Die Landarztquote und der Mangel

Moin auch,

ich habe hier ein Verständnisproblem. Herr Rösler möchte Medizinstudienplätze z.T. danach vergeben, dass die Studenten sich zum Landarztleben verpflichten, alldieweil es auf dem Land nicht genügend solche gibt. Meiner Meinung nach sind die kassenärztlichen Vereinigungen dafür zuständig, für eine flächendeckende medizinische Versorgung zu sorgen. Wie kann es also sein, dass es auf dem Land zuwenig Ärzte gibt? Das heisst doch, dass die KVen ihren Aufgaben nicht nachkommen, oder?
Zweite Frage. Innerhalb der letzten 20 Jahre stieg die Zahl der Ärzte pro Einwohner um rund 30% (s. http://www.focus.de/politik/deutschland/gesundheitsp…), innerhalb der letzten 30 Jahre noch mehr. Alternde Bevölkerung hin oder her, soviel kann das doch nicht ausmachen. Ich kann mich erinnern dass ca. Mitte der 80er Jahre von einer Ärzteschwemme die Rede war, jetzt haben wir deutlich mehr Ärzte als damals und haben auf einmal einen Ärztemangel. Kann mir das mal einer erklären?

Fragende Grüße,

Ralph

Teilantwort

kassenärztlichen Vereinigungen dafür zuständig, für eine
flächendeckende medizinische Versorgung zu sorgen. Wie kann es
also sein, dass es auf dem Land zuwenig Ärzte gibt? Das heisst
doch, dass die KVen ihren Aufgaben nicht nachkommen, oder?

Siehe Grundgesetz §§ 11 & 12

Wenn kein Arzt auf’s Kaff geht weil … dann kann man ihn nicht zwingen. Außer eben, er geht einen Vertrag ein - Studiengebühr gegen Mindestzeit da oder dort. Gibt es ja bereits bei anderen Arbeitgebern.

mich erinnern dass ca. Mitte der 80er Jahre von einer
Ärzteschwemme die Rede war, jetzt haben wir deutlich mehr
Ärzte als damals und haben auf einmal einen Ärztemangel. Kann
mir das mal einer erklären?

Einige werden sich in der Pharmaforschung eine ruhige Ecke gesucht haben. Andere werden sich so spezialisiert haben, dass sie als Allgemeinmediziner nicht mehr gerechnet werden können. Und um die geht es ja zunächst.

Gruß

Stefan

Hallo!

Wenn kein Arzt auf’s Kaff geht weil … dann kann man ihn
nicht zwingen. Außer eben, er geht einen Vertrag ein -
Studiengebühr gegen Mindestzeit da oder dort. Gibt es ja
bereits bei anderen Arbeitgebern.

Ich frage mich, inwiefern es rechtlich möglich ist, eine „Zwangsverpflichtung“ für einen bestimmten Ort zu bekommen.

Das staatliche Stipendiensystem ist ein leistungs- und einkommensabhängiges System. Jemand mit einem richtig guten Abitur hat es gar nicht nötig, sich hier „verpflichten“ zu lassen. Also müsste man die „schlechteren“, vielleicht die mit dem 1,5er bis 2,0er Schnitt, ködern. Das Problem ist doch aber vielmehr, dass gar nicht so viele Studienplätze zur Verfügung stehen. Wenn der NC bei Medizin 1,3 ist und dann noch einige über Wartelisten reinrutschen, wo sollen dann noch die Leute mit ihrer 1,6 untergebracht werden?

Aus Sicht eines jungen Menschen würde ich es mir gerade deshalb gut überlegen, weil eine freie Stellenwahl nach dem Studium 1. oft besser in die eigene Planung passt, die man vor acht oder zehn Jahren so noch gar nichts hat kommen sehen und 2. man sich so sein Studium wesentlich besser gegenfinanzieren kann als durch so eine Hausarzt-Stelle auf dem Dorf.

Das Problem der mangelnden Studienkapazität und der Unattraktivität des Praxisarztes in der Provinz wird so jedenfalls nicht gelöst.

