Hallo,
ein Bekannter von mir hat den Doktortitel in Philosophie erreicht.
Respekt!
Aber was fängt man denn nun tatsächlich damit an?
Womit verdient man dann Geld?
Philosophiert nicht automatisch jeder Mensch?
Besagten Bekannten kann ich nicht fragen, weil er nicht mehr lebt.
Neugierig auf eure Antworten bedanke ich mich schon mal im Voraus!
LG
Philosophiert nicht automatisch jeder Mensch?
Na, fast jeder Mensch …
Das hat aber nicht sehr viel mit der Philosophie als Wissenschaft zu tun.
(Irgendwo in der Brettbeschreibung oder in den FAQ ist eine Übersicht zu finden, was der Begriff „Philosophie“ so alles Unterschiedliches meint)
Psychologisieren tun wir ja auch alle täglich.
Und Kunst analysieren.
Und Geschichte(n) schreiben.
Und Gesellschaftsanalyse betreiben.
Und Alltagschemie.
Und so weiter.
ein Bekannter von mir hat den Doktortitel in Philosophie
erreicht.
Schön.
In den Geisteswissenschaften steckt da zumindest eine Menge Arbeit drin.
In anderen Gebieten bekommt man ihn fast nachgeworfen.
Aber was fängt man denn nun tatsächlich damit an?
Womit verdient man dann Geld?
vgl. etwa:
http://www.information-philosophie.de/?a=1&t=2947&n=…
Die Philosophie ist halt -wie mehr oder minder alle Geistes-, Kultur-, Sprach-,Kunst und Sozialwissenschaften- entweder die Eintrittskarte in die akademische Laufbahn oder eine allgemeine Schlüsselqualifikation, mit der man alles mögliche anfangen kann. Das Was hängt halt dann auch von den Nebenfächern, Sprachkenntnissen und sonstigen Qualifikationen ab.
Mich hat der Weg damals -nach Magisterabschluss bzw. bereits inmitten der begonnenen Promotion- von der Philosophie zur Psychotherapie geführt.
Das war in meinem Fall auch kein „Umsatteln“, sondern ich hatte den Philosophieabschluss schon auch formal dafür gebraucht.
Besagten Bekannten kann ich nicht fragen, weil er nicht mehr
lebt.
Hoffentlich ist er nicht verhungert … das wäre zu viel des Klischees
PW:
Was sagt ein arbeitsloser Philosoph zum vollzeitbeschäftigten BWLer?
Einen BigMac bitte und eine kleine Coke!
Gruß
Flexus
Hallo,
an manchen Universitäten bekommt man zum Doktor phil. gleich den Taxischein dazu.
gruß, Hans-Jürgen Schneider
Hallo Flexus,
PW:
Was sagt ein arbeitsloser Philosoph zum vollzeitbeschäftigten
BWLer?
Einen BigMac bitte und eine kleine Coke!
Was nicht mal ein Witz ist:
http://www.academicworld.net/artikel-allgemein/artic…
Nur dass bei den Preisen heute, ein Hartz4 Tagessatz fast völlig aufgebraucht wäre!
Gruß
E.
Nur ein Doktorgrad
Hi.
ein Bekannter von mir hat den Doktortitel in Philosophie
erreicht.
Ok, aber das muss nicht heißen, dass er Philosophie studiert hat. Der „Doktor der Philosophie“ (Dr. phil.) ist ein bestimmter Doktorgrad unabhängig vom Inhalt des Studiums. Mein Sohn hat auch einen Dr. phil. (neben seinem anderen zweiten Doktortitel), und zwar in Linguistik, er arbeitet als Experte für internationales Marketing bei Siemens. Philosophie hat er nie studiert.
Chan
Die Philosophie und der Tod
Hallo,
ein Bekannter von mir hat den Doktortitel in Philosophie erreicht.
Respekt!
Auf jeden Fall, wenn er ihn im Fach Philosophie hat erworben hat. (Der Titel „Dr. phil.“ kann sich jedoch auch auf viele andere Wissenschaften beziehen, die traditionell in der „Philosophischen Fakultät“ einer Universität zusammengefaßt werden).
