Wundertüte
Hallo,
Das alles spielt aber in Größenordnungen, die selbst beim
Bärenmarkt noch exorbitant hoch sind. Je nach Unternehmen
machen Managergehälter ein Vielfaches der einfachen
Angestellten aus, wobei das Vielfache eine dreistellige Zahl
ist.
wir reden hier von Unternehmen mit 5 oder 6 Hierarchieebenen. Die Vorstandsgehälter stehen nicht in direktem Bezug zu einfachen Angestellten, sondern zu den darunter befindlichen Ebenen. Außerdem ist der DAX nicht voll von Unternehmen, die ihren Vorständen 5 Mio. Euro zahlen. Einfache Vorstände erhalten häufig einen mittleren sechsstelligen Betrag, von dem „nur“ 250.000 Euro o.ä. Fixgehalt ist. Da wird es dann schon schwierig, zu den darunterliegenden Ebenen ein adäquates Gehaltsgefälle herzustellen.
Man vergeudet einfach Energie, wenn man über vier oder fünf Unternehmen in Deutschland diskutiert und dann auch noch über deren Vorstandsvorsitzenden, die per se mehr verdienen als normale Vorstände.
Wieso bin ich es eigentlich - nebenbei gefragt - immer, der sich die Mühe macht, die Zahlen herauszusuchen, während die Kritiker ausschließlich mit irgendwelchen Artikeln versuchen zu argumentieren, die inhaltlich nicht selten einigermaßen fragwürdig sind?
Die Zahlen sind doch für jedermann frei verfügbar. Pro Unternehmen braucht man nicht mehr als fünf Minuten, wenn die Internetverbindung was taugt.
Dann könnte man sich auch mal über Beiersdorf, Fresenius oder HeidelCement unterhalten, anstatt immer über diesen allen Relationen entrückten Ackermann, der weder ein Maßstab noch ein taugliches Beispiel ist.
Natürlich sind auch 250.000 Euro Fixgehalt eine Menge Geld, das viele normale Arbeitnehmer netto nicht einmal in zehn Jahren zusammenverdienen, aber es ist nun einmal, wie es ist: die Leute werden weltweit nicht wie die Bettler bezahlt und auch wenn vielleicht ein Arzt, ein Energietechniker oder ein wasauchimmer objektiv wichtigere Dinge für die Gesellschaft leistet, ändert das nichts daran, daß Vorstände besser bezahlt werden.
Ich würde auch gern so viel Geld verdienen wie ein Fußballprofi, aber erstens liegt mir das Rumgerenne und Knochenzertretenlassen nicht so und zweitens war weder ich noch ein Entdecker zur gleichen Zeit am gleichen Ort - und selbst wenn, hätte der sich vermutlich mit Grausen abgewendet.
Dummerweise wird Rumgerenne nun einmal in Deutschland besser bezahlt als der Kram, den ich mache, obwohl ich meinen Beitrag für die Gesellschaft hauchzart höher einstufen würde als das Treten eines Balles. Und genauso ist es mit Vorständen: sich tagsüber von Ja-Sagern belabern lassen, auf Meetings diskutieren und die wertvollen Informationen herausfiltern, vorbereitete Entscheidungen treffen, Strategien absegnen und abends bis in die Puppen auf Veranstaltungen rumhängen wird besser bezahlt als das Abhören von Bronchien und Zahnpflege.
Das könnte auch daran liegen, daß die Gesellschafter aus der Tätigkeit eines Vorstandes einen Mehrwert erfahren, der ihnen das Gehalt wert ist. Und ja, vielleicht ist der Mehrwert aus ihrer Sicht so hoch wie die Arbeit von 50 oder 500 Verkäuferinnen. Und vielleicht, nur vielleicht, ist auch nicht jede der Verkäuferinnen in der Lage, genauso erfolgreich als Vorstand zu arbeiten. Vielleicht ist es sogar so, daß 50 oder 500 Verkäuferinnen nicht in der Lage sind, den Posten genauso gut auszufüllen.
Ich kann es nicht beurteilen und meiner Meinung nach kann das niemand, der nicht im Umfeld eines Vorstandes arbeitet und/oder dessen Leistung oder Nichtleistung am eigenen Geldbeutel zu spüren bekommt. Zu dieser Gruppe gehören aber die Gesellschafter und wären die nicht blöd, wenn die einen Typen so fürstlich bezahlten, wenn den Job 10 oder 20 Verkäuferinnen genauso gut aber wesentlich billiger erledigen könnten?
Ab wann wird es unmoralisch, wieviel mehr ist Vorstands- oder
Managementarbeit wert? Das lässt sich in Zahlen schwer
definieren, aber wenn sich die Gesellschaft aufzuspreizen
beginnt, wenn die unteren Ebenen kaum über die Runden kommen
während die Bezüge oben explodieren (unabhängig von
konjunkturellen Schwankungen, sondern als langfristiger
Trend), dann wird das gesellschaftlich nicht lange gut gehen.
Das liegt daran, daß die Deutschen dazu neigen, ihr Einkommen im Verhältnis zu anderen Einkommen zu sehen. Schöne Studie dazu:
Vor die Alternative gestellt, in Land A zu leben, in dem sie mehr als der Durchschnitt verdienen könnten aber in dem die Kaufkraft ihres Gehaltes deutlich niedriger ist als in Land B, in dem sie zwar weniger als der Durchschnitt verdienten aber ihr Einkommen eben eine höhere Kaufkraft hätte, wählte die Mehrzahl der befragten Land A. Ökonomisch völlig irrational.