Grüße!

Jemand mit einem richtig guten
Abitur hat es gar nicht nötig, sich hier „verpflichten“ zu
lassen. Also müsste man die „schlechteren“, vielleicht die mit
dem 1,5er bis 2,0er Schnitt, ködern. Das Problem ist doch aber
vielmehr, dass gar nicht so viele Studienplätze zur Verfügung
stehen.

Hallo sonne,

hast du dich schonmal gefragt, ob nicht vielleicht die etwas weniger „angepassten“ Menschen die besseren Ärzte sein könnten?

Ein Arzt, der sein Abi mit 2,0 oder noch etwas schlechter gemacht hat, wäre für mich keine Horrorvorstellung. Es gibt auch heute noch junge Menschen, die diesen Beruf aus Berufung wählen, ohne jeden egozentrischen Karrieregedanken.

Vielleicht sollten die bestplatzierten, medizinisch interessierten, karriereambitionierten Abiturienten lieber gleich in die Pharmaindustrie streben, wo a priori feststeht, dass sie das Lied singen müssen, des Brot sie fressen. Das dürfte dann gut passen, da jahrelang gelernt :wink:

LG
sine

Hallo!

Da gebe ich dir absolut recht! Wenn ich daran denke, wer aus meinem Jahrgang einen 1,0er bis 1,2er Schnitt hatte - die sind heute tolle Wirtschaftsmathematiker und Juristen, aber nur wenige hätte ich als Arzt haben wollen.

Deshalb löst ja diese Landarzt-Verpflichtungssache nicht das Problem, nämlich, dass es zu wenige Studienplätze gibt. Jemand mit 2,0 kommt ja gar nicht in die Lage ein Medizinstudium anfangen zu können. Ich habe Bekannte, die haben zwei Ausbildungen hinter sich und etliche Praktika und fangen mit Ende 20 mit ihrem Medizinstudium an, weil sie „nur“ ein gutes Abitur hatten. Da läuft doch was nicht richtig.

Wer Landarzt macht, muss dennoch sehr idealistisch sein. Dazu sollte sich niemand mit 18, 19 Jahren verpflichten müssen. Nur weil ich heute die ostsächsische Heimat schön finde, muss das in 10 Jahren, wenn ich mit der Ausbildung fertig bin, nicht mehr so sein. Und wer gibt dem jungen Menschen dann das Geld, um eine Praxis übernehmen zu können?

Der Landarztjob ist unattraktiv und das Studiensystem fehlerhaft.

Grüße!

Hallo,

Zweite Frage. Innerhalb der letzten 20 Jahre stieg die Zahl
der Ärzte pro Einwohner um rund 30% (s.
http://www.focus.de/politik/deutschland/gesundheitsp…),
innerhalb der letzten 30 Jahre noch mehr. Alternde Bevölkerung
hin oder her, soviel kann das doch nicht ausmachen. Ich kann
mich erinnern dass ca. Mitte der 80er Jahre von einer
Ärzteschwemme die Rede war, jetzt haben wir deutlich mehr
Ärzte als damals und haben auf einmal einen Ärztemangel. Kann
mir das mal einer erklären?

Das ist perfekte Lobbyarbeit! Inzwischen ist doch fast jeder davon
überzeugt, dass unsere Ärzte unterbezahlt sind.
Wenn die Menschen Angst haben in Zukunft keinen Arzt mehr in der Nähe zu haben, sind Einkommensverbesserungen viel leichter zu vermitteln.

Gruß
tycoon

Hi,

(vorausgesetzt, du verstehst, wIE viel man als Arzt zu lernen hat und immer sofort parat haben muss)

Du findest es also ok, einen arzt zu haben, der nicht ganz so kompetent ist wie seine Kollegen, dich dafür aber immer total versteht, wenn du unzufrieden bist?

die Franzi

Wo habe ich DAS denn gesagt?

