Werter Nick,
Wer aber blinden Gehorsam in die Gesetze steckt macht sich mit
schuldig an den Konsequenzen dieser Gesetze.
jedes gesellschaftliche Zusammenleben bedarf eines gewissen Regelwerkes. Und diese Regeln und Normen geben sich die Menschen in einer Demokratie selbst, weil sie mit ihrer eigenen Stimme die wählen, die diese Regeln dann aufstellen. Nun bräuchten wir uns aber gar nicht erst um ein solch unbestreitbar notwendiges Regelwerk zu mühen, wenn sich niemand daran halten bräuchte. Deshalb ist dieses Regelwerk mit Konsequenzen für jenen verbunden, der sich nicht daran hält. Doch wem erzähle ich das.
Indes bin ich nicht der Ansicht, dass unsere Wehrgesetzgebung den blinden Gehorsam fordert. Allein dagegen spräche nämlich schon das Vorhandensein der parlamentarischen Petitionsrechte, das Vorhandensein eines Soldatenbeteiligungsgesetzes, einer Wehrbeschwerdeordnung und -disziplinarordnung sowie eines Wehrstrafgesetzes. Diese Maßregeln wenden sich nicht gegen den untadeligen Soldaten, sondern geben ihm auch klare Vorgaben an die Hand, wann er gehorchen muss, wann er gehorchen kann, wann er nicht gehorchen darf und welche Rechte und Pflichten er hat. Diese Gesetze werden nicht von der Bundeswehr gemacht, sondern vom parlamentarischen Gesetzgeber im Auftrage des Souveräns.
Im Falle eine(r/s) jungen Frau/Mannes, die/der nicht auf ihren/seinen Einberufungsbescheid reagiert, so muss ich auch dorthin anmerken, dass auch dieser Einberufungsbescheid zwar Gehorsam, aber keinen blinden Gehorsam verlangt, zumal jeder Einberufungsbescheid (i. d. R. eine DIN-A4-Seite) einen Rechtsbehelfsbescheid ausweist, aus dem hervorgeht, dass der Empfänger des Bescheides das Recht hat, dem Bescheid zu widersprechen, indem er unter Begründung Abänderung oder Aufhebung beantragt. Dabei steht ihm überdies natürlich die Begehung des Rechtsweges immer frei. Im bewussten Falle liegt die Sache zudem noch etwas anders. Nach Angaben der Ausgangsposterin liegt der Bundeswehr sogar eine Verpflichtungserklärung des Soldaten vor. D. h., es kann auch schon deshalb nicht mehr von blindem Gehorsam gesprochen werden, weil die Abgabe einer solchen Verpflichtungserklärung grundsätzlich freiwillig ist.
Wer sich gegen einen Einberufungsbescheid wehren möchte, dem
kann ich, wie meine Vorredner, nur empfehlen, sich an die
Spielregeln zu halten. Wehrbeschwerdeordung auswendig lernen.
Anwenden. Bei jeder Gelegenheit.
Der Soldat kann sich natürlich immer dann beschweren, wenn er glaubt, von Vorgesetzten oder von Dienststellen der Bundeswehr unrichtig behandelt oder durch pflichtwidriges Verhalten von Kameraden
verletzt worden zu sein. Das Beschwerderecht sollte daher verantwortlich und bewußt wahrgenommen werden, um dort Probleme auszuräumen, die sich im zwischenmenschlichen und kameradschaftlichen Miteinander nicht klären/beheben lassen. Es ist nicht als eine Art von „Mensch-Ärgere-Dich-Nicht“-Spiel angedacht, um einem Problemverursacher möglichst schnell und bürokratisch eins auszuwischen, sondern soll dort ansetzen, wo das menschliche/dienstliche Miteinander einseitig oder beidseitig gescheitert ist.
Wer bei jeder Gelegenheit die Vorschriftsmäßigkeit einfordert, nimmt damit nur sein gutes Recht wahr, denn er fordert damit ein, dass man nach Vorschrift mit ihm verfährt. Bei jeder Gelegenheit.
Doch meistens ist das nicht das, was der Soldat eigentlich will. Deshalb finde ich Deinen etwas süffisanten Schlusssatz eher unangebracht. Beschwerde dort, wo sie erforderlich ist, wo alles andere keinen Erfolg mehr zeigt, weil menschlich/dienstlich uneinsichtig versagt wurde. Das ist sie aber nicht bei jeder Gelegenheit der Fall, denn viele Dinge lassen sich mit gesundem Menschenverstand sowie einem kleinen Maß an Traute und Selbstdisziplin auch so aus der Welt schaffen, ohne dass man dafür gleich den Apparat in Bewegung setzen muss.
Gruß
Tom