Philosophie gehört mit Physik und Mathematik zu den kognitiv anspruchsvollsten Wissenschaften. Dies im Unterschied zur oft gehegten öffentlichen Einschätzung. Das liegt daran, daß der Begriff „Philosophie“ verschiedene Konnotationen hat, die in der Regel mit der gleichnamigen Wissenschaft und ihren zahlreichen Teildisziplinen nicht viel gemeinsam hat.
Im FAQ:1653 (auch in der Brettbeschreibung verlinkt) hatte ich diese unterschiedlichen Wortgebräuche einmal näher erklärt. Je nachdem, wo diese Promotion gemacht wurde: In der Regel bedeutet das ca. 3 Jahre selbständiger Forschungsarbeit, die in einem umfangreichen Text (der sog. Dissertation), dokumentiert und argumentiert wird, der meist auch als Buch zu publizieren ist. (Das ist allerdings bei allen Dissertationen der Philosophischen Fakultäten der Fall). Die meisten philosophischen Forschungsgebiete greifen auch tief in die Philosophiegeschichte ein: Das bedeutet zusätzlich Sprachenkenntnisse (neben heutigen Sprachen) in Latein und Griechisch.
Aber was fängt man denn nun tatsächlich damit an?
Womit verdient man dann Geld?
Wer Philosophie als Hauptfach studiert und sich nach dem Magister (alte Studienordnung) zu einer Promotion aufmacht, wird wohl meist eine anschließende uni-interne Laufbahn intendieren.
Andere Berufswege, die ganz spezifisch Philosophie bzw Philosophiegeschichte zur Basis haben, gibt es genaugenommen gar keine. FBH hat ja in seinem Link zur Fachzeitschrift „Information Philosophie“ auf einige Möglichkeiten verwiesen. Aber für alle diese Berufe ist bestenfalls der Magister günstig, die Promotion wäre dagegen in dieser Hinsicht reiner Luxus bzgl. Energie- und Zeitaufwand.
Philosophiert nicht automatisch jeder Mensch?
Ja, aber im Sinne von nur einem der Wortgebräuche „Philosophie“. Genaueres dazu hab ich in dem o.g. FAQ erklärt. Wenn die vielleicht etwas krasse Analogie erlaubt sei: Jeder, der die vier Grundrechenarten beherrscht, kann rechnen, aber ist ja dadurch allein noch nicht Mathematiker.
Besagten Bekannten kann ich nicht fragen, weil er nicht mehr lebt.
Wenn ich ein wenig ausholen darf:
Es war die (von seinem Schüler Platon wiedergegebene) Auffassung des Sokrates, daß die (unsterbliche) Seele, die, bevor sie sich bei der Geburt in das Gefängnis des Körpers begibt (das ist alles als „bildliche“ Rede gemeint gewesen), die (ewigen) Ideen zu sehen (= wissen) vermochte. Dabei vergißt die Seele dieses Wissen allerdings (die → Anamnesis-Theorie). Das begründet die Denk- und Erkenntnisfähigkeit des Menschen: Alles Erkennen ist Wiedererkennen. Und zwar, weil ein kleiner Rest von Erinnerung noch da ist, den man beim Lernen wieder ins Bewußtsein hebt (der philosophische Lehrer spielt dabei die Rolle einer Hebamme, daher -> Maieutik).
Der Philosoph - so Sokrates - unterscheide sich von einem normalen Menschen dadurch, daß er sich ein wenig besser und deutlicher an dieses vorgeburtliche Wissen der „Seele“ erinnere. Es ist daher besonderer Gegenstand seiner Sehnsucht. Und nach dem Tod, also nach der Befreiung der Seele aus der Körperlichkeit, ist dieses ursprüngliche Wissen, das „Sehen der Ideen“, wieder da. Der Philosoph bemühe sich daher, diese Sehnsucht auch schon vorher zu stillen. Er scheue daher jedenfalls den Tod nicht, im Gegenteil, er ist ihm willkommen (Platon/Sokrates im Dialog „Phaidon“).
Vielleicht tröstet dich das ein wenig bezüglich dieses deines Bekannten
Schöne Grüße
Metapher
Keineswegs!