Ich gebe dir recht, sonne,

man sollte keinen Menschen jemals zu was auch immer zwingen. Jeder sollte seiner wirklichen Berufung folgen können, die sich ja leider nicht immer schon so frühzeitig eindeutig offenbart. Unter Zwängen aller Art geht die wirkliche Gabe eines Menschen leider allzuoft vor die Hunde.

LG
sine

Moin auch,

Wenn kein Arzt auf’s Kaff geht weil … dann kann man ihn
nicht zwingen. Außer eben, er geht einen Vertrag ein -
Studiengebühr gegen Mindestzeit da oder dort. Gibt es ja
bereits bei anderen Arbeitgebern.

Das ist schon richtig, beantwortet aber nicht meine Frage: Sind die KVen dafür zuständig, ja oder nein. Wenn ja, warum tun sie nichts?

Einige werden sich in der Pharmaforschung eine ruhige Ecke
gesucht haben. Andere werden sich so spezialisiert haben, dass
sie als Allgemeinmediziner nicht mehr gerechnet werden können.
Und um die geht es ja zunächst.

Nein, die Zahl der Ärzte pro Einwohner ist ja massiv gestiegen. Warum also sollen wir plötzlich einen Ärztemangel haben?
In die gleiche Richtung geht die Frage, warum wir in D mehr Apotheken als Tankstellen haben und die trotzdem alle überleben können.

Ralph

Hi,

oops… war für sine :smile:

Verzeihung.

die Franzi

Hallo,

Ein Arzt, der sein Abi mit 2,0 oder noch etwas schlechter
gemacht hat, wäre für mich keine Horrorvorstellung. Es gibt
auch heute noch junge Menschen, die diesen Beruf aus Berufung
wählen, ohne jeden egozentrischen Karrieregedanken.

Und warum hat er dann eine schlechte Note? Mit der Argumentation, dass auch Menschen mit schlechten Noten gute Arbeitskräfte werden, versucht man nichts weiter, als Unwissen schön zu reden. Plötzlich sind die Fleißigen die Streber, die eh überqualifiziert sind und die Faulen sind dann die Begabten.

Werden Ärzte mit schlechten Durchschnitt zugelassen, verwässert es das ganze System. Leistung lohnt sich dann nicht mehr. Aber offensichtlich ist es ja das, was ständig versucht wird, zu erreichen.

Und warum hat er dann eine schlechte Note? Mit der
Argumentation, dass auch Menschen mit schlechten Noten gute
Arbeitskräfte werden, versucht man nichts weiter, als Unwissen
schön zu reden. Plötzlich sind die Fleißigen die Streber, die
eh überqualifiziert sind und die Faulen sind dann die
Begabten.

Werden Ärzte mit schlechten Durchschnitt zugelassen,
verwässert es das ganze System. Leistung lohnt sich dann nicht
mehr. Aber offensichtlich ist es ja das, was ständig versucht
wird, zu erreichen.

Noten sind eben nicht vergleichbar, da die Schulen unterschiedliche Ansprüche haben und die Fächerwahl viel ausmacht. Bei letzterem macht es was aus, wenn jemand ein super Abitur mit Musik, Kunst oder Sport gemacht und und andere in Mathe, Physik, Chemie. Daher finde ich den Vorschlag von Rösler gut, denn Noten sagen nichts aus. Es wird nur der Zugang erleichtert, das Studium muss dennoch geschafft werden.

Hallo,

Und warum hat er dann eine schlechte Note? Mit der
Argumentation, dass auch Menschen mit schlechten Noten gute
Arbeitskräfte werden, versucht man nichts weiter, als Unwissen
schön zu reden.

eine nicht spitzenmäßige Abiturnote ist ja nun kein Zeichen dafür, daß jemand unwissend ist oder gar als Arzt ungeeignet. Zum einen wird die Abiturnote maßgeblich durch die Fächerwahl bestimmt, d.h. wählt man ein Fach überhaupt und wählt man es als Leistungs- oder Grundkurs bzw. Abiturfach. Diese Auswahlen erfolgen aber teilweise etliche Jahre vor der Berufswahl bzw. Studienbeginn.

