Diverses Dilemma

Wie schon von mir angedeutet, scheinen wir beide unterschiedliche Vorstellung einer idealen Gesellschaft zu haben. Du scheinst mir die Gesellschaft in Gruppen aufteilen zu wollen, denen sich die Menschen freiwillig oder unter Zwang zugehörig fühlen (sollen), wobei letzteres überwunden werden würde, wenn die Gruppen so vielfältig sind, dass jede Person ihre Gruppe hat, der sich sich freiwillig zugehörig fühlen kann. In letzter Konsequenz würde das bedeuten, dass es in Deutschland gut 82 Millionen Gruppen gibt.

Ich sehe es als sinnvoll an, dass man das Gruppendenken soweit wie möglich aufgibt und dem Ideal der französischen Revolution folgt. Ja. Das gilt auch für Fussball-Spiel-Besucher. Ich würde mir wünschen, dass sie das Spiel nicht mehr als Krieg begreifen sondern als Unterhaltung. So ähnlich, wie sich Besucher eines Konzertes danach nicht mit körperlicher Gewalt darüber streiten, ob die Oboen die besseren Instrumente sind oder die Bratschen (um jetzt mal zwei beliebige Instrumente zu nennen). Ich halte alle Instrumente für gleichberechtigt. Alle sind nötig für ein gutes Konzert. Auf keines will ich verzichten. Und wenn eines falsch spielt, taugt das gesamte Konzert nichts.

Aber so wie es eine Diversität im Spektrum der sexuellen Identität gibt, die ich akzeptiere, akzeptiere ich die Diversität unserer Positionen bei der Betrachtung beim Umgang mit der Diversität. :wink:

Wird dann nicht alles „beliebig“ und Qualität und Kreativität lassen nach? „Krieg“ bzw. Wettstreit sind nicht unwichtig. Spielen die Spieler noch gut, wenn" ihre" Partei nicht mitfiebert?

Die Ausrichtung Mann und Frau bzw. heterosexuell sollte aber auch akzeptiert und respektiert werden, ohne der Unterstellung einer (ver)alte(te)n Ordnung des überlebenswichtigen Geschlechts - Dimorphismus.
Deshalb ist m/w/d ein erträglicher Kompromiss.

Sonst könnten wir auch gleich die Studienrichtungen Urologie und Gynäkologie abschaffen und „FachärztInnen für Allgemeinsexualität und DonauDampfschifffahrtsGesellschaftsKapitänsMützenTrägerInnen“ ausbilden.

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Hast Du mal das Philharmonische Orchester Berlin vor und nach Sir Simon Rattle gehört? Ich ja. Die haben sich ohne „Kampf“ um Welten verbessert.

Arbeite ich schlechter, nur weil ich keinen Kollegen habe, mit dem man mich messen kann, sondern nur daran, ob ich meine selbst aufgestellten Ziele erreiche. Geigt David Garrett schlechter, nur weil sich kein Geiger mit ihm misst?

Ich glaube, dass ein großer Teil der (männlichen) Fussballspieler Mimosen sind, die sonst nicht viel auf die Reihe bekommen.

Und dass manche Menschen das jedes Wochenende brauchen, weil sie so ihrem Leben einen Sinn geben und sie das „Ausrasten“ jedes Wochenende brauchen. Also als eine Art Gewaltkanalisation. Ein Verhalten, was mir völlig abgeht.

Da unterliegst Du anscheinend (wie viele andere und ich bis vor einigen Jahrzehnten) einem groben Missverständnis. Die Expertise „Gynäkologie“ beschäftigt sich vorrangig mit dem Geschlechtsorgan der Frau und der damit zusammenhängen Entwicklung. Von der Pubertät, über die Schwangerschaft bis weit hinter die Wechseljahre. Und das sowohl „mechanisch“, als auch hormonell und emotional.

Fachleute der Urologie beschäftigen sich mit dem Verdauungsorgan, das flüssige Ausscheidungen produziert. Beginnend (ganz grob) bei den Nieren, über die Harnleiter, die Blase bis zum Ausgang. Das Fachwissen um die Testikel nimmt nur einen kleinen Teil ein.

Konkret beutetet das zum Beispiel, dass eine Frau, bei der eine Blaseninfektion für die Ursache der Bauchschmerzen ermittelt wird, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom gynäkologischen Fach ans urologische überwiesen wird.

@Pierre
Du hast natürlich Recht, ich hätte es aber ansonsten kompliziert und umständlich umformulieren müssen, daher nahm ich den umgangssprachlichen Weg.
Fachärzte (m/w/d) , die auf Probleme mit männlichen oder weiblichen Geschlechtsorganen spezialisiert sind.
(Eine Frau wird in etwa so wahrscheinlich eine vergrösserte Prostata kriegen, wie ein Mann eine Gebärmutterhals - Entzündung.)