Die explodierenden Bezüge, von denen Du sprichst, betrifft nicht einmal eine vierstellige Zahl von Leuten. Warum interessiert es irgendjemanden, was diese kleine Personengruppe verdient? Das hat keinerlei Konsequenz für irgendjemanden, der darüber diskutiert.
Ich weiß, daß Du schon einmal geschrieben hast, daß das die Bezüge ein gesellschaftliches Signal senden. Wie aber können x00 Menschen ein gesellschaftliches Signal für eine Gesellschaft senden, die aus 80 Mio. Menschen besteht? Das will mir einfach nicht in den Kopf.
Und noch ein Rätsel: Wieso fühlen sich manche Menschen unbedeutender, wenn sie die (sehr viel höheren) Gehälter anderer, ihnen völlig unbekannten Menschen kennen, deren Tätigkeit sie nicht einmal im Ansatz beurteilen können?
Klar, wenn der Typ, der neben mir am Schreibtisch sitzt, bei gleichem Alter und gleicher Ausbildung die doppelte Kohle bekäme, würde ich unruhig werden. Aber bei einem Menschen, von dem ich gar nicht genau weiß, was der eigentlich macht? Mir doch egal.
An anderer Stelle hast Du postuliert, daß die Einkommensverteilung nicht der einer Normalverteilung entspricht. Das ist richtig, aber das hat seine Gründe.
Erstens liegt ein Großteil der Einkommen im sehr niedrigen Bereich (vierstellig, rd. 15% der Steuerpflichtigen). Das sind Teilzeitkräfte, Arbeitnehmern mit erheblichen Freibeträgen und andere Sonderfälle.
Zweitens wird die Kurve von unten gestaucht, nämlich durch Tarif- und Mindestlöhne. Nach oben hingegen ist alles offen.
Rd. 2 Prozent der Steuerpflichtigen versteuern ein Einkommen von 125.000 und mehr, darunter auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. Das sind rund 550.000 Menschen, die - nebenbei bemerkt - 25 Prozent des EK-Steueraufkommens erbringen. 2%. Das sind auf Düsseldorf gerechnet grob geschätzt 20 Leute. Was interessiert mich, was 12 Leute in Düsseldorf verdienen? OK, ein bißchen, weil die einen deutlich größeren Teil als ich zum Steueraufkommen beitragen.
Schauen wir uns den Mittelteil der Kurve an:
Jeweils 8-10% der Steuerpflichtigen hat ein zu versteuerndes Einkommen von 15.000-20.000, 20.000-25.000, 25.000-30.000, 30.000-35.000 und 35.000-40.000 Euro.
25.000-30.000 Euro zu versteuerndes Einkommen entsprechen in etwa dem Durchschnittseinkommen von gut 37.000 Euro. Damit liegen 50% der Steuerpflichtigen im Bereich von +/-10.000 Euro rund um das Durchschnittseinkommen. Was unter 15.000 Euro liegt, dürften wohl zu einem nicht geringen Teil Teilzeitkräfte sein, wozu aber m.W. keine näheren Daten vorliegen. Daß es nach oben keine Grenze gibt, ist logisch, nach unten gibt es hingegen eine.
Es kann also keine Normalverteilung geben, weil die Kurve nicht nur nach unten begrenzt ist, sondern auch von links zusammengestaucht ist, weil es eben eine natürlich Untergrenze gibt, ab der erst die Menschen in signifikanten Maße bereit sind, überhaupt (Vollzeit) zu arbeiten.
Die Behauptung, die Normalverteilung sei in Deutschland nachhaltig aus dem Ruder gelaufen, kann zumindest anhand der Einkommensteuerstatistik nicht belegt werden.
Mein Eindruck ist, dass da der Bezug zur Basis verloren
gegangen ist. Die Vergleiche finden nämlich immer nur im
Verhältnis zur eigenen Peergroup
Na logisch, zu was denn sonst? Unternehmen konkurrieren doch nicht im Bereich der Vorstandsposten um KFZ-Mechaniker und Polizisten, sondern um den Pool der verfügbaren Führungskräfte mit den (hoffentlich) entsprechenden Fähigkeiten. Dementsprechend müssen auch Bezüge angeboten werden.
oder der eigenen
Gehaltsentwicklung statt, nicht aber in Relation zu den
eigenen Arbeitern und Angestellten.
Bei denen findet die Entwicklung in Relation zu anderen Angestellten und Arbeitern statt. Niemand würde wollen, daß sein Einkommen sich gleich oder ähnlich wie das einer Personengruppe entwickelt, die die Hälfte oder ein Drittel an Einkommen erzielt.
Versteh mich nicht falsch: ich halte die Einkommen von DAX-Vorständen in einigen Fällen auch für zu hoch und wundere mich, daß das jemand freiwillig bezahlt, aber a) kann ich nicht beurteilen, ob meine Einschätzung richtig ist und b) ist es mir in Bezug auf mein eigenes Einkommen völlig egal, was 100 oder 200 Typen, die ich nicht kenne, am Ende des Jahres eingestrichen haben werden.
Mich stört es auch, daß man ab einem gewissen Niveau anstellen kann, was man will und trotzdem wieder problemlos wieder eine Stelle finden kann - und sei es am Ende als Berater. Aber was die Leute treiben und was sie verdienen beeinflußt mein Leben nicht. Warum sollte mich also stören oder gar verrückt machen, was die für ein Einkommen haben?
Gruß
Christian
P.S.
Übrigens hat gerade die Offenlegung der Gehälter der börsennotierten Unternehmen zu deren Anstieg geführt, weil nun die Gehälter auf einmal vergleichbar waren. Man vermutet nicht zuletzt dahinter, daß die Gattinen der Herren dahinter eine treibende Kraft waren.