Der „Doktor der Philosophie“ (Dr. phil.) ist ein bestimmter Doktorgrad unabhängig vom Inhalt des Studiums.
Das ist (un)ziemlicher Unsinn. Der „Dr. phil.“ Ist ein Titel ausschließlich in den Fachgebieten der „Philosophischen Fakultät“. Zu denen gehört tatsächlich nicht nur die Philosophie, sondern viele andere - aber bei weitem doch nicht alle! Himmel!
Z.B. alle Literatur- und Sprachwissenschaften (Philologie), Kunst- und Musikwissenschaften, alle Sozialwissenschaften, Geschichtswissenschaften, Kommunikationswissenschaften, Politik- und Staatswissenschaften, (manchmal) Psychologie … aber auch BWL gehört dazu. Nicht dazu gehören aber alle Fachgebiete der juristischen Fakultät, der naturwissenschaftlichen Fakultät, der medizinischen Fakultät, der theologischen Fakultäten und der Sportwissenschaften. Soviel zu deinem „unabhängig vom Inhalt des Studiums“.
Die UP schrieb aber nicht „Dr. in Irgendwas“ und auch nicht bloß „Dr. phil“, sondern „Doktortitel in Philosophe“, und das ist nach Sprachgebrauch eindeutig.
Mein Sohn hat auch einen Dr. phil.
Dann kannst du es dir von ihm ja mal erklären lassen.
Gruß
…um es mal hart zu sagen, ähnlich wie Religion, ein Gebäude aus vollkommen nutzlosem Scheinwissen, bewohnt von Menschen, denen es gelingt, wie den Vertretern einer Sekte, anderen Menschen weis zu machen, dass man Philosophie über das jedem denkenden Menschen sowieso zu eigene Maß hinaus wissenschaftlich betreiben muss.
Genau wie etwa der Papst sinnlos wäre, ohne seine zahlreichen Priester, ist der Philosoph an sich nutzlos, ohne andere „Wissenschaftler“, die der gleichen Leidenschaft frönen.
Hierdurch hat die gesamte Philosophie natürlich etwas von einer Geheimwissenschaft, die sie allerdings nicht wesentlich von einem traditionellem Karnickelzüchter-Verein unterscheidet.
Gruß, Nemo.
Hallo Metapher,
dein Beitrag hat mir sehr geholfen! ( Insbesondere der letzte Abschnitt).
Besagte Person hat sich stets als „schwarzes Schaf“ und „Loser“ gefühlt.
Obwohl er in seiner Pflegetätigkeit anerkannt und beliebt war. Ausserdem war er sehr belesen und durchaus intelligent.
Er war ein friedliebender Mensch und suchte seine Ruhe im Bhuddismus.
Leider spielten in seinem Leben Drogen eine starke Rolle…
Vielleicht war das Erreichen des Doktortitels eine Form der Selbstbestätigung, ein Aufbäumen, um das „Loser-Image“ loszuwerden.
Oder die notwendige Etappe, um den entgültigen Schritt in den Freitod zu gehen…
Helfen konnte ich trotz aller Bemühungen nicht und zu ändern ist es auch nicht mehr, aber es macht es für mich insgesamt verständlicher.
Danke und LG
Hallo,
Philosophiert nicht automatisch jeder Mensch?
Ja. Und i.d.R. kommen alle mehr oder weniger auf die gleichen Gedanken. Und andere, vor ihnen haben diese Gedanken auch schon gedacht, und tiefer und ausführlicher durchdacht. Und warum soll man nicht von ihnen lernen? Und warum soll man sich nicht von anderen Gedanken anregen lassen auf die man nie im Leben von alleine gekommen wäre?
Und so dringt man in ein Fachgebiet ein - so dringt man in jedes Fachgebiet ein - und lernt dabei von anderen.
Den einzigen Vorwurf den man manchen „Profiphilosophen“ machen kann ist der, das sie sich zu einem menschlichen Wikipedia der Philosophie reduzieren und Angst vor ihrer eigenen Meinung und Einschätzung haben. Sie verkleiden ihre Meinung dann, indem sie andere zitieren und zu vielem ein „sowohl als auch“ parat haben. Und natürlich wissen sie, wer es wert ist zitiert zu werden und wer nicht.