Peace, Kudo

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Allerdings ist ein Mann mit Hormonproblemen gut beim Gynäkologen aufgehoben.

Ja und Du verschenkst viel Leistung, weil Du Dich dem Wettbewerb verweigerst.
Wenn sich jemand zu seiner eigenen Messlatte ernennt, ist das natürlich ein bequemeres Arbeiten – aber kein Beweis, dass man mit Konkurrenten auch keine bessere Leistung bringen würde.

Garrett trainiert jeden Tag stundenlang Geige, weil er weiß, wenn er das nicht tut, fällt er hinter seine Konkurrenten zurück.
Man muss dem Konkurrenten nicht Aug in Aug gegenüberstehen und ihm auf die Nase hauen.

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Nein, du hättest nur Andrologie statt Urologie schreiben müssen. :crazy_face:

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Das auf jeden Fall. In deiner Welt könnte ich wahrscheinlich nicht leben und würde auswandern.

Nein, nein, nein. Menschen ordnen sich selbst Gruppen zu, immer und überall. Es gehört zum Mensch sein dazu, genauso wie die Abgrenzung zu anderen Gruppen. Wir sind so gestrickt, wir brauchen dieses Zugehörigkeitsgefühl zu „unserer“ Eigengruppe. Es gehört zu unserem Selbstkonzept und ist in der Psychologie unter der „Theorie der sozialen Identität“ bekannt. Es geht nicht darum, das ich das so will oder ich die Menschen in Gruppen einteilen will, sondern es ist - gemäß der Wissenschaft - eine Beschreibung unserer menschlichen Verhaltensweisen.

Nein, es gibt gut 82 Millionen, die sich tatsächlich alle unterscheiden. Innerhalb dieser 82 Millionen bilden sich ganz automatisch Gruppen. Man sucht nach Ähnlichkeiten, nach gemeinsamen Interessen, nach dem selben Fußballklub usw. Dazu gibt es genügend psychologische Untersuchungen, die vielfach repliziert wurden.

Das hieße dann einen Teil seiner menschlichen Identität aufzugeben. Das funktioniert nur unter massivem Zwang und auch da nur unzureichend.

Es ist Unterhaltung. Da spielen zwei Mannschaften gegeneinander und die Menschen fühlen sich einem der beiden Teams zugehörig, feuern sie an, gönnen den gegnerischen Fans nicht das schwarze unter den Fingernägeln, ja, und daraus ziehen die Fans ihre Unterhaltung. Sonst wäre es ja egal, wer gewinnt und der ganze Wettkampfcharakter beim Sport oder im Spiel ginge verloren. Das wollen die Menschen aber nicht.
Und nach dem Spiel fährt man nach Hause, diese Gruppenzugehörigkeit wird für eine Woche an den Nagel gehängt und nun lebt man in einer anderen Eigengruppe weiter (Musikverein, Arbeitsplatz, Schulklasse, Partei oder was weiß ich).
Die Auswüchse einer körperlichen Gewaltanwendung betrifft immer nur einen kleinen Bruchteil der Zuschauer und dass das nicht akzeptabel ist, da sind wir uns sicher einig.

Es muss doch nicht gleich um körperliche Gewalt gehen. Natürlich streiten Konzertbesucher über ihre Interessen (im Sinne von Streitgesprächen einschl. einer Gruppenzugehörigkeit): Bach oder Beethoven, Metal oder Punk, Beatles oder Stones. Es gibt Musik und schon bilden sich Gruppen, die dies oder eben das lieber mögen. Und Gewalt, gerade bei Rockkonzerten sind auch schon passiert.

Wobei du schon irgendwo Recht hast, dass es dir wohl eher um politische Dimensionen geht und mir vielleicht eher um das Individuum, für das Gruppenzugehörigkeit und Abgrenzung von anderen Gruppen ein äußerst wichtiges Bedürfnis ist.

PF

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Da bin ich bei Dir.
Aber niemand ist nur in einer Gruppe. Jeder ist in vielen, ähnlichen, verschiedenen und teilweise gegensätzlichen Gruppen. Je nach Situation wird eine mehr betont als die andere.
Das ist so eine Art Selbsterweiterung – je schwächer das eigene Selbstbewusstsein, desto wichtiger ist diese Eigenvergrößerung durch die Gruppe.
Für meinen Geschmack leider oft mit eher negativen (fanatischem) Ergebnis.

@Christa
„Facharzt/ Fachärztin für diverse Geschlechter“ geht ja auch wieder nicht …
stöhn

Nö, ich habe nicht bezweifelt, dass du es nicht möchtest. Ich habe nur bezweifelt, dass es etwas kritisches gesehen hast. Dass es dir trotzdem unangehm sein mag, ist dir unbenommen.

