Die Allwissenheit Gottes

Liebe Gläubige,
was hat der Mensch, das Gott nicht hat? Das fragte sich nicht nur C. G. Jung in seiner Analyse der Hiobsgeschichte. Nehmen wir mal an, nicht Adam, sondern Charles Darwin wäre der erste Mensch gewesen. Gott müsste dann von Darwin über die Evolution belehrt werden. Verliert dann Gott seine Allwissenheit? Der Mensch wüsste mehr als Gott!
Franz Josef

Die Antwort ist für einen Religionskritiker peinlich naheliegend:
Evolution als Gottes Werkzeug.

Hallo Franz Josef,

Gott kennt die Evolution und auch ihre Lehre, die in einer etwas andern Sprache Dinge sagt, die im Wesentlichen auch die Bibel sagt;

selbst wenn die biblischen Aussagen aus rein naturwissenschaftlicher Sicht totaler Unsinn wären, hiesse das noch lange nicht, dass sie und die Evolutionslehre sich zwingend widersprächen. Man kann die Bibel auch in diesem (nicht zwingenden) Fall als historisch-geistesgeschichtlich statt historisch-naturgeschichtlich und überdies als psychologisches und völkergeschichtliches Werk wahrnehmen.

Gruss,
Mike

So isses.
Ne fiese Anmerkung am Rande des Stammtisches: Ein guter Christ und ein guter Wissenschaftler fänden keinen Grund sich zu zanken. Nur ist die Konstellation selten. Die meisten meiner Zeitgenossen lehnen Tuchfühlung sowohl mit „Gott“ als auch mit der Wissenschaft ab. Sie sind schon mit dem Evolutionsbegriff überfordert (und mögen Urtexte nicht).

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Das sehe ich nicht so.

Ein guter Wissenschaftler ist nicht bereit etwas zu glauben, für das es kein Indizien gibt. Das ist der Kern dessen, was man als Wissenschaftliche Methode bezeichnet.

Ein guter Christ glaubt an einen persönlichen Gott. Eine denkende, handelnde Intelligenz, die uns alle erschaffen hat. Er glaubt an das Paradis und an die Hölle. Der Kern der Religion besteht darin ohne Indizien an etwas zu glauben.

Hallo Zerschmetterling,

Indizien

sind vorhanden, auch im wissenschaftlichen Sinn. Was nicht vorhanden ist, ist der streng naturwissenschaftliche Beweis.

Gruss,
Mike

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Kannst du ein Beispiel benennen? Mir sind keine solche Indizien bekannt.

Vorbemerkungen und ein paar Schlaglichter
Hallo Zerschmetterling,

Vorbemerkung
zunächst eine Begriffserklärung (ich hoffe nicht allzu notwendig):
Indiz (von lateinisch „indicium“) ist ein Hinweis, ein Anzeichen, eine Spur, die etwas mehr als die blosse Behauptung darstellt.

Natürlich gibt es auch gegenläufige Indizien, das ist gar keine Frage; Jesus selbst sagt, dass auch andere auftreten, die „Wunder tun“, sodass sie jeden verführen könnten, wenn es nur um Äusserlichkeiten ginge. Daher reichen natürlich Indizien für den Glauben nicht aus, aber sie sind dennoch da.

Deine Bemerkung, dass der Kern des Glaubens bzw. der Gottesverehrung

Kern der Religion

nicht durch Indizien entsteht, ist demzufolge richtig.

Bei einer einmal getroffenen Grundentscheidung für den Glauben entdeckst Du die Spuren Gottes allerdings an jeder Ecke. Das Problem ist die Interpretationsbedürftigkeit dieser Spuren, die immer auch die andere Möglichkeit zulässt (sonst müssten wir nicht glauben, sondern wüssten auch im Sinne des naturwissenschaftlichen Beweises).

Nun zu den Beispielen (in philosophischer Darstellung).