Osho oder Rudolf Steiner sind für Profiphilosophen z.B. keine „richtige“ Philosophen. Und ihre Devise ist ähnlich wie die mittelalterliche: „Wenn ich ES mit eigenen Augen und Ohren gesehen habe - aber Aristoteles DARÜBER etwas anderes geschrieben hat - ich würde Aristoteles eher glauben, als meinen Sinnen …“
Auf alle Fälle bezeugt ein Titel in Philosophie aber, das jemand sich mit vielen Gedanken auseinandergesetzt hat, die dem Nicht-Philosophen i.d.R. unbekannt sind.
Und dafür gibt es immer irgendwo eine wirtschaftliche Verwendung und Nachfrage.
Grüße
K.
Hallo Nemo!
…um es mal hart zu sagen, ähnlich wie Religion, ein Gebäude
aus vollkommen nutzlosem Scheinwissen…
In der Philosophie geht es u. a. um Erkenntnistheorie, Ethik und Logik.
Ohne das womöglich zum Vorurteil verleitende Stichwort Philosophie würdest du folgerichtiges Denken (= Logik) vermutlich nicht in die Schublade mit der Aufschrift „nutzloses Scheinwissen“ legen.
Ein Studium der Philosophie ist nicht unmittelbar berufsqualifizierend wie etwa eine Zimmermannslehre, aber das gilt für viele Studiengänge, ohne dass man sie deshalb als nutzloses Scheinwissen abqualifizieren könnte. Ein Physiker ist nach seinem Studium zu nichts zu gebrauchen, ebenso ein E-Ing. ohne vor oder nach dem Studium erworbene Anwendungskenntnisse.
Ansonsten empfehle ich neben der Brettbeschreibung mit einem Link zu „Was ist Philosophie?“ den Wiki-Beitrag http://de.wikipedia.org/wiki/Philosophie#Einf.C3.BCh… .
Gruß
Wolfgang
Z.B. alle Literatur- und Sprachwissenschaften (Philologie),
Kunst- und Musikwissenschaften, alle Sozialwissenschaften,
Geschichtswissenschaften, Kommunikationswissenschaften,
Politik- und Staatswissenschaften, (manchmal) Psychologie …
aber auch BWL gehört dazu.
Das war früher sicherlich die Regel. Seit einiger Zeit gibt es aber auch schon wirtschafts- und / oder sozialwissenschaftliche Fakultäten, die in ihren Studienfächern andere Doktorgrade als den Dr. phil. verleihen. Ein paar Beispiele: In Kiel verleiht die wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Fakultät den Dr. sc. pol., die gleichnamige Fakultät der Uni Hamburg für Promotionen mit überwiegend wirtschaftswissenschaftlichen Inhalten den Dr. rer. pol., für Promotionen mit überwiegend sozialwissenschaftlichem Bezug dagegen den Dr. phil. Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Uni Bremen verleiht den Dr. rer. pol., der der Sozialwissenschaften den Dr. phil., den Dr. rer. nat. oder den Dr. rer. pol. Die staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Erfurt verleiht dagegen nur den Dr. rer. pol. für wirtschafts- oder sozialwissenschaftliche Promotionen. Die Schumpeter School for Business and Economics der BU Wuppertal verleiht für wirtschaftswissenschaftliche Promotionen den Dr. rer. oec.
Oliver
Moin,
…um es mal hart zu sagen, ähnlich wie Religion, ein Gebäude
aus vollkommen nutzlosem Scheinwissen,
nichts für Ungut, aber damit hast Du hinreichend belegt, daß Du von der Materien keinerlei Ahnung hast.
Gandalf
Pythagoras, Platon und der Brahmanismus
Hi.
Es war die (von seinem Schüler Platon wiedergegebene)
Auffassung des Sokrates, daß die (unsterbliche) Seele, die,
bevor sie sich bei der Geburt in das Gefängnis des Körpers
begibt (das ist alles als „bildliche“ Rede gemeint gewesen),
die (ewigen) Ideen zu sehen (= wissen) vermochte.
