglich ein Leben lang.

Meiner Meinung nach ist deshalb das Erlernen der Hochsprache auch schon im frühen Kindesalter unerlässlich. Beginnt man erst später, kommt man doch um diese eigenartigen Klangfärbungen kaum noch herum.

Viele Grüße

Anne

Ein Hoch auf den Einheitsbrei!
Hallo, Anne,
ein wenig hochnäsig kommt Dein Beitrag herüber.

Grund für meine Reiselust ist, dass ich gern ein anderes Umfeld kennen lerne. Dazu gehören andere Sprachen/Sprechweisen, anderes Essen, andere Währung, anderes Umfeld.

Erst die Vielfalt macht das Leben spannend. Was Du forderst ist zumindest auf sprachlichem Gebiet die Einfalt.

Ich bedauere schon, dass die Innenstadt von Stuttgart nicht viel anders aussieht als die von Frankfurt, München, Dresden oder Hamburg. Überall die gleichen Läden, überall die gleiche langweilige „Stadtmöblierung“. Wenn man sich vor dem Pizza/Döner/Hackfleischplätzchen Einheitsfraß in Restaurants flüchtet, findet man überall die gleiche langweilige Speisekarte. Und nun kommst Du und willst auch noch die Sprache einebnen?

Mag sein, dass ich unrettbar nostalgisch bin, aber ich zog schon immer viel Urlaubsfreude aus dem Umtausch von fremden Währungen, genoß das Parlieren unter Zuhilfenahme aller Extremitäten, bestaunte das bunte Leben, das vom Gewohnten sich so sehr abhob.

Nein, ich kann Dir nicht beipflichten. Ich habe Freude daran, wenn mir in Zittau ein Oberlausitzer R entgegenrollt, an der Küste ein eher karges „Moin“, in Bayern ein gemütliches „Grias Gott“ entgegenschallt. Und ich habe Freude daran, diese Spracheigenheiten und Dialekte zu erkennen und zu genießen. Ich möchte spüren, dass ich nicht in meinem gewohnten Umfeld bin, ich möchte nicht nur am Kilometerzähler feststellen, dass ich mich von zuhause wegbewegt habe.

Grüße
Eckard

10 Like

Hallo Anne,

in Ergänzung zu Eckard möchte ich noch anmerken:

Ohne irgendwelche seltsamen Klangfärbungen oder
grammatische Ausnahmen! Damit eine problemlose Kommunikation
mit allen Sprechern der deutschen Sprache (auch als
Fremdsprache) möglich ist.

Du hast schon Probleme bei den Duden-anerkannten Unterschieden von Norddeutsch und Süddeutsch? Willst Du dann entscheiden, ob die Sprachgrenze nach oben (=alle süddewutschen Varianten gelten) oder nach unten (=alle norddeutschen Varianten gelten) verschoben werden soll? Oder möchtest Du je nach grammatischem Unterschied würfeln, ob jetzt nord oder süd gewinnt?

Gerade heute, wo man immer vom flexiblen Arbeitnehmern spricht
und erwartet wird, dass man auch Jobs in anderen Landesteilen
annimmt, kann man sich nicht darauf verlassen, ausschließlich
in seiner Dorf-Sprache unterhalten zu können. Und das
womöglich ein Leben lang.

Irgendwie hast Du den Tenor der Beiträge doch eher missverstanden: Hier steht jeder drauf, dass man ein verständliches Hochdeutsch können soll, aber halt ohne dass der Dialekt deswegen ausgerottet werden muss.

Meiner Meinung nach ist deshalb das Erlernen der Hochsprache
auch schon im frühen Kindesalter unerlässlich. Beginnt man
erst später, kommt man doch um diese eigenartigen
Klangfärbungen kaum noch herum.

Oh, und dann musst Du auch sämtliche Fremdsprachen, die einem Kind in seinem Leben unterkommen können, gleich im frühkindlichen Alter lehren. Die Kinder sprechen die ja sonst mit Akzent, igitt

Gruß, Karin