  1. Ein Hinweis ist der Mensch auf der Suche, mit der Ahnung und in der Sehnsucht des Höheren und Überzeitlichen; für den Gläubigen macht diese Ahnung Sinn.

  2. Ein weiterer Hinweis ist die Vergänglichkeit von allem Weltlichen.

  3. Ein Hinweis ist die Unzufriedenheit des Menschen mit dieser Vergänglichkeit; ausgelöst und gesteigert wird sie gewöhnlich durch Selbsttäuschung oder den Versuch, sie aus eigener Kraft abzuschütteln.

  4. Ein Hinweis ist der menschliche Hang zu Moralität und reflektierten Ideen des Zusammenlebens oder auch selbstloser Philosophie (also z. B. der Möglichkeit, für eine Idee sterben zu wollen) - vgl. Sokrates

  5. Ein Hinweis ist, dass die Welt nicht nur schlecht ist

  6. dass die Welt trotz ihrer Vergänglichkeit Unvergängliches beherbergen könnte bzw. nach gefällter Glaubensentscheidung beherbergt

  7. Ein Hinweis ist schliesslich die Kohärenz der betrachteten Botschaft. Wenn es zum Beispiel historisch eine wahrscheinliche Annahme ist, dass wesentliche Inhalte der Evangelien stattgefunden haben, oder wenn es psychologisch nichts Tieferes gibt als die Verstrickung des Menschen in Schuld bzw. seine Erlösung daraus, oder wenn es eine religiös-philosophische Lehre gibt, die auf nur ein einziges Paradoxon zurückzuführen ist, dann reizt das wenigstens den glaubensoffenen Menschen zu breiterer Beschäftigung und gibt dem bereits gläubigen Bestätigung.

Gruss,
Mike

Hallo,

warum nimmst du Behauptungen als Indizien aus?
Wenn jemand mir sagt, dass mein Auto gerade auf dem Parkplatz in Flammen steht, dann ist dies auch zunächst bloße Behauptung und für mich Indiz dem Nachzugehen. In diesem Sinne sind die Berichte vom Wirken Gottes und den Erfahrungen zahlloser Gläubiger m. E. ein sehr starkes Indiz.

Gruß
Werner

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Hallo,

Das ist der Kern dessen, was
man als Wissenschaftliche Methode bezeichnet.

Das sehe ich anders, außer der Wissenschaftler würde sich in seinem Menschsein auf wissenschaftliche Verfahren reduzieren.

Der Kern wissenschaftlicher Methode hat mit Glauben nichts zu tun. Ein guter Wissenschaftler würde als solcher auch nichts glauben, für das er Indizien oder sogar Beweise hätte, weil Glauben kein wissenschaftliches Verfahren ist. Auf der Anderen Seite hätte er wohl als Mensch nichts dagegen irgend was zu glauben, er wird nur nie behaupten, das sei eine wissenschaftliche Erkenntnis.

Ein guter Wissenschaftler wird vermutlich irgendwann erkennen, dass Wissenschaft ein Hilfsmittel ist, um bestimmte Aspekte der Wirklichkeit aufzuklären. Ein Hilfsmittel, dass bezogen auf andere Aspekte nicht anwendbar ist. Er wird wissen, dass Wissenschaft für einige Dinge kein valides Instrumentarium bietet.

Gruß
Werner

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Ein guter Wissenschaftler wird vermutlich irgendwann erkennen,
dass Wissenschaft ein Hilfsmittel ist, um bestimmte Aspekte
der Wirklichkeit aufzuklären. Ein Hilfsmittel, dass bezogen
auf andere Aspekte nicht anwendbar ist. Er wird wissen, dass
Wissenschaft für einige Dinge kein valides Instrumentarium
bietet.

Na ich weiss nicht. Es wird schon seinen Grund haben, warum die Atheistenquote unter den Naturwissenschaftlern besonders hoch ist. Ich kenne jede Menge Wissenschaftler, für die es ein offensichtliches Problem darstellt, dass sie ihr Leben nach bestimmten Regeln ausrichten sollen, deren Grundlage nichts weiter ist, als eine vage (und durch und durch unplausible) Geschichte über einen gekreuzigten Typen.