Dass das die „Auffassung des Sokrates“ sei, ist aber nur die Populärversion. Dass Platon dem Sokrates seine eigenen Ideen in den Mund legt, kommt der Wahrheit - aber das weißt du ja selbst - vermutlich näher. Den letzten Schritt gehen manche Forscher wie der Philologe Olof Gigon, der die Sokratesfigur für von Platon und Xenophon komplett erfunden hält, um als ihr literarisches Sprachrohr zu dienen. Umstritten ist auf jeden Fall, ob Sokrates, historisch oder nicht, wirklich die Quelle der von Platon geschilderten Gedanken war.
Inhaltlich ist zu diesen Ideen zu sagen, dass sie vermutlich auf brahmanistische Lehren zurückgehen, wie sie in den Upanishaden niedergelegt sind und die im 6.Jh. BCE in Kleinasien Fuß fassten. Lucius Apuleius bezeichnet im 2. Jh. CE die Brahmanen als Lehrer nicht nur des Pythagoras, sondern auch des Demokrit und des Platon. Pythagoras habe zunächst ägyptische Weisheit studiert, sei damit aber nicht zufrieden gewesen und habe sich dann brahmanistischen Lehrern, den Gymnosophisten, zugewandt. Seine Seelen- und Wiedergeburtslehre verdanke er diesen Weisen.
Von Empedokles, einem Schüler des Pythagoras oder zumindest von Pythagoräern, übernahm dann Platon die Vorstellung der Präexistenz und Wiedergeburt von Seelen.
Dass Xenophon in seiner Darstellung des Sokrates, anders als Platon, nichts über dessen angeblichen Reinkarnationsglauben verlauten lässt, ist ein deutliches Indiz für die Fragwürdigkeit oder Falschheit der Annahme eines historischen Sokrates.
Auch die Rolle der griechischen Mysterienkulte, wo Reinkarnation ein zentrales Thema war, sollte im Zusammenhang mit den entsprechenen Vorstellungen bei Pythagoras und Platon, die als mutmaßliche Teilnehmer an den Zeus- und Orpheus-Mysterien (Pythagoras) und den Eleusinischen Mysterien (Platon) gelten, berücksichtigt werden.
Das aber nur am Rande.
Chan
Hallo Gandalf.
Ich danke dir für das Kompliment.
(Es ist die Standardausrede aller Sektierer.)
Gruß, Nemo.
Einstein
vermutlich auf brahmanistische Lehren zurückgehen
Das nenne ich eine naive Gläubigkeit: Je älter die Mythen, desto „wahrer“ sollen sie sein. Das ist so naiv, wie wenn zum Beispiel der erwachsende Einstein denkt, als Kind hätte er „wahrer“ geglaubt.
Penso
Sokrates
Respekt!
Auf jeden Fall, wenn er ihn im Fach Philosophie hat erworben hat.
Das klingt so, als sei das eine faktische Tatsache, so als verdiene es „Respekt auf jeden Fall“…„im Fach Philosophie“ promoviert zu haben, WAS??? Man frage da mal zum Beispiel Naturwissenschaftler, Juristen oder Mediziner mit Doktortitel (ganz zu schweigen mit einem Professorentitel), so sieht es schon vollkommen anders aus mit dem Respekt „auf jeden Fall“.
Dies im Unterschied zur oft gehegten öffentlichen Einschätzung.
Genau, das macht einen Unterschied. Fragt man noch andere Berufsgruppen, wie zum Beispiel Bäcker, Metzger oder Maurer etc., dann ist die sich selbst zugeschriebene obige hohe Wertung „Respekt auf jeden Fall“ noch sehr viel relativer. Peinlich aber wirkt diese Selbsterhöhung „Respekt auf jeden Fall“ meines Erachtens besonders bei einem „wahren“ Philosophen, der sich vorrangig mit einem akademischen Titel identifiziert. Nietzsche hat zu Recht diese „Gebildetheit“ staatlicher Disziplinierung kritisiert. Er hätte ja auch sagen können, seht her, mir gebührt „auf jeden Fall Respekt“, weil ich schon mit 24 Jahren ein Professortitel erhalten habe, wie zum Beispiel Hegel erst mit 48 Jahren. Statt dessen hat Nietzsche die Masse von bornierten Universitätsabsolventen lebenslang auf das Schärfste kritisiert.