Zum anderen spiegelt eine schlechte Note nicht zwangsläufig Unfähigkeit in diesem Fach wieder, sondern u.U. auch Unwille, Unterforderung, ein schlechtes Verhältnis zum Lehrer, soziale Probleme, Kurzsichtigkeit, Entfernung des Wohnortes von der Schule usw. wider.

Dummerweise muß man natürlich, wenn die Zahl der Studienbewerber von der der Studienplätze eklatant voneinander abweicht, ein Kriterium zur Auswahl finden. Wenn man den Aufwand von Eignungstests scheut, ist die Abiturnote wohl das naheliegendste Kriterium.

Gruß
Christian

von Rösler gut, denn Noten sagen nichts aus.

Noten sagen viel aus, jedoch nicht alles. Wer in Mathematik eine schlechte Note hat, kann sich nicht rausreden, dass er nur zu faul zum Rechnen war und in Wirklichkeit ein verkanntes Genie ist.

Das Ganze ließe sich leichter über höhere Gehälter regeln.

Das ist perfekte Lobbyarbeit! Inzwischen ist doch fast jeder
davon
überzeugt, dass unsere Ärzte unterbezahlt sind.

Propaganda ist immer gut und man soll gegen festgefügte Ansichten nicht anstänkern, es führt zu nichts.

Aber bitte, wir sprachen über Allgemeinärzte:

Könnten Sie aus der Weisheit Tiefen uns mal erklären, wie so ein schlichter Allgemeinmediziner bezahlt wird?
Was ist sein Quartalseinkommen = Umsatz? Wie hoch ist das tatsächliche Nettoeinkommen?

Also frisch fromm fröhlich frei: Erklären Sie uns das alles!

Wer in Mathematik
eine schlechte Note hat, kann sich nicht rausreden, dass er
nur zu faul zum Rechnen war und in Wirklichkeit ein verkanntes
Genie ist.

Doch, das gibt es. Ich war Mathe anfangs gut, in den höheren Klassen dann mittelmäßig bis schlecht. Ich habe es damit erklärt, daß ich einfach zu blöd war. Irgendwann Jahre später saß ich dann in der S-Bahn, hatte keinen Block dabei und habe mir im Kopf den Satzspiegel für eine Zeitschrift ausgerechnet: 42 Zeilen zu 13 Punkt sind 45 Cicero und 6 Punkt, mal 4,23 Millimeter sind 192,465 Millimeter … da wurde mir dann klar, daß ich nicht zu blöd zum Rechnen war, sondern meine schlechte Note andere Gründe hatte.

Meine Abituzrnote war 3,0. Gelernt habe insgesamt 15 Stunden für die schriftlichen Prüfungen. Noten sagen viel aus, aber nicht alles. Und ich sehe keinen Grund, warum jemand mit einem 2,5er-Abitur nicht ein hervorragender Arzt werden soll.

Gruß,
Max

nicht alles. Und ich sehe keinen Grund, warum jemand mit einem
2,5er-Abitur nicht ein hervorragender Arzt werden soll.

Ich schon. Wer nur halbherzig an so ein wichtiges Studium rangeht, wird auch nur halbherzig an die Behandlung des Menschen rangehen. Warum sollte er dort anders verfahren, als bei seinem Studium?

Anregung für Herrn Rösler
http://de.wikipedia.org/wiki/Ausgerechnet_Alaska

Ohne Witz! Ich fand die Idee damals schon, als die Serie ausgestrahlt wurde, gut.

Es grüßt
Wil

Ich schon. Wer nur halbherzig an so ein wichtiges Studium
rangeht,

Und wie genau schließt Du aus der Abiturnote, daß er halbherzig an sein Studium herangeht? Weil er sich nicht mehr angestrengt hat, um den NC zu erreichen? Da unterschlägst Du, daß Abiturnoten von vielen Faktoren beeiflusst werden, die sich mit „mehr Anstrengung“ nicht immer beseitigen lassen.

Im Studium war ich übrigens einer der Besten. Zwar nicht Arzt, sondern nur Sprachwissenschaftler.

Gruß,
Max