Es ist ja nicht nur das Fehlen von Indizien. Es ist auch das komplett inkongruente Werk dahinter.

Hallo Zerschmetterling,

durch und durch inkongruente Werk

Bist Du Dir sicher? Warum?

Gruss,
Mike

Behauptung, Indiz, Beweis

warum nimmst du Behauptungen als Indizien aus?
Wenn jemand mir sagt, dass mein Auto gerade auf dem Parkplatz
in Flammen steht, dann ist dies auch zunächst bloße Behauptung
und für mich Indiz dem Nachzugehen.

Eine Behauptung ist eben gerade kein Indiz, sondern eine Behauptung. Im Rechtswesen z.B. unterscheidet man Aussage (Behauptung), Indiz und Beweis. Das Indiz hat mehr Kraft als die Behauptung, aber weniger als der Beweis.

Beispiele:

Behauptung: Person X sagt aus, dass Y an Z den Mord begangen hat.

Indiz: Eine auf Y registrierte Pistole liegt neben der Leiche Z.

Beweis: unumstrittene Beweise gibt es außerhalb der Naturwissenschaften nicht, eine Häufung von Indizien kann aber als Beweis gelten (Fingerabdrücke von Y auf Pistole, Schmauchspuren an Y´s Kleidung, DNA von Y unter Z´s Fingernägeln usw.)

In diesem Sinne sind die Berichte vom Wirken Gottes und den Erfahrungen zahlloser Gläubiger m. E. ein sehr starkes Indiz.

Objektiv sind sie das nicht, sie sind es nur aus der Sicht eines ohnehin Überzeugten. Objektiv haben Berichte (= Behauptungen), die gar kein Beweispotential haben („Gott“ kann nicht fotografiert werden usw.), leider g a r kein Gewicht. Nehmen wir ein Beispiel: „Ufos“ können theoretisch fotografiert werden, strittig ist nur, ob die bestehenden Ufo-Fotos echt sind. Also kann man Ufo-Zeugenaussagen etwas (ich betone: etwas) mehr Gewicht beilegen als Aussagen über einen absolut unbeweisbaren „Gott“.

Die Zahl der Aussagenden ist dabei belanglos. Oder wollen wir jetzt die Menge der christlichen, buddhistischen, islamischen usw. Erfahrungs-Berichte gegeneinander aufrechnen und numerisch bestimmen, welche Anschauung die richtige ist?

Chan

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Na da fällt mir zunächst mal der groteske wechsel von gottes persönlichkeit zwischen dem alten und dem neuen testament.

der gott des alten testamentes ist, kurz gesagt, ein mörderisches arschloch und im neuen testament steht dann plötzlich vergebung und liebe im vordergrund? ich finde das inkonsequent.

das ganze konzept dass jemand für unsere sünden stirbt ist doch ziemlich abstrus. davon mal abgesehen - wenn das wirklich so geplant war, hat doch judas nur gottes großen plan erfüllt oder nicht? und kollidiert das dann nicht ein wenig mit dem freien willen?

die bibel liest sich aber im ganzen wie ein ziemlich mittelmäßiger fantasyroman - nur mit weniger rotem faden und mit einer relativ unsinnigen story. ein bisserl wie marion zimmer bradley…

Nehmen wir mal an, nicht Adam, sondern Charles Darwin wäre der erste
Mensch gewesen.

Komische Annahme. Dann hätte in der Bibel vielleicht „Darwin“ als Name des ersten Menschen gestanden.

Aber es gibt gute Argumente, dass „Adam“ gar nichts mit dem Namen des ersten Menschen zu tun hat, weil es eine allgemeine Bezeichnung für Mensch ist. Insofern ist der Name des ersten Menschen völlig egal.