Philosophiert nicht automatisch jeder Mensch?
Ja, aber…
Wie nötig man es doch hat, diese akademische Selbstzuschreibung von „Gebildetheit“, nicht wahr?! Und um die Peinlichkeit noch zu steigern, soll das Beispiel des Sokrates als „wahrer“ Philosoph auch noch das statische Welt- und Menschenbild von Schulphilosophen rechtfertigen, die im Sinne einer dahinterstehenden Theologie (unbewusst) argumentieren, das ist leicht zu durchschauen. Noch peinlicher wird es aber dann, wenn auf Platons Lehre von den angeblich schon vor der Geburt fix und fertigen „Ideen“ ein konservatives Welt- und Menschenbild begründet wird, so dass der aufgeklärte Glaube an einen technischen und sozialen Fortschritt ein großer Irrtum ist. Statt dessen bräuchte man nur einen „gebildeten“ Schulphilosophen an höchster Macht, wegen seiner angeblich angeborenen fix und fertigen „Ideen“ (vom praktischen Leben versteht so ein Schwärm-Geist jedoch oft so wenig, wie ein Kleinkind).
Praktisch umgesetzt müsste also ein Bill Gates weniger seinen versierten Mangern vertrauen, als vielmehr den angeblich so „gebildeten“ Schulphilosophen, die alle „Ideen“ bereits fix und fertig in sich selber finden, WIE??? Allerdings haben diese Art von „Respekt auf jeden Fall“ benachteiligten Sozialschichten besonders nötig: Bäcker, Metzger, Altenpfleger, mit und ohne staatlich verliehenem Titel. Sokrates als Beispiel zu wählen, ist abwegig, denn gerade er als „wahrer“ Philosoph hat ja die „Einbildung“ der so genannten „Gebildeten“ am stärksten kritisierte… als erster Denker einer bis heute gültigen politischen Philosophie.
Penso
Der Philosoph - so Sokrates - unterscheide sich von einem
normalen Menschen dadurch, daß er sich ein wenig besser und
deutlicher an dieses vorgeburtliche Wissen der „Seele“
erinnere. Es ist daher besonderer Gegenstand seiner Sehnsucht.
Und nach dem Tod, also nach der Befreiung der Seele aus der
Körperlichkeit, ist dieses ursprüngliche Wissen, das „Sehen
der Ideen“, wieder da. Der Philosoph bemühe sich daher, diese
Sehnsucht auch schon vorher zu stillen. Er scheue daher
jedenfalls den Tod nicht, im Gegenteil, er ist ihm willkommen
(Platon/Sokrates im Dialog „Phaidon“).
Wobei man sagen muss / soll / kann / ich will, dass dieser Sokratische „Philosoph“ in heutiger Diktion einfach „der Wissenschaftler“ ganz allgemein ist.
Sonst käme noch jemand auf die ungeheure Idee, wir (heutigen) Philosophen verstünden uns auf den Tod besonders gut - oder hätten gar was Sinnvolles dazu zu sagen, nur weil ein paar exzellente Wichtigtuer von uns in irgendwelchen „Ethikkommissionen“ sitzen und dort -neben ein paar anderen Spitzenmundwerkern- penetrant eine Ethik verkaufen, die in glattem Gegensatz zur ethischen Haltung des übergroßen Teils der Normalbevölkerung steht (Stichwort: z.B. Sterbehilfe)
Gruß
Feldmann
(Klaus, dessen Sprachrohr an dieser Stelle)
P.S.: Sokratisch nicht so bewanderten Mitlesern sei gesagt, dass diese Sokratische Position keine pro-Freitod-Position ist, auch wenn sie sich an dieser Stelle so lesen mag, sondern eine anti-Freitod-Position.
Athen und die Folgen
Wobei man sagen muss / soll / kann / ich will, dass dieser Sokratische „Philosoph“ in heutiger Diktion einfach „der Wissenschaftler“ ganz allgemein ist.