Bezüglich der Zeiten: vielleicht nimmst du einfach meine Worte, die ich schreibe, und interpretierst nicht etwas hinein, was ich weder geschrieben noch gemeint habe. Okay? Denn du hattest die Sicht auf männliche Körper explizit als Grund für dein Unwohlsein genannt:

Blockquote
Mir selbst war dort immer etwas unangenehm, nicht alles von allen Menschen möchte ich sehen.

Was ich auch mehrmals geschrieben habe, z.B. hier

Die einen machen Diversität daran fest, wer auf welche Toilette zu gehen hat bzw. wie viele verschiedene man braucht und die anderen daran, wie gleich Menschen mit verschiedenen geschlechtlichen Identitäten im Alltag behandelt werden. Ist es wirklich sinnvoll, letzteres daran festzumachen, inwieweit die sanitären Anlagen auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten sind?

Ich für meinen Teil stehe sehr ungern mit anderen Menschen vor einem Pissoir und das völlig unabhängig davon, ob die Personen neben mir neben einem Penis noch Brüste haben oder nicht. Und genauso kann ich verstehen, dass Frauen kein Interesse daran haben, an einer Wand von Pissoirs vorbeizuwandern, um zu ihrer Kabine zu bekommen, in denen es ihnen dann im Zweifel dann egal ist, über welche Organe der/die/das/divers nebenan verfügt oder nicht.

Letztlich - und da bewege ich mich angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Debatte natürlich auf einem schmalen Brett - müssen wir uns auch fragen, wem (und damit meine ich auch „Minderheit“) wir die Welt eigentlich recht machen müssen. Ich denke, dass es da auch ganz einfach mal praktische Grenzen geben darf.

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So geht mir das auch. Aber über Paruresis spricht man ja normalerweise nicht.

Nicht müssen. Das Leben ist kein Wunschkonzert, das wissen auch Minderheiten. Aber wenn möglich, sollte man in einer funktionierenden Demokratie Minderheiten zumindest anhören, deren Meinungen versuchen zu respektieren und deren Blickwinkel auf gesellschaftliche Zusammenhänge und ihre Bedürfnisse in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen, wenn sonst nichts dagegen spricht. Das ist etwas anderes als jedem alles recht machen zu wollten. Aber es ist eben auch etwas anderes als einfach andere Meinungen abzubügeln weil wir „Normalos“ doch so genau wissen, was gut für alle ist. Und Unisextoiletten, um wieder zum Ausgang zurückzukommen, sind nicht gut für alle, für dich nicht, für mich nicht und für viele andere auch nicht. Weil wir eben in solchen Dingen sehr divers sind und sich das auch per Dekret nicht ändern lässt. Auch nicht durch Leugnen dieser Diversitäten durch die Behauptung, dass wir doch alle so furchtbar gleich sind.

PF

Wieso „wenn möglich“? Solange man keinen anderen beeinträchtigt, ist bei uns doch fast jede Meinungsäußerung oder Demo möglich. Solange man sich dabei nicht mit Superkleber auf der Hauptverkehrsstraße festklebt und andere behindert oder belästigt.

Meine Güte, ist das wirklich so schwer zu verstehen?

C. schrieb

Du schriebst

Also ist es eben nicht immer möglich.
Und es ging auch nicht um ein Demonstrationsrecht, sondern darum Minderheiten aktiv zuzuhören und in Entscheidungsprozesse einzubeziehen.
Und das immer dann, „wenn möglich“
Aber:

C. schrieb

Du schriebst

Ich kann es auch noch ein drittes Mal erklären, wenns wirklich so schwierig ist

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Ich habe keinen Grund, darüber zu sprechen oder nicht darüber zu sprechen. Ich präsentiere schlicht und ergreifend ungern anderen Menschen in der Öffentlichkeit meine Genitalien und während das die meisten Menschen für Bus, Bahn, Supermarkt und Bürogebäude genauso sehen, scheint es aus einem mir nicht ersichtlichen Grund gesellschaftlicher Konsens zu sein, dass Männer genau das zu tun haben, während sie einen eigentlich privaten Vorgang eine halbe Armspanne von anderen Männern entfernt verrichten.

Insofern:

Die sind für mich überhaupt kein Problem, so lange auf jenen nicht jemand neben mir steht und mir während der Verrichtung meiner Notdurft auf Teile meines Körpers schaut, die aus Gründen sonst nur sehr wenige Menschen zu Gesicht bekommen.

Kurz gesagt: erspare mir Deine Spekulationen über meine Gedanken- und Gefühlswelt und die Projektionen Deiner Gedanken- und Gefühlswelt.

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Ich denke, das deine Formulierung da für mich durchaus zu einem Missverständnis führen konnte. Meinst du nicht? Wenn ich das falsch verstanden habe, mein Fehler. Dann entschuldige ich mich dafür.

PF

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