Sicher ist aber, wenn der erste Mensch Darwin geheissen hätte, dann hätte dieser hypothtische Darwin die Evolutionstheorie nicht entwickeln können, weil der echte Darwin mit seinen Forschungen selbstverständlich auf den Ergebnissen der Menschen vor ihm aufgebaut hat.

Gruß
Thomas

Angaben zum christlichen Allwissenheitsverständnis
Hallo Zerschmetterling,

Stell Dir vor, Du hast zuerst die Augen geschlossen - nennen wir es Heidentum oder wie auch immer. (Dass ich aus der Sicht des „schon Gläubigen“ schreibe, wirst Du verstehen - also die Prämisse kann ich Dir nicht einfach schenken.) Nun machst Du ein Auge auf - AT. Du siehst zwar, aber nur eine Seite. Nun öffnest Du auch noch das andere - NT. Du siehst nun zwar ganz, aber vor Dir ist vielleicht ein Milchglas und erst dahinter der Spiegel, in welchem Du Gott als Dein Ebenbild erkennst. Der Tod ist der Durchgang durch das Milchglas zum Spiegel.

Über allem braucht es ein Licht Gottes, das Du Dir sogar dann schenken lassen musst und es nicht selber erwerben kannst, wenn Du im Vollsinn gläubig bist, d. h. wenn Du das Glaubenswissen soweit erworben hast, wie Du persönlich es brauchst, dann muss doch Gott Dich führen. Es nützt nur, wenn Du getragen wirst - also im Letzten nützt Dir nicht einmal die Glaubensentscheidung, sondern Gott entscheidet. Allerdings kannst Du Dich Ihm öffnen und Ihm so immer näher kommen - dies ist das katholische Verständnis der Allwissenheit Gottes, die dem Menschen immer mehr erschlossen werden kann, aber im Diesseits nicht ganz.

Gruss,
Mike

Hallo Werner,

die „Behauptungen“ (Zeugnisse) der Gläubigen stützen sich ihrerseits auf (ansonsten oft unbekannte) Indizien, sind also sehr wohl eigenständig und können weitgehend als Indizien gelten, insofern als sie nämlich Indizien enthalten; als blosse Behauptung (im Sinne einer Beweisführung) ist hingegen diejenige Aussage zu verstehen, die Gott als Argument (nicht als Objekt des Beweises) benützt; Beispiel: A sagt zu B „Gott will, dass ich Dein Stück vom Kuchen kriege.“ Natürlich ist Gott hier nicht Der, Den es zu verkündigen gilt, sondern Werkzeug für das Ziel; A hat seine Behauptung zu belegen.

Gruss,
Mike

Hallo Ch’an,

im Gerichtssaal ist es gewöhnlich ein Polizist, der über das Indiz aussagt, also letztlich auch nichts weiter als ein Zeuge. Indizien als solche sind selten („plötzlich öffnete sich im Gerichtssaal das Jackett des Mörders, und ein blutiges Messer lugte heraus“ - nicht alltäglich).

Der Unterschied ist doch, ob das Indiz unabhängig vom übrigen Wissen eigenständig besteht oder die Behauptung nur auf schon vorhandene Aussagen gründet.

Gruss,
Mike

Hallo,

gutes Beispiel dafür, dass man sich über die zentralen Begrifflichkeiten verständigen muss wenn diskutiert.
Das Rechtswesen steckt voller Begriffe, die allzubekannt wirken, aber eine sehr spezifische Bedeutung haben.
Ich habe Indiz - das stelle ich hiermit nachträglich klar - nicht im rechtswissenschaftlichen Sinne verwendet.

Auch wenn ich glaub, dass deine Reihung juristisch auch nicht lupenrein ist. Behauptungen gibt es dort m.W. gar nicht, sondern allenfalls Aussagen, aber das ist ein anderes Thema.

Gruß
Werner

Hallo,

was hat der Mensch, was Gott nicht hat?

Ganz einfach, der Mensch hat einen fleischlichen Körper und 5 Sinne.

Gruss
pue