Genau. Zumal ja auch die dritte Generation, Aristoteles, in dieser Athener Schule die Fundamente erst gelegt hat für die Unterschiede empirischer Wissenschaft (empeiria) von theoretischer Wissenschaft (episteme), incl. Methodologie. Formale Logik, Schlußlogik, Methoden des Beweisens und Widerlegens … and all that, ohne die es keine Wissenschaftsentwicklungen später gegeben hätte, weder Natur- noch Geisteswissenschaften. Ein folgerichtiger Entwicklungsschritt also nach der systematischen „sokratischen“ → Hinterfragensmethode vermeintlich eindeutiger Begriffe, nachdem die Schulen der vorsokratischen Skepsis und Sophistik durch konsequentes Studium von logischen Paradoxien gezeigt hatte, auf welche Weise das rationale Denken systematisch in die Irre führbar ist (Zenons Paradoxien konnten erst mehr als 2000 Jahre später aufgedröselt werden).
Sonst käme noch jemand auf die ungeheure Idee, wir (heutigen) Philosophen verstünden uns auf den Tod besonders gut - oder hätten gar was Sinnvolles dazu zu sagen …
„… nur mit ein wenig andern Worten“
… nur weil ein paar exzellente Wichtigtuer von uns in irgendwelchen „Ethikkommissionen“ sitzen und dort -neben ein paar anderen Spitzenmundwerkern- penetrant eine Ethik verkaufen … (Stichwort: z.B. Sterbehilfe)
(und Stichwort Abtreibung und vieles mehr)
150%ige Zustimmung.
(Mit dem einen oder anderen von ihnen hab ich einst so manches Symposion bestritten)
P.S.: Sokratisch nicht so bewanderten Mitlesern sei gesagt, dass diese Sokratische Position keine pro-Freitod-Position ist, auch wenn sie sich an dieser Stelle so lesen mag, sondern eine anti-Freitod-Position.
Unbedingt. Danke, das war wichtig zu erwähnen. Daher hatte ich auch auf den Platonischen Dialog "Phaidon" verwiesen. Dieser, und die „Consolatio philosophiae“ („Trost der Philosophie“) des → Boethius sind nach meinem Ermessen die bedeutsamsten Texte, die uns die Antike zum Thema des Umgangs mit dem eigenen Tod überliefert hat.
Gruß
Metapher
Tröstungsillusionen
Wobei man sagen muss / soll / kann / ich will, dass dieser
Sokratische „Philosoph“ in heutiger Diktion einfach „der
Wissenschaftler“ ganz allgemein ist.
Wer das glaubt. Zwar verwendet Sokrates nach Platon den Begriff Wissenschaft, um dies in seinem kritischen Denken von der Unwissenheit abzugrenzen. Platon hat daraus dann erst das erste geschlossene philosophische Lehrsystem als Akademie gegründet, das heute noch - vor allem in Bayern, an der Universität München, als politisches Vorbild einer „geschlossenen Gesellschaft“ (Poppers bekanntes Werk „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ sei hier erwähnt, wobei Popper im Sinne einer sehr viel realistischeren politischen Sichtweise modifiziert wurde als „Die geschlossene Gesellschaft und ihre Freunde“) in Form einer übermächtigen Statue dient. Dies aber im Sinne des Sokrates auszulegen, ist eine Farce. Was Sokrates Wissenschaft in der Überlieferung des Platon meinte, ist ganz sicher nicht dasselbe mit der heutigen „geschlossenen Gesellschaft“ einer politisch zementierten Schulphilosophie. Sokrates lehrte das WISSEN als Lebenskunst, das ist ein wesentlicher Unterschied. Vor allem aber macht es einen Unterschied, wie man Sokrates entsprechend interpretiert.
Sonst käme noch jemand auf die ungeheure Idee, wir (heutigen)
Philosophen verstünden uns auf den Tod besonders gut
Das wäre in der Tat eine „ungeheure Idee“, wenn die (heutigen) Philosophen über den Tod schwadronieren.
- oder hätten gar was Sinnvolles dazu zu sagen, nur weil ein paar exzellente Wichtigtuer…
Die anmaßend darüber urteilen, als sei das Problem des Todes allein durch den „richtigen“ Glauben als gelöst zu betrachten. Eine kritische Philosophie sollte diese Tröstungsillusionen unterlassen.
Penso